Vermutlich aus der Sippe der EKBERTINER
Althoff, Gerd: Seite 22
***********
"Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung."
Die Pflege der memoria als Gründungsmotiv findet sich auch bei mehreren Adelsklöstern, die im 10. Jahrhundert gegründet wurden. Im Jahre 955 erbat die Matrone Helmburg von OTTO DEM GROSSEN die Erlaubnis, auf ihrem Eigengut Fischbeck eine congregatio sanctimonialium einzurichten. Sie tat dies pro remedioque animarum Ricperthi domini sui Richarddi et Aelfdehc filii sui nec non et aliorum suorum proximorum [55 D OI, Nr. 174; vgl. auch Krumwiede, Das Stift Fischbeck an der Weser, Seite 32ff.]
Schölkopf, Ruth:
**************
"Die sächsischen Grafen 919-1024"
Noch ein weiterer Zweig der Ricdag-Sippe läßt
sich urkundlich verfolgen. Im Jahre 955 schenkte der König einer veneranda
matrona Helmburg liudolfingisches
Eigengut in Fischbeck (Kr. Rinteln).
Dort errichtete sie pro remedio animarum
Ricberti domini
sui et Richardi et Aelfdehc filii sui nec non et aliorum
suorum proximorum zu Ehren der Maria und aller Heiligen ein Nonnenkloster,
für das sie gleichzeitig Wahlrecht, Unabhängigkeit und Immunität
erwirkte. Das Klostergut umfaßte sechs Hufen Land in Fischbeck selber,
dazu Besitz in Wendessen (Kr. Witzenhausen), Wickbolsen (Kr. Grafschaft
Schaumburg), Bensen (Kr. Grafschaft Schaumburg), Hadessen, Teinsen (Kr.
Gronau), Hohnsen (oder Hagenohsen?, Kr. Hameln), Einen (Kr. Warendorf)
und Norddöllen (bei Vechta, Oldenburg). Fischbeck selber war laut
Urkunde liudolfingisches Allod. An
der Urkunde ist die Bestimmung auffällig, dass die Vogtei nicht etwa
wie üblich in die Hände der Stifterfamilie übergehen sollte,
sondern dem König selber als advocatus ac defensor des Klosters
zustehen sollte. Möglicherweise wurde dadurch die Fiktion aufrecht
erhalten, der König sei selber Vogt der Reichskirche und alle von
ihm bestellten Vögte amtierten nur als seine Untervögte. Diese
Ansicht wurde von Waas und Schlesinger vertreten. Die Königsvogtei
trat praktisch selten in Erscheinung. Vielleicht kann man die Bestimmung
auch so auffassen, dass das auf Königsgut errichtete Kloster - und
damit das Gut selber -, das der König hereditario iurebesaß,
in seiner Hand bleiben sollte und er der Stifterfamilie verwandtschaftlich
nahestand.
