Rikdag
ist, wie wiederum Kurze mit Recht betont hat, auf Grund seines Namens und
seiner Amtstätigkeit im Schwabengau zu dem Geschlecht der Grafen im
unmitttelbar benachbarten Harzgau zu stellen, in welchem eine Generation
davor und eine Generation dnach der verwandte Name Rikbert vorkommt.
Zur gleichen Generation wie Rikdag gehört der Harzgau-Graf
Friedrich, der ebenfalls kein Bruder von ihm gewesen sein kann. Denn
der Annalista Saxo berichtet über diesen zum Jahre 985 [54 Scriptores
VI. Seite 633.]: Theodericus [von Haldensleben] et Ricdagus
marchiones preclari obierunt [bis hierher nach den Annales Quedlinburgenses].
Hic
Ricdagus cum sorore sua nomine Eilsuit construxitet fundavit
cenobium, quod Gerbizstidi [= Gerbstedt] dicitur. Ubi eadem soro
illius sanctimonialibus prefuit, ibique sepultus est ipse cum filio suo
Karolo et plurimis de eadem cognatione. Graf
Friedrich ist im Harzgau von 961-1000 urkundlich bezeugt, hat also
im Jahre 985, in welchem Rikdag das Kloster Gerbstedt gründete
und starb, noch gelebt. Wäre er ein Bruder Rikdags gewesen,
so würde bei der Klostergründung seiner Mitwirkung oder wenigstens
seines Konsenses gedacht worden sein.
Wir können mit ziemlicher Sicherheit sagen, daß
das Geschlecht der Harzgau-Grafen in der voraufgehenden Generation nur
auf vier Augen stand. Durch Urkunde vom 11. Juni 945 [55 D O I 69.]
verlieh OTTO
I. quibusdam nostri fidelis vasalli Fridurici filiis,
Folcmaro
videlicet et Richberto, vier Ortschaften inter Sclavos
prope fluvium Fona vocatum [= Fuhne]
in pago Serimuntilante nuncupato
in comitatu Christiani comitis. Zwar kommt es durchaus vor, daß
bei einer Schenkung nur einer von mehreren Brüdern bedacht wird; wenn
sie aber an mehrere Brüder geht, dann geht sie in der Regel an alle
(soweit sie nicht geistlich geworden waren). Danach müssen
Dietrich
(der Vater Dedis
I.),
Rikdag(der
Markgraf) und Friedrich
(vom Harzgau) von den beiden Brüdern
Volkmar
und Rikbert
abstammen; und da
Rikdag der Vetter der beiden anderen ist, müssen
diese selbst Brüder sein. Die engere Verwandtschaft von Dietrich
und
Friedrich - ohnehin vielleicht aus der analogen Bildung ihrer eigenen
Namen zu folgern - zeigt es deutlich bei der weiteren Namengebung der WETTINER,
während
Friedrich Ahnennamen gab, eine Gegenprobe also nicht
möglich ist. Bei den WETTINERN trägt zwar ein Urenkel
Dietrichs den Namen Rikdag, aber er ist der einzige geblieben.
Friedrich ist dagegen der bei ihnen am häufigsten vegebene
Vorname. Ihn trägt bereits Dietrichs Sohn Friedrich
von Eilenburg, dann ein Enkel seines anderen Sohnes
Dedi I.
Die wettinische Seitenlinie Brehna wurde
von Friedrich
I. und Friedrich
II. eröffnet. In der Hauptlinie Meißen
begegnen
Friedrich
genannt
Clem, sein Neffe Friedrich Tuta, sein Großneffe
Friedrich der Freidige, der seinerseits zwei Söhne, zwei Enkel,
drei Urenkel und zahlreiche weitere Nachkommen namens Friedrich
hatte, die man nur noch durch ihre in das Buch der Geschichte eingeschriebenen
Beinamen unterscheiden kann und von denen wenigstens Luthers Protektor
Friedrich der Weise ausdrücklich genannt sei.
Daneben steht, wie schon früher bemerkt, kein einziger
Burchard.
Schon für sich allein genommen, ein triftiger Grund, die WETTINER
nicht auf die Burcharde, sondern auf die Friedriche
zurückzuführen!
