Sohn des N.N.
Unter seiner Führung strebte das Thüringer-Reich dem Höhepunkt seiner Macht entgegen, die er durch zielgerichtete Heiratspolitik zu festigen trachtete. Seine Tochter Radegunde heiratete den Langobarden-König Wacho, sein Sohn Herminafrid die Nichte des Ostgoten-Königs Theoderich. Seine Schwester Basena war die Gattin des Franken-Königs Childerich I. und Mutter Chlodwigs I. Bisinius teilte das Reich unter seine Söhne.
Dahn Felix: Seite 370
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"Die Völkerwanderung. Germanisch-Romanische Frühgeschichte
Europas."
Ganz ähnlich wie bis auf Chlodovech und nun abermals bei den MEROWINGERN, herrschten auch über die Thüringer drei Brüder: Baderich, Hermenefried und Berthachar, als Könige, deren Gebite wohl nach alten Gaumarken abgegrenzt waren. Früher, zur Zeit Childerichs, wird nur ein König der Thüringer genannt, jener Bisinius, was freilich nicht ausschließe, daß auch damals mehrere Gaue neben ihm eigene Könige hatten.
Jarnut Jörg: Seite 6
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"Agilolfingerstudien."
Das gleichzeitige Auftreten von AGILOLFINGERN im MEROWINGER- und im Langobarden-Reich sucht er zu erklären, indem er annimmt, Alboins Vater Audoin, ein GAUSE, sei ursprünglich in Thüringen beheimatet gewesen, aber im Gefolge seiner Stiefschwester Radegunde, einer Tochter des Thüringer-Königs Bisin, die mit dem Langobarden-König Wacho verheiratet worden war, in das Langobarden-Reich gelangt [17 Wagner 35ff.].
Offergeld Thilo: Seite 138-140
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"Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im
frühen Mittelalter."
Der erste Thüringer-König ist mit Bessinus/Bisin
zwar erst für die Zeit um 500 zweifelsfrei bezeugt [316 Venantius
Fortunatus, Vita Radegundis II. 3, Seite 38. In die Zeit um 460 gehört
die Erzählung Gregors von Tours, Historium libri decem II.12, Seite
61f., vom Exil des MEROWINGERS Childerich
bei dem thüringischen König Bysinus
und seiner anschließenden Vermählung mit dessen Gattin Basina.
Ob die sagenhafte Geschichte einen historischen Kern enthält, ist
unsicher; vermutlich hat Gregor die Gestalt Bisins
einfach um Jahrzehnte zurückversetzt. Das Exil Childerichs
wird allgemein bei den niederrheinischen als bei den mitteldeutschen Thüringern
lokalisiert. Childerichs Hof war gleichwohl
erkennbar von ostgermanisch-donauländischer Kultur beeinflußt,
und auch die thüringische Herkunft Basinas
gilt als recht wahrscheinlich; vgl. zu diesem Komplex Schmidt, Königreich
Seite 289f.; Perin/Kazanski, Grab Seite 178; Schlesinger, Frühmittelalter
Seite 321; Zöllner, Geschichte Seite 40.], doch erscheint dieser als
Ausgangspunkt einer veritablen Königsdynastie mit weitgespannnten
genealogischen Verbindungen zu den Herrscherhäuser der Nachbarreiche:
Bisins
Frau war die langobardische Adlige
Menia,
die nach seinem Tod den
Vater des späteren Langobarden-Königs
Audoin heiratete. Bisins
Tochter Radegunde wurde die Gemahlin des
Langobarden-Königs Wacho, sein
ältester Sohn Herminafried heiratete
gar eine AMALERIN,
Theoderichs Nichte Amalaberga,
wobei Theoderich die Herkunft des Thüringers
aus einer stirps regia ausdrücklich würdigte. Das in diesen
Heiratsverbindungen erkennbar werdende Bündnissystem mit Ostgoten
und Langobarden deutet auf den thüringischen Interessenbereich im
Donauraum, dürfte aber auch dem Schutz der Reiches gegen die fränkische
Expansion gedient haben.
