Papst Gregor II. richtete im Dezember 722 ein Schreiben
an die fünf thüringischen Adeligen Asulf, Godolaus,
Wilareus
(= Willeher), Gundhareus
(= Gunther) und Alvoldus
sowie an alle christlichen Thüringer,
das in der Briefsammlung des Bonifatius überliefert ist [2 Das
Schreiben vgl. MGH Epistulae III, Seite 268 Nr. 19; Regesta diplomatica
necnon epistolaria historiae Thuringiae, bearb. von Otto Dobenecker, Band
I, Jena 1896, Seite 6 Nr. 10; vgl. auch den Hinweis auf die Umstände
der Abfassung in: Briefe des Bonifatius, hrsg. von Rudolf Buchner (Ausgewählte
Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, Band IV b), Darmstadt
1968, Seite 71.]. Der Papst war über die ihm - vermutlich von Bonifatius
selbst - berichtete Standhaftigkeit der von ihm angeschriebenen viri
magnifici in ihrem erst vor kurzer Zeit erworbenen christlichen Glauben
sehr erfreut und empfahl ihnen und allen christlichen Thüringern den
Bischof Bonifatius, der sich zu diesem Zeitpunkt an der Kurie aufgehalten
hat. Der Name Gundhareus
(= Gunther) aus dem päpstlichen
Schreiben trat später in der Form Günther bis ins 20.
Jahrhundert als Leitname im
Hause
SCHWARZBURG auf, während er beim übrigen thüringischen
Adel kaum festzustellen ist. Nach der Forschung zeigt der Name jedoch keine
thüringisch-anglische Herkunft, sondern eine burgundische Komponente
[3 Vgl. dazu Wenskus, R.: Sächischer Stammesadel und fränkischer
Reichsadel, Göttingen, 1976, Seite 506; dazu vgl. auch Geschichte
Thüringens (wie Anm. 1) Seite 147.], was in gleicher Weise auch für
den 722 neben ihm genannten Wilareus
(= Willeher) gilt.
Nach der Überlieferung von Otloh von St. Emmeram
im 11. Jahrhundert hat ein Albold die von Bonifatius gestiftete Zelle St.
Michael in Ohrdruf ausgestattet [4 Geschichte
Thüringens (wie Anm. 1) Seite 147.], deren Grund und Boden von einem
Adeligen mit Namen Hugo gestiftet worden war [5 Blaschke, K.: Ohrdruf,
in: Lexikon des Mittelalters, Band 6, München 1993, Spalte 1375.].
Die Forschung hat nun darauf aufmerksam gemacht, daß nahe bei Ohrdruf
die Wüstung Aolveroth liegt, die zur Dotation des 1143 gegründeten
Hausklosters des Hauses SCHWARZBURG, Georgenthal, gehörte.
Im Raum um Ohrdruf lag nachgewiesenermaßen auch der ältere Hausbesitz
der SCHWARZBURGER. Der Name der Wüstung Aolveroth ist aus dem
Personennamen Asulf entstanden und wird dadurch in Verbindung zu
dem im Schreiben von Papst Gregor II. genannten gleichnamigen Adeligen
gesehen [6 Zum Namen Asulf vgl. Wenskus (wie Anm. 3) Seite
86f. und Seite 418.]. Die hier feststellbare Nähe eines Asulf zum
ältesten Besitz des Hauses SCHWARZBURG bzw. seiner Vorfahren
zeigt sich 802 nochmals als in Erfurt die Grafen Katan, Gunther,
Gumbrecht, Rimis, Gunther, Asolf und die Nonne Berthrat ihren
Anteil an der St. Peter- und Paulskirche in Kölleda dem Kloster
Hersfeld schenkten [7 Dobenecker (wie Anm. 2) Seite 23 Nr. 73;