Nicht gelöst ist mit der bisherigen Argumentation
die Frage, ob Friedrich (vom Harzgau) und Dietrich (der
Vater Dedis I.) Söhne Rikberts gewesen sind und Markgraf
Rikdag ein Sohn Volkmars war, oder umgekehrt. Daß der
gemeinsame Großvater Friedrich
hieß, hilft nicht weiter. Leider ist auch das Namensmaterial,
das von der nächstjüngeren Generation beigesteuert wird, nicht
so eindeutig, wie man wünschen möchte.
Markgraf Rikdag, am 22. Oktober 973 advocatus
des Erzbistums Magdeburg [56 D O II. 64.], 979-985 Markgraf
von Meißen [57 Kurze, Die Grafen des Schwabengaus, Seite
10.], 31. Januar 982 (Beurkundung 983) Graf in Dalaminza und im Scuntiza
[58 D O II. 271.], 28. Januar 985 Graf im Süden des
Schwabengaus [59 D O III 7.], + 985 [54 Scriptores VI.
Seite 633.], wohl Gründer von Rihdagesrot = Ritzgerode nordöstlich
Wippra im Schwabengau, hatte außer der schon erwähnten Schwester
Eilsvit,
Äbtissin
von Gerbstaedt, anscheinend keine Geschwister. Seine Tochter
(Oda) war eine Zeit lang mit Herzog Boleslaw
von Polen verheiratet [60 Posse, Die Wettiner (1897)
Tafel 1.]; seine Tochter Gerburg
starb am 30. Oktober 1022 als Äbtissin von Quedlinburg [61
Posse,
ebd.]; sein Sohn Karl
ist am 6. Janaur 1014 als Inhaber der väterlichen Grafschaft im südlichen
Schwabengau bezeugt [62 D O III 81.], wurde gegen 1010 abgesetzt
und starb am 28. April 1014 [63 Thietmar VII 3.]. Vermutlich ist
auch der jüngere
Rikdag, ca. 990-1005
Abt von St. Johannes vor Maggdeburg,
+ 1026 als Abt von St. Michaelis zu Lüneburg [64
Annales
Magdeburgenses.], ein Sohn oder Enkel des gleichnamigen Markgrafen. Aus
den Namen dieser Nachkommen ergibt sich nichts für die Beantwortung
der Frage, ob der Markgraf ein Sohn des Rikbert
oder ein solcher des Volkmar
war.
In der wettinischen Nachkommenschaft seines Vetters
Dietrich
kommt zwar, wie bereits ausgeführt, einmal der Name
Rikdag
und ungemein häufig der Name Friedrich, niemals jedoch der
Name Rikbert oder Volkmar vor.
Beide Ahnennamen kehren jedoch bei den Harzgau-Grafen
wieder: Am 15. April 1003 lag Elisenaburc [= Ilsenburg] in pago
Hardegouue et in comitatu Richperti [65 D H II 46.],
am 3. September 1009 werden Darneburc [= Derenburg], Badfeldun
[= Bodfeld] und Rediborun [= Reddeber] in pago Harthega in comitatu
Ipponis comitis genannt, während Anfang April 1006 Burnaccherun
[= Börnecke Kr. Blankenburg] als in pago Bardaga [lies: Hardaga]
et
in comitatu Folcmari comitis gelegen [67 D H II 110.]
