Krumwiede H.W./Meyer-Bruck H.: Seite 4-7
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"Das Tausdendjährige Stift Fischbeck"

Ein beiläufiges Ereignis dieser großen politischen Umwälzungen ist es, daß der ecbertinische Besitz in Fischbeck an die LIUDOLFINGER fiel; denn aus der Hand König OTTOS I. erhielt die Matrone Helmburg das Gut, auf dem sie das Stift Fischbeck gründete.
Helmburg war um 900 im Gebiet der oberen Weser und der Diemel geboren worden, hatte dann um 920 den Grafen Ricbert aus der Sippe der Harzgrafen geheiratet und bis 940 acht Kinder bekommen, drei Söhne und fünf Töchter. 941 begegnet sie uns als Witwe, auch zwei ihrer Söhne sind damals schon gestorben. Wir wissen, daß Helmburg ECBERTINERIN und damit also eine entfernte Verwandte KARLS DES GROSSEN war, wenn ihre Eltern auch unbekannt sind. Das mag nicht zuletzt der Grund dafür gewesen sein, daß OTTO I. ihr den alten ecbertinischen Besitz in Fischbeck geschenkt hat; denn immer noch wurde die vornehme karolingische Versippung der ECBERTINER mit Ehrerbietung genannt. Darüberhinaus aber wird Helmburg dem Hofe OTTOS I. persönlich nahe gestanden haben.
Die Stifter waren meist an die großen Adelsgeschlechter gebunden, wie Gandersheim an die LIUDOLFINGER, Wildeshausen an die Sippe Widukinds. Helmburg aber hatte keinen Rückhalt an einer mächtigen Familie, sie stand als Witwe mit ihren Kindern allein. Das wird dazu geführt haben, daß das Stift nicht nur ein Schutzprivileg erhielt, das die Unabhängigkeit von der unteren Regierungsgewalt des Grafen sicherte, sondern den König ausdrücklich Vogt der Neugründung wurde, neben Quedlinburg der einzige Fall, daß OTTO I. als Vogt des Klosters oder Stiftes in den Quellen erwähnt wird.
Es leuchtet ein, daß die Einrichtung eines Stiftes nicht von heute auf morgen geschehen konnte. In Fischbeck übernahm Helmburg zunächst die Leitung des Stiftes selbst, ohne als Äbtissin geweiht zu sein. Als dann alles gerichtet war, wurde ihre Tochter Alfheid als erste Äbtissin eingesetzt. Helmburg aber, die eine äußerst tatkräftige und zielbewußte Persönlichkeit gewesen sein muß, war nicht gewillt, nun einen geruhsamen Lebensabend zu verbringen. Im Jahre 970 wird sie als Äbtissin von Hilwartshausen an der Weser, etwas unterhalb des Zusammenflusses von Fulda und Werra, genannt, wo auch zwei ihrer Töchter Kanonissen waren. Dieses Stift war ebenso wie Fischbeck im 10. Jahrhundert von Aeddila, einer Verwandten Helmburgs, gegründet worden, so daß deren Eintritt nicht verwundert. Zwei andere Töchter von Helmburg lebten im Stift Gandersheim, der Familiengründung der LIUDOLFINGER. Im Jahre 973 ist Helmburg dann hochbetagt nach einem reichen Leben, zunächst als Mutter einer großen Familie, dann als tatkräftige Förderin des asketischen Ideals unter den Töchtern des sächsischen Adels gestorben. Die letzte Nachricht von der Familie Helmburgs ist aus dem Jahre 1017, dem Todesjahr der ersten Äbtissin von Fischbeck, auf uns gekommen. Obwohl Helmburg drei Söhnen und fünf Töchtern das Leben geschenkt hat, wissen wir von keinen Enkelkindern.