vgl. dazu auch Urkundenbuch der Reichsabtei Hersfeld, Band 1, bearb. von
Hans Weirich, Marburg 19136, Seite 36ff Nr. 21.]. Die Forschung geht von
einer nahen Verwandtschaft dieses Schenkerkreises aus [8 So Geschichte
Thüringens (wie Anm. 1) Seite 147.]. Im Raum von Kölleda lag
ebenfalls alter schwarzburgischer Hausbesitz. In einer Aufstellung
von Schenkungen an das Kloster Fulda in Thüringen aus der Zeit vor
900 [9 Dobenecker (wie Anm. 2) Seite 68ff. Nr. 294. Auf Seite 71
Anm. 1 werden die Schenkungen der Zeit vor 900 zugeordnet.] werden als
Wohltäter des Klosters Gunther und seine Ehefrau Svanaburg
mit Schenkungen in dem nordöstlich von Langensalza gelegenen Clettstadt
erwähnt und ebenso der Adelige Gunther mit seiner Ehefrau
Adelburch mit Schenkungen in Unkeroda, südwestlich von Eisenach
sowie ferner Bischof
Gunther von Hildesheim [10 Nach der zeitlichen Zuweisung
der Schenkungen in Anm. 9 kann es sich bei dem genannten
Bischof Gunther
nur um den Bischof von Hildesheim handeln. Eine Identifizierung mit dem
erst 998 verstorbenen gleichnamigen Bischof von Osnabrück entfällt,
vgl. dazu Dobenecker (wie Anm. 2) Seite 71 Anm. 8; ferner Wenskus (wie
Anm. 3) Seite 348. Zu Bischof Gunther von Hildesheim vgl. jetzt
Goetting, H.: Die Hildesheimer Bischöfe von 815 bis 1221 (1227), (Germania
Sacra N.F. 20) Berlin 1984, Seite 46ff.] mit Schenkungen in verschiedenen
Ortschaften erwähnt. Wenn sich diese Adeligen auch nicht in ein Verwandtschaftsstemma
zu den Vorfahren der
SCHWARZBURGER einpasen lassen, so wird doch
deutlich, daß diese verwandtschaftlichen Verbindungen zum rhein-
und mainfränkischen Raum hatten [11 Vgl. dazu auch ergänzend
Wenskus (wie Anm. 3) Seite 355ff. Dort wird der Papstbrief von 722 fälschlich
auf 772 datiert.]. Der im Schreiben Papst Gregors II. 722 in einem
Nebensatz gegebene Hinweis, daß die fünf von ihm angeschriebenen
viri magnifici erst kürzlich zum Christentum übergetreten
waren, läßt erkennen, daß die Behauptung, "die späteren
SCHWARZBURGER
seit dem Anfang des 8. Jahrhunderts als fremde, wohl fränkische Grafen
(802) in Thüringen geboten haben" [12 Geschichte Thüringens
(wie Anm. 1) Seite 147.], nicht den Tatsachen entsprochen haben kann, sondern,
daß die fränkischen Herrscher umgekehrt ihnen nahestehende Persönlichkeiten
- vielleicht durch Verwandtschaft zu fränkisch-burgundischen Adelskreisen
- aus der thüringischen Oberschicht mit Ämtern betraut haben.
Damit sind die Vorfahren der
SCHWARZBURGER trotz der nachweisbaren
weitgespannten Beziehungen als ursprünglich thüringische Adelsfamilie
anzusehen.
Die 802 mit der Schenkung des Familienkreises an Kloster
Hersfeld sichtbar werdende Verbindung zwischen diesem Kloster und den Vorfahren
der SCHWARZBURGER bildet neben dem Leitnamen Günther und
dem Besitz um Ohrdruf und Georgenthal den dritten Nachweis dafür,
daß das Haus SCHWARZBURG auf die im 8./9. Jahrhundert genannten
Adeligen mit Namen Gunther zurückgeführt werden kann.