bezeugt werden. Dieser jüngere
Graf Volkmar fiel am 1. September 1015 gegen die Polen [68 Thietmar
VII 21; Necrolgium Merseburgenses.]. Wie Poppo die Koseform von
Volkmar,
so wird Ippo eine solche von Rikbert sein; jedenfalls kann
man sich Poppo und
Ippo gut als Brüder vorstellen. Aber
auch wenn wir die Ippo-Urkunden vom 3. September 1009 beiseitelassen,
ergeben die beiden älteren, daß am 15. April 1003 der
Westen der Harzgau-Grafschaft einem
Grafen
Rikbert und im April 1006 der Osten einem Grafen Volkmar
unterstand, die offenbar an die Stelle des von 961-1000 über den ganzen
Harzgau waltenden Grafen
Friedrich getreten waren und deshalb als seine Söhne angesprochen
werden dürfen. Denn wäre nur einer von ihnen ein Sohn, der andere
aber ein Neffe Graf Friedrichs gewesen, so würde dieser von
jenem im Erbe ausgeschlossen wordens ein. Die beiden im ersten Jahrzehnt
des 11. Jahrhunderts amtierenden Harzgau-Grafen tragen also die gleichen
Namen wie die beiden harzgauzischen Brüder von 945. Kurze und Posse,
die nur von der Nachfolge des jüngeren Rikbert im Harzgau wußten
[69 Kurze, Die Grafen des Schwabengaus, Seite 11f., Geschichte der
sächsischen Pfalzzgrafschaft, Seite 319f.; Posse, Die Wettiner, Seite
39.], folgerten (an sich logisch) daraus, daß dessen Vorgänger
Friedrich
offenbar ein Sohn des älteren Rikbert sei und daß demnach
Rikdag ein Sohn des (älteren)
Volkmar gewesen
sein müsse. Da aber Friedrich außer dem Sohn Rikbert
auch einen Sohn Volkmar hatte, ist es mit diesem Schlusse nichts,
und wir stehen wieder am Ausgangspunkt.
Unter diesen Umständen ist keine volle Sicherheit
zu gewinnen. Wir werden aber Rikdag eher als Sohn Rikberts
anzusetzen haben, da beide Namen zusammengehören und auch in früheren
Generationen als diejenigen von Vater und Sohn vorkommen; es liegt näher,
daß der Name des Vaters als daß der des Vatersbruder variiert
wird [70
Vgl. oben Seite 12.]. Umgekehrt besagt es nicht allzuviel,
daß unter Friedrichs Söhnen wieder ein Rikbert
auftaucht, da es sich um einen angestammten Familiennamen handelt. Der
Name Volkmar ist dagegen weder in der Zwischengeneration noch in
früherenn Generationen des Geschlechtes nachzuweisen, wird sich daher
am ehesten als Wiederholung des großväterlichen Namens begreifen
lassen. Bis zum positiven Beweis des Gegenteils glaube ich daher Rikdag
als Sohn Rikberts, andererseits Friedrich und Dietrich
als Söhne Volkmars ansetzen zu sollen.
Thietmar von Merseburg V 3 berichtet, sein eigener
patruus, das heißt Markgraf Liuthar, sei nach dem Tode OTTOS
III. 1002 cum avunculo suo Ricberto, quem
a comitatu sio imperator [OTTO III.]
deposuit
Liudgeroque, Arnulfi presulis [von Halberstadt]
militi, dedit,
zu HEINRICH
II. nach Bamberg geeilt und habe von diesem die Zusage auf
Rückerstattung und Vergrößerung seines Lehens erhalten.
Bei der Interpretation dieser Stellle hat Kurze eine schauderhafte Verwirrung
angerichtet, indem er argumentierte [71 Geschichte der sächsischen
Pfalzgrafschaft, Seite 314.]:
"Hatte ihm [das heißt Rikbert]
OTTO III. seine Grafschaft genommen, so war dies noch bei Lebzeiten
des Pfalzgrafen Friedrich geschehen, der erst nach OTTOS
Tode starb [denn die sächsischen Großen samt palatino
comite Fritherico huldigten HEINRICH II.
am 25. Juli 1002], also zu einer Zeit, wo Rikbert die Grafschaft
im Harzgau noch gar nicht haben konnte. Die Grafschaft, die ihm von
OTTO
III. genommen wurde, war mithin eine ganz andere, und es kann
demanch auch nicht davon die Rede sein, daß, wie Wersebe und auch
Hirsch es auffassen, Rikbert, der 1003 als
Graf im Harzgau
auftritt, von HEINRICH
seine alte Grafschaft
wiedererhalten habe, sondern er muß ... mit der unterdessen frei
gewordenen Grafschaft seines Oheims Friedrich entschädigt worden
sein."
