EUROPÄISCHE STAMMTAFELN NEUE FOLGE BAND I.1 TAFEL
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Lexikon des Mittelalters: Band II Spalte 192
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Billunger
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Die Forschung unterscheidet zwischen den älteren BILLUNGERN, die im 9. Jh. seit der Zeit KARLS DES GROSSEN zu den führenden Adelsgeschlechtern Ostsachsens gehörten, und den jüngeren BILLUNGERN, die hier seit 1. Hälfte des 10. Jh. wachsenden Einfluß gewannen. Zwischen beiden Familien bestand wahrscheinlich ein verwandtschaftlicher Zusammenhang; doch läßt er sich nicht genau bestimmen, da man für die älteren BILLUNGER keine Stammtafel aufstellen kann. Die ersten uns bekannten jüngeren BILLUNGER sind Graf Wichmann der Ältere (+ 944) und sein jüngerer Bruder Hermann, den OTTO I. 936 als Oberbefehlshaber an der unteren Elbe einsetzte und dem der König wiederholt seine Vertretung in Sachsen übertrug. Der Bardengau mit Lüneburg ist die Kernlandschaft der BILLUNGER; doch besaßen sie wohl an der mittleren Weser Besitzrechte. Da sich Wichmann der Jüngere und sein Bruder Ekbert 954/55 am Liudolfingischen Aufstand gegen OTTO I. beteiligten, konnte Hermann auch ihre Besitzungen weitgehend in seine Hand bringen. Aus der herzogsähnlichen Stellung, die er bei seinem Tod (973) einnahm, erwuchs unter seinem Sohn Bernhard I. (973-1011) die herzogliche Gewalt der BILLUNGERin Sachsen, die Bernhard II. (1013-1059) noch weiter ausbaute. Durch ihre wiederholte Teilnahme an den Slavenfeldzügen der deutschen Kaiser und Könige und durch eigene Vorstöße gegen die Abodriten konnten die BILLUNGERihre Herrschaft als Markgrafen im Gebiet östlich der unteren Elbe festigen. Bernhard II. und sein Sohn Ordulf (1059-1072) gerieten durch ihre Politik in Gegensatz zum salischen Königshaus und zum Erzbistum Hamburg-Bremen. Unter Ordulf und seinem Sohn Magnus (1072-1106) verloren die BILLUNGER ihren früheren Einfluß; in den Auseinandersetzungen der Sachsen mit HEINRICH IV. haben sie keine führende Rolle mehr gespielt. Durch einen Sieg über die Wenden im Jahre 1093 schuf aber Magnus die Voraussetzung dafür, daß der christliche Slaven-Fürst Heinrich, der Sohn des 1066 ermordeten Fürsten Gottschalk, die Herrschaft seines Geschlechts im Abodriten-Land wieder errichten konnte. Mit Magnus starben die BILLUNGER in männlicher Linie aus. Ihre umfangreichen Eigengüter gingen über seine beiden Töchter Wulfhild und Eilika an die WELFEN und ASKANIER über.
Literatur:
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HEG I, 701-726 - S. Krüger; Stud. zur sächs.
Grafschaftsverfassung im 9. Jh., 1950 - I. Pellens, Die Slavenpolitik der
Billunger im 10. und 11. Jh. [Diss. masch. Kiel 1950] - H.-J. Freytag,
Die Herrschaft der B. in Sachsen, 1951 - R. Bork, Die B. [Diss. masch.
Greifswald 1951] - A. K. Hömberg, Westfalen und das sächs. Hzm.,
1963 - K. Jordan, Die Urk. Heinrichs IV. für Hzg. Ordulf v. Sachsen
vom Jahr 1062, ADipl 9/10, 1963/64, 53-66 - R. Wenskus, Sächs. Stammesadel
und frk. Reichsadel, 1976 - W. Giese, Der Stamm der Sachsen und das Reich
in otto. und sal. Zeit, 1979.
Billunger, Billinger
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Adelsgeschlecht, Herzöge von Sachsen 961-1106, mit
großen Besitzungen in Sachsen und Thüringen.
Stammburg auf dem Kalkberg von Lüneburg.
Der BILLUNGER Hermann
der Jüngere und Magnus
standen an der Spitze einer Verschwörung
gegen König HEINRICH IV.
Trillmich Werner: Seite 53, 63
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"Kaiser Konrad II. und seine Zeit" 1991
Auch die BILLUNGER
waren in Lothringen begütert. Mathilde (+ 1008), eine Tochter
Herzog
Hermanns, heiratete Balduin von Flandern und nach dessen Tode Gottfried
von Verdun. Wichmann auf Burg Monterberg bei Kalkar hatte
außer Grafenrechten im Süder-, Amber- und Düffelgau um
Cleve die Verwaltung des Hattuariergaus an der Niers um Geldern und Gennep
inne, sowie wahrscheinlich die Pfalzgrafschaft Nimwegen. In Sachsen, nach
dessen Recht er lebte, war er Vogt von Borghorst, Metelen und Vreden, wo
man ihn 1016 begrub. Den an ihm begangenen Mord rächte sein Vetter,
Herzog
Bernhard II.
Mächtiger als die Grafen von Werl war die Sippe
der BILLUNGER.
Sie verfügte über Allodien, Grafenrechte, Lehen und Vogteien
in Engern und Ostfalen von der Unterelbe und Weser südwärts bis
in die Nähe von Corvey und an den Harz. Rechts der Elbe gehörten
ihnen Ländereien bei Ertheneburg. In Hamburg saßen sie als Grafen
und Vögte neben dem Erzbischof in der Domfeste. In den Diözesen
Bremen und Verden verwaltete die Familie fast alle Grafschaften und Vogtgerechtsame.
Verden behandelten die BILLUNGER fast
wie ein Eigenbistum. Besonders umfangreiche Allodien lagen im Bardengau,
um Bardowiek und um die Festung auf dem Lüneburger Kalkberge, an dessen
Fuße das Michaelskloster der Sippe als Grablege diente. Beträchtliche
Einkünfte dürften Markt und Salzgewinnung erbracht haben. Ein
sehr wertvolles Reichslehen war die große Grundherrschaft Lesum nördlich
von Bremen, die es ermöglichte, auf den Erzbischof Druck auszuüben.
BILLUNGER
Güter im Laargau links der Weser oberhalb der Huntemündung sicherte
den Zugang zum friesischen Astergau um Jever, dessen selbstbewußte
Bevölkerung den Sachsen allerdings zähen Widerstand entgegensetzte.
Allodien, Grafschaften und Vogteien häuften sich ferner in der Diözese
Minden an der mittleren Weser. Schalksburg und Bückeburg an der Porta
Westfalica überwachten Engerns wichtigste Staßenkreuzung. Als
Familienklöster erhielten Kemnade, Möllenbeck und St. Marien
zu Herford großzügige Zuwendungen. Die verhältnismäßig
dichte Grundherrschaft der BILLUNGER
endete am Nordrande des Bistums Paderborn zwischen Herford und Corvey,
sowie westlich vom Hildesheimer Sprengel. Im Harzvorlande hatten Auseinandersetzungen
mit den LIUDOLFINGERN beträchtliche
Verluste um Königsdahlum und die Alaburg bei Goslar, vielleicht sogar
rechts der Oker. Auf verwandtschaftliche Beziehungen zur Widukind-Sippe
geht westfälischer Streubesitz an der mittleren Lippe und Ruhr zurück,
ebenso um Stift Vreden bei Stadtlohn sowie in Lingens Umgebung, wo die
Straße von Deventer nach Bremen die Ems überschreitet.