Der 914 anläßlich eines Gütertausches mit dem Abt von Fulda
genannte quidam nobilis Guntherius
[13 Dronke, E.F.J.: Codex Diplomaticus Fuldensis, 1850, Ndr. Aalen
1962, Seite 306 Nr. 659.] dürfte nach seinen Besitzungen, die er nach
der Urkunde in den Orten Henfstedt (zwischen Schleusingen und Meiningen),
Steinhoug, Niuseze, Dahbeche, Gertilare, Tachbach, Marchesfeld (beide zwischen
Meiningen und Schleusingen) und Smehain (nördlich von Marisfeld) besaß,
zu der Familie der Vorfahren des Hauses SCHWARZBURG gehört
haben [14 Dazu vgl. auch Werneburg (wie Anm. 1) Seite 8.]. Es ist
noch darauf hinzuweisen, daß in der Urkunde Kaiser
OTTOS I., mit der derselbe 962 dem Papst die Schenkungen
Pippins
und
KARLS
DES GROSSEN bestätigte, als Zeuge ein Graf Gunther
genannt ist, der von der Forschung immerhin dem thüringischen
Raum zugeordnet wurde [15 Dobenecker (wie Anm. 2) Seite 95 Nr. 420.].
Aufschlußreich ist auch, daß der Name Gunther im Hause
der EKKEHARDINGER
auftrat [16 Ebenda Seite 122f Nr. 561.]. Der dritte Sohn Markgraf
Ekkehards und der
BILLUNGERIN
Swanhilde
trug den Namen Gunther.
Er war 1009-1023 Kanzler am Hofe HEINRICHS
II., wurde 1024 Erzbischof von Salzburg und starb bereits
am 1. November 1025 [17
Geschichte Salzburgs. Stadt und Land, hrsg.
von Heinz Dopsch und Hans Spatzenegger, Band 1: Vorgeschichte-Altertum-Mittelalter,
1. Teil, hrsg. von Heinz Dopsch, Salzburg 1981, Seite 213.]. Sein Name,
der bei den EKKEHARDINGERN nicht üblich war, könnnte für
eine Eheschließung zwischen einem EKKEHARDINGER und einer
Tochter aus der Familie der späteren
SCHWARZBURGER
sprechen.
Diese Vermutung wird durch die Stellung
Gunthers als dritter Sohn
seiner Eltern und seine frühzeitige Widmung zum geistlichen Stande
bestätigt.
Die Einreihung dieses im 10. und 11. Jahrhundert genannten
Adligen
Gunther in eine Auflistung der Vorfahren des Hauses SCHWARZBURG
ist aufgrund der Quellenbelege unmöglich. Leichter ist dieses dagegen
beim zeitgleichen Eremiten
Gunther, der allgemein alls Angehöriger des späteren
Hauses SCHWARZBURG angeshen wird [18 Vgl. dazu Geschichte
Thüringens (wie Anm. 1) Seite 147; ferner auch Struve, T.: Gunther,
Eremit. in: Lexikon des Mittelalters, Band 4, München 1987/89, Spalte
1793; ferner vgl. Vita Guntheri eremitae, MGH SS XI. Hannover 1854, Seite
276-279. In gleicher Weise und umfassend zur Biographie Gunthers
vgl.
Lang OSB, G.: Gunther, der Eremit in Geschichte, Sage unnd Kult, in: Studien
und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner zweige
59 (1941/1942) Seite 3-83.]. Dieser wurde 1005/06 durch die Reformen des
damals gerade zum Abt des Klosters Hersfeld ernannten Godehard, des späteren
Bischofs von Hildesheim [19 Vgl. umfassend Goetting (wie Anm. 10)
Seite 230ff.], veranlaßt, der Welt den Rücken zu kehren und
sich einem geistlichen Leben zu widmen. Er trat dazu als Laienbruder in
das Kloster Hersfeld ein und übertrug im Zusammenhang damit - vermutlich
im Dezember 1005 - dem Wigbertaltar in Göllingen bei Frankenhausen
von seinen Gütern und von der Erbschaft der Kinder seines bereits
verstorbenen Bruders Sizo
Besitz in Thüringen, Günserode, Ichtershausen [20 Nach
Dobenecker (wie Anm. 10) Seite 230ff.] und Hesseneberh [21 Vermutlich
Eschenbergen bei Tonna.] sowie dem Kloster Hersfeld Besitz in Sedinstede
[22 Entweder Sättelstedt oder Seddingsstadt.] und Behringen
[23 Nach Dobenecker (wie vor) entweder das bei Eisenach oder das
bei Stadtilm gelegene Behhringen.]. Dafür behielt er sich selbst,
seinen Söhnen [24 Nach Dobenecker (wie Anm. 2) Seite 137 Nr.
