Reinhard Wenskus: Seite 206-210,330-334,337

"Sächsischer Stammesadel und fränkischer Reichsadel"

Wie früh schon Besitz und Rechte selbst am gleichen Ort verzahnt waren, zeigen die Verhältnisse in Wendhausen. In der Vita Liutbirgae (c. 35) wird erwähnt, daß hier zwei Brüder, Frideric und Adalgar, beide Grafen, gemeinsam ein Haus besaßen. Der Name des ersten weist in den immedingischen Umkreis, der des zweiten stammt aus einer Sippe, in der -dag- und -ger-Namen ursprünglich bestimmend waren (sogenannte Ricdag-Sippe). Da wir uns nun schon im Zeitalter der allgemeinen Nachbenennung befinden, ist eine sichere Entscheidung, welchem Geschlecht sie im Mannesstamm angehören, vorerst unmöglich. Dennoch ist die Vermutung, daß sie zum IMMEDINGER-Geschlecht zu rechnen seien, noch am besten zu begründen. Die IMMEDINGER hatten bis ins 11. Jahrhundert in dieser Gegend beträchtlichen Besitz. Noch Meinwerk von Paderborn konnte hier zwei Haupthöfe (Hötensleben und Wackersleben, Kr. Neuhaldensleben) an sein Bistum verschenken. Und die sogenannten Haldenslebener Grafen sind schon von R. Schölkopf mit Recht in Beziehung zu den IMMERDINGERN gebracht worden. Auch die sonstige Namenstradition der Familie Friedrichs und Adalgers, der sogenannten Harzgrafen, weist einen immedingischen Einschlag auf. Adalger selbst war Graf im stark immedingisch bestimmten Liesgau [MGH D Arn 55 (889). Vgl. zu den Harzgrafen weiteres unten bei Anm. 2916], wo ihn König ARNULF 889 die Königshöfe Wulften und Kalefeld schenkt. Dagegen wird der Komitat Friedrichs im Harzgau selbst gesucht [Als Tradenten kennen wir ihn nur aus dem nördlich angrenzenden pagus Derlingen (Trad. Corb. A § 188/B § 413 in Lauingen). Am gleichen Ort tradiert etwa 1003 ein Thiadricus comes (Trad. Corb. A § 425 c), der wohl mit dem WETTINER Dedi (+ 1009), dem Schwiegersohn des IMMERDINGERS Markgraf Dietrich ("von Haldensleben"), zu identifizieren ist. - Daß seine Frau Bia eine Tochter des Grafen Ricdag und der Emhilde gewesen ist, wie K. A. Eckhardt, Genealogische Funde zur allgemeinen Geschichte (10963) Seite 84 meint, um das Vorkommen des Namens Ricdag in dieser Familie zu erklären, ist möglich, erklärt aber wieder nicht den Namen seines Bruders Adalger, der ebenfalls aus der Ricdag-Sippe stammt. Da eine Schwester der Königin Mathilde ebenfalls Bia hieß, ist auch eine Verschwägerung mit dem westlichen IMMEDINGER-Zweig möglich.], weil man in der Folge weitere Grafen dieses Namens dort zu finden glaubte. Daß freilich bereits jener Friedrich, der mit seinen Söhnen Folcmar und Richbert 945 vier Orte im ostsaalischen Serimunt, im Komitat Christians, von OTTO I. geschenkt erhielt, Graf gewesen sei, wird weder aus dieser Urkunde noch aus einer älteren von 937 [MGH DO I 17. Dieser Friedrich könnte mit dem der Urkunde OTTOS I. für Hersfeld (MGH DO I 96, 948) identisch sein, dessen ehemaligen Besitz in Franken nördlich des Mains, darunter gerade auch aus Karsbach, er an Hersfeld vertauscht.] zu erschließen sein, in der OTTO I. Friedrichs Mutter, der Matrone Bia Besitz in Giersleben im Schwabengau, ebenfalls im Komitat Christians, übereignete. Der Name des anderen Sohnes Richbert zeigt - wenn er nicht auch bei den IMMEDINGERN gebräuchlich war, was nicht ganz sicher ist - unter Umständen die Versippung mit der Familie Unwans und Gislas an, die mit dem Sohn Richarts, Ricbert, um 824 den ersten bekannten Grafen in dieser Gegend neben den IMMEDINGERN Immad und Thuring stellte. Daher könnten an sich die 955 in einer Urkunde genannten Harzgaugrafen Unego und Friedrich zu einer Familie gehören, unter Umständen Brüder sein. Der Name Unego/Uneco/Unico ist Koseform für Unwan, die auch für den der nächsten Generation angehörenden Erzbischof Unwan von Bremen gebraucht wird. Von dem Bremer Metropoliten sagt Adam bereits ausdrücklich, er sei clarissimo genre Immedingorum oriundus [1839 Adam von Bremen II 47 (45).]. Es ist also nicht ausgeschlossen, daß  der Name Unwan bereits vorher in der Sippe der immedingischen Harzgaugrafen heimisch geworden ist. Darauf könnte auch die Tatsache weisen, daß Uneco gemeinsam mit dem Kleriker Ziazo, dem späteren Kanzler und Sohne Brunos und Frideruns, den R. Schölkopf [1840 R. Schölkopf (wie Anm. 948) Seite 87f.] zu den Harzgrafen rechnet (was aber wohl nur für die mütterliche Seite stimmt), vor 1006 die Arneburg in der Altmark besessen hat [1841 MGH DH II 111. Vgl. unten bei Anm. 3356.]
