Helmburg                                        Äbtissin von Hilwartshausen
-------------                                       Gründerin des Klosters Fischbeck
um 900- 24.4.970/73
 

Vermutlich aus der Sippe der EKBERTINER
 

Althoff, Gerd: Seite 22
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"Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung."

Die Pflege der memoria als Gründungsmotiv findet sich auch bei mehreren Adelsklöstern, die im 10. Jahrhundert gegründet wurden. Im Jahre 955 erbat die Matrone Helmburg von OTTO DEM GROSSEN die Erlaubnis, auf ihrem Eigengut Fischbeck eine congregatio sanctimonialium einzurichten. Sie tat dies pro remedioque animarum Ricperthi domini sui Richarddi et Aelfdehc filii sui nec non et aliorum suorum proximorum [55 D OI, Nr. 174; vgl. auch Krumwiede, Das Stift Fischbeck an der Weser, Seite 32ff.]

Schölkopf, Ruth:
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"Die sächsischen Grafen 919-1024"

Noch ein weiterer Zweig der Ricdag-Sippe läßt sich urkundlich verfolgen. Im Jahre 955 schenkte der König einer veneranda matrona Helmburg liudolfingisches Eigengut in Fischbeck (Kr. Rinteln). Dort errichtete sie pro remedio animarum Ricberti domini sui et Richardi et Aelfdehc filii sui nec non et aliorum suorum proximorum zu Ehren der Maria und aller Heiligen ein Nonnenkloster, für das sie gleichzeitig Wahlrecht, Unabhängigkeit und Immunität erwirkte. Das Klostergut umfaßte sechs Hufen Land in Fischbeck selber, dazu Besitz in Wendessen (Kr. Witzenhausen), Wickbolsen (Kr. Grafschaft Schaumburg), Bensen (Kr. Grafschaft Schaumburg), Hadessen, Teinsen (Kr. Gronau), Hohnsen (oder Hagenohsen?, Kr. Hameln), Einen (Kr. Warendorf) und Norddöllen (bei Vechta, Oldenburg). Fischbeck selber war laut Urkunde liudolfingisches Allod. An der Urkunde ist die Bestimmung auffällig, dass die Vogtei nicht etwa wie üblich in die Hände der Stifterfamilie übergehen sollte, sondern dem König selber als advocatus ac defensor des Klosters zustehen sollte. Möglicherweise wurde dadurch die Fiktion aufrecht erhalten, der König sei selber Vogt der Reichskirche und alle von ihm bestellten Vögte amtierten nur als seine Untervögte. Diese Ansicht wurde von Waas und Schlesinger vertreten. Die Königsvogtei trat praktisch selten in Erscheinung. Vielleicht kann man die Bestimmung auch so auffassen, dass das auf Königsgut errichtete Kloster - und damit das Gut selber -, das der König hereditario iurebesaß, in seiner Hand bleiben sollte und er der Stifterfamilie verwandtschaftlich nahestand.
Helmburg war vermutlich zur Zeit der Klostergründung Witwe. Ihre beiden Söhne waren bereits gestorben, so dass die Stiftung für das Seelenheil ihrer Toten erfolgte. Die veneranda matrona Helmburg war einige Jahre vorher mit Eigengut aus königlicher Hand bedacht worden. Im Jahre 944 erhielt eine matrona Helmburg Besitz in den Dorfmarken Haselbeki (Haselbeke, Kr. Holzminden), Würgassen (bei Corvey), Gottsbüren (bei Hofgeismar), Beberbeck (Kr. Hofgeismar), Achinere (villeicht bei Helmarshausen), Dinkelburg (Kr. Warburg) und einen Hof in Helmarshausen. Diese Güterschenkung kann kaum als Vorstufe der Dotierung von 955 aufgefaßt werden, wie K. Lübeck annahm, da der