Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 1688
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Langobarden,- reich
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I. Archäologie:
Eine zusammenfassende Aufarbeitung zum italienischen-langobardischen
Fundstoff gibt es ebensowenig wie Analysen zu seinen soziologischen Auswertungsmöglichkeiten
und zur Struktur und Verteilung der langobardischen Siedlung, die aufgrund
der sehr unterschiedlich naturräumlichen Voraussetzungen zunächst
getrennt nach Landschaften vorgenommen werden müßten; hierzu
gehört auch die Präsenz der Langobarden in den Städten,
ein Untersuchungsstrang, der aufs engste verknüpft ist mit der Kontinuitätsproblematik
der italienischen Stadt von der Spätantike ins Mittelalter. Erst in
Ansätzen untersucht ist das Akkulturationsphänomen (Romanisierungsprozeß),
wohingegen die Genese der sogenannten langobardischen Wehranlagen (castra
und castella des Paulus Diaconus) weitgehend gelöst ist: Es handelt
sich eindeutig nicht um genuin langobardischer Wehranlagen, schon gar nicht
um limesartige Systeme, sondern um »wehrhafte«, vorostgoten-
und vorlangobardenzeitliche Romanensiedlungen in natürlich geschützten
Höhenpositionen, die im 5. Jh. im Zuge der Germanengefahr von der
romanisierten Bevölkerung angelegt wurden (Friaul, Trentino, Süd-Tirol).
Der Einwanderungsvorgang der Langobarden nach Italien
568 ist auch ohne Zuhilfenahme der schriftlichen Überlieferung längst
unstrittig darstellbar und auf dem Hintergrund der archäologisch-frühgeschichtlichen
Chronologie auch um die Mitte des 6. Jh. datierbar: Dies ergibt sich aus
völlig austauschbaren Grabinventaren in Italien, einschließlich
übereinstimmender Grab- und Beigabensitte, mit solchen aus dem Auswanderungsraum
zwischen 489-568 (Nieder-Österreich, Süd-Mähren und West-Ungarn),
die zudem nicht mit der älteren ostgotischen und auch nicht mit der
archäologischen Hinterlassenschaft der romanischen Bevölkerung
verwechselt werden können. Die Schriftquellen steuern also - archäologisch
formuliert - »nur«, aber immerhin den Namen dieser einwandernden
Kulturgruppe bei und - archäologisch-methodisch (chronologisch) hochwillkommen
- die jahrgenaue Datierung dieses Einwanderungsvorganges. Die langobardischen
Einwanderer lassen sich derzeit an 14 Fundorten in Italien mit einem reichhaltigen
Fundstoff gut umschreiben, vor allem in der Hauptstadt des Friulaner Dukates
Cividale; entscheidende Kriterien zur Aussonderung des einwanderungszeitlichen
Fundstoffes sind in feinchronologischer Hinsicht weniger die Männergräber
(Gürtelmode; Waffen), sondern sehr viel besser die Accessoires der
Frauentracht (Mehrfibeltracht mit bestimmten Bügelfibeltypen und die
Mehrzahl der S-Fibeln); hinzu kommt - in der Aussagekraft etwas eingeschränkter
- gestempelte, scheibengedrehte Keramik (beutelförmige, becherartige
Gefäße, Ausgußkannen).
Ab Ende des 6. Jh. lassen sich langobardische Gräber
weiterhin ethnisch gesichert als solche erkennen und damit von gleichzeitigen
romanischen Gräbern und Gräberfeldern des 7. Jh. absetzen: Möglich
ist dies durch die Waffenbeigaben in den Männergräbern (Spatha,
Lanze, Schild; nicht Sax), die als konservatives Element bis kurz vor der
Aufgabe der Beigabensitte insgesamt (3. Viertel des 7. Jh.) beibehalten
werden; anders verhält es sich bei der Bestattung der langobardischen
Frauen, da hier durch die frühzeitige Übernahme der romanischen
Frauentracht bzw. durch ihre Bestattung mit dieser sich ethnische Unterschiede
für den Archäologen nur mehr schwer erkennen lassen. Für
eine Kartierung langobardischer Grabfunde im 7. Jh. ist daher die Waffenbeigabe
regelhaft das entscheidende Kriterium.
Die relative und besonders die absolute Chronologie des
nacheinwanderungszeitl. Fundstoffes ist umfassend noch nicht untersucht,
weder mit Hilfe des Kombinationsverfahrens noch belegungschronologisch
(große Gräberfelder: Nocera Umbra, Castel Trosino); ihre Erarbeitung
ist eng verbunden mit dem Problem der Romanisierung der Langobarden und
macht sie daher besonders kompliziert. Das sich verändernde Erscheinungsbild
in der zeitlichen Tiefe läßt sich, auf das Wesentliche beschränkt,
wie folgt zusammenfassen: Der Romanisierungsprozeß setzt bei der
langobardischen Frau bereits früh ein, schon in der zweiten, in Italien
lebenden Generation ab der Zeit um 600, das heißt sie lebt ihre althergebrachte
germanische Mehrfibeltracht mit Bügelfibelpaaren (mit Tierstil I-Dekor
[Einwanderungsgeneration], mit sogenannten Schlaufenornamentik [Phase zwischen
Band- und Tierornament] und mit Tierstil II-Ausprägungen) sowie mit
S-Fibelpaaren ab und übernimmt die romanische Einfibeltracht (Einzelfibeln
in Gestalt von Scheibenfibeln, Kreuz- und Tierfibeln zum Verschluß
eines mantelartigen Umhanges), ferner größere Nadeln als Fibelersatz;
auch eine Hauben- oder/und Schleiertracht mit mehreren kleineren Nadeln
und/oder kleinen Ringen (auch in Dreipaßform) gehen auf romanische
Vorbilder zurück. Ein Gleiches gilt ebenso bereits in der Zeit um
600 für die Übernahme der mediterranen-orthodoxen Goldblattkreuzsitte:
Kreuze zu Funeralzwecken hergestellt, auf einem Tuch/Leder appliziert und
auf dem Kopf (Mund) plaziert (auch bei den Männern). Bei den langob.