Dennoch spricht mehr dafür, in dem Grafen Unwan/Unego noch einen Agnaten der Nachkommen Unwans und der Hessi-Tochter Gisla zu sehen. Seine Grafenrechte erstreckten sich nicht nur über den Harzgau, sondern auch auf das Gebiet westlich der Oker, wo Werla 1010 in seiner Grafschaft liegt [1842 MGH DH II 222.]. In der Mitte des 11. Jahrhunderts wird dieser Gesamtbereich von Grafen beherrscht, deren Namen noch durchaus in die Tradition des karolingischen Unwan gehören: Adalhard im pagus Lera [1843 MGH DHIII 311 (1153).], Christian und Bernhard in "Valon et Hardagao" [1844 MGH DH IV 1069. Vgl. für Bernhard DH III 281 (1052).], deren Nachfolger Iso auch ein Isanhard sein kann. Wenn der letztgenannte Bernhard andrerseits mit Recht als der Großvater LOTHARS VON SÜPPLINGENBURG gilt, so kann folgerichtig nur geschlossen werden, daß dieser Herrscher eben doch nicht der homo novus war, der einer aufsteigenden und bald absterbenden Familie angehörte, als den ihn die herrschende Meinung weithin sah. Als Repräsentant einer Familie mit alten Traditionen und erlauchten Ahnen erscheint sein Aufstieg zum Königtum dann weniger spektakulär. Nun gilt jedoch seit einiger Zeit als Vater Bernhards jener Graf Liutger, der von 1013 bis 1031 in etwa dem gleichen Raum amtiert wie der SÜPPLINGENBURGER späterhin [1846 Vgl. H. W. Voigt, Das Herzogtum Lothars von Süpplingenburg (1959), Seite 140 noch mit der nötigen Vorsicht, die von der auf ihm beruhenden Literatur vielfach aufgegeben wird. Die genealogische Verbindung zu dem wohl zum Walbecker Haus gehörenden Grafen Lutherus (1049/53), dem LOTHAR wohl seinen Namen verdankt und dessen Grafschaft in pago Northuringon et in pago Derlingon am gleichen Tage (17.1.1052) wie die Bernhards an Halberstadt übertragen wurde (MGH DH II 280), wird wahrscheinlich über die uns unbekannte Mutter Bernhards gehen.]. Doch kann aus derartigen Verhältnissen nicht zwingend auf eine agnatische Folge geschlossen werden, da hier Rechte der Unwan-Familie und der Harzgrafen mit immedingischer Tradition weithin im Gemenge lagen. Daß  jedoch Bernhard auch deren Grafenrechte wenigstens zum Teil übernommen hat, ergibt sich aus den Verhältnissen in Drübeck, das in seiner Grafschaft liegt [1847 MGH DH IV 32 (1058); vgl. H. W. Vogt (wie Anm. 1846) Seite 136 Anm. 5.]. Das Kloster Drübeck ist nun von den Brüdern Theti (Dietrich) und Wigger einige Zeit vor dem 10. September 960 gegründet worden [1848 Das ergibt sich aus der Urkunde OTTOS I. für Drübbeck (MGH DO I 217, 960); vgl. DO II 225 (980), wo der comes Vuicherus genannt wird. Die angebliche Gründungsurkunde MGH DLdJ 26 (877) ist eine Fälschung. Vgl. dazu K. H. Eckhardt (wie Anm. 1832) Seite 74f.]