629 Anm. 8 ist die Urkunde hier ungenau abgefaßt, denn dem übrigen
Wortlaut derselben entnimmt er, daß der Eremit Gunther kinderlos
war.] und Neffen die Vogtei über Ohrdruf, Wechmar, Kölleda, Waltsazi,
Emleben, Schwabhausen und Hesseneberh [25 Vgl. Regest bei Dobenecker
(wie Anm. 2) Seite 136f Nr. 629 und Urkundenbuch Hersfeld (wie Anm. 7)
Seite 146f. Nr. 77. Übersetzung bei Lang (wie Anm. 16) Seite 13f.]
unter der Bedingung, daß derselbe Vogt miles des Abtes sei und fünf
Beschildete (scutatos) zum Feldzug nach dem Osten stelle, denen
der Abt Unterhalt zu gewähren hatte. Abt Godehard sandte den neuen
Laienbruder in das von ihm reformierte Kloster Niederaltaich, damit er
dort das klösterliche Leben nach der regula Benedicti in den von Godehard
für richtig erachteten Formen kennenlernen sollte. Gunther
hat sich aber nicht lange in Niederaltaich aufgehalten, sondern sich bald
als Eremit im Bayerischen Wald niedergelassen. Der Klostereintritt des
anscheinend bekannten Adligen wurde jeweils zum Jahr 1006 von den Annalisten
von Niederaltaich und Hildesheim, dem sächsischen Annalisten und Lampert
von Hersfeld aufgenommen [26 Lang (wie Anm. 7) Seite 15.]. Auch
sein Schritt, Eremit zu werden, fand bei den zeitgenössischen Annalisten
Widerhall. Die von Gunther 1008 in Rinchnach errichtete Zelle wurde
zum Mittelpunkt einer Eremitengemeinschaft, deren Mitglieder ihm aus Niederaltaich
nachgezogen waren [27 Ebenda Seite 22.]. Als Leiter dieser Gemeinschaft
hat sich Gunther auch seine Predigttätigkeit und sein Vorbild
um eine Vertiefung des christlichen Glaubens in diesem Raum bemüht
und dabei auch Ansiedlungen und Wegebau in diesem zwischen Bayern und Böhmen
gelegenen Grenzgebiet gefördert. Da er gute Beziehungen zu den weltlichen
Großen auf beiden Seiten des Grenzgebietes unterhielt, wurde er wiederholt
als Vermittler zwischen dem deutschen König und dem Herzog von Böhmen
tätig. Nach seinem am 9. Oktober 1045 in hohem Alter erfolgten
Ableben [28 Vgl. dazu Dobenecker (wie Anm. 2) Seite 136 Nr. 629
Anm. 1.] wurde sein Leichnam vom böhmischen Herzog Bretislaw I. in
die Abtei Brevnov überführt und dort beigesetzt [29 Vgl.
dazu Lang (wie Anm. 18) Seite 58ff.; Dobenecker (wie Anm. 2) Seite 161
Nr. 776.]. Gunther wurde schon bald nach seinem Tode als Heiliger
verehrt [30 Ebenda Seite 69ff.].