Männern äußert sich der mediterrane Einfluß unter
anderem in der Übernahme der vielteiligen Gürtelmode (sogenannte
byzantinische Garnituren und solche mit Tierstil II-Dekor), ebenfalls schon
in der Zeit um 600, sodann in der Einfibeltracht des romanischen Mannes
im 1. Drittel des 7. Jh. (langobardische Männertracht zuvor fibellos).
Sowohl in Gräberfeldern (Cividale, Nocera Umbra,
Castel Trosino), in Separatfriedhöfen und in Kirchen lassen sich überdurchschnittl.
reiche langob. Gräber (Oberschicht- bzw. »Adels«-Gräber)
nachweisen (grundbesitzende exercitales und Amtsträger).
Über Art und Umfang der Landnahme (568) lassen die
14 Fundorte keine Rückschlüsse zu. Das Gesamtbild der langobardischen
Ansiedlung in Italien - aufgrund der Schriftquellen bis in die 2. Hälfte
des 7. Jh. weder detailliert noch im Gesamten hinsichtlich der sie leitenden
Faktoren und ihrer unterschiedlichen Intensität zuverlässig beurteilbar
- ist mit Hilfe der Grabfunde gegenwärtig zumindest im überregionalen
Vergleich einigermaßen gut beurteilbar:
1. In den alpin geprägten Landschaften Oberitaliens
greift die langobardische Siedlung nicht in die
Hochtäler und ausgesprochenen
Mittelgebirgslagen aus (etwa über 800 m), ganz im Gegensatz zur
romanischen Siedlung; strategisch
und/oder verkehrsgeographische Bezüge sind unverkennbar.
2. In Oberitalien scheint dies hingegen nicht ausgeprägt
der Fall gewesen zu sein, wo also weniger das
Haupt- und Fernstraßensystem
bestimmend war als die Bonität der Böden.
3. Die vielerorts bemerkenswerte Nähe langob. und
roman. Gräberfelder (100-300 m) und die gelegentl. gemeinsam benutzten
Gräberfelder (Sepulturgemeinschaften; zum Beispiel Romans d'Isonzo
in Friaul) liefern wichtige Hinweise für das enge Mit- und Nebeneinander
beider Populationen und auch erste Hinweise auf die Installation langobardischer
Siedlung.
4. Präsenz von Langobarden in den Städten (Grab-
und Siedlungsfunde);
5. Massierung der langobardischen Siedlung in den Gebieten
nördlich des Po und hier mit deutlichen Schwerpunkten in den Dukaten
von Friaul,Trento und Brescia, wogegen in den Gebieten südlich der
Emilia in Mittel- und Süd-Italien - soweit seit 616 in langobardischer
Hand - langobardische Grabfunde (und Siedlungen) nahezu völlig fehlen,
ein bemerkenswertes Bild, das kaum durch denkmalpflegerische Gründe
beeinflußt ist.
6. Generell ist ferner hervorzuheben, daß die Landnahme
der Langobarden in Italien und die Installation ihrer Siedlung ebensowenig
wie zuvor die der Ostgoten nennenswert oder gar ursächlich für
Bruchstellen in der Kontinuität in Italien verantwortlich sind, auch
nicht für den Niedergang der römischen Städte; die Strukturkrise
(ökonomischer Abschwung, demographisch und andere Folgen) setzte bereits
im 4. Jh. ein und hatte im 5. Jh. einen ersten Höhepunkt erreicht.
V. Bierbrauer
[1] Ursprünge und frühe Wanderbewegungen:
Die Ursprungssage, der älteste Kern des Langobardenvolks
habe ein Gebiet im heutigen Süd-Schweden bewohnt und sei unter dem
Namen Winniler in Gebiete südlich des Baltischen Meeres gewandert,
wobei Elemente anderer Ethnien hinzugetreten seien, wird von einem Teil
der Forschung für glaubwürdig erachtet. Durch archäologische
Zeugnisse gesichert ist die Präsenz der Langobarden (Name traditionell
als 'langbärtiges Volk' gedeutet) jedoch nur am Unterlauf der
Elbe seit dem 1. Jh. v. Chr. und die ganze römische Kaiserzeit hindurch.
