Begraben: Pariser Apostelbasilika
Sohn des Franken-Königs Childerich
I. und der Basena
von Thüringen
Lexikon des Mittelalters: Band II Spalte 1863
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Chlodwig I. (Chlodovechus)
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* 466, † 27.
November 511
Sohn des salfränkischen Teil-Königs Childerich von Tournai aus dem Geschlecht der MEROWINGER und seiner Gattin Basina
Begründer des fränkischen Großreiches,
nach der Chronologie Gregors von Tours 466 geboren.
Das Bestimmungswort des Namens weist auf Chlodio
hin, den ersten zuverlässig bezeugten MEROWINGER,
unter dessen Führung die Salfranken um 448 aus Toxandrien nach Cambrai
und Arras vorstießen und den Norden der Provinz Belgica II bis zur
Somme besetzten.
Merowech,
der Vater Childerichs, war anscheinend
ein gleichzeitig lebender Verwandter
Chlodios.
Er war wohl der erste König von Tournai. Childerich
scheint als
föderierter Heerführer bereits aus der bescheidenen
Stellung eines Klein-Königs von Tournai herangewachsen zu sein.
Das erste zeitgenössische Zeugnis zur Geschichte
ist ein Glückwunschschreiben des Bischofs Remigius von Reims
anläßlich der Übernahme der "administratio secundae
Belgica" durch den jungen König. Wenn sich der Glückwunsch,
wie nach der Terminologie anzunehmen, auf den "Regierungsantritt" Chlodwigs
im Jahre 481 oder 482 bezog, so folgte Chlodwig
I. dem Vater nicht nur als Klein-König von Tournai,
sondern auch als Föderatengeneral in der Belgica II. Das Schreiben
läßt zugleich gute Beziehungen der noch heidnischen Könige
von Tournai zum Metropoliten der Belgica II. erkennen. 486 oder 487 kam
es zu einem Kampf zwischen Chlodwig I.
und Syagrius.
Syagrius unterlag: Er floh zum
Westgoten-König
Alarich
II., wurde aber von diesem ausgeliefert und auf Befehl
Chlodwigs
getötet. Der Sieg entschied unmittelbar über die Herrschaft Chlodwigs
bis zur Seine. Das Gebiet zwischen Seine und Loire wurde anscheinend erst
nach weiteren Kämpfen in das werdende fränkische Großreich
einbezogen. Chlodwig I. trat hier das
Erbe der nordgallischen Heermeister an, deren Hauptquartier Soissons er
zu seiner Residenz machte, aber - und das war entscheidend - als rex
Francorum. Einer Legitimation durch den Kaiser in Konstantinopel bedurfte
er nicht.
Chlodwig I. war 486/87
noch ein Franken-König neben anderen, doch dürfte ihm
der Sieg über Syagrius wenigstens die Hegemonie im gesamtfränkischen
Bereich gesichert haben. Nach Gregor von Tours unterwarf Chlodwig
I. 491/92 die "Thoringi" seiner Herrschaft. Die Nachricht kann
sich nur auf ein Kleinreich im heutigen Belgien beziehen. Es ist nicht
ausgeschlossen, daß in dieser Zeit mehrere salfränkische Klein-Könige
beseitigt wurden. Gregor von Tours berichtet davon zwar erst anläßlich
der Einbeziehung der rheinischen Franken von Köln in das fränkische
Großreich (zwischen 509 und 511), doch könnte dies auf seine
raffende Erzähltechnik zurückzuführen sein. Allerdings läßt
die Nachricht, daß Chlodwig I. den
Chararich,
einen der fränkischen Klein-Könige, zuerst zu Priester
und Chararichs
Sohn zum Diakon scheren
ließ, in diesem Fall eher auf eine spätere Beseitigung schließen.
Zu Beginn der 90-er Jahre hatte Chlodwig
I. seine Herrschaft in Nord-Gallien konsolidiert. Ein Zeichen
seines Eintritts in den Kreis der germanischen Großkönige des
lateinischen Okzident war die Heirat mit Chrodechilde
(Chrotchildis), einer Nichte des burgundischen
Ober-Königs Gundobad.
