Ältester Sohn des Königs
Johanns
Ohneland von England aus
dem Hause PLANTAGENET
aus seiner 2. Ehe mit der Isabella von
Angouleme,
Erb-Tochter von Graf Aymars III. Taillefer
Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte
2051
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12. Heinrich III., König von England
1216-1272
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* 1. Oktober 1207, † 16.
November 1272 in Westminster
ältester Sohn König Johanns und
seiner 2. Frau, Isabella von Angoulême
oo 20. Januar 1236
Eleonore von Provence
† 25. Juni 1291
Kinder:
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Eduard (I.),
Edmund 'Crouchback'
Margarete oo Alexander III. König von Schottland
sowie mindestens sechs weitere Nachkommen
Mit der Thronbesteigung des
minderjährigen Heinrich
III. (28. Oktober 1216)
begann die erste Vormundschaftsregierung in England seit der
normannischen Eroberung. Der Regentschaftsrat, unter Vorsitz von William the Marshall, Earl of Pembroke
(† 1219), setzte die Magna
Carta wieder in Kraft und schlichtete den unter Johann ausgebrochenen
Bürgerkrieg. Nach verschiedenen Stadien eingeschränkter
Mündigkeit (1223, 1227) nahm Heinrich
III. seit 1234 die vollen
Herrscherrechte wahr. Obwohl Heinrich
III.
selbst die Bewahrung des inneren Friedens als wichtigste Errungenschaft
seiner aktiven Regierungsjahre (1234-1258) ansah, konnte er die
Großen seines Reiches nicht zu dauerhafter Loyalität
verpflichten, was unter anderem mit seinem
Versagen als Heerführer (so im erfolglosen
Frankreich-Feldzug von 1242) und seiner
nachgiebigen Haltung gegenüber seiner engsten Umgebung (vor
allem gegenüber den Halb-Brüdern aus dem Hause LUSIGNAN) zusammenhängt.
Den Magnaten, die nach Ausbau ihrer lokalen Machtstellung drängten
(Baron, III), trat Heinrich
III. mit geringer Energie
entgegen. Vergeblich versuchte er, seinem
Sohn Edmund die
Krone Siziliens zu erobern.
1258
rissen die Großen die Regierungskontrolle an sich, vertrieben die
LUSIGNANS, setzten die Provisions of Oxford
durch und
entmachteten damit den König. Nach der Rückkehr aus
Frankreich im April 1260, wo Heinrich
III. sich zu
Friedensverhandlungen (Ratifizierung des Friedens von Paris)
aufgehalten hatte, konnte er kurzfristig seine Regierungsgewalt
wiederherstellen und die Exilierung Simons
de Montfort erreichen.
Nach dem Ausbruch neuer Konflikte
unterwarfen der König und
Montfort sich dem
Schiedsspruch
König Ludwigs IX. (Mise d' Amiens), der mit
seiner Absage an die baronialen Regierungs- und Reformvorstellungen den
offenen Bürgerkrieg auslöste (Barone, Krieg der). Mit
der
Niederlage von
Lewes und der nachfolgenden Haft
des Königs (Mai
1264-August 1265) war Montfort
faktisch
Herr über
England. Erst der Sieg Eduards bei
Evesham konnte die Autorität seines Vaters wiederherstellen
(»Dictum
von Kenilworth«). In den folgenden Jahren wurde
die königliche Politik vom Krieg gegen die Disinherited
(bis 1267)
und von den Vorbereitungen des unter Führung Eduards
geplanten Kreuzzugs beherrscht.
C.H. Knowles
Man kann sagen, dass die PLANTAGENET
durch Johanns Gefräßigkeit
gerettet wurden, denn sein Glück hatte ihn ziemlich verlassen.
Jetzt
konnte sich das Land auf seinen 5-jährigen Sohn Heinrich
III. (1216-1272) konzentrieren, der in der Eile mit einem
Diadem
gekrönt wurde. In einer bereits frühen patriotischen Bewegung
wurden die Franzosen aus dem Land gejagt. Die nächsten 40 Jahre
verliefen
vergleichsweise ruhig und enthielten weniger durch die Politik als
durch
Handel, Bettelorden und Philosophie sowie das erste Aufkommen gotischer
Baukunst an Bedeutung. Das Verhältnis zwischen König und
Magnaten
verschärfte sich dann abermals und führte zum Bruch Heinrichs
mit seinem Schwager Simon de
Montfort in den Baronen-Kriegen,
nachdem
Simon versucht hatte, durch eine Versammlung, der auch
Händler
und kleine Landeigentümer angehören sollten, seinen
Einfluß
zu erweitern. Es war ein mutiger Schritt, solche Bürger zu
berücksichtigen,
die, wenn auch frühere Könige ihnen bereits einen Platz in
lokalen
Regierungen zugebilligt hatten, nun nach Adel und Klerus den Dritten
Stand
repräsentierten. Der Triumph des Grafen Simon währte
jedoch
nur kurze Zeit, und es ist nur einer Reihe späterer Ereignisse zu
verdanken, dass die Engländer 1965 den 700-jährigen
Geburtstag
ihres Parlaments feiern konnten.