In augusteischer Zeit von den Römern besiegt, schlossen sie nach dem
Sieg des Arminius über die römischen Legionen ein Bündnis
mit den Cheruskern. Militärische Stärke und Offenheit für
die Integration anderer ethnischer Gruppen zeichneten das zahlenmäßig
nur kleine Volk aus. 167 erschien eine langobardische Schar im Krieg der
Markomannen gegen Rom an der Donau, wurde aber von den Feldherren Mark
Aurels zurückgeschlagen. Im 5. Jh. verlagerte sich das
Zentrum der langobardischen Herrschaft von der Elbe in den Donauraum. Kurz
nach Beginn des 6. Jh. ist die Präsenz der Langobarden in einem Gebiet
belegt, das von Mähren zum heutigen West-Ungarn - Pannonien - reichte
und sich bis zur Mitte des 6. Jh. weiter nach Süden ausdehnte.
Während der Wanderungen bildete sich verstärkt
eine militärische Strukturierung des Langobardenvolks aus, an deren
Spitze die Königsmacht stand. Sie lag im 5. und bis zur Mitte des
6. Jh. in den Händen der LETHINGEN-Dynastie.
Die Nachfolge scheint bisweilen aufgrund von Designierung durch den vorhergehenden
König geregelt worden zu sein, zum Teil wurde sie jedoch erkämpft.
Zur Zeit des LETHINGEN Godeoc,
um 488, drangen die Langobarden, wahrscheinlich aus Mähren, in das
Rugierland ein, einen Teil des heutigen Nieder-Österreich, wo die
Rugier von
Odoaker
besiegt worden waren, und gelangten somit in ein von der römischen
Kultur geprägtes Gebiet. Bald gerieten sie in Abhängigkeit von
den Herulern, die an der mittleren Donau
siedelten. Ein Nachkomme Godeocs,
König
Tato,
brachte jedoch um 510 den Herulern eine vernichtende Niederlage bei und
dehnte das langobardische Herrschaftsgebiet in Pannonien aus. Sein Neffe
Wacho
tötete ihn kurz darauf und bemächtigte sich der Königsmacht.
In den rund 30 Jahren seiner Herrschaft knüpfte er Heiratsbündnisse
und Allianzen mit anderen germanischen Dynastien (unter anderem MEROWINGER,
Gepiden) und trat in Beziehungen zu Byzanz.
Nach dem Tod Wachos um 540 und dem
kurz danach erfolgenden Erlöschen der LETHINGEN-Dynastie
ging die Königsmacht an das Geschlecht der GAUSEN
(Audoin)
über. Um die Langobarden als Bundesgenossen (foederati) im
Gotenkrieg zu gewinnen, trat Kaiser Justinian
an König Audoin die ehemals ostgotischen
Gebiete (Provinz Sevia und Ostteil von Noricum Mediterraneum) ab. In der
Folge verstärkte sich in Pannonien die Rivalität zwischen Langobarden
und Gepiden, wobei sich Audoins Sohn
Alboin
im Kampf besonders auszeichnete. Langobardische Hilfstruppen kämpften
in den Kriegen Justinians sowohl in
Italien im Heer des Narses
als auch im Osten gegen die Perser. Da Byzanz jedoch die Erwartungen
der Langobarden enttäuschte, verbündete sich Alboin,
der seinem Vater auf den Thron gefolgt war, mit den Avaren
an der unteren Donau gegen die Gepiden, die 567 vernichtend geschlagen
wurden. Alboin vermählte sich
mit der Tochter des erschlagenen Gepiden-Königs
Kunimund,
Rosemunda.
[2] Langobardische Landnahme und Reichsgründung in Italien:
568 räumten die Langobarden Pannonien (wo sich die
Avaren ausbreiteten) und zogen nach Italien. Auch andere ethnische Gruppen
- unter anderem zahlreiche Sachsen und Reste der Gepiden - schlossen sich
ihnen an. Es handelte sich dabei um die Wanderbewegung einer Krieger-Aristokratie
mit ihrem Gefolge, die sich durch die politische Annäherung mehrerer
Volksgruppen im Donauraum gebildet hatte, ohne in ethnischer Hinsicht miteinander
zu verschmelzen. Sie stellte jedoch in kultureller Hinsicht eine Einheit
dar und konnte auf lange militärische Erfahrung aus den Kämpfen
zwischen den germanischen Stämmen und als Hilfstruppen des römischen
Reiches zurückgreifen.
Als Alboin über
die Ostalpen zog, lagen die verheerenden Gotenkriege in Italien erst wenig
mehr als ein Jahrzehnt zurück. Ohne Schwierigkeiten eroberte er mehrere
venetische und lombardische Städte und war im September 569 in Mailand.
Die Byzantiner zogen sich auf die Linie Padua-Mantua zurück, um Ravenna,
die Residenz des kaiserlichen Statthalters in Italien, zu verteidigen.
Die Metropoliten von Aquileia und Mailand und ihr hoher Klerus flohen nach
Grado bzw. nach Genua. Das Heervolk der Langobarden war auf der Wanderung
in Fara-Verbänden organisiert. Ein Fara-Verband wurde von Alboin
unter dem Kommando seines Neffen Gisulf in Friaul zurückgelassen,
Keimzelle des späteren mächtigen Herzogtums. Nach hartnäckigem
Widerstand ergab sich Pavia 572. Im selben Jahr wurde Alboin
in Verona bei einer Verschwörung getötet, an der Königin
Rosemunda
und eine Gruppe von Gepiden- und Langobardenkriegern beteiligt waren. Die
Mehrheit der Langobarden zwang jedoch Rosemunda
und ihre Anhänger zur Flucht nach Ravenna und erhob Clef
zum König, einen Heerführer aus hochadligem Geschlecht, der bereits
574 ebenfalls ermordet wurde.