493 vermählte sich der Ostgoten-König
Theoderich,
der damals gerade seine Herrschaft in Italien begründet hatte, mit
Chlodwigs Schwester Audofleda.
Wenige Jahre darauf hatte der Franken-König indessen noch einmal
eine schwere Bewährungsprobe zu bestehen: den Kampf mit den Alamannen.
Die Auseinandersetzung mit den Alamannen ist Gegenstand
heftiger Kontroversen gewesen. Gregor von Tours erwähnt beiläufig,
daß Sigibert,
der König der Kölner Franken, in einem Kampf mit den Alamannen
bei Zülpich verwundet wurde. Von einem entscheidenden Sieg Chlodwigs,
der nach einigen Handschriftengruppen der "Historia Francorum" 496 oder
497 errungen wurde, berichtet er ohne Ortsangabe nur im Zusammenhang mit
Chlodwigs
Bekehrung zum Christentum. Einwandfrei bezeugt durch ein Schreiben
Theoderichs des Großen in den "Variae" Cassiodors ist
aber ein Alamannensieg
Chlodwigs im
Jahr 506. Der Streit geht darum, ob zwei Alamannenkriege stattgefunden
haben oder nur einer: der von 506. Obwohl die Kontroverse von Zeit zu Zeit
neu aufzuleben pflegt, setzte sich in der Forschung immer wieder die durch
einleuchtende Argumente gestützte Meinung durch, daß Chlodwig
I. zwei Alamannenkriege führte (so gegen de Vijver und
Weiss zuletzt Tessier, Lippold, Schäferdiek, Anton). Die Hintergründe
sind freilich dunkel, da man bisher weder von der Westexpansion der Alamannen,
noch von der Ausdehnung des Kölner Franken-Reiches
ein klares Bild gewonnen hat. Einigermaßen gesichert ist jedoch,
wie zuletzt Schäferdiek zeigte, daß die Alamannen nach ihrer
ersten Niederlage nur in Abhängigkeit von den Franken gerieten, während
sie nach dem zweiten Sieg Chlodwigs
ihre Selbständigkeit verloren und in das Franken-Reich einbezogen
wurden.
Die Kontroverse über den ersten Alamannensieg Chlodwigs
ist unlösbar verquickt mit der weit wichtigeren über die Bekehrung
Chlodwigs
zum katholischen Christentum. Der einschlägige Bericht Gregors
von Tours beruht, wie von den Steinen zeigte, auf Mitteilungen der Königin
Chrodechilde und ist daher glaubwürdig.
Die Franken waren an Rhein und Somme früh in Berührung
mit der orthodoxen Kirche Galliens getreten. Dem zitierten Remigiusbrief
kann man entnehmen, daß schon Chlodwigs
Vater
Childerich
gute Beziehungen zum belgischen Episkopat, namentlich zum Metropoliten
von Reims, unterhielt. Der katholische Einfluß wurde durch Chlodwigs
Heirat mit Chrodechilde, einer engagierten
katholischen Christin, verstärkt. Die Königin setzte sogar die
Taufe ihrer beiden ältesten Söhne Ingomer
und Chlodomer
durch. Indessen machte sich nach der Aufnahme der Beziehungen zu den Ostgoten
auch arianischer Einfluß bemerkbar. Lantechilche,
eine Schwester Chlodwigs, trat
zum Arianismus über.
Der König zögerte eine Entscheidung hinaus,
die von größter politischer Tragweite sowohl gegenüber
den Franken und Galloromanen wie gegenüber den Goten sein mußte.