Diese ganze Deduktion Kurzes fußt auf seiner Behauptung,
der Pfalzgraf
Friedrich (995-1003) sei mit dem Harzgaugrafen
Friedrich (961-1000) identisch; eine Behauptung, für
die er schlechterdings nichts anzuführen weiß, als daß
die beiden gleichzeitig gelebt haben [72 Ebd. Seite 310.]. Die Gleichzeitigkeit
war aber nur eine partielle: Die zitierte Thietmar-Stelle beweist so deutlich,
wie nur möglich, daß der Harzgau-Graf Friedrich, bevor
OTTO III. am 23. Januar 1002 starb,
beerbt worden ist, während der Pfalzgraf Friedrich am 25. Juli
1002 noch gelebt hat.
Der Pfalzgraf ließe sich mit dem comes Fridericus
gleichsetzen, zu dessen Grafschaft in pago Norththuringe die villa Dutonthorp
[= Dodendorf ssw. Magdeburg] am 20. Oktober 977 gehörte, zugleich
mit dem advocatus Fridericus des Erzbistums Magdeburg, der
am 10. Mai 978 genannt wird [73 DD O II 168 und 177.]. In dieser
Doppelfunktion dürfte Friedrich den 973 als Magdeburger
Vogt bezeugten Grafen Rikdag abgelöst haben, der nach der
höchstwahrscheinlich 976 erfolgten Absetzung des Markgrafen
Gunther die Markgrafschaft übernahm [74 Vgl. auch Robert
Holtzmann, Sachsen und Anhalt VIII (1932) Seite 108ff., insbesondere Anm.
4 und 6-8.]. Friedrich wird also der älteste Sohn Rikdags
sein und nach dessen Großvater heißen.
Der Harzgau-Graf aber wird zuletzt bei der Vergabung
von Miniszlawo [= Minsleben] und Rediburo [= Reddeber]
in pago Hartegouwe ac comitatu Friderici comitis an Halberstadt [75
D
O III 353.] in undatierter Urkunde genannt, die Stumpf auf 1000-1002 ansetzte,
die aber wegen der von OTTO III. im
Jahre 1000 gebrauchten Selbstbezeichnung als servus Iesu Christi
(die 1001 durch die Bezeichnung apostolorum servus abgelöst
wurde) unzweifelhaft ins Jahr 1000 gehört und höchstwahrscheinlich
am 31. März des Jahres 1000 zu Quedlinburg ausgestellt worden ist.
Daß Rikbert der Jüngere eben diese Grafschaft vorübergehend
verloren hatte, wird nicht nur durch die Aufteilung der Gesamtgrafschaft
im Harzgau zwischen ihm und seinem Bruder Volkmar deutlich, sondern
ergibt sich auch daraus, daß der miles Arnulfi presulis Liudger,
den OTTO III. an seine Stelle gesetzt
hatte, später, offenbar nach Rikberts Tode, wieder als Graf
im westlichen Harzgau erscheint. Sowohl eine (wohl Anfang Oktober) 1022
zu Merseburg ausgestellte [76 D H II 452.] wie eine am 5. Dezember
1022 zu Grone geschriebene Urkunde [77 D H II 480.] bezeichnen Hadeburun
bzw. Hatheburun [= Heudeber] als in pago Hardego in comitatu Liudgeri
comitis situm.
Nach Thietmar V 3 war der jüngere Rikbert
ein avunculus Markgraf Liuthars, also ein Bruder oder Vetter von
dessen Mutter (und Thietmars eigener Großmutter) Mathilde.
Diese hatte eine Schwester Emnilde;
denn nach Thietmar IV 16 ließ Thietmars Vater den Sohn in Quidlingeburg
apud suam materteram nomine
Emnildam erziehen. Die Quedlinburger
Annalen vermelden, daß
Emnild filia Brunonis
gestorben sei. Dieser Brun
war also auch der Vater Mathildes, dies um so gewisser, als Thietmar
einen Bruder Brun (+ 1049 als Bischof von Verden) und einen Bruder
Friedrich (Burggraf von Magdeburg) hatte, deren Namen sonst in seiner Verwandtschaft