Um Herrscherfunktionen erfüllen zu können und
zu einem konsolidierten Volksverband zusammenzuwachsen, bedurften die unter
Alboin
nach Italien gezogenen germanischen Splittergruppen einer vereinheitlichenden
Disziplin. Die allgemeine Übernahme der langobardischen Rechtsgewohnheiten
sollte dazu beitragen. Die Sachsen widersetzten
sich diesem Assimilationsprozeß und kehrten deshalb in die Gebiete
nördlich der Alpen zurück. Die Rechtseinheit gewährleistete
jedoch nicht den politischen Zusammenhalt. Die territoriale Zersplitterung
der Fare, bedingt durch ihre Garnisonsfunktion in den eroberten Gebieten
sowie durch die häufigen Raubzüge, war ein Hemmschuh für
die Konsolidierung der Königsmacht. Einige Gruppen zogen über
die Westalpen und unternahmen mehrfach Raubzüge in die Provence, wurden
jedoch von den Franken zurückgeschlagen; andere ließen sich
entlang des mittleren und südlichen Apennin nieder, wo sie die Dukate
Spoleto und Benevent begründeten. Rund ein Jahrzehnt lang, von Clefs
Ermordung bis zur Königswahl seines Sohnes Authari,
operierten die langobardischen Heerführer - etwa 30 Duces - völlig
autonom, ohne einen König zu wählen, teilten das gesamte Territorium
des Königreiches unter sich auf und setzten sich zumeist in befestigten
Städten oder in strategisch wichtigen Burgen fest.
Die Erkenntnis, daß die fehlende Einheit die Herrschaft
der Langobarden gefährdete, die zudem von den Franken
und den Byzantinern bedroht wurde, führte 584 zur Rückkehr zur
Königsherrschaft, wobei dynastisches Prinzip und Wahlkönigtum
eine Verbindung eingingen. Vor Autharis
Wahl erkannte die Mehrheit der langobardischen Duces formell die Oberhoheit
der MEROWINGER unter jährlichen
Tributverpflichtung an, um einen politischen Keil zwischen die Franken
und Byzanz zu treiben. Der byzantinische Plan, nicht nur einzelne, über
die Halbinsel verstreute langobardische Gruppen, sondern das gesamte Volk
unter die Botmäßigkeit zu bringen, erwies sich daher als illusorisch.
Unter der Kontrolle von Byzanz verblieben nur einzelne Gebiete: die ligurische
Küste, Istrien, der Exarchat Ravenna, die Pentapolis von Rimini bis
Ancona, das Gebiet um Perugia, Latium, die kampanischen Küste von
Neapel bis Amalfi, Mitte und S des heut. Apulien, das heutige Kalabrien
und die großen und kleinen Inseln des Tyrrhenischen Meers. Alle anderen
Gebiete südlich der langen Linie der alpinen Wasserscheide unterstanden
den Langobarden, ausgenommen einige Pässe im Osten des heutigen Süd-Tirol,
die von den MEROWINGERN kontrolliert
wurden, und das Aosta- und Susatal, die unter fränkischer Oberhoheit
standen. Die Isola Comacina im Comer See, ein byzantinischer Militärstützpunkt,
wurde von Authari nach langer Belagerung
erobert.
Autharis schwierige
Stellung in der Mitte zwischen der expansiven Macht der MEROWINGER
und Byzanz wurde noch heikler, als nach dem Bruch zwischen den MEROWINGERN
und dem Bayern-Herzog Garipald
dessen Kinder Gundoald
und
Theudelinde
(Theodolinda) bei ihm Schutz suchten und er Gundoald
zum Herzog von Asti einsetzte und Theudelinde
zu
seiner Gemahlin machte. Die MEROWINGER
verwüsteten daraufhin in Abstimmung mit Byzanz Nord-Italien; einige
langobardische Herzöge unterwarfen sich den Franken bzw. den Byzantinern.
Als Authari
590 starb, scharte sich
jedoch der Großteil der Langobarden um den Herzog von Turin,
Agilulf,
der thüringischen Ursprungs war; er vermählte sich mit
Theudelinde und wurde zum König akklamiert.
Während der Phasen, in denen keine Kriege geführt
wurden, schritt die Reorganisation des König-Reiches fort, und es
stellte sich das Problem, wie die Beziehungen zu der unterworfenen romanischen
Bevölkerung stabilisiert werden konnten. Unter der Herrschaft von
Clef
und
in den folgenden zehn Jahren hatten die langobardischen Scharen in den
eroberten Gebieten weiterhin wie in einem Heerlager gehaust, hatten die
Bevölkerung ausgebeutet und noch ärgere Gewalttätigkeiten
als zu Alboins Zeiten verübt,
vor allem waren ihnen die Großgrundbesitzer zum Opfer gefallen oder
zur Flucht getrieben worden. Die langobardischen Heerführer, in erster
Linie die Duces, hatten sich jedoch in festen Wohnsitzen niedergelassen,
gewaltigen Reichtum angehäuft und begonnen, Territorialherrschaften
zu errichten und regelmäßige Abgaben von der romanischen Bevölkerung
einzuziehen. Als unter Authari das
Königtum wieder eingesetzt wurde, verzichteten die Duces auf einen
beträchtlichen Teil ihres Vermögens zugunsten des Königs
und garantierten ihm dadurch die für eine monarchische Zentralgewalt
notwendige wirtschaftliche Basis. Seit Authari
führten die langobardischen Könige den Beinamen Flavius,
ein Symbol ihres Bestrebens, die Regierungsgewalt in den traditionellen
Formen der römischen Hochkultur auszuüben. Bezeichnend für
dieses gewandelte Verhältnis ist die allgemeine Tendenz der Langobarden,
sich in die Schicht der Grundbesitzer einzugliedern, in der das romanische
Element wahrscheinlich noch stark vertreten war.