Doch spielten auch religiöse Erwägungen, geprägt von heidnischer
Furcht vor dem Tremendum, eine erhebliche Rolle. Der frühe Tod des
Sohnes Ingomer sprach für die
Macht - den Zorn - der alten Götter. Auch Chlodomer
erkrankte,
genas jedoch wieder. Der König erwartete ein Zeichen, das ihm nach
Gregor in der Alamannenschlacht gegeben wurde, als er in schwerer Bedrängnis
Christus, den Gott Chrodechildes, anrief
und darauf den Sieg errang. Die Glaubwürdigkeit des Berichts wird
durch Parallelen aus anderen germanischen Bereichen erhärtet (Schäferdiek).
Ein zeitgenössisches Zeugnis für die weiteren
Vorgänge ist ein leider undatierter Glückwunschbrief des Metropoliten
Avitus von Vienne im Burgunder-Reich
zur Taufe Chlodwigs. Aus einem um 565
verfaßten Schreiben des Bischofs Nicetius von Trier an Chlodwigs
Enkelin Chlodoswinth
geht
hervor, daß der König ein öffentliches Taufversprechen
in der Martinsbasilika von Tours ablegte. Nach den Forschungen von W. von
den Steinen ergibt sich folgender Ablauf für den Übertritt
Chlodwigs:
Nach dem (in foro interiori?) gegebenen Gelübde der Alamannenschlacht
ging Chlodwig I. mit der Königin
heimlich zu Rate, die heimlich die Verbindung mit Remigius von Reims
zum Zwecke einer ersten Glaubensbelehrung herstellte. Da der Übertritt
des Königs zum Christentum die gens Francorum
unmittelbar tangierte,
holte Chlodwig I. (auf einem Märzfeld?)
die Zustimmung seines populus ein (Gregor) und wurde dann von Remigius
in den Katechumenenstand aufgenommen. In St- Martin von Tours (Nicetius)
gab er (an einem Martinsfest des 11. November?) die "Kompetenzerklärung"
(Anmeldung zur Taufe) ab (Avinus, Nicetius). Die Taufe erfolgte durch Remigius
von Reims (Gregor) am folgenden Weihnachtsfest (Avitus). Zwischen Alamannenschlacht
und Taufe lag also ein Zeitraum von ein bis zwei Jahren. Die Taufe kann
Weihnachten 497,498 oder 499 stattgefunden haben. Die Datierung auf Weihnachten
498 hat die größte Wahrscheinlichkeit.
Die historische Bedeutung der Konversion Chlodwigs
wird
nicht durch die Feststellung geschmälert, daß die Bekehrung
der Franken damit nur eingeleitet und erst im 7. Jh. abgeschlossen wurde.
Wie mit der Reichsgründung setzte Chlodwig
I. auch mit der Annahme des katholischen Christentums einen
neuen Anfang, hinter dem die ältere fränkische Vergangenheit
allmählich versank. Im Epilog der Lex Salica erscheint er daher als
primus rex Francorum.
Daß die Entscheidung Chlodwigs
I. für die christliche Orthodoxie über den fränkisch-gallischen
Bereich hinaus für den gesamten germanisch-romanischen Okzident von
größter Bedeutung war, hat schon Avitus von Vienne erkannt.
Sie leitet eine Wendung gegen die auf Stabilisierung der germanisch-romanischen
Reiche gerichtete Politik Theoderichs des Großen
ein und führte das Ende der gotisch bestimmten "subrömischen"
Übergangszeit zwischen "Antike" und "Mittelalter" herbei. Nicht durch
Gregor von Tours, sondern durch eine Fortsetzung der Chronik Prospers von
Aquitanien ("Prosper Havniensis") erfahren wir von einem ersten Krieg zwischen
Alarich
II. und Chlodwig I.,
in dessen Verlauf die Franken 498 bis nach Bordeaux vordrangen (eine andere
Nachricht der gleichen Quelle, nach der die Westgoten
496 Saintes einnahmen, ist mit Lippold eher auf eine Auseinandersetzung
der Westgoten mit sächsischen Piraten zu beziehen, die sich an der
Atlantikküste festgesetzt hatten). Auf diesem Feldzug dürfte
Chlodwig I. in Tours die "Kompetenzerklärung"
abgegeben haben, von der Nicetius berichtet (von den Steinen, Schäferdiek,
anders Lippold). Der Feldzug brachte den Franken noch keinen Gewinn. In
dem anscheinend von Theoderich dem Großen
vermittelten Frieden wurde der Status quo bestätigt.