Die Minderjährigkeit Heinrichs
III. stellte ebenso wie die Abwesenheit Richards
und der Amtsmißbrauch
Johanns
einen
Prüfstein für den Verwaltungsapparat dar. Heinrich
selbst zeigte als König nur mittelmäßige
Fähigkeiten.
Er war scharfsichtig, aber ziellos, in seiner Jugend wurde er von
Ratgebern,
im Alter von seinem Sohn unterstützt. Obwohl er gegen Frankreich
in
den Krieg zog, war er dennoch kein Soldat; deshalb war es für ihn
günstig, dass er nicht über ein weites Reich wachen
mußte.
Mit der Ernennung seines Sohnes Eduard
zum Thronfolger und der Entscheidung für den "Bekenner"
als Schutzheiligen schmeichelte er den englischen Traditionen, obgleich
er und seine Familie im Herzen international eingestellt blieben. Seine
Schwester heiratete den glanzvollen Kaiser
FRIEDRICH II., sein jüngerer Bruder Richard,
ein Kreuzfahrer, unternahm in späterer Zeit den Versuch,
Deutschland
nach einer umstrittenen Wahl als Römischer König zu regieren.
Heinrich
selbst zeigte sich als zärtlicher Ehemann Eleonores
von der Provence. Auch in bezug auf sein Aussehen kann als
echter
PLANTAGENET
bezeichnet
werden: Er war im Allgemeinen gut gebaut, hatte aber ein schlaffes
Augenlid.
Er war wißbegierig, leicht reizbar und launisch und hatte einen
hohen,
fast melancholischen Sinn für
Gerechtigkeit.
Heinrichs Neigungen
sind uns bis in alle Einzelheiten bekannt, da man über die
Aufzeichnungen
seiner Ausgaben verfügt. Er war nicht selbstkritisch genug
gewesen,
um einen guten Menschen abzugeben. Wenigstens war er - im Gegensatz zu
seinem Vater und Großvater - ein frommer
Mann. Sein Leben lang war
er von der Kunst begeistert, für die er viel Zeit opferte, die
seine
Vorfahren wahrscheinlich eher für lockere Vergnügungen oder
Staatsgeschäfte
verwendet hätten. Heinrich
liebte
Hofbanketts, Gottesdienste in schönem Rahmen und lange
Diskussionen
über die Ausschmückung seiner Paläste. Ihm verdanken wir
den Wiederaufbau des Altarraumes und des Ostschiffs der Abtei von
Westminster,
der höchsten Kirche Englands, bei der die Einflüsse
französischer
Gotik am deutlichsten sind; die Westminster-Abtei war Teil eines
Klosters
und überlebte die Reformation lediglich deshalb, weil sie den
Reliquienschrein
barg. Wenn man den bedauernswerten Worten eines Zeitgenossen Glauben
schenken
will, übertrieb der launische und verschwenderische König in
seiner Demut vor Gott leider sehr stark. Er war jedenfalls ein
herzlicher,
sensibler Mann und der erste König, der sich als echter
Kunstkenner
erwies; er war auch der erste, der ein glückliches Privatleben
hatte.
Streitigkeiten mit seinem unternehmungslustigen Bruder wurden jedesmal
behoben. Dennoch liebte ihn sein willensstarker Erbe, den die
dilettantische
Regierungsweise seines Vaters bestimmt aufregte. Nach all den
früheren
Familienfehden war Heinrichs III. Regierungszeit
für die politische Situation eine wohltuende Ausnahmen. Es
wäre
ungerecht, wollte man es ihm verübeln, dass sein vergoldetes
Bildnis
auf seinem Grab in der Westminster-Abtei leicht idealisiert dargestellt
ist.
14.1.1236
oo Eleonore von Provence, Tochter und
Mit-Erbin
des Grafen Raimund Berengar V.
um 1225 † 25.6.1291
Kinder:
Eduard
I. König von England
17.6.1239 † 7.7.1307
Margarete
1240 † 26.2.1274
26.12.1251
oo Alexander III. König
von Schottland
4.9.1241 †
19.3.1286
Beatrix
25.6.1242 † 3.1277
13.10.1260
oo Johann II. Herzog der
Bretagne
4.1.1239 †
18.11.1305
Edmund
Graf von Lancaster
16.12.1244 † 5.6.1296
Literatur:
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