nicht nachzuweisen sind. Gegen die Identifizierung Bruns mit dem
gleichnamigen Arneburger Grafen könnte Thietmars Notiz zum
30. November 978 [78 Chronik II 8; vgl. R. Schölkopf, a.a.O.
Seite 87f.] ins Feld geführt werden, daß auf dem Kriegszug gegen
König
Lothar Brun, comes Harneburggiensis,
miles per cuncta laudabilis, den Tod gefunden habe. Thietmar hat also
nicht darauf hingewiesen, daß es sich um seinen eigenen Urgroßvater
handelt, obwohl er sich solche Bemerkungen im allgemeinen nicht entgehen
läßt. Aber das hohe Lob "ein in jeder Weise preiswürdiger
Ritter" deutet doch wohl auf eine persönliche Beziehung. Es ist jedoch
letztlich für uns ohne Belang, ob auch Thietmar von Merseburg von
dem
Arneburger Grafen abstammte oder ob seine Großmutter Mathilde
nur eine Halbschwester der Brun-Tochter Emnilde war. Wohl
aber ist wichtig für uns, daß laut einer oben bereits angeführten
Urkunde [80 D H II 111. - Vgl. oben Seite 69.] vom 7. April 1006
HEINRICH
II. 100 Hufen samt der Hälfte von Arneburg de Ziazone,
clerico
nostro, filio
Brunonis comitis, 60 Hufen samt der
anderen Hälfte von Arneburg ab Unecone comite eintauschte,
um sie an das Erzbistum Magdeburg zu schenken. Graf
Uniko könnte ebenfalls ein Sohn oder auch ein Schwiegersohn
von Brun sein. Seine Grafschaft griff in den Nordwestzipfel des
Harzgaus hinüber, wo am 12. November 996 Wendilburgoroth [=
Wülperode] als in ihr gelegen bezeichnet wird [81 D O III 183.],
lag aber zur Hauptsache im angrenzenden Laragau, woselbst am 16. August
1010 VVerela [= Werla] in comitatu Vniconis comitiserscheint
[82 D H II 222.], vielleicht auch im Ostfalen- und Derlingau. Noch
in einer in Wallhhausen am 25. Dezember 1005 oder 1006 für Hersfeld
ausgestellten Privaturkunde wird VVnico comes als Zeuge genannt
[83 UB der Reichsabtei Hersfeld I, 1 (1936) 77.]. Daß Ziazo,
das heißt HEINRICHS II. Kaplan
Dietrich, ein Sohn des Grafn Brun von Arneburg war, wird durch
die oben zitierte Urkunde vom 7. August 1006 und die dieser vorausgegangene
Tauschurkunde [84 D H II. 110. - Vgl. oben Seite 69.] unmittelbar
bezeugt. Man kann es unmöglich als Zufall abtun, daß Brun
einen seiner Söhne Dietrich nannte und daß für diesen,
wie für Dietrichs Sohn
Dedi I. die sonst nirgends nachweisbare
Koseform
Ziazo erscheint.
Bruns Frau Frederuna
[85 Vgl. Siegfried Hirsch, Jahrbücher des Deutschen Reichs
unter Heinrich II., I (1882) Seite 456.] war offfenbar eine Schwester Friedrichs
und Dietrichs,
das heißt ihre Tochter Mathilde war eine Base von Friedrichs
Sohn Rikbert, der daher mit Recht als avunculus von Mathildes
Sohn
Markgraf Liuthar bezeichnet werden konnte.
Daß hier ständig Frauennnamen auftauchen,
die wir aus der Verwandtschaft der Königin
Mathilde kennen - außer Mathilde selbst noch
Bia,
Frederuna,
Oda,
Gerburg - deutet auf eine genealogische Beziehung zum Königshaus;
aber welcher Art sie war, vermochte ich nicht zu ermitteln.