Ein Konflikt zwischen dem burgundischen
Unter-König Godegisel
von Genf und seinem Bruder, dem burgundischen
Ober-König Gundobad
von Lyon, bot dem MEROWINGER
bald darauf die Möglichkeit einer Machterweiterung im Saoneraum. Godegisel
gewann
Chlodwigs
Hilfe durch die Zusage jährlicher Tribute und die Abtretung nicht
näher bezeichneter Gebiete. Die Verbündeten siegten im Jahre
500 an der Ouche bei Dijon (Gregor, Marius von Avenches), aber der nach
Avignon geflüchtete Gundobad konnte
501 (mit westgotischer Unterstützung?) die Lage wenden und
Godegisel
beseitigen,
an dessen Stelle in Genf Gundobads
Sohn Sigismund
trat.
Der fränkische Expansiosndrang wurde so ein zweites Mal gedämpft.
Nach den beiden fränkischen Mißerfolgen hielten
die Alamannen anscheinend die Gelegenheit für günstig, die fränkische
Oberhoheit abzuschütteln. Nach der zweiten, entscheidenden Niederlage
von 506 wurden sie von den Franken bis ins Alpenvorland verfolgt, wo
Theoderich den Siegern Einhalt gebot. Damals wohl leiteten fränkische
Herren in den linksrheinischen Gebieten von Worms und Speyer und ihrem
rechtsrheinischen Vorland nördlich der Oos einen Einfrankungsprozeß
ein, der in merowingischer Zeit zum
Abschluß kam. Aber auch das Elsaß, in dem sich das alemannische
Volkstum behauptete, kam unter direkte fränkische Verwaltung, während
das rechtsrheinische Alamannien südlich der Oos unter merowingischer
Hoheit ein stärkeres Eigenleben bewahrte.
Chlodwig I. hatte
unterdessen sein eigentliches Ziel, die Auseinandersetzung mit den Westgoten
um Gallien, nicht aufgegeben. Bevor er zum entscheidenden Schlag ausholte,
nahm er Verbindung mit den Burgundern
und dem Kaiser auf. Spannungen zwischen
Kaiser
Anastasios
I. und Theoderich wegen
Sirmium, das die Ostgoten in Besitz
genommen hatten, kamen ihnen dabei zugute 507 eröffnete der MEROWINGER
den
zweiten Gotenkrieg, den er im Zeichen eines Kampfes gegen die häretischen
Arianer führte. Sympathien gewann er damit in Tours, kaum aber bei
der Mehrheit des katholischen Episkopats im Reich von Toulouse, die sich
mit der Gotenherrschaft ausgesöhnt hatte (Schäferdiek).
Die Franken Chlodwigs,
verstärkt durch rheinische Franken unter der Führung von Sigiberts
Sohn Chloderich, stießen wie
498 über Tours in Richtung Bordeaux vor. Als Sieghelfer rief Chlodwig
I. Martin von Tours und Hilarius von Poitiers, Vorkämpfer
gegen den Arianismus im 4. Jh. an. Beide, besonders aber Martin, wurden
in der Folge als Königs- und Reichspatrone verehrt. In campo Vogladinse
(wohl Vouille nördlich von Poitiers) kam es zur entscheidenden Schlacht,
in der Alarich von der Hand Chlodwigs
fiel. Der Sieger überwinterte in Bordeaux. 508 eroberte er gemeinsam
mit den verbündeten Burgundern unter der Führung Sigismunds
von Genf, der 506 zum Katholizismus übergetreten war, die
gotische Königsstadt Toulouse, wo ihm große Teile des reichen
Gotenschatzes in die Hand fielen. Während Chlodwigs
ältester Sohn Theuderich
die Auvergne besetzte, marschierte der Franken-König
selbst über Angouleme nach Tours zurück.