Das Kloster Hersfeld war nach dem Ableben Gunthers
aufgrund
der Entwicklung des Privaturkundenwesens seit dessen Klostereintritt vor
fast vier Jahrzehnten bemüht, sich die Schenkungen desselben - vielleicht
um diese vor Erbansprüchen der Verwandtschaft Gunthers
zu sichern
- verbriefen lassen. Daher wurde nicht nur die bereits genannte Urkunde
mit den Schenkungen in verschiedenen Orten Thüringens an den Wigbertaltar
in Göllingen und an Kloster Hersfeld ausgefertigt, sondern auch zwischen
1047 und 1050 in der Burg Wiehe eine zweite Urkunde in zwei Exemplaren
[31 Vgl. dazu Dobenecker (wie Anm. 2) Seite 165 Nr. 793; Urkundenbuch
Hersfeld (wie Anm. 7) Seite 174ff. Nr. 96 und 97.], nach der Gunther
zehn Mansen in Salza [32 Nach Dobenecker entweder Langensalza oder
Salza bei Nordhausen.] und Ottenhausen [33
Nach Dobenecker entweder
die bei Römhild in Richtung auf Behrungen zu oder die zwischen Greußen
und Weißensee gelegene gleichnamige Ortschaft.] aus seinem und dem
Erbgut der Söhne seines Bruders Sizo
dem Lamprecht, einem Ritter
des Abts Meginher von Hersfeld, und eine weitere an Gunthers Vasallen
Rudolf übertragen hatte, wofür er und seine Neffen die Vogtei
über Ohrdruf, Wechmar, Kölleda und Waldsassen vom Klostser Hersfeld
zu Lehen erhalten hatten. Der jeweilige Inhaber dieser Vogtei war miles
des Abtes und hatte fünf Beschildete (scutatos) "ad orientales
partes in expeditionem" zu entsenden, für die der Abt den Unterhalt
übernehmen mußte.
Der Eremit Gunther ist nach seinem hohen Lebensalter
bald nach der Mitte des 10. Jahrhunderts geboren worden. Er könnte
demnach mit seinem 1005 bereits verstorbenen Bruder Sizo Nachkomme
des 962 erwähnten Grafen
Gunther gewesen sein. Dazu ist auch auf das sogenannte Käfernburgische
Gemälde zu verweisen [34
Lange (wie Anm. 18) Seite 9; ferner
Boie, A.: Das Käfernburger Gemälde, in: Zeischrift des Vereins
für Thüringische Geschichte und Altertumskunde 22 (1915) Seite
279. Eine Abbildung vgl. bei Apfelstedt (wie Anm. 1) Seite 1; ferner vgl.
dazu auch Junghans (wie Anm. 1) Seite 20. Die Abkunft des
Hauses SCHWARZBURG
von einem fränkischen
König Lothar
ist
als sagenhaft zu betrachten; zur Bewertung des Käfernburger Gemäldes
vgl. auch Werneburg (wie Anm. 1) Seite 12f.; Devrient (wie Anm. 57) Seite
6. ], von dem noch 1942 eine Kopie in der Schloßkirche zu Sondershausen
hinter der Orgel hing [35 Lang (wie Anm. 18) Seite 9 Anm. 10.].
Auf diesem wohl im Spätmittelalter entstandenen Gemäle waren
drei Ahnenpaare des Hauses KÄFERNBURG (bzw. SCHWARZBURG)
nebeneinander abgebildet. Nach den lateinischen Inschriften handelte es
sich dabei
1. um den zum Christentum bekehrten Grafen Günther
2. dessen Sohn Sigher und
3. Sigher, den Sohn des Sigher,
der den Naumburger Dom mitgestiftet hatte und dort auch
beigesetzt wurde, jeweils mit ihren in den Inschriften namentlich nicht
genannten Ehefrauen. Diese bildliche Darstellung der Überlieferung
des Hauses SCHWARZBURG kann im Falle des Grafen Günther
aber
nicht den Vater des Eremiten Gunther [36 So Lang (wie Anm.