[3] Fortschreitende Konsolidierung des Königreichs unter Agilulf und Rothari:
Die Trennung zwischen Langobarden und Romanen blieb jedoch weiterhin aufrecht, wozu nicht zuletzt die Verschiedenheit der Religionen beitrug. Die Langobarden. hatten während ihres Aufenthalts im Donauraum die arianische Form des Christentums angenommen, vermischt mit starken polytheistischen Residuen. Auch in Italien hielten sie lange Zeit an beidem fest, ohne sich gegen die religiösen Traditionen der romanischen Bevölkerung als intolerant zu erweisen, traten jedoch in Gegensatz zu der konfessionellen Intransigenz der Amtsträger der katholischen Kirche. Die Vermählung des Arianers Authari mit der Katholikin Theudelinde war daher unter diesem Gesichtspunkt politisch bedeutsam, auch wenn der König seinen Landsleuten verbot, ihre Kinder katholisch taufen zu lassen, um den Zusammenhalt seines Volkes zu bewahren. Auf Agilulf, der ebenfalls Arianer war, hatte Theudelinde größeren Einfluß, so daß ihr gemeinsamer Sohn Adalwald 603 katholisch getauft wurde. Die Beziehungen des Hofs zu der katholischen Hierarchie des Königreiches gestalteten sich auch infolge des sogenannten Dreikapitelstreits günstiger, eines christologischen Disputs, in dem die Bischöfe von Nord-Italien die theologische Position von Byzanz und der römischen Kirche ablehnten, was sie um so gefahrloser tun konnten, als sie sich unter langobardischer, nicht unter byzantinischer Oberherrschaft befanden. Agilulf förderte die Konsolidierung des Königreiches mit allen Mitteln. Gegen die Widerstände einiger Duces ging er sehr hart vor, war aber klug genug, die Autonomiebestrebungen der mächtigen Dukate Spoleto und Benevent zu respektieren. Durch Zahlung des bereits früher vereinbarten Tributs an die MEROWINGER erkannte er ihre Oberhoheit an und sicherte sich damit den Frieden. Zum Schutz des Reiches an den Ostgrenzen schloß er ein Bündnis mit den Avaren und griff nicht ein, als sie Friaul verheerten und Herzog Gisulf II. (der bisweilen in Gegensatz zu ihm gestanden hatte) beseitigten. Gegenüber Byzanz nahm Agilulf eine entschlossene Haltung ein und eroberte einige Gebiete zurück, die die Langobarden in früheren Konflikten verloren hatten. Er rückte auch nach Latium vor und bedrohte Rom, gelangte aber mit Papst Gregor dem Großen zu einem Übereinkommen und zog wieder ab. Besopnders zukunftsweisend waren seine guten Beziehungen zu den katholischen Kirchen in seinem Reich und seine Förderung der Gründung des Missionsklosters Bobbio durch Columban. Agilulfs auf die Überwindung der Stammesstrukturen langobardische Tradition und eine Staatsbildung nach dem Vorbild des römischen Imperiums ausgerichtete Politik wurde nach seinem Tod 616 von Theudelinde als Regentin für Adalwald fortgesetzt, die die Bindung zum Katholizismus noch verstärkte. Adalwald betrieb seinerseits die Aussöhnung mit den romanischen Elementen im Reich und die Annäherung an Byzanz und das Papsttum mit solchem Nachdruck, daß es zu einer Gegenreaktion der langobardischen Fürsten kam: sie erhoben den Herzog von Turin, Ariwald (626-636), und danach den Herzog von Brescia, Rothari (636-656), auf den Thron, beide Arianer, jedoch frei von religiöser Intransigenz. Während ihrer Herrschaft befanden sich Arianismus und Katholizismus wieder in politischem Gleichgewicht. Mit Rothari gewann die Auffassung, der König sei der höchste Garant des Friedens zwischen seinen Untertanen, neue Kraft. Rotharis berühmter Edictus vom Jahre 643 ist Ausdruck dieses Bestrebens. Die Definition und die Ergänzungen der Gewohnheitsrechte der langobardischen Führungsschicht durch schriftliche Festlegung in lateinischer Sprache ließ ein staatsbildendes Instrument entstehen, das den Ordnungen des spätantiken Imperiums vergleichbar war und dennoch den Traditionen treu blieb, mit denen sich der König, die Machthaber und das gesamte Heer-Volk der Arimannen identifizierten. Die Gastalden, denen die Verwaltung des königlichen Fiskus oblag, gewannen an Bedeutung und übernahmen in einigen Verwaltungsbezirken die richterliche und militärische Funktionen der Duces oder traten zumindest an ihre Seite (beide erscheinen nun in den Quellen als »iudices«). Gegenüber Byzanz wurde erneut eine aggressive Politik eingeschlagen, die zur Besetzung der ligurischen Küste und zu blutigen Kriegshandlungen gegen den Exarchat Ravenna führten.