In Tours überbrachten kaiserliche Gesandte die Ernennung
zum Honorarconsul und eine vestis regia (tunica blattea, chlamys,
Diadem).
Kaiser Anastasios
erkannte damit den Franken als König im gleichen Rang wie Theoderich
an (Ensslin), anscheinend mit dem Recht auf Akklamation (K. Hauck, anders
Lippold). Nach diesen Ehrungen verlegte Chlodwig
I. seinen Sitz nach Paris, das er zur cathedra regni erhob.
Unterdessen hatte Theoderich
der Große im Sommer 508 in den Krieg eingegriffen. Die
Ostgoten verdrängten die Burgunder aus der Provence und vereinigten
sich in Septimanien (Provinz Narbonne) mit den geschlagenen Westgoten,
die Gesalech,
einen Bastard oder Fridelsohn
Alarichs
II., zum König ausgerufen hatten. Chlodwig
unterstützte die Burgunder zwar mit Hilstruppen, vermied aber die
direkte Konfrontation mit den Ostgoten. Er begnügte sich mit der Behauptung
seiner Eroberungen (Aquitania I und II, Toulouse, Teil der Novempopulana
südlich der Garonne), die ihm die Ostgoten nicht streitig machten.
Ob er noch vor seinem Tod einen formellen Frieden mit den Goten schloß,
ist ungewiß.
Während Theoderich
die Burgunder und Franken vom Mittelmeer abriegelte, baute Chlodwig
I. seine Stellung im gesamtfränkischen Bereich aus. Nachdem
er durch ränkevolle Diplomatie die Beseitigung der Kölner
Könige Sigibert und Chloderich
erreicht hatte, erhoben ihn die rheinischen Franken zu ihrem König.
Soweit sie noch bestanden, wurden auch die fränkischen und nichtfränkischen
Kleinreiche im belgisch-niederländischen Raum dem großfränkischen
Reich einverleibt. Nur das Kleinreich der Warnen im Rheinmüngungsbiet
behauptete nach dem Zeugnis Prokops noch über Chlodwig
hinaus eine freilich prekäre Autonomie.
Innerhalb von rund 25 Jahren ist Chlodwig
I. so vom Klein-König und Sprengelkommandanten zum mächtigsten
Herrscher Galliens aufgestiegen. Der Sieg über Syagrius
brachte ihm die kaiserlichen Domänen Nord-Galliens, einem (wenn auch
reduzierten) Verwaltungsapparat und die Befehlsgewalt über den exercitus
Gallicanus ein. Mit dem Sieg über Alarich
II. gewann er den Gotenschatz und die Herrschaft über
Länder, in denen die römischen Strukturen noch kaum verändert
fortbestanden. Dies alles mußte sich auf seine Stellung in der gens
Francorum auswirken, deren oberster Repräsentant der König
auch als der Herr eines gallischen Reiches war und blieb.
Nord-Gallien, das sich schon in spätrömischer
Zeit vom Süden in sozialer und wirtschaftlicher Beziehung unterschied,
ist durch Chlodwig zur "Francia" geworden.
Im Land zwischen Rhein und Loire, aus dem die senatorischen Familien des
5. Jh. größtenteils abgewandert waren, bestimmten die neuen
fränkischen Herren, denen sich die hier seit längerer Zeit angesiedelten
barbari (laeti, gentiles, Söldnergruppen) und bald auch die eingesessenen
Romani zuordneten, künftig das Geschichtsbewußtsein.
Die fränkische Siedlung hat allerdings die gesamte
"Francia" erfaßt, sie dünnte zur Seine hin allmählich aus.
Nach der Eroberung Aquitaniens, aber vielleicht noch vor der Eingliederung
der rheinischen Franken, ließ
Chlodwig I.
nach westgotisch-burgundischem Vorbild das Recht seines Volkes kodofizieren,
das anscheinend für alle barbari der "Francia" Rechtskraft erhielt.