Nach Bisins Tod herrschten
neben Herminafried auch seine beiden
Brüder Baderich und Bertachar
als Könige. Ob es sich hier um eine echte Samtherrschaft oder eher
um eine Aufteilung des Reiches handelte, ist den spärlichen Nachrichten
nicht eindeutig zu entnehmen [318 Gregor
von Tours, Historiarum libri decem III. 4, Seite 99. Drei Teilreiche
sieht darin Schlesinger, Frühmittelalter Seite 322; eine dem burgundischen
System vergleichbare Oberherrschaft Herminafrieds
vermuten
Schmidt, Westgermanen 2, Seite 106, 108; Schwarz, Stammeskunde Seite 180..
Daß Herminafried seine Brüder
systematisch, zum Teil mit fränkischer Hilfe, ausgeschaltet habe,
wird man als Erfindung des die fränkische Aggression rechtfertigenden
Gregor von Tours zu sehen haben [319 Die Ereignisse bei Gregor von
Tours, Historiarum libri decem III. 4, Seite 99f. und III. 7, Seite 103-105,
dessen ebenso oberflächlicher wie anektodenfreudiger Darstellungsform
in den Interpretationen Scheibelreiters, Gesellschaft Seite 275f., 345,
464f., 504f., sicherlich zu viel historisches Gewicht beigemessen wird.
Vgl. zum folgenden Schmidt, Westgermanen 2, Seite 107-111.], denn neben
Herminafried
war auch Bertachar
noch König,
als die MEROWINGER die nach Theoderichs
Tod veränderte Machtlage ausnutzten und die nun auf sich gestellten
Thüringer angriffen. 531 errangen Theuderich
und Chlothar
I. den entscheidenden Sieg. Um das Thüringer-Reich
als politische Größe dauerhaft zu eliminieren, zielten sie in
der Folgezeit offfensichtlich darauf ab, die Königsfamilie zu beseitigen
bzw. zu eigenen Legitimierung in Dienst zu nehmen - deutliche Indizien
für das hohe Prestige der Bisin-Sippe
und den dynastischen Charakter ihrer Herrschaft. Die minderjährigen
Kinder des gefallenen Berthachar wurden
ins Franken-Reich entführt,
die Tochter, Radegunde, bald
darauf zur Ehe mit Chlothar I. gezwungen,
der Sohn später als Heranwachsender ermordet [320
Zu
seinem Alter Venantius Fortunatus, Appendix Carminum I. 133, ed. Friedrich
Leo, in: MGH Auct. ant. 4,1, Berlin 1881, Seite 271-292, hier Seite 274;
vgl. Schmidt, Westgermanen 2, Seite 107; zu Radegundes Alter Ewig, Studien
Seite 56f.]. Herminafried selbst wurde
zunächst anscheinend in einer Rest-Herrschaft belassen, drei Jahre
später jedoch durch eine List an den MEROWINGER-Hof
nach Zülpich gelockt und gleichfalls getötet. Allein
Amalaberga gelang mit ihren Kindern die Flucht nach Italien,
doch war an eine Wiedergewinnung des Thrones nicht zu denken. Im Zusammenbruch
der italischen Goten-Herrschaft gerieten ihr Sohn Amalafrid
wie
auch ihre Tochter
Rodelinde [321
Die Identität der Herminafried-Tochter
mit
Audoins Gattin Rodelinde
ist
nicht zweifelsfrei gesichert; möglicherweise handelt es sich um zwei
Ehefrauen Audoins; vgl. PLRE 3 B, Seite
1089; Schneider, Königswahl Seite 18f.] in Belisars
Hände
und wurden nach Byzanz verbracht; Amalafrid
avancierte dort wenig später zum Heermeister, Rodelinde
wurde dem Langobarden-König Audoin
zur Frau gegeben. Mit dem Ende der Königssippe war das Thüringer-Reich
vernichtet.
Schneider, Reinhard: Seite 18,68
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"Königswahl und Königserhebung im Frümittelalter.
Untersuchungen zur Herrschaftsnachfolge bei den Langobarden und Merowingern"
Aus vornehmen Geschlecht stammte Audoin
bestimmt, wenngleich nichts Näheres darüber bekannt ist. Es war
jedoch mit dem alten langobardischen Königshaus und dem der Thüringer
über Audoins
Mutter versippt.
