Begraben: Kloster St. Antonin bei Piacenza
2. Sohn des Kaisers LOTHAR I.
und
der Irmingard von Tours, Tochter von
Graf Hugo
Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 2124
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Lothar II., fränkischer König
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+ 8. August 869
Begraben: Kloster St. Antonin bei Piacenza
Der zweitälteste Sohn LOTHARS
I. (Brüder: LUDWIG II.
und Karl von der Provence) erhielt
mit der Reichsteilung von 855 die nördlichen Gebiete mit Aachen als
residenzartigem Vorort. Das Reich Karls von der
Provence wurde bei dessen Tod 863 unter
Lothar II. und LUDWIG II. aufgeteilt.
Lothar II. setzte die diplomatische Tätigkeit seines Vaters
fort und nahm an 29 meist in seinem Reich stattfindenden Königstreffen
teil. In den Quellen wie in der Forschung steht seine Regierung ganz im
Zeichen seines 'Ehestreites': Seit 855 mit Theutbarga,
der Schwester des Laienabtes Hucbert von St-Maurice verheiratet,
suchte Lothar II. die kinderlose Ehe
seit 857 zugunsten einer Verbindung mit seiner früheren Friedelfrau
Waldrada
zu lösen, von der er einen Sohn (Hugo)
hatte. Auf Aachener Synoden wurde die Ehe 860 geschieden und 862 als nich
rechtmäßig anerkannt, so daß Lothar
II. noch im gleichen Jahr heiraten konnte. Dieses Vorgehen stieß
jedoch auf den erbitterten Widerstand zunächst des westfränkischen
Erzbischofs Hinkmar von Reims, dann des Papstes Nikolaus I., der das Bestätigungsurteil
der Metzer Synode von 863 verwarf, die federführenden Bischöfe
Gunthar von Köln und Thietgaud von Trier suspendierte und
Lothar II. 865 zur Wiederaufnahme Theutbergas
zwang, die bald darauf aber selbst vergeblich um Annullierung ihrer Ehe
bat. Unter Hadrian II. setzte Lothar II. seine
Scheidungsversuche fort und erreichte auf einer Romreise ei Wiederaufnahmeverfahren,
doch blieb der Streit bis zum Ende seiner Regierungszeit ungeklärt,
da Lothar II. auf der Rückreise
in Piacenza verstarb.
Der Prozeß zeigt den zunehmenden kirchlichen Einfluß
auf das Eherecht und den päpstlichen Autoritätsanspruch als Hüter
der Moral, ist vor allem aber vor dem politischen Hintergrund der Sicherung
des seit 863 erneut auch von den Normannen heimgesuchten Reichs zugunsten
des eigenen Sohnes und gegen die Ansprüche der Oheime im W und O zu
sehen. Während die lothringischen Großen zu
Lothar II. hielten, erreichte dieser 867 von Ludwig
dem Deutschen gegen Gebietsabtretungen (Elsaß) die Zusicherung
der Erbfolge. Nach seinem Tod aber stritten KARL
DER KAHLE, der sich am 9. September 869 in Metz zum König
krönen ließ, und Ludwig der Deutscheum
Lothars
Reich,
das sie im Vertrag von Meerssen 870 unter Ausschluß der Ansprüche
LUDWIGS
II. und
Hugos unter sich
entlang der Maas-Mosellinie aufteilten. Langfristig aber konnte
Lothars
aus
zufälliger dynastischer Teilung entstandenes Reich (regnum Lotharii)
als 'Lotharingien' eine eigenständige räumliche Tradition im
Rahmen der Reichsstruktur entwickeln.
Literatur:
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wie Lothar I.
K. Schmid, Ein karol. Kg.seintrag im Gedenkbuch von Remiremont,
FMASt 2, 1968, 96-134 - W. Schlesinger, Zur Erhebung Karls d. K. zum Kg.
v. Lothringen 869 in Metz (Fschr. F. Petri, 1970), 454-475 [Ders., Ausgew.