Besitz räumlich nicht zusammenhängt und auch nicht im Güterverzeichnis des Klosters erscheint. Ein paar Jahre vorher hatte Helmburg selber eine Schenkung an den König verfügt. Die Helmburg, die mit ihrem Sohn Eberhard ihren Besitz in Rohrsheim, Üpplingen und Nettorf tradierte, wird mit der Klosterstifterin identisch sein. Über Eberhard läßt sich nichts mit Sicherheit ausmachen. Eine Neuauswertung der Urkunde von 945  bezeichnete ihn als quondam vasallus OTTOS I.; demnach starb er zwischen 941 und 945. Problematisch bleibt allerdings, dass ihn die Gründungsurkunde von Fischbeck vom 10. Januar 955 im Gegensatz zu seinem verstorbenen Vater und den beiden Brüdern nicht erwähnte. Mit ihm starb vermutlich der männliche Zweig dieser Familie aus. Auch keine der Töchter hatte Nachkommen. Außer den drei Söhnen Eberhard, Richard und Aelfdehe (Alfdag)hatte Helmburg nämlich mehrere Töchter gehabt. Nach einer verfälschten Urkunde des Klosters Hilwartshausen tradierte eine vidua quaedam Helmburch mit Zustimmung ihrer vier Töchter Aethelwif, Fritheburch, Hildeburch und Marcswith ihr Allod in Vaake (bei Gottesbüren), Gause (wüst Hofgeismar), Bernshausen (wüst), Gerwatshausen und Thieddecheshusen (unbekannt). Die inhaltliche Aussage der Urkunde kann gerechtfertigt werden, da aus dem Jahre 1003 eine echte Urkunde vorliegt, die ein Abkommen zwischen dem Kloster Hilwartshausen und den Gandersheimer Nonnen Hildeburg und Fritheburg traf. Die Urkunde nahm auf die Schenkung einer matrona vidua nobilissimae prolis nomine Helmburg, quae quamvis prius virili sociata esset conubio... Bezug und führte die ebengenannten Orte an. Zwei Töchter - nämlich Aethelwif und Marcswith - waren Nonnen in Hilwartshausen. Die beiden anderen - Hildiburg und Frideburg - waren Nonnen in Gandersheim. Sie hatten einen Teil der Güter zu lebenslänglichem Lehn von Hilwartshausen zugesprochen bekommen und ihn dann veräußert. Wahrscheinlich trat Helmburgs fünfte Tochter ebenfalls in den geistlichen Stand. Gerne möchte man Alfheid, die erste Äbtissin von Fischbeck, als ihre Tochter ansprechen. Dem Brauch der Zeit entsprechend stellte die Stifterfamilie gewöhnlich die erste Äbtissin. Sie starb am 2. Juli 1017. Das Fischbecker Totenbuch notierte eine Alfeydis prima abbatissa istius loci. Da Alfheid wahrscheinlich dem Kloster vom Gründungsjahr 955 an vorstand, wird sie noch sehr jung zur Äbtissin geweiht worden sein. Thietmar berichtete, dass auch Hathui (aus der STADER Grafenfamilie) im Alter von 11 Jahren zur Äbtissin von Heeslingen geweiht wurde. Möglicherweise leitete Helmburg selber die ersten Jahre das Stift, bis ihre Tochter selber dazu in der Lage war. Diese Vermutung wird bestärkt durch die Aufnahme ihres Todestages am 24. April als der Domna Helmborch, mater familie, ein Titel, der in erster Linie Laienäbtissinnen zustand. Helmburg trat im hohen Alter als Nachfolgerin der Äbtissin Berthild in das Kloster Hilwartshausen ein, als dessen Äbtissin sie 970 bezeugt ist. Ihr Todesjahr muß zwischen 970 - dem Datum ihrer Erwähnung - und 973 liegen, als ihre Nachfolgerin Hemma, eine Schwester Berthilds, bezeugt ist.