Helmburg war vermutlich zur Zeit der Klostergründung
Witwe. Ihre beiden Söhne waren bereits gestorben, so dass die Stiftung
für das Seelenheil ihrer Toten erfolgte. Die veneranda matrona
Helmburg war einige Jahre vorher mit Eigengut aus königlicher
Hand bedacht worden. Im Jahre 944 erhielt eine matrona Helmburg
Besitz in den Dorfmarken Haselbeki (Haselbeke, Kr. Holzminden), Würgassen
(bei Corvey), Gottsbüren (bei Hofgeismar), Beberbeck (Kr. Hofgeismar),
Achinere (villeicht bei Helmarshausen), Dinkelburg (Kr. Warburg) und einen
Hof in Helmarshausen. Diese Güterschenkung kann kaum als Vorstufe
der Dotierung von 955 aufgefaßt werden, wie K. Lübeck annahm,
da der Besitz räumlich nicht zusammenhängt und auch nicht im
Güterverzeichnis des Klosters erscheint. Ein paar Jahre vorher hatte
Helmburg
selber eine Schenkung an den König verfügt. Die
Helmburg,
die mit ihrem Sohn Eberhard ihren Besitz
in Rohrsheim, Üpplingen und Nettorf tradierte, wird mit der Klosterstifterin
identisch sein. Über Eberhard
läßt sich nichts mit Sicherheit ausmachen. Eine Neuauswertung
der Urkunde von 945 bezeichnete ihn als quondam vasallus OTTOS
I.; demnach starb er zwischen 941 und 945. Problematisch bleibt
allerdings, dass ihn die Gründungsurkunde von Fischbeck vom 10. Januar
955 im Gegensatz zu seinem verstorbenen Vater und den beiden Brüdern
nicht erwähnte. Mit ihm starb vermutlich der männliche Zweig
dieser Familie aus. Auch keine der Töchter hatte Nachkommen. Außer
den drei Söhnen Eberhard, Richard und Aelfdehe
(Alfdag)hatte
Helmburg
nämlich mehrere Töchter
gehabt. Nach einer verfälschten Urkunde des Klosters
Hilwartshausen tradierte eine
vidua quaedam Helmburch
mit
Zustimmung ihrer vier Töchter
Aethelwif,
Fritheburch,
Hildeburch
und Marcswith
ihr Allod in Vaake (bei Gottesbüren), Gause (wüst
Hofgeismar), Bernshausen (wüst), Gerwatshausen und Thieddecheshusen
(unbekannt). Die inhaltliche Aussage der Urkunde kann gerechtfertigt werden,
da aus dem Jahre 1003 eine echte Urkunde vorliegt, die ein Abkommen zwischen
dem Kloster Hilwartshausen und den Gandersheimer Nonnen Hildeburg
und
Fritheburg traf. Die Urkunde nahm auf die Schenkung einer matrona
vidua nobilissimae prolis nomine Helmburg, quae quamvis prius virili
sociata esset conubio... Bezug und führte die ebengenannten Orte
an. Zwei Töchter - nämlich
Aethelwif und Marcswith
- waren Nonnen in Hilwartshausen. Die beiden anderen - Hildiburg
und Frideburg - waren Nonnen in Gandersheim. Sie hatten einen
Teil der Güter zu lebenslänglichem Lehn von Hilwartshausen zugesprochen
bekommen und ihn dann veräußert. Wahrscheinlich trat Helmburgs
fünfte
Tochter ebenfalls in den geistlichen Stand. Gerne möchte man Alfheid,
die erste Äbtissin von Fischbeck, als ihre Tochter ansprechen.
Dem Brauch der Zeit entsprechend stellte die Stifterfamilie gewöhnlich
die erste Äbtissin. Sie starb am 2. Juli 1017. Das Fischbecker
Totenbuch notierte eine Alfeydis
prima abbatissa istius loci.
Da Alfheid wahrscheinlich dem Kloster vom Gründungsjahr 955
an vorstand, wird sie noch sehr jung zur Äbtissin geweiht worden sein.
Thietmar berichtete, dass auch Hathui (aus der STADER Grafenfamilie) im
Alter von 11 Jahren zur Äbtissin von Heeslingen geweiht wurde. Möglicherweise
leitete Helmburg selber die ersten Jahre das Stift, bis ihre Tochter
selber dazu in der Lage war. Diese Vermutung wird bestärkt durch die
Aufnahme ihres Todestages am 24. April als der Domna Helmborch,
mater familie, ein Titel, der in erster Linie Laienäbtissinnen
zustand.
Helmburg trat im hohen Alter als Nachfolgerin der Äbtissin
Berthild in das Kloster Hilwartshausen ein, als dessen Äbtissin
sie
970 bezeugt ist. Ihr Todesjahr muß zwischen 970 - dem Datum
ihrer Erwähnung - und 973 liegen, als ihre Nachfolgerin Hemma,
eine Schwester Berthilds, bezeugt ist.
Fassen wir noch einmal zusammen: das Ehepaar Helmburg
und Ricbert hatte nachweisbar acht
Kinder, drei Söhne: Eberhard, Richard und Alfdag
und fünf Töchter: Athelwif, Marcsuit, Hildiburg,
Fritheburg
und Alfheidis, die alle fünf in den geistlichen Stand traten.