. Die Namen entsprechen denen, die wir bei den Harzgrafen immedingischer Tradition zu erwarten haben. Dietrich als IMMEDINGER-Name ist uns geläufig, und Wigger gehört zu der -ger-Namengruppe der Ricdag-Sippe, für die wir schon in Adalger ein Beispiel für diese Familie kennenlernten. Theti wird von K. A. Eckhardt mit dem Dadi Thuring gleichgesetzt [1851 K. A. Eckhardt (wie Anm. 1832) Seite 75.], der 949 im Hassegau Graf war und den wir den IMMEDINGERN zugeordnet haben [1852 Vgl. oben Seite 134ff.]. Wir können jedoch auch an den Markgrafen Dietrich ("von Haldensleben") denken, der vielleicht ein Sohn des Dadi war. 1002 war in dieser Gegend wieder ein Ricbert (Ippo) Graf [1853 Die sprachlichen Bedenken, die R. Schölkopf (wie Anm. 948) Seite 166 gegen die Gleichsetzung von Ricbert und Ippo erhebt, sind unbegründet.]. Er war, wie Thietmar vonn Merseburg berichtet (V 3) berichtet, von OTTO III. abgesetzt worden. Thietmars Vaterbruder, der Markgraf Liuthar, ist dann nach dem Thronwechsel mit Ricbert, der sein avunculus war, zu HEINRICH II. nach Bamberg gegangen und hat dessen Wiedereinsetzung erreicht. Anstatt Ricberts hattte OTTO III. nun Liudger, einen miles des Bischofs Arnulf von Halberstadt, mit Ricberts Grafschaft belehnt. Dieser Liudger, dessen Name ursprünglich auch in die erwähnte -ger-Gruppe der Ricdag-Sippe gehört, hat dann aber offenbar nach dem Tode Ricberts, der bis 1009 genannt wird [1854 MGH DH II 46 (1003); DH II 205 (1009). - Daß  dieser Liutger zur Harzgrafen-Familie gehörte, wird aus einer Urkunde KONRADS II. vom 2.4.1035 deutlich, nach der der Ort der Germarmark in comitatu Lutegri comitis lag. Da die Germarmark zur Grafschaft der BILSTEINER gehörte, die von Wigger, dem Mitbegründer von Drübeck abzustammen scheinen und bei denen die Leitnamen Wigger und Rugger (Rutger) beliebt sind, emendiert K. A. Eckhardt (wie Anm. 1007a) Seite 56 diesen Luteger wohl ohne zwingenden Grund zu einem Rugger um.], doch noch dessen Nachfolge angetreten, in der er von 1013 bis 1031 erwähnt wird. Er dürfte, seinem Namen nach zu urteilen, zu den Harzgrafen gehört haben. Ob der zwischen 961 und 1000 bezeugte Graf Friedrich sein Vater war, mag dahingestellt bleiben, auch ob dieser Graf mit dem Pfalzgrafen Friedrich (995-1002) identisch war [1855 K. A. Eckhardt (wie Anm. 1832) Seite 84 lehnt gegen die herrschende Meinung eine Identität ab. Im Lichte des hier dargestellten Sachverhalts sind seine Gründe dafür jedoch nicht tragfähig.]. Daß der letztere ein IMMEDINGER war, wird freilich schon dadurch nahegelegt, daß er der Nachfolger des IMMEDINGERS Dietrich (+ 995) [1856 Vgl. unten bei Anm. 3385 und bei Anm. 1301.] in der Würde der Pfalzgrafen wurde. Der Vater Rikberts war ein Brun, der gleichzeitig der Großvater Bruns von Querfurt (mart. 1009) war, dessen Brüder Dietrich und Wilhelm wiederum die schon bekannten IMMEDINGER-Namen tragen [1857 Vgl. R. Schölkopf (wie Anm. 948) Seite 88f. und Stammtafel zur Genealogie der Harzgrafen.].