Fassen wir noch einmal zusammen: das Ehepaar Helmburg und Ricbert hatte nachweisbar acht Kinder, drei Söhne: Eberhard, Richard und Alfdag und fünf Töchter: Athelwif, Marcsuit, Hildiburg, Fritheburg und Alfheidis, die alle fünf in den geistlichen Stand traten. Ricbert war schon um 944 tot, da seine Gattin als matrona bezeichnet wurde, was mit Witwe gleichbedeutend ist. Er kommt demnach aus zeitlichen Erwägungen nicht mehr als Sohn des Harzgrafen Friedrich in Betracht, der 945 mit einer königlichen Schenkung bedacht wurde. Er ist jedoch in Bezug auf Namen und Besitz als Nachkomme der Ricdag-Sippe zu betrachten, die nachweisbar im Derlingau begütert war. Die dort tradierten Güter der Helmburg stammten vermutlich aus dem Besitz ihres Gatten. Die Namen der Kinder Alfdag, Richard und Fritheburg waren charakteristisch für die väterliche Familie. Der Name Helmburg selber und der ihrer übrigen Kinder weist deutlich auf eine andere Sippe.
Namen mit der Stammsilbe Helm- und Hildi- waren in der ecbertinischen Sippe üblich. Bei ihr finden sich auch Namensformen mit dem Kompositionsbestandteil Athel- . Nicht nur die Namen lassen in Helmburg ein Mitglied der ecbertinischen Sippe erkennen, sondern auch die Besitzverhältnisse. Fassen wir zunächst die Schenkung OTTOS I. aus dem Jahre 944 ins Auge. Der Schwerpunkt der vergabten Güter lag im Raum von Helmarshausen und Hofgeismar. In diesem Gebiet war auch Helmburg begütert, wie sich aus der Zuwendung an das Kloster Hilwartshausen ergab. Der Ort Hilwartshausen war nachweislich der ECBERTINERINAddila, auf dem 960 auf königliche Veranlassung das Nonnenkloster gegründet wurde. Helmburg trat hier als Äbtissin ein. Ob Helmburg etwa der unmittelbaren Nachkommenschaft des Grafen Ecbert aus dem Weitgau zuzurechnen ist, kann nicht entschieden werden. Graf Ecbert hatte von König ARNULF eine große Landschenkung in den Gauen Tilithi, Marstem und Bardengau erhalten, zu der auch Wange (wüst von Hameln) und Fischbeck gehörten. In unmittelbarer Nähe der Schenkung OTTOS I. lag also schon ecbertinisches Eigengut. Aus der Bezeichnung matrona nobilissimae prolis für Helmburg läßt sich ableiten, dass sie aus der vornehmen Sippe der ECBERTINER stammte. Über ECBERTINER war sie auch zugleich mit dem Königshaus selber versippt. Auf diese Weise wird verständlich, dass zwei ihrer Töchter in das liudolfingische Hauskloster Gandersheim als Nonnen eintraten.
 
 
 
 

  oo Rikbert
             - um 944
 
 
 
 

Kinder:

  Richard
        -

  Eberhard
         -

  Alfdag
        -

  Aethelwif - Nonne in Hilwartshausen
        -

  Marcswith - Nonne in Hilwartshausen
          -

  Hildiburg - Nonne in Gandersheim
       -

 Frideburg - Nonne in Gandersheim
       -

  Alfheid Äbtissin von Fischbeck
        -2.7.1017
 
 
 
 

Literatur:
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Althoff, Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Wilhelm Fink Verlag München 1984 Seite 22 - Krumwiede H. W./Meyer-Bruck H.: Das Tausendjährige Stift Fischbeck. Vandenhoeck & Ruprecht Göttingen Seite 4-6 - Schölkopf, Ruth: Die sächsischen Grafen 919-1024, Göttingen 1957 Studien und Vorarbeiten zum Historischen Atlas Niedersachsens Seite 90 - Wenskus Reinhard: Sächsischer Stammesadel und fränkischer Reichsadel. Vandenhoeck & Ruprecht Göttingen 1976 Seite 210 -