[4] Die Bayerische Dynastie und ihre Ablösung:
Nach der sehr kurzen Herrschaft des Sohnes Rotharis
erhielt wieder ein Mitglied der katholischen Familie der Theudelinde
die
Königswürde, ihr Neffe Aripert
(653-661), ein Sohn des Gundoald. Der Arianismus
war im langobardischen Volk inzwischen im Rückgang begriffen, nicht
zuletzt infolge des langsamen Verschmelzungsprozesses mit der romanischen
Bevölkerung, der sich innerhalb der besitzenden Schicht abzeichnete.
Sogar der arianische Bischof von Pavia (aufgrund der strategischen Position
Hauptstadt des Königreiches) trat zum katholischen Glauben über.
Analog der Zunahme des Katholizismus scheint auch das dynastische Prinzip
im Vergleich zum Wahlkönigtum an Boden gewonnen zu haben: 661 fiel
das Königreich als Erbe an Ariperts
Söhne, Godepert
und Perctarit,
die es untereinander aufteilten und in Pavia bzw. in Mailand residierten.
Den bald darauf erfolgenden Zwist der beiden Brüder machte sich Herzog
Grimoald
von Benevent (aus der Herzogsfamilie von Friaul) zunutze, zog nach
Pavia und beseitigte Godepert;
Perctarit
floh
aus dem Königreich. Nach seiner Thronerhebung brachte
Grimoald,
bisweilen mit äußerster Härte, das gesamte langobardische
Volk unter seine Kontrolle, dabei setzte er auch beneventanischen Krieger
in den Stützpunkten der Poebene ein. Er vernichtete eine in Piemont
eingedrungene Gruppe von Franken, bediente sich der Avaren, um den Aufstand
eines friaulischen Herzogs zu unterdrücken und schlug im Süden
die von Kaiser Konstans II. geführten
byzantinischen Truppen zurück. Er betätigte sich auch als Gesetzgeber,
korrigierte einige Normen des Edictus Rothari und kehrte als toleranter
Arianer zu einer Gleichgewichtspolitik gegenüber dem Katholizismus
zurück; die religiöse Toleranz überdauerte jedoch seine
Regierungszeit nicht.
Nach Grimoalds Tod
671 wurde Perctarit von der langobardischen
Volksversammlung zum König akklamiert. Er betrieb eine intensive Katholisierungspolitik
im Einverständnis mit der römischen Kirche und ihren missionarischen
Aktivitäten bei den arianisch gebliebenen Gruppen der Langobarden.
Die katholische Kirche im Königreich konnte ihre Reetablierung zum
Abschluß bringen und gab allmählich die antipäpstliche
Haltung auf, die viele Bischöfe während des Dreikapitelschismas
eingenommen hatten. Auch die Beziehungen zu Byzanz verbesserten sich. Um
den Herzog von Trient, Alahis,
sammelte sich jedoch der gesamte Widerstand - von den Arianern bis hin
zu Resten der Dreikapitelschismatiker - gegen das katholische und philobyzantinische
Programm Perctarits; es kam zu einem
Aufstand, der beim Tod des Königs 688 wieder aufflackerte, so daß
Alahis
den Königspalast in Pavia besetzen konnte. Er wurde jedoch von
Perctarits Sohn Cunincpert,
der nach byzantinischer Sitte vom Vater bereits zum Mitregenten
eingesetzt war, besiegt und fiel im Kampf. Unter ihm konsolidierte sich
die Dynastie bayerischen Ursprungs, das monarchische Prinzip wurde
gestärkt, die Zentralverwaltung in Pavia entwickelte sich weiter,
die Hauptstadt, die nun auch in kultureller Hinsicht Gewicht gewann, wurde
ausgebaut, die anderen Städte nahmen ebenfalls einen wirtschaftlichen
und kulturellen Aufschwung, wozu die fortschreitende Überwindung der
ethnischen Gegensätze beitrug. 698 berief der König eine Synode
nach Pavia ein, auf der auch die Prälaten der Kirchenprovinz Aquileia,
die letzten Anhänger des Dreikapitelschismas, von den theologischen
Thesen abrückten, in denen sie sich von der päpstlichen Lehrmeinung
entfernt hatten - ein Zeichen für die Autorität, die der langobardische
König nunmehr als Vertreter der römischen Obödienz genoß.
Ansprand,
der nach
Cunincperts Tod im Jahre 700
die Regentschaft für dessen minderjährigen Sohn
Liutpert
ausübte, konnte jedoch die schwere Krise innerhalb der Dynastie nicht
abwenden und floh schließlich nach Bayern. Aus den blutigen dynastischen
Zwistigkeiten ging ein Nachkomme
König Godeperts,
Aripert
II., als Sieger hervor, der die politische Linie Perctarits
und
Cunincperts
weiterverfolgte. Er gab sogar der römischen Kirche ihre
konfiszierten Besitzungen in Nordwest-Italien zurück. 712 kehrte Ansprand
mit bayerischer Unterstützung nach Italien zurück, schlug Aripert
in die Flucht und wurde seinerseits König. Nach seinem frühen
Tod wurde sein Sohn Liutprand
sein Nachfolger.
