Lexikon des Mittelalters: Band III Spalte 1443
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Dukas (pl. Dukai)
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Eines der bedeutendsten byzantinischen Adels- und Kaisergeschlechter,
in den Quellen erstmals Mitte des 9. Jh. erwähnt, in der 1. Hälfte
des 12. Jh. ausgestorben. Ihr erster Vertreter, ein anonymer ‚dux‘,
bekämpfte ca. 855/856 die Paulikaner und führte sie auf Befehl
des Kaiserin Theodora
mit Gewalt zur Orthodoxie zurück. Der Familienname leitet sich augenscheinlich
von dem byzantinischen Militärrang des dux ab. Andronikos
Dukas, wahrscheinlich ein Sohn des obengenannten, kämpfte
im Orient, besiegte 904 die Araber bei Germanikeia, fiel aber 905
(aufgrund einer Intrige und eines Konfliktes mit dem Befehlshaber
der byzantinischen Flotte Hemerios) bei Leon VI.
in Ungnade. Er floh nach Bagdad zum Kalifen und bereitete (zusammen mit
Eustathios Argyros) eine Verschwörung vor. Nachdem er erneut
Verhandlungen mit Konstantinopel aufgenommen hatte, die aufgedeckt wurde,
starb er (ca. 908) in arabischer Gefangenschaft. Seine Verschwörung
zeigt die typischen zentrifugalen Tendenzen bei der damaligen kleinasiatischen
Magnatenschicht, der er auch angehörte, wie überhaupt der großen
Mehrheit der byzantinischen Adelsfamilien im 9. und 10. Jh. (SKLEROI,
PHOKAI,
ARGYROI
usw.).
Der Herkunft nach stammten die DUKAS
aus Paphlagonien oder eventuell aus Kappadokien (darauf beruht die Legende
einer Verwandtschaft mit dem Helden Digenis Akritas), möglich ist
aber auch, dass die DUKAS armenischer
Abstammung waren.
Noch bekannter als Andronikos wurde sein Sohn
Konstantin,
ein vielbewunderter Heerführer. Nach seiner Rückkehr aus der
arabischen Verbannung (Ende 908) wurde er Strateg des Themas Charsianon
und
dann auch Domestikos der Scholen. 913 entfachte er, gestützt
auf seine Popularität in Kleinasien, eine Verschwörung, jedoch
ohne Erfolg.
Obwohl zur kleinasiatischen Militärhierarchie gehörig,
wandelten sich die DUKAS im 11. Jh.
Von einem Magnatengeschlecht der Provinz zum klassischen Beispiel einer
hauptstädtischen Aristokraten-Familie. Zwei Kaiser (Konstantin
X., 1059-1067; Michael
VII., 1071-1078) markieren diese Wandlung und gleichzeitig
das Übergewicht Konstantinopels über die Provinz und besonders
Kleinasien. Den DUKAS half dabei die
Verwandtschaft mit dem Patriarchen Michael Kerullarios (durch
die Gattin Konstantins X.) und
die enge Freundschaft mit dem Patriarchen Konstantin Leichudes,
was ihnen die Unterstützung der Kirche eintrug. Nach dem Tode
Konstantins X. übernahm die Kaiserin-Witwe
Eudokia
Makrembolitissa für die minderjährigen Söhne
Michael
VII., Andronikos
und Konstantin
die Regentschaft. Mitherrscher wurde Konstantins
Bruder, der Caesar
Johannes.
Trotz der Gegnerschaft von Johannes
und Michael Psellos heiratete Eudokia den
General
Romanos Diogenes, der als Romanos
IV. Kaiser wurde (1068-1071). Die byzantinische Niederlage
bei Mantzikert (1071) wurde teilweise auch durch den Verrat von
Andronikos,
Sohn des Caesars
Johannes, mitverschuldet. Nach der Niederlage inszenierte Johannes
in Konstantinopel eine Verschwörung, die Michael
VII. auf den Thron brachte, während Eudokia
schon
bald ins Kloster verbannt wurde. Dennoch wurden unter der Herrschaft von
Michael
VII. sowohl Michael Psellos als auch Johannes
zugunsten des skrupellosen Logotheten Nikephoritzes zurückgedrängt.
Nachdem
Michael VII. zum Thronverzicht
gedrängt worden war, berief sich sein Nachfolger
Nikephoros
Botaneiates zur Legitimierung seiner Herrschaft nicht nur
auf seine Verwandtschaft mit den PHOKAI,
sondern er ehelichte auch, noch zu Lebzeiten Michaels
VII., dessen Gattin Maria.
Ähnlich verhielt sich auch Alexios
I. Komnenos, der
Irene
heiratete, die Tochter des
Verräters
Andronikos
und Enkelin von Johannes,
der Alexios 1081 geholfen hatte, sich
des Thrones zu bemächtigen. Alexios
wurde zuerst nur zum Erben des jungen Konstantin
bestimmt, des Sohnes von Michael VII.;
er verlobte ihn mit seiner ältesten Tochter Anna.
Als ihm aber ein Sohn geboren wurde und Konstantin
(ca.
1095) starb, gingen die DUKAS endgültig
des Thrones verlustig. - Zu Recht oder Unrecht haben später viele
Familien den Zunamen Dukas dem eigenen Familiennamen angeschlossen
(so die Familien AKROPOLITES, ASENIDEN,
BATATZES
[VATATZES], KAMATEROS; NESTONGOS,
PHILANTROPENOS, SYNADENOS, TARCHANEIOTES usw.). In
Byzantinischer Zeit stand die Verwandtschaft mit den DUKAS
im Ansehen höher als diejenige mit allen anderen Kaiserfamilien, was
durch die durchaus begründete Nennung der DUKAS
in den Unterschriften der Kaiser aus den Geschlechtern der ANGELOI,
BATATZES
und der PALAIOLOGOI
belegt
ist.