Der "Pactus legis Salicae" weist altertümlichere Züge auf als
die anderen "Volksrechte" der Zeit. Doch hat der König die Aufzeichnung
im monarchischen Sinne beeinflußt. Der Adel fehlt unter den Rechtsständen;
dagegen nehmen die Antrustionen (Gefolgsleute des Königs), die Romanen,
soweit sie convivae regis (Tischgenossen des Königs) waren,
und die Amtsträger (grafiones, pueri regis) eine Sonderstellung mit
dem dreifachen Wergeld ihres Geburtstandes ein.
Chlodwig
I. hat die Grafschaft als Institution ausgebaut, indem er die
Grafen, die ursprünglich nur polizeiliche Funktionen hatten, als Vertreter
des Königs in den pagi mit umfassenden Vollmachten ausstattete.
Träger der römisch fränkischen Kontinuität
im Chlodwig-Reich war vor allem der
Episkopat. Anscheinend hat der fränkische Reichsgründer
schon versucht, Bistümer in den salfränkischen Siedlungsgebieten
(Arras, Tournai) zu reorganisieren oder neu einzurichten, freilich ohne
durchschlagenden Erfolg. Die kirchliche Restitution zwischen Rhein und
Somme machte erst unter den Nachfolgern, die dabei auf den aquitanischen
Klerus zurückgriffen, entscheidende Fortschritte. Die Voraussetzungen
dafür hat jedoch Chlodwig
durch
dei Begründung der sogenannten merowingischen "Landeskirche" geschaffen,
die sich im Juli 511 auf dem ersten Konzil von Orleans nach westgotischem
Vorbild (Konzil von Agde 506) konstituierte. Das Konzil wurde von Chlodwig
I. einberufen, der auch das Programm der Beratungen entworfen
hatte. Da dem König nach Kan. 4 der Reichssynode in der Regel die
Zustimmung bei der Ordinierung von Laien zu Klerikern vorbehalten blieb,
darf man a fortiori annehmen, daß er "auch bei Bischofserhebungen
entscheidend mitwirkte" (Lippold).
Wenige Monate nach Beendigung des Konzils (10. Juli 511)
ist Chlodwig I. am 27. November
511 gestorben. Er wurde in der von ihm erbauten Pariser Basilika beigesetzt,
die ursprünglich den Aposteln respektive den Apostelfürsten Petrus
geweiht war, aber schon bald das Patrozimium der hier gleichfalls bestatteten
heiligen Genoveva (Genevieve) annahm. Die Verbundenheit mit Rom bekundete
Chlodwig
durch die (letztwillig angeordnete?) Übersendung einer Votivkrone,
die Papst Hormisdas nach dem Tod des fränkischen Reichsgründers
entgegennahm. Chlodwigs Söhne
Theuderich
(aus einer vor der Ehe mit Chrodechilde geschlossenen
Verbindung), Chlodomer,
Childebert
und
Chlothar
teilten nach dem Tod des Vaters das Reich in der Weise, daß jeder
von ihnen Anteil an der Francia und an den 507/11 neu erworbenen Gebieten
Süd-Galliens erhielt. Ob diese Reichsteilung auf eine Verfügung
Chlodwigs zurückging oder zwischen
Theuderich und den Söhnen Chrodechildes
ausgehandelt wurde, ist unewiß.
Quellen:
----------
Briefe des Bf.s Remigius v. Reims (Epp. Austr. 1-3, MGH
Epp. III 112ff.), des Bf.s Avitus v. Vienne (Aviti Epp. 46, MGH AA VI 2,
75ff.), des Bf.s. Nicetius v. Trier (Epp. Austr. 8, MGH Epp. III119ff.),
Theoderichs d. Gr. Cassiodor, Variae II 40 und 41, III 1-4, MGH AA XII
70ff. und 78ff.), Chlodwigs (MGH Cap. I Nr. 1) - Pactus legia Salicae (MGH,
Leges, Sectio I, LNG IV 1) - Akten des Konzils von Orleans (MGH, Conc.