18) Seite 9.], sondern nach dem Hinweis auf seine Bekehrung zum Christentum
nur den 722 erwähnten Gunther meinen. Die Überlieferung
scheint demnach in der bildlichen Darstellung etwas gerafft worden zu sein,
doch könnte der Vater des Eremiten Gunther und seines 1005
bereits verstorbenen Bruders Sizo, der sich hinter dem Sigher
des
Gemäldes verbergen dürfte [37 Förstemann, E.: Altdeutsches
Namensbuch, Band 1: Personennamen, Bonn ²1900, Spalte 1315 und Spalte
1326f. Obwohl das Käfernburger Gemälde Sigher und Sizzo
in Verbindung setzt, scheint die Namensform Sizzo wohl nicht mit
Sigher
zusammenzuhängen.],
der als Sohn des Günther erwähnt wird, ebenfalls den Namen
Gunther
getragen haben [38
Apfelstedt (wie Anm. 1) Seite 1, übernimmt
die Darstellung des Käfernburger Gemäldes in der Generationenabfolge,
wobei er sich auf die Reinhardsbrunner Annalen beruft.].
Diese Ansicht wird dadurch bestätigt, daß
neben dem 962 als Zeugen in der Urkunde OTTOS
I. DES GROSSEN in Rom genannten Gunther auch in der zwischen
949 und 957 ausgestellten Urkunde des Hunold, mit der dieser ein ihm von
OTTO
I. DEM GROSSEN geschenktes Gut in Gernstedt gegen ein solches
in Almutshausen mit Kloster Hersfeld tauschte, ein Gunther als Vogt
des Klosters Hersfeld erwähnt wurde [39 Vgl. Dobenecker
(wie Anm. 2) Seite 92 Nr. 400; Urkundenbuch Hersfeld (wie Anm. 7) Seite
94f. Nr. 52.]. Derselbe ist aufgrund dieses Amtes als Vater des Eremiten
Gunther und seines Bruders Sizo
angesehen worden [40 Lang
(wie Anm. 18) Seite 9.], was zeitlich möglich gewesen wäre. Auch
der Zeuge Gunther in der Urkunde der Freien Himiza, die sich mit
derselben zwischen 936 und 959 in die Hörigkeit des Klosters Hersfeld
begab [41 Urkundenbuch Hersfeld (wie Anm. 7) Seite 95f. Nr. 53.],
könnte mit diesem Gunther identifiziert werden. Dasselbe gilt
auch für den 963 in der Urkunde des Engilrich genannten Zeugen Gunther
[42 Vgl. Lang (wie Anm. 18) Seite 10.]. Das spätere Haus
SCHWARZBURG hat somit eine durch diese Erwähnung zwar nur erschlossene,
aber durch die häufigen Erwähnungen von Besitzungen in hohem
Maße abgesicherte Genealogie für das 10. und frühe 11.
Jahrhundert. Da der Eremit Gunther vielleicht selbst keine Nachkommen
gehabt hat [43 Apfelstedt (wie Anm. 7) Seite 1, läßt
dieses noch offen.], dürfte das spätere Haus SCHWARZBURG wohl
von seinem 1005 bereits verstorbenen Bruder Sizo abstammen. In der
Folgezeit trat nämlich auch der Name Sizzo immer wieder im
Hause
SCHWARZBURG auf.
Im westlichen Chor des Naumburger Doms befinden sich
die neun bekannten Standbilder, unter ihnen auch das eines Grafen Sizzo
[44
Vgl.
zum Beispiel Werneburg (wie Anm. 1) Seite 14ff.]. Über die Bedeutung
der Standbilder hat die Forschung in den letzten Jahrzehnten immer wieder
gearbeitet. Zwar dürfte eindeutig sein, daß es sich bei den
dargestellten Personen um Stifter und Wohltäter des Naumburger Doms
gehandelt hat, aber weitere Einzelheiten insbesondere über den abgebildeten
Sizzo
konnten nicht festgestellt werden. Da die Standbilder erst im 13. Jahrhundert
entstanden, muß auch offengelassen werden, ob es sich um einen im
12. Jahrhundert urkundlich nachweisbaren Sizzo gehandelt hat oder
um einen im frühen 11. Jahrhundert lebenden Adeligen, der bei der
Verlegung des Bistums Zeitz nach Naumburg mitgewirkt hat. Da nach dem 1005
nachweislich bereits verstorbenen Bruder Sizzo des
Eremiten Gunther
bis nach der Jahrhundertmitte kein Sizzo in den Quellen erwähnt
wird, erscheint es glaubhafter, den im Naumburger Dom abgebildeten Wohltäter
Sizzo entweder mit dem um 1075 lebenden
Sizzo
oder sogar
erst mit dem im 12. Jahrhundert erwähnten
Graf Sizzo zu identifizieren.