Diese mit dem Namen Menia,
war in erster Ehe mit dem Thüringer-König Bisin
verheiratet,
so daß Wachos erste Gemahlin
Radegunde,
die aus dieser Ehe stammte,
Audoins
Halbschwester war. Audoins Vater, den
Menia
in zweiter Ehe heiratete, ist namentlich nicht bekannt. Hinzugefügt
werden kann, daß Audoin selbst
Rodelinde
zur Frau hatte, die vielleicht bayerischer Herkunft war. Aus
dieser Ehe stammte Audoins Sohn und
Nachfolger Alboin.
Auf Veranlassung des Kaisers heiratete
Audoin in zweiter Ehe eine Tochter des Thüringer-Königs
Herminafried,
deren Vater einst nach Italien geflohen und im Jahre 540 von Belisar
zusammen mit dem gefangengenommenen Ostgoten-König
Witiches nach Byzanz gebracht worden
war. Audoins jetztige Frau war über
ihre Mutter Amalaberga und Großmutter
Amalafrieda,
eine Schwester Theoderichs, mit dem
Ostgoten-König
direkt als seine Großnichte verwandt.
Childerichs Wiedereinsetzung
setzt gewiß auch dessen sittliche Läuterung voraus, die herauszustellen
Gregor sehr am Herzen lag. Hierbei steht die
utilitas im Mittelpunkt,
deren Rühmen einer Frau in den Mund gelegt wird: Weil
Basina,
die Gattin des Thüringer-Königs
Bisin, bei dem Childerich jahrelang
im Exil lebte, niemanden kennengelernt hatte, der utilior als Childerich
gewesen,
folgte sie diesem in das Franken-Reich nach. Ihrer neuen Ehe entstammte
Chlodwig.
Zöllner Erich: Seite 40
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"Geschichte der Franken bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts."
Gregor berichtet uns, Childerich
sei
wegen seines lasterhaften Lebens von den Franken vertrieben worden, das
Volk hätte den Aegidius
zum König gewählt. Mit dessen Herrschaft wurden die Franken auch
unzufrieden und als sie das achte Jahr ihrer Dauer erreicht hatte, rief
ein im Lande gebliebener Vertrauter den
Childerich
zurück, der sich beim
Thüringer-König
Bisin und dessen Gemahlin Basina
verborgen gehalten hatte. Basina
verließ ihren Gemahl und folgte dem Childerich
[4
Greg.
Tur. II 12.].
oo Menia
†
Kinder:
Herminafrid
†
534
Baderich
†
Berthachar
†
529
Radegunde
†
505
oo Wacho Langobarden-König
† 540
Literatur:
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Dahn Felix: Die Völkerwanderung. Germanisch-Romanische
Frühgeschichte Europas. Verlag Hans Kaiser Klagenfurt 1977 Seite 370
- Ewig Eugen: Die Merowinger und das Frankenreich. W. Kohlhammer
GmbH Stuttgart Berlin Köln 1988 Seite 34 - Gregor
von Tours: Fränkische Geschichte. Phaidon Verlag, Essen und Stuttgart
1988 Buch II Kapitel 12 - Jarnut Jörg: Agilolfingerstudien.
Anton Hiersemann Stuttgart 1986 Seite 6 - Mägdefrau
Werner: Vom Thüringer Königreich bis zum Ende der Sächsischen
Kaiserzeit 531-1024. Thüringen im frühen Mittelalter. Verlag
Rockstuhl 2003 Seite 8-12 - Offergeld Thilo: Reges pueri. Das Königtum
Minderjähriger im frühen Mittelalter. Hahnsche Buchhandlung Hannover
2001 Seite 138-140 - Schneider, Reinhard: Königswahl und Königserhebung
im Frümittelalter. Untersuchungen zur Herrschaftsnachfolge bei den
Langobarden und Merowingern, Anton Hiersemann Stuttgart 1972 Seite 18,68
- Zöllner Erich: Geschichte der Franken bis zur Mitte des 6.
Jahrhunderts. Verlag C. H. Beck München 1970 Seite 40 -