Aufsätze, 1987, 173-198] - S. Konecny, Die Frauen des karol. Hauses,
1976, 103-117 - R. Kottje, Kirchl. Recht und päpstl. Autoritätsanspruch
(Fschr. F. Kempf, 1983), 97-103. -
Schieffer Rudolf:
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"Die Karolinger"
Beim Tode seines Vaters erstrebte LUDWIG
II. einen Gebietsanteil jenseits der Alpen, während
Lothar dem minderjährigen, an Epilepsie leidenden Bruder
Karl
kein gesondertes Teilreich einräumen wollte. Lothar
suchte und fand die Unterstützung bei Ludwig
dem Deutschen, in dessen Pfalz Frankfurt er im Oktober 855 von
seinen Großen zum König akklamiert wurde, bevor er wohl in Aachen
Salbung und Krönung entgegennahm, vielleicht bereits durch Erzbischof
Gunthar von Köln, der bei ihm als Erzkapellan dem kurz nach LOTHAR
I. verstorbenen Drogo von Metz
nachfolgte. Offenbar der Festigung seiner Position nach Süden hin
diente auch der folgenschwere Entschluß des jungen Königs, anstelle
seiner bestehenden Friedelehe mit Waldrada
(wohl aus moselländischem Adel) eine rechtsförmliche Muntehe
mit Theutberga, der Schwester des Abtes
Hukbert von Saint-Maurice d'Agaune aus dem Hause der
BOSONIDEN und wichtigsten Machthabers zwischen Jura und Alpen,
einzugehen. Immerhin gelang es, LUDWIG II.
vom Ausgreifen über Italien hinaus abzuhalten, aber auch
Lothar
II. mußte dem Drängen der provenzalischen Magnaten
nachgeben, die mit Karl als nominellem
König unter sich bleiben wollten und von Graf Gerhard von Vienne angeführt
wurden, einem Schwager von LOTHARS I. Gemahlin
Irmingard
und einstigen, vor KARL DEM KAHLEN gewichenen
Grafen von Paris. Auf einem Treffen in Orbe (bei Lausanne), inmitten von
Hukberts
Gebiet, bekräftigten die drei königlichen Brüder im Herbst
856 die vom Vater gezogenen Grenzen.
Lothar zeigte sich
bereits 857 seiner von den politischen Umständen diktierten Ehe mit
Theutberga
überdrüssig und strebte nach der Legalisierung der älteren
Verbindung mit Waldrada, von der er
mit der Zeit wenigstens vier Kinder, darunter wohl damals schon einen Sohn
namens Hugo, hatte. Theutbergas
Verstoßung unter der Beschuldigung der Unzucht mit ihrem Bruder Hukbert
von Saint-Maurice bedeutete zugleich den Bruch Lothars
mit diesem wichtigen Gebieter im Alpenraum, gegen den er 858 erfolglos
zu Felde zog. Der Gegenden jenseits des Jura entledigte er sich daraufhin
859 überhaupt, indem er sie LUDWIG II.
abtrat, ebenso wie er dem anderen Bruder Karl
von der Provene gegen die Einsetzung zum Erben territoriale
Zugeständnisse im Süden machte; auch seine rege Vermittlungspolitik
im Streit Ludwigs des Deutschen mit
KARL
DEM KAHLEN 859/60 erscheint von dem Wunsch bestimmt, sich nach
keiner Seite äußere Feinde zu schaffen. Innerhalb Lotharingens
setzte er nämlich, nachdem ein von den Großen verlangtes Gottesurteil
858 zugunsten der angeschuldigten Königin ausgefallen war, Anfang
860 zu einem neuen Scheidungsverfahren auf zwei Aachener Synoden an, die
er unter der Führung der Erzbischöfe Gunthar von Köln und
Thietgaud von Trier dazu brachte, Theutberga
auf Grund eines Geständnisses ins Kloster zu verweisen. Hauptsächlich
gegen diese Verfahrensweise richtete sich bald das von zweifelnden Beobachtern
erbetene ausführliche Rechtsgutachten Hinkmars von Reims, und als
Theutberga
noch vor Jahresende nach W-Franken floh, um dort ihr Schuldbekenntnis zu
widerrufen und an den energischen Papst Nikolaus I. (858-867) zu appellieren,
war nicht mehr zu übersehen, dass Lothars
Eheaffäre gesamtfränkische Dimensionen angenommen hatte. Kaum
zufällig eben in diesen Monaten suchte Kaiser
LUDWIG II. seine seit Jahren bestehende Ehe mit Angilberga
durch eine urkundlich verbürgte Ausstattung der Gattin rechtlich unanfechtbar
zu machen.
