Sohn des Franken-Königs
Theuderich
I.
Lexikon des Mittelalters: Band VIII Spalte 685
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Theudebert I., merowingischer König
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†
547
Nach Theuderichs I. Tod Ende 533 sicherte sein Sohn Theudebert I. sich das Erbe gegen den Zugriff seiner Onkel Childebert I. und Chlothar I. Der söhnelose Childebert schwenkte bald zu Theudebert über, beteiligte ihn an der endgültigen Aufteilung des burgundischen Erbes Chlodomers (Gewinn einer Verbindung zwischen dem Reimser Reich und der aquitanischen Enklave) und adoptierte ihn schließlich. Die Krise des Reiches der Ostgoten und Justinians Kriegseröffnung führten zunächst zu gemeinsamem Vorgehen der merowingischen Könige gegenüber dem Kaiser und den Ostgoten, erweckten aber besonders Theudeberts "Ehrgeiz, das Erbe der Goten im alten italienischen Kernland des Imperiums selbst anzutreten" (Ewig). Abgesichert durch Bündnisse mit den Langobarden (Ehe mit der Königs-Tochter Wisigarda; nach deren frühem Tod Ehe seines Sohnes Theudowald mit ihrer Schwester Waldrada) und Gepiden, gewann Theudebert I. nach und nach Churrätien, die Raetia II und die beiden norischen Provinzen (späteres Ober- und Nieder-Österreich, Kärnten; Noricum); 545 besetzte er große Teile der Provinz Venetien, vermied aber die direkte Konfrontation mit dem Kaiser. Mit der Prägung von Goldmünzen mit eigenem Bild und Zirkusspiele in Arles zeigen sein imperiales Auftreten. Der Tod des "Theudebert rex magnus Francorum" (Marius von Avenches) dürfte den Kaiser erleichtert haben.
Quellen:
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Gregor von Tours, Hist. Fr. III, 1-36 (MGH SRM I²)
- Marius von Avenches, Chronica (MGH AA XI) - Prokop, Gotenkrieg (Fonti
23-25) -
Literatur:
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R. Collins, Theodebert I, "Rex Magnus Francorum" (Fschr.
J. M. Wallace-Hadrill, 1983), 7-33 - F. Beisel, Th. magnus rex Francorum,
1993 - E. Ewig, Die Merowinger und das Frankenreich, 1993², 36-40
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THEUDEBERT I.
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†
548
Theudebert I. war
mit Gunthari, dem ältesten Sohn
Chlothars
I., ausgezogen, den Westgoten
die südgallischen Gebiete wieder zu entreißen, als ihn sein
schwer erkrankter Vater schleunigst nach Hause rief. Kaum war sein Vater
gestorben, da erhoben sich seine Oheime, ihm das Reich zu nehmen. Durch
Geschenke gewann Theudebert
seine Untertanen,
so dass sie ihm mit den Waffen beistanden und er seine Herrschaft behaupten
konnte. Er folgte seinem Vater zu Reims-Champagne und war neben
Chlodwig
I. markantester und bedeutendster
MEROWINGER-König.
In Theudebert mischten sich die glänzendsten
Gaben seiner Sippe mit deren Freveln:
zügellose Sinnenlust,
rücksichtslose Machtgier und daher
ruchlose, keine Treue kennende Staatskunst.
In der Folgezeit versöhnte er sich mit seinem kinderlosen
Onkel Childebert und ging gemeinsam
mit ihm gegen Chlothar I. vor. Er war
der Träger der imperialen Reichsidee, nannte sich "Imperator",
prägte aus ostgotischem Gold, das er für seine nichtgeleistete
Hilfe erhalten hatte, eigene Münzen und unterwarf erstmals Bayern.
Er eroberte Rätien und Süd-Tirol von den Ostgoten und bekam 537
die Provence von ihnen und 2.000 Pfund Gold, ohne aber die erbetene Hilfe
gegen Byzanz zu leisten. Er gewann damit den langerstrebten Zugang zum
Mittelmeer. Im Jahre 539 erschien er in Italien und bekämpfte abwechselnd
beide Seiten und wurde nur durch eine verheerende Seuche zum Rückzug
gezwungen. Er sicherte kraftvoll alle Eroberungen, plante wohl sogar einen
Krieg gegen Byzanz mit langobardischer Hilfe und stand oft gegen seinen
Onkel Chlothar, dem er überlegen
war.
1. oo DEOTERIA
†
2. oo WISIGARDE
†
Tochter des Langobarden-Königs Wacho
Der seit 533 nach dem Tod seines Vaters über den
östlichen Teil des Franken-Reiches
gebietende Theudebert war in besonders
enger Weise mit jenem Gebiet verbunden: Nach Gregors Bericht verließ
damals die vornehme Römerin Deoteria
ihren Gatten, der sich vor Theudebert nach
Beziers geflüchtet hatte, und übergab sich und das von ihr beherrschte
"castrum" Cabrieres dem Eroberer, der sich prompt in sie verliebte.
Nach dem Tod seines Vaters heiratete er die Verräterin.
Wenn wir uns auf unsere These zurückbesinnen, daß
die AGILOLFINGER
durch die Heirat Deoterias mit König
Theudebert
im Jahre 533 in ihre politische Schlüsselstellung
einrückten, so ist auch eine Vermutung über die Umstände
und den Zeitpunkt möglich, zu dem das hochadlige Geschlecht in Burgund
faßte: Nach der Eroberung des Burgunder-Reiches
im Jahre 534, also kurz nach der eben angesprochenen Hochzeit, wäre
es am besten vorstellbar, daß
Theudebert
Verwandte
seiner Gattin in dem ihm zugefallenen Nordteil des gerade eroberten "regnum"
zur Sicherung seiner Herrschaft einsetzte. Stimmt unsere Annahme, dann
hätte Theudebert
den
agilolfingischen
BURGUNDOFARONEN
im Norden der Burgundia also eine ähnliche Rolle zugedacht wie wenig
später sein Sohn Theudebald
ihren Verwandten in Bayern.
534
1. oo 2. Deuteria
†
2. oo Wisigarda, Tochter des Langobarden-Königs
Wacho
†
Kinder:
1. Ehe
Theudebald
533/35 † 555
Berthoara
†
Literatur:
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