Die Großmutter Thietmars von Merseburg Mathilde war eine Schwester dieses Ricbert. Daher konnte Thietmar (VI 94) Brun von Querfurt als amicius mihi consanguinitate bezeichnen. Da nun Graf Bernhard, der Großvater LOTHARS VON SÜPPLINGENBURG, Ida von Querfurt, die Nichte Bruns und Großnichte Ricberts, zur Ehe genommen hat, die ihrem Sohn den Namen ihres Vaters Gebhard gab, kann auch die Nachfolge Bernhards in bestimmten Grafenrechten Ricberts/Liudgers durch diesen Zusammenhang erklärt werden, ohne daß man Liudger zum Vater Bernhards zu machen braucht. Wenn Vogt [1858 H. W. Vogt (wie Anm. 1846) Seite 66f., 141.] wohl mit Recht die Stammsitze LOTHARS, Süpplingenburg und Königslutter, aus HALDENSLEBENER Erbe herleitet, das LOTHARS Vater Gebhard mit Hedwig von Formbach, der Enkelin Konrads von Haldensleben, verheiratet hat, wird deutlich, wieviel von den Machtgrundlagen der Familie auch aus immedingischen Voraussetzungen zu erklären ist.
Die Namen der immedingischen Harzgrafen-Sippe, bei der außer dem Namen Ricdag schon seit der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts auch eine Reihe von -ger-Namen der Ricdag-Sippe (Adalger, Wigger, Liudger) zu finden waren, deutete schon auf die Vereinigung zweier Hausüberlieferungen hin, die durch die Übernahme des Namens Ricbert aus der Unwan-Familie der BILLINGE noch ergänzt werden. Es ist jedoch ein Fehlurteil gewesen, jenen Ricbert (+ vor 944), dessen Frau Helmburg das Kloster Fischbeck stiftete und 970 Äbtissin von Hilwartshausen wurde [1859 Vgl. H. W. Krumwiede, Das Stift Fischbeck an der Weser. Untersuchungen zur Frühgeschichte 955-1158 (1955). R. Schölkopf (wie Anm. 948) Seite 90ff.], dieser Harzgrafen-Sippe selbst zuzuordnen. Die Namen der Söhne des Paares, Eberhard, Richard und Alfdag, rechtfertigen eine solche Maßnahme nicht. Denn Eberhard und Richard gehören noch in den Zusammenhang der Unwan-Famiulie. Der erste Graf Ricbert in Sachsen war wohl sogar ein Sohn eines Richard, wie wir gesehen haben [1860 Vgl. oben bei Anm. 1618f. und bei Anm. 1650.]. Der Name des Alfdag weist zwar in die Ricdag-Sippe, kann jedoch leicht erklärt werden, wenn wir mit H. Goetting annehmen, daß die Tochter Aeddilas, Hemma, die bis 990 Äbtissin in Hilwartshausenn war, mit Helmburg identisch ist, was sich namenkundlich durchaus rechtfertigen läßt. Wir hätten also nicht eine Abfolge der Äbtissinnen - Helmburg 970-973 und Hemma 973-990 - anzunehmen, sondern Helmburg/Hemma hätte von 970 bis 990 dem Weserkloster vorgestanden. Bei dieser Annahme würde Helmburg die Tochter Bunicos und Nichte Helmdags und wäre dammit eine Angehörige der Ricdag-Sippe selbst, was den Namen Alfdag zureichend erklärt.
Die Behandlung der Harzgrafen und ihrer immedingischen Vorfahren ist deshalb besonders wichtig, weil in neuerer Zeit K. A. Eckhardt die WETTINER als Harzgrafen-Zweig angesprochen hat [2955c K. A. Eckhardt (wie Anm. 1832) Seite 64ff.]. Sehen wir uns die Namen der ältesten WETTINER an (Dietrich, Dedi, Friedrich, Ricdag) [2955d Vgl. Thietmar VI 50 (34).], so scheint das auf den ersten Blick auch von unserem Standpunkt durchaus akzeptabel. Dennoch müssen wir uns für einen cognatischen Zusammenhang entscheiden. Denn Thietmar von Merseburg gibt uns meines Erachtens genauere Auskunft [2956 Thietmar VI 50 (34). ]. Er schreibt, sie stammten de tribu, quae Bucici dicitur. K. A. Eckhardt versucht dieser Schwierigkeit mit einer Hypothesenhäufung aus dem Weg zu gehen, die von slawistischem Standpunkt aus unmöglich ist. Einmal muß er gegen den sonstigen Sprachgebrauch annehmen, dass tribus hier nicht "Stamm, Geschlecht" bedeutet, sondern "Heimat" [2957 A. a. O. Seite 70]. Dann konstruiert er einen unmöglichen Lautwandel von Q - B, weil er den pagus Quezizi, der in der Grafschaft des WETTINERS Friedrich von Eilenburg lag als diese Heimat ansieht, von der das Geschlecht seinen Namen erhielt. Abgesehen davon, dass Quezizi seiner Bildung nach ebenso ein patronymischer Personengruppenname war wie Bucici und dass die WETTINER erst seit eben diesem Friedrich diesen Raum beherrschten, stammen die späteren WETTINER aber auch nicht von Friedrich, sondern von dessen Bruder Dedi ab. Wir müssen also Thietmar mehr Glauben schenken und mit der herrschenden Meinung annehmen, dass die WETTINER von einem Buco (= Burkhard) abstammten. Doch wird man dabei nicht mit der bisherigen allgemeinen Auffassung annehmen dürfen, dass mit diesem Burghard jener thüringische Mark-Herzog gemeint sei, der die POPPONEN in dieser Funktion ablöste [2858 So noch R. Schölkopf (wie Anm. 948) Seite 98ff. und Stammtafel Burchardinger.]. Dagegen hat schon W. Schlesinger mit guten Gründen Einspruch erhoben [2959 W. Schlesinger (wie Anm. 2222) Seite 169.].