Lothar II. nahm den
Bruch mit KARL DEM KAHLEN in Kauf,
verbündete sich mit Ludwig dem Deutschen,
dem er das Elsaß versprach, und war mit ihm stark genug, um den westfränkischen
Oheim Ende 861 durch diplomatische Intervention vom beabsichtigten Griff
nach dem Reich des provenzalischen Karlabzuhalten.
Auf einer dritten Aachener Synode erreichte Lothar
862, dass seine Ehe mit Theutberga
annulliert und ihm eine neue Heirat gestattet wurde. Auch die Aussicht
auf eine vom Papst und KARL DEM KAHLEN
verlangte Neuberatung in größerem synodalen Rahmen, die er bei
einer Begegnung mit KARLund Ludwig
dem Deutschen in Savonnieres akzeptieren mußte, konnte
ihn nicht beirren, Ende 862 Waldrada in
aller Form zur gekrönten Königin zu erheben. Um das Einvernehmen
mit seinem kaiserlichen BruderLUDWIG II.zu
wahren, willigte er nach dem frühen Tode
Karls
von Provence (24.1.863) rasch in eine Teilung der Rhoneländer
ein, die zwar nicht den gerade noch gegebenen Erbzusagen entsprach, ihm
aber immerhin Lyon und Vienne einbrachte und KARL
DEN KAHLEN ausschloß. Gelassen empfing
Lothar mit seinen Bischöfen im Juni 863 die päpstlichen
Abgesandten, die sich auf einer Synode in Metz, angeblich durch Bestechung,
von der neuen Argumentation überzeugen ließen, Waldrada
sei von Anfang an rechtgültig mit Lothar
vermählt gewesen und Theutbergas
Ehe daher nichtig. Gunthar und Thietgaud machten sich persönlich nach
Rom auf und trauten sich zu, dort eine Bestätigung dieser Rechtsauffassung
erlangen zu können.
Die schroffe Zurückweisung durch Nikolaus I., der
im Oktober 863 nicht nur die Metzer Beschlüsse verwarf, sondern in
bis dahin ungekannter Konkretisierung seines Jurisdiktiionsprimats auch
die beiden Erzbischöfe exkommunizierte und absetzte, bezeichnet den
Wendepunkt des ganzen Dramas, denn sie machte erstmals - und je länger,
desto stärker - die Erwartung realistisch, dass
Lothar mit seinem Verlangen scheitern und angesichts von Theutbergas
Kinderlosigkeit sein Reich ohne legitimen Erben lassen könnte. Der
König wagte es im Unterschied zu den empörten Erzbischöfen
nicht, sich dem römischen Spruch offen zu widersetzen, suchte aber
die Angelegenheit möglichst weiter in der Schwebe zu halten. Er ließ
die von Gunthar bekleidete Würde des Erzkapellans fortan unbesetzt,
hintertrieb 864, noch gemeinsam mit den anderen Königen, die fränkische
Beteiligung an einer von Nikolaus angekündigten großen Synode
in Rom und intensivierte seine Beziehungen zu LUDWIG
II. jenseits der Alpen, der gleich Anfang 864 von Benevent aus
einen drohenden Zug vor die Ewige Stadt unternommen hatte. Anfang 865 mußte
es Lothar erleben, dass sich seine
bislang verfeindeten Oheime Ludwig
und KARL in Tusey bei Toul über
ein Bündnis verständigten und ihn von seinem eigenen lotharingischen
Boden aus aufforderten, sich dem kirchlichen Eherecht zu beugen. Nikolaus
I. jedenfalls sah alsbald Anlaß, die beiden brieflich zu mahnen,
sie möchten "mit ihren von Gott verliehenen Erbteilen zufrieden sein
und fremde Rechte nicht beeinträchtigen". Der päpstliche Legat,
der dies überbrachte, konnte durchsetzen, dass
Lothar im Sommer 865 Theutberga
wieder aufnahm und sich von Waldrada
trennte, - freilich nicht für lange, denn bereits 866 gewährte
er der ungeliebten Gattin eine ansehnliche Abfindung und brachte sie dazu,
ihrerseits den Papst um Auflösung der Ehe zu ersuchen, was bei diesem
jedoch nicht verfing. Während Walderadas
Sohn Hugo 867 ganz wie ein legitimer
Thronerbe mit einer Unterherrschaft über das Elsaß ausgestattet
wurde, besprachen sich Ludwig und KARL
in
Metz offen über eine Aufteilung der Reiche ihrer Neffen, außer
dem lotharingischen also auch dem des söhnelosen LUDWIG
II. Noch einmal schien sich eine Wende abzuzeichnen, als auf
Papst Nikolaus der versöhnlichere Hadrian II. (867-872) folgte, der
zwar weiterhin Theutbergas Scheidungswunsch
zurückwies, aber doch Waldrada
vom Bann löste und sich bereit fand, Lothar
persönlich
zu empfangen. Die Begegnung kam im Juli 869 in Montecassino und Rom zustande,
führte aber zu nicht mehr als der Zusage einer neuen Untersuchung
und einer neuen Synode. Da Lothar
auf
der Rückreise am 8.8.869 in Piacenza starb, ist es bei dieser
ungewissen Lage geblieben, die Hugo
und seinen Schwestern das Stigma der Illegitimität beließ und
den Weg zu anerkannter Herrschaft verlegte.