Auch die Umschrift "Zyzzo Comes Do" auf dem Schild, die als
"Sizzo comes Doringiae" entziffert wurde [45 Werneburg
(wie Anm. 1) Seite 14.], gibt keinen endgültigen Aufschluß,
läßt aber für seine Person eher auf das 12. Jahrhundert
schließen. Obwohl sich also der im Naumburgger Dom dargestellte comes
Sizzo nicht eindeutig identifizieren läßt, spricht sein
Name für die Zugehörigkeit zum Hause SCHWARZBURG und seine
Figur auch für die hohe Stellung seines Hauses im Thüringen des
11./12. Jahrhunderts, da er neben den Kreis der wichtigsten Persönlichkeiten
in dieser Zeit gestellt wird.
Die Neffen des Eremiten Gunther sind unbekannt
geblieben. Sie haben aber sicherlich Söhne und Nachkommen gehabt,
den der in einer Urkunde des Abtes Ruthard von Hersfeld, die zwischen 1059
und 1072 ausgestellt wurde [46 Dobenecker (wie Anm. 2) Seite 187
Nr. 896; Urkundenbuch Hersfeld (wie Anm. 7) Seite 193f. Nr. 109.], genannte
Zeuge Graf
Sizzo dürfte seinem Namen nach wohl ein Enkel oder Urenkel
des 1005 bereits verstorbenen Bruders des Eremiten Gunther gewesen
sein [47
Apfelstedt (wie Anm. 1) Seite 2, setzt ihn fälschlicherweise
als Neffen des Eremiten Gunther an. Für diese Identifizierung
ist aber der Zeitabstand gegenüber 1005 zu groß.]. Es spricht
alles dafür, daß dieser Graf Sizzo mit dem 1075 erwähnten
gleichnamigen Grafen identisch ist. Dieser unterwarf sich in Spier Ende
Oktober 1075 zusammen mit dem Erzbischof von Magdeburg, dem Bischof von
Halberstadt und anderen sächsischen und thüringischen Großen
König
HEINRICH IV. nach dem sächsischen Aufstand [48 Vgl.
Lampert von Hersfeld, Annalen, hrsg. von Oswald Holder-Egger, MGH SS in
us. schol., Hannover 1894; Seite 238; Dobenecker (wie Anm. 2) Seite 195
Nr. 919b; ferner Geschichte Thüringens (wie Anm. 1) Seite 15.]. Er
wird dabei ohne nähere Bezeichnung als Graf Sizzo genannt.
Derselbe ist anscheinend bald nach 1075 verstorben, da er später
nicht mehr genannt wird.