Die Lösung muß meines Erachtens in ganz anderer Richtung gesucht werden, wobei wir einen kleinen Umweg einschlagen müssen.
H. Decker-Hauff hat auf einen Pfäferser Gedenkbucheintrag von 950/51 aufmerksam gemacht [2960 H. Decker-Hauff, Die Ottonen und Schwaben, in: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte 14 (1955) Seite 247ff.], der König HEINRICH I., OTTO I., seine Brüder Herzog Heinrich von Bayern, Erzbischof Brun von Köln, seinen Schwiegersohn Konrad den Roten, seinen Sohn Herzog Liudolf von Schwaben, dessen Schwiegervater, den KONRADINERHermann I. von Schwaben, einen weiteren Heriman, Reginlinde, die Gemahlin Herzog Burkhards I. von Schwaben und dann Herzog Hermanns I., Idadie Tochter Hermanns I. und der Reginlinde, sowie noch Keila (= Gisela), Hicha und einen Wernarius enthält.
Für uns ist der Nachtrag wichtig (von 950/53):
             Wieldrut
             Purchardus du(x)
             Purchardus
             Herm...
             Hamelrich
Der Burchardus dux wird dabei mit Herzog Burkhard I. von Schwaben identidfiziert (+ 926) und der zweite Purchardus mit dessen Sohn, der 954 Herzog in Schwaben wurde und ziemlich gleichzeitig, fast 50 Jahre alt, die junge Hadwig von Bayern heiratete. Nun weist Decker-Hauff [2961 H. Decker-Hauff (wie Anm. 2960) Seite 253.] ganz richtig darauf hin, dass es unter den damaligen Bedingungen ganz unwahrscheinlich ist, dass dies die 1. Ehe Burkhards II. war. Er schließt daraus, dass die im Nachtrag genannte Wieltrud seine erste Gemahlin und Hermann und Hamelrich seine Söhne waren.
Die Prüfung der Handschrift selbst durch G. Tellenbach läßt hier Korrekturen und Ergänzungen notwendig werden [2962 G. Tellenbach, Kritische Studien zur großfränkischen und alemannischen Adelsgeschichte, inn Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte 15 (1956) Seite 174ff. mit Kaksimile gegenüber Seite 168.]. Einmal müssem Herm... und Hamelrich einem anderen Eintrag zugewiesen werden. Wieldrut dagegen ist ein erster Nachtrag zur Gruppe der Frauennamen, denen noch vielleicht von der ersten Hand aber in einem neuen Ansatz Purchardus dux und Purchardus angefügt wurden. Dafür gehören aber in der Männerkolonne unter dem zweiten Hermann eine Reihe von Namen zum ursprünglichen Eintrag, die mit Rihtag beginnt und mit Thiemr (wohl = Thietmar, dem Vater Geros und des Sigefridus legatus), Sigifredis (= Sigefridus legatus oder unbekannter Bruder Thietmars), Purchardus und zehn weiteren Namen, die hier beiseite bleiben können, fortfährt. Wichtig ist, dass bei dieser Kolonne der Name Keroho (Gero) nachträglich an die Seite geklemmt wurde. Mit einer anderen Feder, aber von gleicher Hand sind in dieser Kolonne dann noch die Namen Bernhard, Hodo, Meinwerh, Herim(ann), Tiotmarus, Kerardus, Hunoldus, Brunis angefügt. Es ist deutlich, dass hier die Beziehung der mit den OTTONEN versippten Familie des Markgrafen Gero [2963 Vgl. unten bei Anm. 3412.], die Gruppe der in die Harzgrafen-Familie eingegangenen Namen der Ricdag-Sippe (Rihtac) und der IMMEDINGER (Meinwerh) mit den schwäbischen BURKHARDEN Beziehungen gerechnet werden.