Ohne einen unanfechtbaren Leibeserben
Lothars II. konnte im Rahmen der karolingischen
Samtherrschaft
nach seinem Tode nur das "Anwachsungsrecht" anderwärts regierender
Mitglieder des Hauses Platz greifen. Erster Anwärter wäre, wie
auch der Papst betonte, LUDWIG II.
gewesen, der damit das Mittelreich seines Vaters LOTHAR
I. wiedervereint hätte, doch der "Kaiser Italiens", wie
ihn Hinkmar gern einschränkend nannte, war in langwierige, erst 871
siegreich beendete Kämpfe mit den Sarzenen vor Bari verstrickt und
machte keine Anstalten, des toten Bruders wegen über die Alpen zu
kommen.
Hlawitschka Eduard: Seite14-19
*****************
"Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen
Geschichte"
Lothar II. hingegen
wurde von seinem Vater mit dem übrigen auch die Residenzstadt Aachen
einschließenden Land - von den Alpen und Burgund bis zur Nordsee
- bedacht. Dieser hatte sich in seinem Teilreich überraschend schnell
Anerkennung verschafften können und seine Herrschaft durch geschicktes
Paktiieren - einmal mt Ludwig dem Deutschen
im Osten, dann wieder mit KARL DEM KAHLEN
im W - zu sichern gewußt. Das Entstehen eines festen und dauerhaften
Teilreiches war gar nicht so unmöglich und ausgeschlossen, wie es
oftmals dargestelt zu werden pflegt. Gerade dieser Bereich war ja der historische
Kernraum des Frankenreiches gewesen. In ihm konzentrierte sich die Masse
des karolingischen Krongutes, hier
lagen so manche wichtige Klöster des einstigen Reiches wie Prüm,
Echternach, Malmedy-Stablo, Nivelles und Lobbes, Gorze, Senones, Moyenmoutier
und Remiremont und ebenso die für die damaligen Zeitzen angesehenen
Städte Köln, Trier, Metz, Toul, Verdun und Straßburg, Utrecht,
Lüttich und Cambrai, die zugleich Bischöfe, Domkirchen und bedeutende
Klöster beherbergten usw.
Durch die langjährige Herrschaft LOTHARS
I. schon vorbereitet, begann sich nun die Bezeichnung Lotharii
regnum im Lande zu vertiefen, um nach Lothars
II. Tode sogar noch bewußter daran haftenzubleiben. Das
persönliche Schicksal eines Mannes verquickte sich hier wie kaum an
einer anderen Stelle mit der allgemeinen Geschichte; unvorhersehbare Dinge
ließen Lothar II. als Menschen
und als Regenten scheitern.
Lothar II. hatte
noch zu Lebzeiten seines Vaters mit einer virgo nobilis namens Waldrada
eine Friedelehe geschlossen; das heißt Waldrada
hatte
sich ihm freiwillig verbunden und war nicht in seine Munt übergeben
worden. Im Zuge der stärkeren Verchristlichung des fränkischen
Reiches hatte die Kirche auch allen solchen Ehen, die nach germanischer
Auffassung durchaus neben einer echten Muntehe bestehen konnten, den Kampf
angesagt und sie in das abwertende Licht des Konkubinats zu rücken
sich bemüht. Kinder einer solchen Friedelehe wurden dabei mehr und
mehr den außerehelichen Nachkommen gleichgestellt, und ihr Erbrecht
wurde - was im Jahrhundert davor noch undenkbar war - bestritten.