I 1ff.) - Gregor v. Tours, Hist. Franc.II 27-43 (MGH SRM I²) und spätere
merow. Chroniken: Pseudo-Fredegar III 15-30, Liber Hist. Franc. (MGH SRM
II 98ff.) - Prokop, Bellum Goticum - Prosper Havniensis ad 496 und 498
(MGH AA IX 331) - Marius v. Avenches ad 500 (MGH AA XII 234) - Vita Caesarii
Eptadii, Vedastis, Genovefae (MGH SRM III 433ff., 184ff, 399ff., 294ff.)
-
Zur Kritk:
------------
Wattenbach-Levison , 1952 - R. Buchner, Einl. zu Gregor
v. Tours, Zehn Bücher Geschichten I, 1970 (AusgQ) -
Literatur:
------------
Zusammenfassende Darstellungen
Hoops² IV, 478-485 [H. H. Anton] - RE Suppl. XIII,
1973, 239-174 [A. Lippold, ausführl. Diskussion von Q. und Lit.] -
G. Kurth, Clovis, 2 Bände, 1923 - G. Tessier, Le bapteme de Clovis,
1964 [grundlegende frz. Darstellung] - E. Zöllner, Gesch. der Franken
bis zur Mitte des 6. Jh., 1970 [grundlegende dt. Darstellung] - HEG I,
250-266 [E. Ewig] -
Zu Einzelfragen
W. von den Steinen, Ch.s Übergang zum Christentum,
1932 [MIÖG Ergbd. 12) [grundlegend] - W. Ensslin, Nochmals zur Ehrung
Chlodowechs durch Kaiser Anastasius, HJb 56, 1936, 499-507 [grundlegend]
- A. van de Vijver, RBPH 15, 1936, 859ff.; 16, 35ff: 17, 793ff; M-A 53,
1947, 177ff. [abweichend von der herrschenden Meinung] - K.F. Strohecker,
Der senator. Adel im spätantiken Gallien, 1948 [Nachdr. 1970] - E.
Ewig, Die frk. Teilungen und Teilreiche (511-613), AAMZ 9, 1953 (abgedruckt
in Ders.: Spätantikes und frk. Gallien I, Francia-Beih. 3/I, 1976,
114ff.) - J.M. Wallach-Hadrill, The longhaired Kings, 1962 - K. Hauck,
Von einer spätantiken Randkultur zum karol. Europa, FrühMASt
I, 1967, 3-93 - H. Wolfram, Intitulatio I. Lat. Königs- und Fürstentitel
bis zum Anfang des 8. Jh., 1967 (MIÖG Ergbd. 21) - R. Weiss, Ch.s
Taufe: Reims 508, 1971 [abweichend von der herrschenden Meinung] - K. Schäferdiek,
Ein neues Bild der Gesch. Ch.s, ZKG 84, 1973, 270-277 - E. Ewig, Stud.
zur merow. Dynastie, FrühMASt 8, 1974, 36ff. - K. Schäferdiek,
Germanenmission, RAC X, 1977, 536ff. - A. Angenendt, Das geistl. Bünndnis
der Päpste mit den Karolingern, Hjb 100, 1980, 2-9. -
493
oo Chrodechilde von Burgund, Tochter des Königs
Chilperich II.
um 480
† um 548
Kinder:
Chrodechilde
† 531
um 526
oo Amalarich König der Westgoten
502
† 531
Ingomer
494 † 497?
Chlodomer
495 † 524
Childebert I
497 † 558
Chlothar I.
500 † 561
Illegitim
Theuderich I.
um 485 † 534
Literatur:
-----------
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Thilo: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen
Mittelalter. Hahnsche Buchhandlung Hannover 2001 Seite 95,98,118,182-190,192,194,198,282,285,300,308,818
- Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher
Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 19,21, 110,238,330
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Berlin Köln 1997, Seite 12,20,44, 58,79 - Schneider, Reinhard:
Königswahl und Königserhebung im Frühmittelalter. Anton
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