Zum Trost der über die WETTINER arbeitenden
oder von ihnen abstammmenden Familienforschern - zu letzteren gehören
auch der Bewidmete und der Verfasser dieses Beitrags - sei angefügt,
daß die wettinischen Ahnenreihe durch die Eliminierung der
'BUCCONEN' durchaus nicht kürzer geworden ist. Denn mit dem jetzt
als vorläufigen Spitzenahnen nachgewiesenen vasallus OTTOS
I., Fridericus,
dem Vater der 945 genannten älteren Brüder, stehen wir keineswegs
schon am Ende der genealogischen Möglichkeiten. Allerdings werden
wir es kaum auf diesen Friedrich zu beziehen haben, wenn HEINRICH
I. am 13. April 928 Besitz in Enchoua und in Mengide
gelegen in comitatu Friderici verschenkt [86 D
H I 18. - Ungeklärt, wie sie nach Quedlinburg kam.]; da die Urkunde
in Dortmund ausgestelllt ist, wird man an Mengede bei Castrop-Rauxel, nicht
aber an Orte im Harzgau (wie Kurze wollte) zu denken haben. Sicher
mit unserem Harzgau-Grafen haben wir es dagegen zu tun, wenn
OTTO I. am 21. Oktobber 937 erklärt, daß er rogatu
Friderici
fidelis nostri cuidam nobili matronae nomine Biae,
ipsius
videlicet matri, seinen gesamten Besitz in Gereslevo [= Giersleben]
in
pago Svevia in comitatu Crhistani geschenkt habe.
Hier haben wir außerordentlich frühen Allodialbesitz
im Schwabengau, der nach dem Tode Bias
an ihren Sohn Friedrich
und dann an dessen Nachfahren gefallen sein wird. Er erklärt vollauf,
wieso man die wettinischen Nachkommen Friedrichs als Nordschwaben
ansah. Ganz zu schweigen davon, daß deren agnatus Rikdag,
Friedrichs
Enkel, mit der Grafschaft im südlichen Schwabengau (die er
an seinen Sohn Karl vererbte) diejenige im nördlichen Hassegau
verband (in welcher seine Klostergründung Gerbstedt liegt), die nach
einer kurzen Zwischenregierung Bios - vielleicht eines der Ahnmutter
Bia nachbenannten weiteren Sohnes von Rikdag - an Dedi I.
(von Wettin) verliehen wurde.
Die Ahnfrau Bia kommt bereits in der spätestens
882 abgeschlossenen Vita Liutbirgae [88 Ottokar Menzel, Das Leben
der Liutburg (1937) Seite 40f. - Vgl. auch Menzel, Sachsen und Anhalt XIII
(1937) Seite 78ff.; Walther Grosse, ebd. XVI (1940) Seite 45 ff.] vor.
Dort lesen wir in c. 35: Quidam ergo comes, nomine
Friderich, in eadem villa [Wendhausen im Harzgau südlich
Quedlinburg] domum simul cumm fratre suo, similiter comite, nomine
Adalgar, habens. Cuius praenominati [das heißt Friedrichs]
uxor,
nome
Pia,
wird von Liutbirg aufgefordert, für das Seelenheil ihrer Mutter zu
beten, und erfährt am dritten Tage danach, daß diese zur gleichen
Stunde gestorben ist. Da Liutburg zur Zeit Ludwigs
des Jüngeren (876-882)
ihr Leben beschloß, kann der Tod von Bias Mutter etwa in die
Jahre 875/80 gesetzt werden, zumal ihr Schwager Graf Adalger am
6. Juli 889 als Graf im Liesgau bezeugt ist [89 D Arn 55.].
In Bias Ehegatten Graf Friedrich haben
wir ohne Zweifel den vor 21. Oktober 937 verstorbenen Vater des 937 und
945 genannten Friedrich vor uns. Kann die Stammfolge bis hierher
als gesichert gelten, so sind wir für die voraufgehenden Generationen
auf Vermutungen angewiesen. Wegen der Beziehung zu Wendhausen und zu der
dort lebenden Klausnerin Liutbirga wird man geneigt sein, an kognatische
Verwandtschaft mit dem Geschlecht der älteren Harzgrafen zu denken,
deren Ahnherr Unwan eine Tochter des bekannten Grafen Hessi zur Frau hatte.