Lothar II. sollte das selbst feststellen müssen. - Bald
nach seines Vaters Tode war nämlich
Lothar
II. noch eine Muntehe mit einer edlen Dame aus dem Geschlecht
der BOSONIDEN,
Theutberga,
eingegangen; diese blieb aber, wie er wohl schon 857 erkennen mußte,
kinderlos [Die Frage der Unfruchtbarkeit Theutbargas
muß - trotz oftmals geäußerter gegenteiliger Ansicht -
gleich 857 eine Rolle gespielt haben. Inzest mit ihrem Bruder und Abtreibung
(mit Folge der dauernden Unfruhtbarkeit) war doch damals schon der Anklagepunkt;
vgl. E. Dümmler, Gesch. d. ostfränk. Reiches II² Seite 6f,
besonders Seite 7 mit Anmerkung 1.] . Politische Spannungen mit Theutbergas
Bruder Hucbert kamen hinzu. Sein Bemühen war fortan, die Scheidung
von Theutberga und die Erhebung der Friedelehe mit Waldrada
zur rechtsgültigen Muntehe zu erwirken - samt aller kirchlichen und
weltlichen Folgen für seinen und Walderadas
Sohn Hugo. Die Frage der Vollbürtigkeit
und Erbberechtigung Hugos - auch hinsichtlich
der väterlichen Herrschaft - war nunmehr das Kardinalproblem, an dessen
Lösung die Weiterexistenz des
regnum Lotharii sich entschied.
Diesem Bemühen Lothars
II. war kein Erfolg beschieden, obgleich er hierfür sogar
eine Verkleinerung seines Herrschafstbereiches im Süden, in Burgund,
hinzunehmen bereit war, indem er seinem Bruder Karl
von der Provence die Bistümer Belley und Tarantaise
abtrat (858) und seinem Bruder LUDWIG II. (VON
ITALIEN) die Grafschaften und Bistümer Genf, Lausanne
und Sitten überließ (859), nur um sie für diese Sache
zu gewinnen [Auch war Lothar II. bereit,
das Elsaß Ludwig dem Deutschen
für entsprechende Hilfe zuzusichern (Vergabung auf den Todesfall);
BM² nr. 1293a.]. Die Einzelheiten dieses wahrhaft dramatischen Ringens
brauchen nicht genannt zu werden. Das kirchliche Rechtsdenken, die Autorität
des Papstes Nikolaus I.und der Wille des Metropoliten Hinkmar von Reims
im Kampf um die grundsätzliche Unauflösbarkeit einer rechten
Ehe erwiesen sich - begünstigt auch durch die in der Hoffnung auf
einen vorteilhaften Erbfall gewährte politische Unterstützung
seitens KARLS DES KAHLEN für Theutberga
und ihren Bruder Hucbert - als stärker denn alle Willfährigkeit
der Erzbischöfe von Köln und Trier sowie ihrer Anhänger,
die Lothars Trachten zu decken und
zu rechtfertigen suchten. Dabei stand nicht allein das Schicksal des Teilreiches
Lothars
II. in dem sich seit 860 mehr und mehr versteifenden Konflikt
auf dem Spiel. Da Karl von der Provence
kränklich war und 863 unverehelicht verschied, wonach sein Reich zwischen
seinen Brüdern Lothar II. und
LUDWIG
II. geteilt wurde - was eine erneute Erweiterung des Reiches
Lothars
II. nach S herbeiführte - und da auch LUDWIG
II. ohne männliche Nachkommen blieb, sein Reich also einmal
Lothar
II. anfallen mußte, war ja die Aussicht auf das gesamte
843 geschaffene Teilreich LOTHARS I.
offen.
