Älteste Tochter des KaisersAlexios
I. Komnenos von Byzanz und derIrene
Dukaina, Tochter von PrinzAndronikos
Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 654
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Anna Komnene, byzantinische Prinzessin, Geschichtsschreiberin
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* 2. Dezember 1083 †
ca. 1153/54
Tochter des byzantinischen Kaisers Alexios I. Komnenos
oo 1097 Nikephoros Bryennios
Anna erhielt eine
umfassende Bildung. Nach dem Tod ihres Vaters (1118) versuchte sie, für
ihren Gatten den kaiserlichen Thron zu gewinnen. Nach dem Scheitern ihres
Versuches zog sie sich in das von ihrer Mutter Eirene
zu Beginn des 12. Jahrhunderts gegründete Nonnenkloster Tes Kecharitomenes
zurück. Nach dem Tode ihres Gatten (1136/37) widmete sie sich ganz
der Abfassung ihres Werkes "Alexias", das sie im Jahrzehnt nach 1136/37
vollendete. Das in 15 Bücher gegliederte Werk, eine Ergänzung
und Fortsetzung des unvollendeten Werkes ihres Mannes "Hyle Historia",
das die Jahre 1070-1079 umfaßt, behandelt die Zeit von 1069 bis 1118.
Die "Alexias" ist, trotz mancher chronologischer Fehler und der Voreingenommenheit
vor allem gegenüber den Lateinern (aus ihrem Haß gegen die Kreuzfahrer
macht sie keinen Hehl, was sicher die Gefühle des byzantinischen Hofes
den Kreuzfahrern gegenüber treu wiedergibt), die wertvollste zeitgenössische
Quelle für die Geschichte ihres Vaters, während dessen Regierung
sich die Begegnung von Byzanz und Abendland im Ersten Kreuzzug sowie die
Kriege mit den Normannen im Westen, den Steppenvölkern im Norden und
Seldschuken im Osten vollzogen; Anna stützt
sich dabei auf die Staatskanzlei (Urkunden und Briefe), Archive, mündliche
Zeugnisse ihres Vaters, Berichte kaiserlicher Feldherren, eigene Beobachtungen
und persönliche Erlebnisse. Die auf sachliche Genauigkeit bedachte
Anna,
deren Ideal der Attizismus ist (Homer, Tragiker, Geschichtsschreiber und
die Antholia Palatina werden öfters in ihrem Werk zitiert), hatte
als literarische Vorbilder primär Thukydides und Polybios. Als Quellen
benutzte sie zwar außer dem Werk ihres Gatten auch Skylitzes Continuatus,
Michael Attaleiates und Michael Psellos, stilistisch aber ist sie von Johannes
Epiphanes und Theophylaktos Simokrates beeinflußt.
Tochter des Kaisers Alexios I.
Beschrieb die Regierungszeit ihres Vaters in der "Alexias"
in verherrlichender Form.
ANNA
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* um 1083, † um 1154
Anna Komnena war eine bedeutende Historikerin der Ära ihres Vaters, versuchte 1118 nach dessen Tode ihrem zweiten Ehemann gegen ihren Bruder Johannes II. den Thron zu besorgen und mußte deshalb Nonne werden.
1084-1090/91
oo Konstantin Dukas, Mit-Kaiser
† um 1095
Annas Cousin
1097
oo Nikephoros Briennios der Jüngere
† 1136/37
Sohn des ehemaligen Gegen-Kaisers
Nikephoros der Ältere
Norwich John Julius: Band III Seite 74,80,86
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"Byzanz. Der Aufstieg des oströmischen Reiches."
Annas Haß auf
Johannes
währte
ihr Leben lang und gründete auf verständlicher Eifersucht. Als
Irenes
und Alexios' ältestes Kind
war sie schon als Säugling mit dem jugendlichen
Prinzen
Konstantin
- einem SohnMichaels VII.
-
verlobt worden und galt die ersten fünf Jahre ihres Lebens als mutmaßliche
Erbin des byzantinischen Throns. Dann gebar
Kaiserin
Irene
am 13. September 1087 einen Sohn, nämlich besagten
Johannes, und Annas Träume
von der kaiserlichen Krone zerschlugen sich. Doch nicht für lange.
Nach Konstantins frühzeitigem
Tod heiratete sie 1097 Nikephoros Bryennios, Sohn des gleichnamigen
Feldherrn, der nach einem versuchten Aufstand gegen den erbärmlich
unfähigen Kaiser Michael
VII. Dukas 1077 von ihrem Vater Alexios
geblendet
und gefangengesetzt worden war. Auch dieser Nikephoros Bryennios
hatte sich als guter Soldat und Anführer erwiesen, so dass ihm
Alexios wohl 1111 - sicher ist das Jahr nicht bekannt - den
Titel
eines Cäsaren verlieh. Und sofort witterte Anna
eine neue Chance für ihre Ambitionen auf den Thron. Dass sie Mutter
Irene und Bruder Andronikos
für ihre Zwecke gewann, wurde bereits erwähnt und auch, dass
sie damit letztlich scheiterte. Aber die zähe Anna
warf die Flinte noch nicht ins Korn. Aller Wahrscheinlichkeit nach steckte
sie hinter der Verschwörung mit dem Ziel, Johannes
während
des Begräbnisses von Alexios
umzubringen
- welchem ihr Bruder aber vernünftigerweise fernblieb, nachdem man
ihn gewarnt hatte. Einige Wochen nach seiner Thronbesteigung schmiedete
sie erneut ein Komplott. Ein Mordkommando unter der Leitung ihres EhemannesBryennios
sollte
Johannes
in seinem Landsitz Philopation direkt außerhalb des Goldenen Tores
umbringen. Dummerweise bekam
Bryennios es im letzten Moment mit
der Angst zu tun und hielt die vereinbarte Verabredung nicht ein. In der
Zwischenzeit wurden die Mitverschworeren, die er von seinem Rückzug
nicht in Kenntnis gesetzt hatte, im Palast ertappt und sofort festgenommen.