Außer deren eigenen Namen Gisla sind uns die Namen ihrer Töchter
Bilihild (Äbtissin von Wendhausen) und Hruothild (Äbtissin von
Karsbach), sowie ihres Sohnes Bernhard, seiner beiden Frauen und seiner
acht Kinder bekannt [90 Vita Liutburgae, c. 1 und 2.]. Eine Bia
ist nicht darunter. Da die Nachricht vom Tode ihrer Mutter am dritten Tage
danach bei ihr eintraf, wird man weder die am gleichen Ort lebende Bilihild
noch die im weit entfernten Karsbach am Main amtierende Hruothild für
diese Mutter halten können, obwohl beide, ehe sie Äbtissinnen
wurden, verheiratet waren [91 Ebd. c. 2. - Vgl. auch Sabine Krüger,
Studien zur Sächsischen Grafschaftsversammlung (1950) Seite 84ff.].
Eine andere Lösung wäre, Friedrichs
Mutter für eine weitere Tochter von Unwan und Gisla zu halten, und
hier böte sich wegen ihres analog gebildeten Namens jene Imhild
an, die wir als Mutter der Äbtissin Rikburg von Lamspringe
(seit 873) und Ehefrau des Grafen
Rikdag kennen [92 Vgl. ebd. Seite 72ff.].
Graf Rikdag,
833 und 873 urkundlich genannt [93 D LdF (BM² 891) = R. Wilmans,
Die Kaiserurkunden der Provinz Westfalen I (1867) 12; D LdD 150.], war
unter anderem im Ostfalengau und Lisgau begütert [94 Vgl. Sabine
Krüger, a.a.O. Seite 52f. und 72ff; Ruth Schölkopf, Die Sächsischen
Grafen (1957) Seite 83ff.], könnte also sehr wohl der Vater der Grafen
Adalger und Friedrich gewesen sein, von denen Adalger
als Graf im Lisgau nachgewiesen ist, Friedrich aber einen
Enkel Rikbert und einen Urenkel Rikdag hatte.
Als Graf Rikdags Vater endlich dürfen wir
jenen
Grafen Rikbert
ansprechen, der Besitz im Derlingau hatte und der zu den frühesten
Wohltätern des 822 gegründeten Klosters Corvey gehörte [95
Vgl. Sabine Krüger, a.a.O. Seite 52 und 55.]. Wieweit die in der Folgezeit
im niedersächsischen Raum begegnenden [96 Beispiele bei Edmund
Freiherr von Uslar-Gleichen, Das Geschlecht Wittekinds des Großen
und die Immedinger (1902) Seite 17-22.] Träger der Namen Rikbert
und Rikdag Agnaten oder Kognaten der hier behandelten sein könnten,
muß unerörtert bleiben.
Was die älteren Leitnamen angeht, so ist Rikdag
aller Wahrscheinlichkeit nach eine cheruskische Bildung [97 Edw.
Schröder, Niedersächsisches Jahrbuch X (1933); Siegfried Gutenbrunner,
Zeitschrift für Mundartforschung XI (1935); Wilhelm Müller, Westfalen
XXXII (1954) Seite 129-132.]. Da er, wenn wir uns in der Zuordnung nicht
geirrt haben, nicht weniger als vier Sprossen des Geschlechts gegeben wurde,
so haben wir dessen Ursprünge eher im cheruskischen Siedlungsgebiet
als im Schwabengau zu suchen. Rilkbert und Rikburg, andererseits Friedrich
und Dietrich sind Variationsformen von Rikdag, können
also in die Frühzeit des Geschlechts zurückreichen. Einen Dietrich
finden wir erst in der sechsten bekannten Generation; aber Rikdag I.
und
Friedrich II. können ohne weiteres Brüder namens Dietrich
gehabt haben, von denen oder von deren Zugehörigkeit wir zufällig
nichts wissen. Bis auf einen sind alle diese Namen wieder erloschen. Rikbert
stirbt nach dreimaliger Vergebung, vor 1002 aus.
Dietrich erhält
sich in direkter Nachbenennung [98 Spätere Wiederaufnahme (zum
Beispiel Dedo, geboren 9. Mai 1922) muß hier außer Betracht
bleiben.] bis auf den 1285 gestorbenen Dietrich den Weisen, der
keine Enkelkinder hatte. Friedrich ist und bleibt der beliebteste
Leitname der WETTINER wie der GOSECKER und wird im sächsischen
Königshaus noch heute geführt.