[5] Der Höhepunkt der langobardischen Königsmacht unter Liutprand:
Der Dynastiewechsel beeinträchtigte die Entwicklung des Königreiches und der langobardischen Gesellschaft nicht. Vielmehr stellte die lange Regierung Liutprands (712-744) die bedeutendste Phase des Königtums dar, Ausdruck einer langobardischen Tradition, in der unter den Exercitales oder Arimanni, die alle dem König einen Treueschwur geleistet hatten, nunmehr auch nicht wenige Romanen vertreten waren. Starken Einfluß auf die langobardische Volkstradition hatte auch die sich über zwei Jahrzehnte erstreckende, zumeist das Zivilrecht betreffende Gesetzgebung Liutprands. Eine enge Bindung hatte der König zu seinen Gefolgsleuten (Gasinden), auch Kirchen und Klöster genossen in dem nun vom Katholizismus geprägten ideologischen Klima seinen besonderen Schutz. Dennoch war das Verhältnis zum Papsttum nicht frei von Komplikationen: Die Wiederaufnahme der territorialen Expansionspolitik des Königreiches gegenüber Byzanz wurde von Rom als Gefahr gesehen, in das langobardische Reich inkorporiert zu werden, auch wenn Liutprand gegenüber der Religionspolitik Kaiser Leons III. (Bilderstreit), die in einigen byzantinischen Provinzen Italiens zu Aufständen geführt hatte, ostentativ die Position des Papstes in der Frage des Bilderkults vertrat und Castrumsiedlungen, die in Gebieten byzantinischer Oberhoheit lagen, aber zum Patrimonium der römischen Kirche gehörten, eroberte und ihr wieder zurückgab (zum Beispiel 728 Sutri). Die Beziehungen zwischen König und Papsttum wurden auch durch die Dukate Spoleto und Benevent belastet, die sich mehrmals mit dem Papst und dem römischen Heer in Latium verbündeten, um Liutprands Bestreben, die volle Kontrolle über das ganze Reichsgebiet zu gewinnen, entgegenzuwirken. Diese Bündnispolitik führte zu einer kurzfristigen politischen Annäherung zwischen Liutprand und dem byzantinischen Exarchen von Ravenna mit dem Ziel, Rom unter die kaiserliche Oberhoheit und die beiden langobardischen Großdukate wieder unter die Kontrolle des Königs zurückzubringen. Nachdem der König jedoch die Unterwerfung der Dukate erreicht hatte, kehrte er zu seiner ursprünglich antibyzantinischen Haltung zurück und fiel in den Exarchat Ravenna und in die Pentapolis ein, ohne diese Gebiete jedoch völlig und auf Dauer in das Königreich eingliedern zu können. Liutprand verfolgte auchaufmerksam die allgemeine politische Lage im christlichen Abendland und beteiligte sich in der Provence am Kampf des fränkischen Hausmeiers Karl Martell gegen die Araber. Diese solidarische Haltung vereitelte die Versuche Papst Gregors III., Karl Martell zu einem Einfall in Italien gegen die Langobarden. zu bewegen.
[6] Das langobardische Königreich unter Liutprands Nachfolgern:
Liutprands Nachfolger
Hildeprand,
sein Neffe und seit mehreren Jahren Mitregent, wurde nach
wenigen Monaten abgesetzt. Das dynastische Prinzip wurde von neuem durchbrochen,
und der mächtigste Herzog in Nord-Italien, Ratchis
(744-749),
den Liutprand statt seines Vaters
Pemmo (trotz dessen Verdienste bei der Verteidigung des Dukats gegen
die Slaven) in Friaul eingesetzt hatte, wurde zum König gewählt.
Ratchis
nahm die gesetzgeberische Tätigkeit, die Liutprand
in seinen letzten Regierungsjahren unterbrochen hatte, wieder auf und zeigte
sich bemüht, Mißstände im Rechtswesen abzustellen; er förderte
dabei seine Gasinden und definierte ihr Verhältnis zu den öffentlichen
Amtsträgern, schränkte für seine Macht gefährliche
Beziehungen seiner Untertanen zu Fremden und auch zu den Langobarden von
Spoleto und Benevent ein und strebte nach dauerhaftem Frieden zwischen
dem Königreich und dem Papsttum. Seine nachgiebige Haltung gegenüber
dem Papst, der ihn zum Verzicht auf antibyzantinische Handlungen in Mittel-Italien
veranlaßte, führte zu einem Aufstand der intransigenteren Langobarden
und zu seiner Absetzung.
Ratchis trat
in das Kloster Montecassino ein, sein tatkräftiger Bruder Aistulf
wurde
auf den Thron erhoben.