Ricbert
war
schon um 944 tot, da seine Gattin als
matrona bezeichnet
wurde, was mit Witwe gleichbedeutend ist. Er kommt demnach aus zeitlichen
Erwägungen nicht mehr als Sohn des
Harzgrafen
Friedrich
in Betracht, der 945 mit einer königlichen Schenkung bedacht wurde.
Er ist jedoch in Bezug auf Namen und Besitz als Nachkomme der Ricdag-Sippe
zu
betrachten, die nachweisbar im Derlingau begütert war. Die dort tradierten
Güter der Helmburg stammten vermutlich aus dem Besitz ihres
Gatten. Die Namen der Kinder Alfdag,
Richard und Fritheburg
waren charakteristisch für die väterliche Familie. Der Name Helmburg
selber
und der ihrer übrigen Kinder weist deutlich auf eine andere Sippe.
Namen mit der Stammsilbe Helm- und Hildi- waren in der
ecbertinischen
Sippe üblich. Bei ihr finden sich auch Namensformen mit dem Kompositionsbestandteil
Athel- . Nicht nur die Namen lassen in
Helmburg ein Mitglied der
ecbertinischen
Sippe
erkennen, sondern auch die Besitzverhältnisse. Fassen wir zunächst
die Schenkung OTTOS I. aus dem Jahre
944 ins Auge. Der Schwerpunkt der vergabten Güter lag im Raum von
Helmarshausen und Hofgeismar. In diesem Gebiet war auch Helmburg
begütert,
wie sich aus der Zuwendung an das Kloster Hilwartshausen ergab. Der Ort
Hilwartshausen war nachweislich der ECBERTINERINAddila, auf dem
960 auf königliche Veranlassung das Nonnenkloster gegründet wurde.
Helmburg
trat
hier als Äbtissin ein. Ob Helmburg etwa der unmittelbaren Nachkommenschaft
des Grafen Ecbert aus dem Weitgau zuzurechnen ist, kann nicht entschieden
werden.
Graf Ecbert hatte von König
ARNULF eine große Landschenkung in den Gauen Tilithi,
Marstem und Bardengau erhalten, zu der auch Wange (wüst von Hameln)
und Fischbeck gehörten. In unmittelbarer Nähe der Schenkung OTTOS
I. lag also schon ecbertinisches Eigengut. Aus der Bezeichnung
matrona
nobilissimae prolis für Helmburg läßt sich
ableiten, dass sie aus der vornehmen Sippe der ECBERTINER stammte.
Über ECBERTINER war sie auch zugleich mit dem Königshaus
selber versippt. Auf diese Weise wird verständlich, dass zwei ihrer
Töchter in das liudolfingische
Hauskloster Gandersheim als Nonnen eintraten.
oo Rikbert
- um 944
Kinder:
Richard
-
Eberhard
-
Alfdag
-
Aethelwif - Nonne in Hilwartshausen
-
Marcswith - Nonne in Hilwartshausen
-
Hildiburg - Nonne in Gandersheim
-
Frideburg - Nonne in Gandersheim
-
Alfheid Äbtissin von Fischbeck
-2.7.1017
Literatur:
-----------
Althoff, Gerd: Adels- und Königsfamilien
im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Wilhelm Fink Verlag München
1984 Seite 22 - Krumwiede H. W./Meyer-Bruck
H.: Das Tausendjährige Stift Fischbeck. Vandenhoeck & Ruprecht
Göttingen Seite 4-6 - Schölkopf, Ruth: Die sächsischen
Grafen 919-1024, Göttingen 1957 Studien und Vorarbeiten zum Historischen
Atlas Niedersachsens Seite 90 - Wenskus
Reinhard: Sächsischer Stammesadel und fränkischer Reichsadel.
Vandenhoeck & Ruprecht Göttingen 1976 Seite 210 -