Sohn des dux
Lexikon des Mittelalters: Band III Spalte 1443
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Dukas (pl. Dukai)
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Ihr erster Vertreter, ein anonymer ‚dux‘,
bekämpfte ca. 855/856 die Paulikaner und führte sie auf Befehl
des Kaiserin Theodora
mit Gewalt zur Orthodoxie zurück. Der Familienname leitet sich
augenscheinlich von dem byzantinischen Militärrang des dux
ab. Andronikos Dukas, wahrscheinlich ein Sohn des obengenannten,
kämpfte im Orient, besiegte 904 die Araber bei Germanikeia, fiel aber
905 (aufgrund einer Intrige und eines Konfliktes mit dem Befehlshaber
der byzantinischen Flotte Hemerios) bei Leon VI.
in Ungnade. Er floh nach Bagdad zum Kalifen und bereitete (zusammen mit
Eustathios Argyros) eine Verschwörung vor. Nachdem er erneut
Verhandlungen mit Konstantinopel aufgenommen hatte, die aufgedeckt wurde,
starb er (ca. 908) in arabischer Gefangenschaft. Seine Verschwörung
zeigt die typischen zentrifugalen Tendenzen bei der damaligen kleinasiatischen
Magnatenschicht, der er auch angehörte, wie überhaupt der großen
Mehrheit der byzantinischen Adelsfamilien im 9. und 10. Jh. (SKLEROI,
PHOKAI,
ARGYROI
usw.).
Der Herkunft nach stammten die DUKAS
aus Paphlagonien oder eventuell aus Kappadokien (darauf beruht die Legende
einer Verwandtschaft mit dem Helden Digenis Akritas), möglich ist
aber auch, dass die DUKAS armenischer
Abstammung waren.
Noch bekannter als Andronikos wurde sein Sohn
Konstantin,
ein vielbewunderter Heerführer.
Nach einem 905 entwickelten Plan sollte Himerios,
der inzwischen Stylianos als amtierenden Logotheten abgelöst
hatte, die Küste entlang nach Attale (heute Antalya) segeln, ein unter
dem Befehl des dortigen Militärgouverneurs Andronikos Dukas
stehendes Landheer an Bord nehmen, und dann die Fahrt nach Tarsos fortsetzen,
einer Hafenstadt, die an Größe und Bedeutung Thessalonike kaum
nachstand und der er ein ähnliches Schicksal zudachte. Himerios
erreichte Attalea mit seiner Flotte wie vorgesehen - aber Dukas
weigerte sich nicht nur, sich ihm anzuschließen, sondern revoltierte
offen gegen das Reich. In dieser Situation hätte ein unbedeutenderer
Mann, dem unvermutet vorher zugesagte Streitkräfte vorenthalten wurden,
vielleicht die ganze Operation abgeblasen. Daran aber dachte Himerios,
obwohl er schlecht gerüstet war und kaum über Erfahrung verfügte,
nicht im geringsten. Eilig setzte er mit seinen Einheiten die Fahrt fort.
Schon wenige Tage später hatten sie die sarazenische Flotte, die sie
aufzuhalten versuchte, vollständig zerstört und legten Tarsos
ihrerseits in Schutt und Asche. Zwei blühende Städte waren in
Rauch und Asche aufgegangen, Tausende getötet worden - doch die Ehre
von Byzanz war wiederhergestellt.
Andronikos Dukas hatte sich in der Zwischenzeit
mit allen, die bereit waren, ihm zu folgen, in eine etwa 150 Meilen nordöstlich
gelegene Festung bei Ikonion (heute Konya) zurückgezogen, und dort
wurde der Winter verbracht. Im März 906 setzte er sich, als sich ein
kaiserliches Heer näherte, mit seinem Sohn Konstantin auf
sarazenisches Gebiet ab, hielt sich kurze Zeit im zerstörten Tarsos
auf und suchte dann Zuflucht in Bagdad. Seine Geschichte ist weder sonderlich
erbaulich noch bedeutend, an ihr läßt sich aber eine neue und
große Gefahr zeigen, die dem traditionellen Reich künftig drohte:
der Aufstieg einer immer mehr an Macht gewinnenden gesellschaftlichen Schicht,
dies ich im Verlauf des 9. Jahrhunderts gebildet hatte und im 10. und 11.
schließlich große Reibungen verursachte. Sie bestand aus einer
Anzahl ungeheuer reicher Familien - angesichts ihrer Größe und
Verzweigung wäre der Ausdruck Clans wohl angemessener -, die in ganz
Kleinasien ausgedehnte Güter besaßen, auf lange militärische
Erfahrung zurückblicken konnten, untereinander heiraten und sich nicht
sonderlich an die Krone gebunden fühlten, außer insofern, als
vielem von ihnen selbst danach gelüstete. Unter diesen war vermutlich
der DUKAS-Clan vermutlich der
größte und sicherlich der angesehenste; Andronikos
setzte
sich an dessen Spitze. Bis dahin hatte er dem Reich gute Dienste geleistet,
vor allem Dingen im Jahre 904 mit einem erfolgreichen Feldzug nach Syrien.
Sein plötzlicher Verrat jedoch, der, soweit bekannt ist, keine andere
Ursache hatte als die Unterstellung unter einen Befehlshaber, den er als
sich untergeordnet betrachtete, zeigt recht deutlich, wie schwach das Bande
war, das ihn und viele seinesgleichen an den Thron band.
Wie sich herausstellte, war der Kaiser schließlich
selbst, wenn auch unfreiwillig, die Ursache für den Fall von Andronikos
Dukas. Er hatte eine Gesandtschaft nach Bagdad geschickt, die dort
mit dem elfjährigen Sultan
al-Muktadir über einen Gefangenenaustausch verhandeln sollte,
und ihr insgeheim einen Brief an seinen ehemaligen Strategos Andronikos
mitgegeben, in dem er ihm Vergebung und Wiedereinsetzung anbot, falls er
sich wieder loyal hinter ihn stelle. Zum Pech des Adressaten entdeckte
man den Brief, und damit war Andronikos' Schicksal besiegelt.
Bis dahin hatte ihm der Sultan vertraut, doch nun war er sich nicht mehr
sicher. Er hieß ihn zu sich kommen und zwischen seinem Leben und
dem unverzüglichen Übertritt zum Islam wählen. Selbstredend
entschied sich Andronikos für das zweite, aber auch das brachte
ihm nicht die Freiheit. Man sperrte ihn zwar nicht ein, stellte ihn jedoch
unter strenge Aufsicht. Kurze Zeit darauf starb er.
oo N.N.
†
Kinder:
Konstantin Dukas
†
913 gefallen
Literatur:
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Norwich John Julius: Byzanz. Der Aufstieg des
oströmischen Reiches. Econ Verlag GmbH, Düsseldorf und München
1993 Band II Seite 143 -