Vergleichen wir aber nun damit das, was wir über die Verschwägerung der schwäbischen BURKHARDINGER mit den immedingischen Liesgaugrafen, die wohl mit den Harzgrafen zusammen zu sehen sind (Unwan als Erbe im Liesgau, Friedrich als Nachfolger Pfalzgraf Dietrichs), schon oben [2964 Vgl. oben bei Anm. 1211ff., wo die Namenkombination Burkhard/Bertha/Gisela schon eigentlich kaum mehr daran zweifeln ließ. Die Beziehung dieser Gruppe wird auch in dem Eintrag Markgraf Geros in St. Gallen, den K. Schmid in: Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins 108 (1960) Seite 211ff, analysiert hat, sehr deutlich. Hier finden wir neben den Namen der Familie des Markgrafen wiederum die Namen Uueldrut, Purghart nebeneinander genannt, aus Gründen, die wir im nächsten Kapitel erörtern werden (bei Anm. 2314). In einem der von K. Schmid damit  verglichenen verwandten Reichenauer Einträge ist auch Pernhart, in einem zweiten dessen Vater Wichard (Uuihart) wieder aufgeführt.] feststellen konnten, bleibt kein Zweifel. Der Liesgaugraf Burkhard muß mit den schwäbischen Herzögen zusammenhängen. Als weiteres Argument muß der Name Wieldrut dienen, der wie der Burkhards (mit Ausnahme des EKBERTINERS im 9. Jahrhundert) in Sachsen überhaupt nicht vorkommt und nun dort als Name der Mutter des Grafen Bernhard auftaucht, der in Duderstadt, das manche zum Liesgau zählen, vielleicht als Nachfolger Burkhards amtiert [2965 Vgl. MGH DO II 78 (974); Trad. Corb. A § 302/B § 41 (etwa 972); Bernhard mit Mutter Weltrud und Vater Widugo (Wichard).]. Ein Ber(n)hart erscheint denn auch richtig im Nachtrag des Pfäferser Eintrags. Wie schon Tellenbach bemerkte [2966 G. Tellenbach (wie Anm. 2962) Seite 175.], besteht kein Anlaß, in Wieldrut die erste Gemahlin Burkhards II. zu sehen. Er hält sie für eine Verwandte. Vielleicht war sie eine Schwester Burkhards I. Sie steht vor ihm im Eintrag. Damit würden sich auch die besitzgeschichtlichen Verhältnisse im Liesgau am besten in Einklang bringen lassen.
So wie sich die Quellen auf diese Weise zusammenordnen, wird man daher auf folgende Vermutung geführt. Burkhard II. wurde nach dem Tod seines Vaters 926 nach Sachsen verbracht und dort mit einer IMMEDINGERIN vermählt, um die Kreise des neuen Herzogs Hermann in Schwaben nicht zu stören. Der "Sachse" Burkhard, der 950 jenen Zweikampf in Worms zugunsten einer OTTTONEN-Prinzessin ausfocht, mag sein Sohn gewesen sein, der dann 965 als Graf im Liesgau bezeugt ist [2967 MGH DO I 312.]. Er ist mit seinem Bruder Dedi (Dietrich), der seinen Namen von der immedingischen Mutter vermittelt erhielt, 982 in Calabrien gegen die Araber gefallen [2968
Es geht aus der Thietmarstelle (III 20) zwar nicht ausdrücklich hervor, daß die unter den Gefallenen genannten Burchard und Dedi Brüder waren (... Ecelinus eiusque fratrem Becelinum cum Burchardo et Dedi ac Conrado ceterisque...), aber sie sind doch auf so enge Weise zusammengefaßt und von den anderen abgehoben, daß ich gegen Eckhardt an der herrschenden Meinung festahlten möchte.]. Burkhard hatte eine Emme zur Frau, zu deren Gunsten er etwa 968 in der Gegend von Lüdge, woher sie stammte, eine Schenkung an Corvey machte [2970 Trad. Corb. A § 282/ B § 21 (etwa 968); + Breka bei Lüdge, + Aschem zwischen Lügde und Elbrinxen. Vgl. oben bei Anm. 1872.].