Dagegen findet sich bei Annalista Saxo zum Jahre 1062
der Hinweis [49 MGH SS VI, hrsg. Georg Waitz, Hannover 1844, Seite
693.]: Cunigunde
nupsit regi Ruzorum genuitque filiam, quam nobilis quidam
de Thuringia Guntherus nomine accepit genuitque ex illa Sizzonem
Comitem. Nach der Ansicht der neueren Forschung hat es sich dabei
um die mit Jaropolk, dem Sohn des Großfürsten
Izjaslav I. von Kiew, vermählte Gräfin von Orlamünde
gehandelt,
deren gemeinsame Tochter
später den Grafen
Günther heiratete und diesem den Grafen
Sizzo gebar [50 Vgl. dazu Forssmann, J.: Die Beziehungen
altrussischer Fürstengeschlechter zu Westeuropa, Bern 1970, Seite
134 und Tafel IV; ferner de Baumgarten, N.: Genealogies et mariages occidentaux
des Rurikides russes du Xe au XIIIe siecles, in: Orientalia Christiana
Band 9, Rom 1927, Seite 10f. Aus den abweichenden Angaben ergibt sich,
daß die Nachricht des Annalista Saxo noch eine Detailuntersuchung
erforderlich macht, die den Rahmen des vorliegenden Beitrages sprengen
würde.]. Wenn sich auch Probleme bei der Identifizierung des Rex Ruzorum
ergeben mögen, ist an der Eheschließung der in erster Ehe mit
einem RURIKIDEN vermählten
Cunigunde
in zweiter Ehe mit den thüringischen Grafen Günther nicht
zu zweifeln, dem sie einen Sohn Sizzo
gebar. Aufgrund der Namensvorkommen
im Hause SCHWARZBURG, aber auch KÄFERNBURG, besteht
keine Möglichkeit, diese Eheschließung nach dem späten
11. Jahrhundert anzusetzen. Der Graf Günther soll nach der
Familientradition Anfang des 12. Jahrhunderts gestorben sein [51 Werneburg
(wie Anm. 1) Seite 18, nennt als Todesjahr 1118, Apfelstedt (wie Anm. 1)
Seite 2, in indirekter Form "regierte ... bis zum Jahre 1109"; Vater (wie
Anm. 1) das Datum "um 1118"; Junghans (wie Anm. 1) Seite 24, die Schlacht
am Welfesholz mit dem Jahr 1114. Die beiden letztgenannten Angaben beweisen,
daß die Verfasser kein sicheres Sterbejahr kannten.]. Auch wurde
von ihm behauptet, er hätte am 1. April 1099 als Graf zu Schwarzburg
dem Nonnenkloster zu (Stadt-)Ilm Besitz in Alt-Remda geschenkt. Die
Forschung hat das Datum dieser Schenkung von 1099 jedoch auf 1299 berichtigt.
Damit ist von Graf Günther außer der chronikalischen
Überlieferung bei Annalista Saxo keine Nachricht vorhanden [52
Vgl.
dazu Dobenecker (wie Anm. 2) Seite 210 Nr. 985. Zu Annalista Saxo vgl.
Arnold, Abt von Berge, in: Lexikon des Mittelalters, Band 1, München
1977/1980 Spalte 1005.]. Dennoch ist an seiner Existenz nicht zu zweifeln,
zumal er sich genau in die zeitliche Lücke zwischen dem 1075 erwähnten
Grafen
Sizzo und dem seit Beginn des 12. Jahrhunderts auftretenden
jüngeren
Grafen Sizzo als fehlende Generation einpaßt. Dank der Nachricht
bei Annalista Saxo sind somit die drei Generationen des Hauses von der
Mitte des 11. bis ins frühe 12. Jahrhunderts deutlich: auf den unter
den sächsisch-thüringischen Großen 1075 genannten
Grafen
Sizzo, dem vermutlichen Großneffen des Eremiten Gunther,
folgt als nächste Generation - allem Anschein nach als Sohn Sizzos
anzunehmen,
da keine Nachrichten über Brüder von diesem vorliegen -, der
nach dem Eremiten diesen alten Familiennamen wiederaufnehmende Graf
Günther. Als dessen Sohn bezeugt dann der Annalista Saxo den
jüngeren
Grafen Sizzo [53 Geschichte Thüringens (wie Anm. 1) Seite
147, hält - zu Unrrecht - eine Identität zwischen dem 1075 un
dem im 12. Jahrhundert erwähnten
Grafen Sizzo für möglich.
Dieser jüngere Graf Sizzo ist nach der Überlieferung des
Annalista Saxo und seinem ersten urkundlichen Auftreten frühestens
zu Beginn der 80-er Jahre des 11. Jahrhunderts, eher zwischen 1080 und
1090 geboren worden.].