Der neue Kaiser zeigte sich verblüffend gnädig.
Es folgten weder Blendungen noch Verstümmelungen. Das Schlimmste,
was den Schuldigen widerfuhr, war die Beschlagnahmung ihres Besitztums
- und selbst das erlangten die meisten von ihnen später wieder. Nikephoros
Bryennios kam straffrei davon; er diente Johannes
ergeben weitere 20 Jahre, bis zu seinem Tod, im Feld und verbrachte seine
Mußestunden mit dem Verfassen eines bemerkenswert langweiligen Geschichtswerks.
Die Drahtzieherin Anna kam weniger
glimpflich davon. Nachdem sie vernommen hatte, was im Philopation geschehen
war, geriet sie außer sich und verfluchte die Vorsehung aufs unflätigste
dafür, dass ihr Gatte mit gewissen männlichen Attributen ausgestattet
worden war, die besser ihr verliehen worden wären. Auch sie wurde
mit der vorübergehenden Konfiszierung ihres Besitzes bestraft
und, schlimmer noch, auf Lebzeiten vom kaiserlichen Hof verwiesen.
Verlassen und erniedrigt ließ sie sich im Nonnenkloster Theotokos
Kecharitomene nieder, wo sie die folgenden 35 Jahre lebte und die Ereignisse
zu Lebzeiten ihres Vaters zu Papier brachte. Sie ließ nicht ab, das
ihr angetane Unrecht zu beklagen, an dem sie allerdings - soviel Ehrlichkeit
und Intelligenz besaß sie, dass sie dies einsah - zur Hauptsache
selbst die Schuld trug.
1084-1090
1. oo 2. Konstantin Dukas der Purpurgeborene
1074 † 1093
1097
2. oo Nikephoros Bryennios der Jüngere, Sohn
des Gegen-Kaisers
1062 † 1137
Kinder:
Alexios Bryennios Komnenos
um 1105 † nach 1162
Literatur:
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BERTELSMANN Lexikon Geschichte 1991 Seite 49 -
Browning
Robert: Byzanz. Roms goldene Töchter. Die Geschichte des Byzantinischen
Weltreiches. Gustav Lübbe Verlag GmbH Bergisch Gladbach 1982 Seite
133,144,147,150 - Frischler Kurt: Das Abenteuer der Kreuzzüge.
Heilige, Sünder und Narren. F:A. Herbig Verlagsbuchhandlung München-Berlin
1973 Seite 54,63,69,78,151 - Heilig, Konrad Josef: Ostrom und das
Deutsche Reich um die Mitte des 12. Jahrhunderts. Die Erhebung Österreichs
zum Herzogtum 1156 und das Bündnis zwischen Byzanz und dem Westreich,
in Kaisertum und Herzogsgewalt im Zeitalter Friedrichs I. Studien zur politischen
und Verfassungsgeschichte des hohen Mittelalters, Anton Hiersemann Stuttgart
1944 Seite 38,81,100,118,124,126,132,140,238,259 -
Jäschke Kurt-Ulrich: Europa und das römisch-deutsche
Reich um 1300. Verlag W. Kohlhammmer Stuttgart Berlin Köln 1999 Seite
33 - Kashdan A.P.: Byzanz und seine Kultur. Akademie-Verlag Berlin
Seite 36,85,120,176 - Lehmann Johannes: Die Kreuzfahrer. Abenteurer
Gottes. Gondrom Verlag Bindlach 1991 Seite 48,64,76 - Mayer, Hans
Eberhard: Geschichte der Kreuzzüge, Verlag W. Kohlhammer GmbH 1995
Seite 258 - Norwich John Julius: Byzanz. Der Aufstieg des oströmischen
Reiches. Econ Verlag GmbH, Düsseldorf und München 1993 Band III
Seite 74,80,86 - Oldenburg Zoe: Die Kreuzzüge. Traum und Wirklichkeit
eines Jahrhunderts. S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main Seite 60,69-72,76,85,87,97,100,102,106,115,168,188,269,413,456,
465 - Runciman, Steven: Geschichte der Kreuzzüge, Sonderausgabe
in 1 Band Verlag H.C. Beck München 1978, Seite 70,82, 85,152,154,161,362,512-513,665
- Sanders A.: Osteuropa in kontinentaleuropäischer Schau. Hoheneichen-Verlag
München 1944 Seite 79 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische
Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band III Europäische
Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser Ergänzungsband,
R.G. Fischer Verlag 1994 Tafel 201 - Tschilingirov Assen: Bulgarien.
Kulturgeschichte im Prisma. - Prisma-Verlag Zenner und Gürchott Seite
169 - Weller Tobias: Die Heiratspolitik des deutschen Hochadels
im 12. Jahrhundert. Rheinisches Archiv. Böhlau Verlag Köln Weimar
Wien 2004 Seite 111 -