Der Kurzname Burkhards, Bucco, hat sich im Namen des Ortes Buensen (Bukkenhausen) südöstlich von Einbeck erhalten, wo um 1100 eine edle Frau mit uns aus dieser Familie nun vertrauten Namen Berta dem Kloster Helmarshausen zwei Hufen verkaufte [2971 F. Pfaff, Die Abtei Helmarshausen, in: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 45 (1911) Seite 23.]. Doch haben die BURKHARDINGER - wohl durch die Katastrophe in Italien bedingt - im Liesgau ihre Position wieder an die IMMEDINGER abgeben müssen (Graf Sigbert). Wohl durch eine Tochter Sigberts ist dann die Grafschaft zum Teil an die stadischen KATLENBURGER gekommen, die den Leitnamen Dietrich nun zu dem ihren machten [2972 Vgl. oben bei Anm. 1217.].
Dedi, der Sohn des 982 gefallenen gleichnamigen Vaters, hat im Jahr darauf mit einem böhmischen Heer Zeitz ausgeraubt [2973 Thietmar III 18; IV 50 (34).]. Sein Tätigkeitsfeld lag noch immer im Harzgau, während sein Bruder Aufgaben im Sorbenland erfüllte. Ob der agnatus der beiden [2974 Thietmar IV 50 (34).], der Markgraf Ricdag, ein Sohn des Liesgaugrafen Burkhard war oder von einem dritten Bruder abstammte, läßt sich nicht sagen. Sein schon in Pfäfers genannter Name, der ihn wohl noch nicht persönlich meint, darf doch als Bestätigung der Aussage Thietmars angesehen werden. Die Aussage des Sachsenspiegels, die wettinischen Markgrafen von Meißen seien Schwaben, wird sich also nicht auf eine Herkunft aus dem Schwabengau (Suevon) an der Bode, wo Markgraf Ricdag allerdings Grafenrechte ausübte, beziehen, sondern wird in ihrer Abstammung vom schwäbischen Herzogshaus der BURKHARDINGER begründet sein. Gleichzeitig erweist sich auch die Nachricht der Altceller Annalen aus dem 14. Jahrhundert, dass Herzog Widukind der Vorfahr der WETTINERwar [2975 Vgl. dazu O. Posse, Die Markgrafen von Meißen und das Haus Wettin bis zu Konrad dem Großen (1881) Seite 215f. mit Anm. 11.], als nicht ganz unbegründet, und wenn sie traditio domestica wurde oder blieb (bis Anfang des 18. Jahrhunderts), war das nur in dem Sinne falsch, dass die WETTINER nicht Agnaten, sondern über die immedingisch-harzgräflichen Verwandten der ersten Frau Burkhards II. von Schwaben diese Tradition vermittelt erhielten. Gleichzeitig mag die Übernahme dieser sächsischen Tradition es erklären, dass der Name Burkhard nicht weiter als Leitname benutzt wurde, während er bei den immedingischen Verwandten gelegentlich noch auftaucht.
Es muß darauf hingewiesen werden, daß der einzige bekannte Hochadlige Sachsens im frühen Hochmittelalter, der den Namen Karolus trägt, ein Sohn des WETTINERS Ricdagwar, der seinen Namen dem aus der Ricdag-Sippe stammenden Teil des Namensbestandes der Harzgrafen verdankt [3016 Vgl. oben bei Anm. 2955 c ff. Dazu H. Ludat, An Elbe und Oder um das Jahr 1000 (1971) Seite 86 mit Anm. 497)]. Die Frau des älteren Ricdag jedoch, Emhild, soll, wie wir sahen, "karolingischer" Herkunft gewesen sein [3017 Vgl. oben bei Anm. 2704.] Gleichzeitig wissen wir aber, daß der Name Emhild auch bei der nibelungischen -frid-Sippe verbreitet war. Eine Emhild war Schwester Ermanfrids [3018 CL 403 (781) Über die Beziehungen der -frid-Gruppe zu Emhild von Milz vgl. Nibelungen-Exkurs Seite 501.] und damit auch Sigifrids.