Berthachar                                    König der Thüringer (510-529)
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    529
 

Jüngerer Sohn des Thüringer-Königs Bisinius und der Menia
 

Dahn Felix: Seite 370
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"Die Völkerwanderung. Germanisch-Romanische Frühgeschichte Europas."

Ganz ähnlich wie bis auf Chlodovech und nun abermals bei den MEROWINGERN, herrschten auch über die Thüringer drei Brüder: Baderich, Hermenefried und Berthachar, als Könige, deren Gebite wohl nach alten Gaumarken abgegrenzt waren. Früher, zur Zeit Childerichs, wird nur ein König der Thüringer genannt, jener Bisinius, was freilich nicht ausschließe, daß auch damals mehrere Gaue neben ihm eigene Könige hatten.
Die Sage hat die Bruderkriege, wie bei dem burgundischen und bei den merowingischen Königshaus, auch bei dem thüringischen mit ihrem Gerank geschmückt und zugleich verhüllt. Aber der geschichtliche Kern ist, daß Hermenefried, der Gemahl Amalabergas, Tochter Amalafridas, der Schwester Theoderichs des Großen, zuerst seinen Bruder Berthachar überfiel und tötete (oder doch vertrieb), dessen Söhne (und Tochter Radegundis) von der Herrschaft ausschloß, darauf Theuderich von Austrasien herbeirief zum gemeinsamen Angriff auf Baderich. Erfreut und eilig folgte der Erbe Chlodovechs diesem Ruf. Die Verbündeten schlugen und töteten Baderich. Aber nachdem Theuderich nach Hause gezogen war, ließ Hermenefied seine Versprechungen ihm gegenüber, angeblich das halbe Reich Baderichs ihm zu überlassen, unerfüllt.

Berthachar regierte gemeinsam mit seinen Brüdern und fiel in einer Schlacht gegen die Franken.

Offergeld Thilo: Seite 139
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"Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter."

Nach Bisins Tod herrschten neben Herminafried auch seine beiden Brüder Baderich und Bertachar als Könige. Ob es sich hier um eine echte Samtherrschaft oder eher um eine Aufteilung des Reiches handelte, ist den spärlichen Nachrichten nicht eindeutig zu entnehmen [318 Gregor von Tours, Historiarum libri decem III. 4, Seite 99. Drei Teilreiche sieht darin Schlesinger, Frühmittelalter Seite 322; eine dem burgundischen System vergleichbare Oberherrschaft Herminafrieds vermuten Schmidt, Westgermanen 2, Seite 106, 108; Schwarz, Stammeskunde Seite 180. Daß Herminafried seine Brüder systematisch, zum Teil mit fränkischer Hilfe, ausgeschaltet habe, wird man als Erfindung des die fränkische Aggression rechtfertigenden Gregor von Tours zu sehen haben [319 Die Ereignisse bei Gregor von Tours, Historiarum libri decem III. 4, Seite 99f. und III. 7, Seite 103-105, dessen ebenso oberflächlicher wie anektodenfreudiger Darstellungsform in den Interpretationen Scheibelreiters, Gesellschaft Seite 275f., 345, 464f., 504f., sicherlich zu viel historisches Gewicht beigemessen wird. Vgl. zum folgenden Schmidt, Westgermanen 2, Seite 107-111.], denn neben Herminafried war auch Bertachar noch König, als die MEROWINGER die nach Theoderichs Tod veränderte Machtlage ausnutzten und die nun auf sich gestellten Thüringer angriffen. 531 errangen Theuderich und Chlothar I. den entscheidenden Sieg. Um das Thüringer-Reich als politische Größe dauerhaft zu eliminieren, zielten sie in der Folgezeit offfensichtlich darauf ab, die Königsfamilie zu beseitigen bzw. zu eigenen Legitimierung in Dienst zu nehmen - deutliche Indizien für das hohe Prestige der Bisin-Sippe und den dynastischen Charakter ihrer Herrschaft. Die minderjährigen Kinder des gefallenen Berthachar wurden ins Franken-Reich entführt, die Tochter, Radegunde, bald darauf zur Ehe mit Chlothar I. gezwungen, der Sohn später als Heranwachsender ermordet [320 Zu seinem Alter Venantius Fortunatus, Appendix Carminum I. 133, ed. Friedrich Leo, in: MGH Auct. ant. 4,1, Berlin 1881, Seite 271-292, hier Seite 274; vgl. Schmidt, Westgermanen 2, Seite 107; zu Radegundes Alter Ewig, Studien Seite 56f.]. Herminafried selbst wurde zunächst anscheinend in einer Rest-Herrschaft belassen, drei Jahre später jedoch durch eine List an den MEROWINGER-Hof nach Zülpich gelockt und gleichfalls getötet. Allein Amalaberga gelang mit ihren Kindern die Flucht nach Italien, doch war an eine Wiedergewinnung des Thrones nicht zu denken. Im Zusammenbruch der italischen Goten-Herrschaft gerieten ihr Sohn Amalafrid wie auch ihre Tochter Rodelinde [321 Die Identität  der Herminafried-Tochter mit Audoins Gattin Rodelinde ist nicht zweifelsfrei gesichert; möglicherweise handelt es sich um zwei Ehefrauen Audoins; vgl. PLRE 3 B, Seite 1089; Schneider, Königswahl Seite 18f.] in Belisars Hände und wurden nach Byzanz verbracht; Amalafrid avancierte dort wenig später zum Heermeister, Rodelinde wurde dem Langobarden-König Audoin zur Frau gegeben. Mit dem Ende der Königssippe war das Thüringer-Reich vernichtet.
 
 
 
 

  oo N.N.
         
 
 
 
 

Kinder:

  Radegunde
        13.8.587
 

  538
  oo Chlothar I. Franken-König
       500 561
 
 
 
 

Literatur:
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Dahn Felix: Die Völkerwanderung. Germanisch-Romanische Frühgeschichte Europas. Verlag Hans Kaiser Klagenfurt 1977 Seite 370 - Ewig Eugen: Die Merowinger und das Frankenreich. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1988 Seite 34 - Gregor von Tours: Fränkische Geschichte. Phaidon Verlag, Essen und Stuttgart 1988 Buch II Kapitel 4,7 - Mägdefrau Werner: Vom Thüringer Königreich bis zum Ende der Sächsischen Kaiserzeit 531-1024. Thüringen im frühen Mittelalter. Verlag Rockstuhl 2003 Seite 8-12 - Offergeld Thilo: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter. Hahnsche Buchhandlung Hannover 2001 Seite 139 - Zöllner Erich: Geschichte der Franken bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts. Verlag C. H. Beck München 1970 Seite 82 -