König Aistulf (749-756)
war
vor allem um die Neuorganisation des Heeres bemüht. In seiner Gesetzgebung
regelte er die Wehrpflicht nach sozialen und ökonomischen Kriterien,
nicht mehr nach der Volkszugehörigkeit, und teilte alle Grundbesitzer
und Kaufleute des Königreichs zu Waffengattungen ein, die ihren wirtschaftlichen
Möglichkeiten entsprachen. Er griff den byzantinischen Exarchat an
und eroberte Ravenna (womit er Liutprands
Pläne realisierte) und hielt die Dukate Spoleto und Benevent unter
seiner Kontrolle. Als er jedoch in den byzantinischen Dukat Rom einfiel
und dessen Einwohner zur Anerkennung seiner Jurisdiktion aufforderte, wandte
sich Papst Stephan II. um Hilfe an die Franken (dem Vorbild Gregors
III. folgend) und erreichte die militärische Intervention des
neuen Königs der Franken, Pippin,
des Sohnes von Karl Martell. Zwei Feldzüge Pippins
in
Italien zwangen Aistulf, die den Byzantinern
abgenommenen Gebiete in Mittel-Italien an die Franken abzutreten, die sie
jedoch nicht an Byzanz zurückerstatteten, sondern trotz vergeblicher
Proteste des Kaiserreiches und des Widerstands des Erzbischofs von Ravenna
der Römischen Kirche schenkten.
[7] Das Ende des Langobardenreiches:
Nach Aistulfs plötzlichem
Tod wenige Monate nach seiner zweiten Niederlage kehrte Ratchis
757 kurze Zeit nach Pavia zurück, machte jedoch bald Desiderius
Platz, der bereits in der Toskana als Vertrauensmann Aistulfs
gewirkt hatte und nun von Stephan II. und den Franken unterstützt
wurde, da er sich den Anschein gab, im Exarchat Ravenna und in der Pentapolis
nicht nur die bereits von Aistulf verlorenen,
sondern auch die von Liutprand seinerzeit
eroberten Gebiete aufgeben zu wollen. Bald betrieb Desiderius
jedoch
eine intensive Restaurationspolitik der Königsmacht. Er unterwarf
die Dukate Spoleto und Benevent, die aus den Mißerfolgen
Aistulfs ihren Nutzen gezogen hatten, brach einige der Versprechungen,
die er vor seinem Thronantritt geleistet hatte und versuchte sogar, mit
Byzanz gegen Papst Paul I., den Bruder und Nachfolger Stephans
II., zu einer Einigung zu kommen. Durch ein Bündnis mit dem Bayern-Herzog
Tassilo
III., dem er seine Tochter Liutperga
verheiratete,
entfernte er sich politisch von den Franken. Nach dem Tod Pauls I.
intervenierte Desiderius
mehrmals in
den Unruhen und Faktionskämpfen, die in Rom herrschten und griff auch
bei einer Krise des Patriarchats Ravenna ein.
Nach Pippins Tod
(Nachfolger dessen Söhne KARL
und Karlmann)
kam Desiderius mit dessen Witwe
Bertrada
überein, daß eine seiner Töchter sich mit KARL
vermählen sollte. Die politische Isolierung des langobardischen Königreiches
schien auf diese Weise endgültig überwunden und seine Hegemonie
in Italien erneut gefestigt. Desiderius'
politische Pläne scheiterten jedoch, als KARL
seine langobardische Frau verstieß und Karlmanns
Söhne daran hinderte, die Nachfolge ihres Vaters anzutreten. Witwe
und Söhne Karlmanns flüchteten
an den Hof des Desiderius, Papst
Hadrian I. weigerte sich jedoch, die jungen Prinzen, die im langobardischen
Reich Schutz gesucht hatten, zu Königen zu salben. Desiderius
griff deshalb Exarchat und Pentapolis an und fiel in den römischen
Dukat ein. Als 773 KARL mit einem fränkischen
Heer nach Italien zog, wurde die Opposition im Langobarden-Reich gegen
Desiderius
und seinen Sohn und Mitregenten
Adelchis
deutlich. 774 löste sich das langobardische Heer auf, Desiderius
fiel in Gefangenschaft und beendete seine Tage in einem fränkischen
Kloster, Adelchis floh nach Konstantinopel.
Das langobardische Königreich lebte unter fränkischer Oberhoheit
nominell weiter, die politische Tradition der Langobarden überdauerte
jedoch nur im nunmehr selbständigen Dukat Benevent.
G. Tabacco
Quelle: Lexikon des Mittelalters, CD-ROM-Ausgabe.
Verlag J. B. Metzler 2000. LexMA 5, 1692-1693
LETHINGER | |
Agelmund | |
Laimissio | |
Lethuc | |
Hildeoc | |
Godeoc | um 490 |
Claffo | |
Tato | - 510 |
Wacho | 510 - 540 |
Walthari | 540 - 546 |
GAUSEN | |
Audoin | 546 - 561 |
Alboin | 561 - 572 |
Cleph | 572 - 574 |
INTERREGNUM | 574 - 584 |
Authari | 584 - 590 |
Agilulf | 590 - 616 |
Adaloald | 616 - 626 |
Arioald | 626 - 636 |
Rothari | 636 - 652 |
Rodoald | 652 - 653 |
Aripert I. | 653 - 661 |
Godepert | 661- 662 |
Perctarit | 661 - 662/671 - 688 |
Grimoald | 662- 671 |
Garibald | 671 |
Cunipert | 688 - 700 |
Liutpert | 700 |
Raginpert | 701 |
Aripert II. | 701 - 712 |
Ansprand | 712 |
Liutprand | 712 - 744 |
Hildeprand | 736 - 744 |
Ratchis | 744 - 749/756 - 757 |
Aistulf | 749 - 756 |
Desiderius | 757 - 774 |
Adalchis | 759 - 774 |