Es gelang aber nicht, Waldrada
und Hugo zu legitimieren und damit
die Voraussetzung für das Entstehen einer lotharingischen Dynastie
zu
schaffen. Lothar II. muß sich
wenigstens 867 über die schlechten Aussichten, die Anerkennung
Walderadas
und die Nachfolge Hugos doch noch zu
erreichen, selbst im klaren gewesen sein [Damals verlieh er nämlich
das Elsaß als Herzogtum seinem Sohne Hugo,
das er für den Todesfall an Ludwig den Deutschen
vergabt hatte und empfahl diesen dem Schutz
Ludwigs;
Ann. Bertin. ad 867, MG SS rer. Germ., ed. G. Waitz (1883) Seite 87.] .
Mühlbacher Engelbert: Band II Seite 302
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"Deutsche Geschichte unter den Karolingern"
Lothars Tod
"Freudig" jedoch, kaum in Kenntnis dieser Maßnahmen
und im Bewußtsein, seine Ehesache in günstiges Fahrwasser gebracht
zu haben, ging Lothar von Rom fort,
um wieder heimwärts zu kehren. In Lucca - es war die heißeste
Jahreszeit - packte ihn das Fieber. Die Seuche begann unter seinem
Gefolge zu wüten; "haufenweise" sanken seine Begleiter vor seinen
Augen hin. In angstbeflügelter Hast eilte er vorwärts. Er gelangte
bis Piacanza. Er konnte nicht mehr weiter, die tückische Krankheit
warf den Erschöpften nieder. Bewußtlosigkeit umfing seinen Geist.
Am 8. August 869 verschied er. Seine Leiche wurde in dem Klösterlein
St. Antonin außerhalb der Stadt beigesetzt. Die Leichen der dahingerafften
lothringischen Großen wurden größtenteils nach Köln
gebracht.
855
oo Teutberga, Tochter des Grafen Boso
x
-25.11.875
Kinder: von der Walderada
illegitim
Hugo Herzog im Elsaß
855/60- nach 900
Gisela Äbtissin von Nivelles und Fosses
860/65-26.10./12.5.907
882
oo Gottfried Herzog von Friesland
- Mai 885 ermordet
Berta
863-8.3.925
1. oo Theotbald Graf von Arles
- 887/895
2. oo Adalbert Markgraf von Tuszien
-17.8.915
Ermengard Nonne
-
Literatur:
-----------
Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten
Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft
750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 120,124,130,132,252
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in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke
Verlag Sigmaringen 1986, Seite 25,98,100,107,163,167,244 - Borgolte
Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit.
Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen
1984, Seite 124,214,215,216,255 - Deutsche Geschichte Band 1 Von
den Anfängen bis zur Ausbildung des Feudalismus Mitte des 11. Jahrhunderts.
VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1982, Seite 349,355 - Diwald
Helmut: Heinrich der Erste. Die Gründung des Deutschen Reiches. Gustav
Lübbe Verlag GmbH, Bergisch Gladbach 1987, Seite 97,223,397 - Dümmler
Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen
Buchhandlung Leipzig Seite 10,12,13,16-22,24-26,28-31,33,36-38,41-43,75,76
- Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches.
Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865Band I; Band II Seite 33,61,69,
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zur Äbtissinnenreihe von Remiremont. Buchdruckerei und Verlag Karl
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die Kaiser Wido und Lambert Nachkommen Karls des Großen?, in Stirps
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zur Formierung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft
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Verlag München 1971, Seite 15,42,48,74,98 - Illig Heribert:
Das erfundene Mittelalter. Die größte Zeitfälschung der
Geschichte. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf und München 1996, Seite
190,292 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses.
Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen
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als Mitgift. Heiratspolitik in der Geschichte. Deutsche Verlagsanstalt
Stuttgart 1998, Seite 37 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte
unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion
- Norwich John Julius: Byzanz. Der Aufstieg des oströmischen
Reiches. Econ Verlag GmbH, Düsseldorf und München 1993 Band II
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Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite
208-210,213,218,222,235,237,251,364,383,388, 399 - Schieffer Rudolf:
Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite
139,147,152-155, 159-164,172,175,180,183,195 - Schneidmüller
Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart
Berlin Köln 2000, Seite 65,66 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche
Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag
Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 57,63,66,78,105 - Werner
Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher
Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 442,476
- Wies Ernst W. Kaiser Heinrich IV. Canossa und der Kampf um die
Weltherrschaft. Bechtle Verlag Esslingen 1996, Seite 30,70,194 - Wies
Ernst W.: Otto der Große. Kämpfer und Beter. Bechtle Verlag
Esslingen 1989, Seite 27,233 -