WARDEROBE


Lexikon des Mittelalters:
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Wardrobe
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Ursprünglich der Ort im Hofhalt des englischen Königs, in der Nähe der Kammer (Chamber), wo die Kleidung des Königs aufbewahrt und in Kisten auf Karren verladen wurde, wenn der König auf Reisen ging. Bereits in den 60-er Jahren des 12. Jh. gibt es Hinweise auf die W
ardrobe, und während der Regierung Johann Ohnelands (1199-1216) gab es ein Wardrobe-Amt mit Schreiber und Dienern. Es war zuständig für Kleidung, Geschirr, Geld und Akten, bewahrte aber auch Urkunden auf. Es gibt keine Erwähnung der Wardrobe in den ersten Jahren der Minderjährigkeitsregierung Heinrichs III., aber seit 1220 war die Wardrobe wieder tätig, und bald begannen ihre Aufgaben ständig zu wachsen. Die Wardrobe erhielt Geld vom Exchequer und aus anderen Einnahmequellen in größerem Umfang, vor allem um die Unkosten des königlichen Hofhalts zu bestreiten. Die Größe der Wardrobe wuchs zweifellos an, als der Hauptschreiber der Wardrobe nach 1218 für fünf Jahre Peter de Rivaux wurde. Die erste erhaltene Rechnungsführung der Wardrobe stammt von 1224-1227. Die Wardrobe wurde das Finanz- und Rechnungsamt des königlichen Hofhalts (Finanzwesen, B.IV), das Geldsummen erhielt, um die notwendigen Ausgaben für Lebensmittel, Kleidung und Transport zu decken und um Sonderaufgaben, vor allem bei der Unterstützung von Heerzügen, übernehmen zu können. Das blieb die Haupttätigkeit des Amtes bis zum späten 15. Jh. Es vergrößerte sich ständig und wurde strukturierter.
Der ältere Schreiber wurde Keeper of the W
ardrobe und Treasurer of the Household, genoß aber üblicherweise das Ansehen des letzteren, weil dessen Tätigkeitsbereich zu seinen Hauptaufgaben gehörte. Bis 1406 waren fast alle Treasurers Geistliche, in der folgenden Zeit fast immer Laien, zunächst Knights und seit der Mitte des 15. Jh. gewöhnliche weltliche Lords.
Der zweite Schreiber war verantwortlich für die Führung einer zweiten oder Gegenrechnungsrolle der Einkünfte und Ausgaben; im 13. Jh. wurde er bekannt als der Controller (Aufseher).
Der Cofferer, der dritte Amtsträger, ist bereits früh in der Regierungszeit Eduards I. nachweisbar. Er war zunächst der Gehilfe des Treasurer, übernahm aber allmählich viele seiner Finanzaufgaben.
In der folgenden Zeit machten viele W
ardrobe-Beamten bedeutende Karrieren in der königlichen Verwaltung und wurden mit Bistümern betraut. Eine Hofhalt-Verordnung von 1279 verzeichnet und benennt die beiden älteren Beamten - einschließlich des Cofferer, der wieder getilgt wurde - und fünf weitere Wardrobe-Schreiber. Der Chirurg und der Arzt des Königs werden in der Liste aufgeführt, wahrscheinlich weil sie in der Wardrobe wohnten. Es gab eine nicht näher bezeichnete Anzahl von niederen Schreibern, Aufsichtspersonen, Unteraufsehern und Dienern der Wardrobe. Die Verordnung legte fest, daß der Keeper oder Controller sich jeden Abend mit den anderen älteren Beamten des Hofhalts treffen mußte, um die Rechnungen des Tages zu überprüfen. Ein- oder zweimal im Jahr mußten sie den Weinvorrat für den Hofhalt kontrollieren und Erkundigungen über andere Ämter des Hofhalts einholen sowie andere Pflichten übernehmen. Die Hauptaufgabe der Wardrobe war es, Finanz- und Rechnungsamt des königlichen Hofhalts zu sein. Die Bezahlung erfolgte hauptsächlich durch den Exchequer und war sowohl für den Hofhalt als auch für andere Ausgaben gedacht. Das Amt war anpassungsfähig und mobil, insbesondere begleitete es normalerweise den König bei seinen Feldzügen, so zum Beispiel bei den Feldzügen Eduards I. in Wales, Schottland, Frankreich und Flandern seit den 70-er Jahren des 13. Jh. bis zu seinem Tod 1307.
Im 13. Jh. wurde die W
ardrobe auch ein Amt für die allgemeine Verwaltung. 1232 hatte Peter de Rivaux, wieder Keeper of the Wardrobe, das zweite Siegel des Königs, das Privy Seal, in seiner Obhut, und es blieb in der Verwaltung der Keepers und später der Controllers der Wardrobe bis 1312. Sie waren gewissermaßen die Privatsekretäre des Königs. Königliche Briefe, Befehle an die Beamten und Sendschreiben sowie diplomatische Urkunden wurden oft von Schreibern der Wardrobe ausgefertigt und mit dem Privy Seal gesiegelt. Das Amt, das von Notaren unterstützt wurde, entwickelte sich zum Schatzamt für diplomatische Urkunden, bezahlte und rechnete mit Gesandten ab, die ins Ausland reisten. Zahl und Bedeutung der Privy-Seal-Briefe wuchsen beträchtlich während der Regierung Eduards I., was zu Kritik führte. Als Eduard II. ersucht wurde, einen geeigneten Sekretär zu ernennen, der sein Privy Seal verwahrte, wurde Roger Northburgh 1312 der erste Keeper of the Privy Seal. Die Verbindung des Privy Seal mit der Wardrobe fand ein Ende, obwohl der Anschein bis zum frühen 15. Jh. aufrechterhalten wurde, daß es nur eine vorübergehende Regelung sei.
Der Zuständigkeitsbereich der W
ardrobe wurde nun begrenzter. Die königliche Regierung wurde jetzt offizieller und bürokratischer, und die drei großen Ämter von Kanzler, Treasurer und Keeper of the Privy Seal stellten den Kern eines nunmehr formellen Council dar. Die Wardrobe war weiterhin das Finanzamt des Hofhalts mit einer üblichen Ausgabe in Friedenszeiten von £ 10.000-20.000, aber besondere Ansprüche des Hofes und vor allem die Kosten eines Heerzugs ließen diese Summe ansteigen. So erhöhten sich die Ausgaben des Hofes von Richard II. zum Beispiel erheblich in den 90-er Jahren des 14. Jh., und die Feldzüge Eduards III. in den Niederlanden, in Frankreich und Schottland, die Feldzüge von Richard II. in Schottland und Irland sowie die Feldzüge von Heinrich V. in Frankreich führten zu sehr großen Ausgaben der Wardrobe.
Die Bedeutung der W
ardrobe als Finanzamt des Hofhalts endete bald, nachdem Eduard IV. 1461 König geworden war. Er fand die königlichen Finanzen in einem schlechten Zustand vor, und er sowie seine Nachfolger waren zunehmend sehr angewiesen auf Einnahmen aus Ländereien und auf die Kammer als ein Hauptamt für die Einkünfte. Die Wardrobe war allmählich zum Scheitern verurteilt, obwohl das Amt des Keeper weiterhin bestand.
A.L. Brown