Heinrich V.                                      König von England (1413-1422)
---------------                                    König von Frankreich
29.8.1387
31.8.1422
Monmouth Bois de Vincennes

Begraben: Westminster Abbey
 

Ältester Sohn des späteren Königs Heinrichs IV. von England aus dem Hause LANCASTER aus seiner 1. Ehe mit der Maria von Bohun, Tochter von Graf Humphrey IX. von Essex, Northampton und Hereford
 

Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 2053
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14. Heinrich V., König von England 1413-1422
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* 16.(?) September 1387 in Monmouth, 31. August/1. September 1422 im Schloß Bois de Vincennes

Begraben: Westminster Abbey

ältester Sohn von Heinrich (IV.), damals noch Earl of Derby, und Mary Bohun

  oo 1420 Katharina, Tochter König Karls VI. von Frankreich

Heinrich V. wurde 1399, nach der Krönung seines Vaters, zum Prince of Wales erhoben, kämpfte 1403 bei Shrewsbury und bis 1408 gegen die walisischen Aufstände (Owain Glyn Dwr). 1410-1411 stand er dem King's Council vor. Späteren Berichten über seine ausschweifende Jugend (vgl. Shakespeare, »Henry IV«) fehlt die zeitgenössische Quellengrundlage. Bei Antritt der Thronfolge (21. März 1413) war er bestens vorbereitet auf das Herrscheramt, dessen Autorität er streng wahrte. Er ging unbarmherzig gegen Verräter und Ketzer (Oldcastle, John) vor. Andererseits verstand er es, seine Untertanen zu loyalem Verhalten zu motivieren, und gewann so die einmütige Unterstützung von Adel und Volk für seinen Krieg gegen Frankreich; diesen führte er im festen Glauben an sein Recht auf den französischen Thron, worin er durch seine Siege (Agincourt) bestärkt wurde. Karl VI. setzte ihn 1420 zum Erben ein. Doch starb Heinrich V. vor seinem Schwieger-Vater. Seine eigene Propaganda hat maßgeblich zu seinem Nachruhm als »Blüte christlichen Rittertums« beigetragen, doch hat sich seine umsichtige Regierung für England und die Normandie tatsächlich günstig ausgewirkt.
R.L. Storey


Thiele, Andreas: Tafel 207
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"Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa"

HEINRICH V.
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1387
1422 (an Seuche)

Heinrich V. war heroisch, kraftvoll, versiert und wurde Herzog von Lancaster, Aquitanien, Cornwall und Graf von Chester. Er gewann die Schlacht bei Shrewsbury 1403 und unterwarf für den Vater Wales. Die politische Teilung Frankreichs durch die Parteien der Armagnacs und der Burgunder gab dem König eine willkommene Gelegenheit, endlich den Traum seiner Vorgänger zu verwirklichen und den normannischen Leoparden mit der Lilie zu vereinigen, um auf beiden Seiten des Ärmelkanals zu regieren. Dieser Plan führte zu einer Reihe militärischer Unternehmungen auf dem Festland, die ihn lange Zeit von seinem Königreich fernhielten. Angesichts dieser Situation gab er seinem Parlament größere Befugnisse, größere Zuständigkeit in der Staatsverwaltung und sogar in der Politik für den Fall, dass Entscheidungen, wenn auch im Auftrage des Königs, so doch während seiner Abwesenheit zu treffen waren. In dieser Zeit eilte Heinrich V. von Erfolg zu Erfolg. Durch die Schlacht bei Azincourt (25.10.1415) erhielt er den Norden Frankreichs. Krönung seines Triumphes aber war der Vertrag von Troyes 1420, durch den er sich mit Katharina, der Tochter Karls VI. von Frankreich, verheiratete. Er wurde zum Regenten in Frankreich ernannt und ließ sich sogar bei Paris im Schloß von Vincennes nieder, das er zu seiner Residenz machte. Heinrich starb im Alter von 35 Jahren an einer Seuche; ihm folgte sein 10 Monate alter Sohn Heinrich VI.

  oo KATHARINA VON FRANKREICH
       1401
1438

Tochter des Königs Karl VI.
(2. Ehe: oo Owen Tudor, siehe England IV/1)


Baker Timothy: Seite 43-64
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"Die Plantagenet"

Heinrich V. (1413-1422), der seinem Vater folgte, war der letzte heroische König. Für das Haus LANCASTER bedeutete seine Regierungszeit einen verspäteten Neubeginn, als sich die drohenden Schatten allmählich auflösten. Sie war wegen ihres stürmischen Nachspiels und dem Gedanken daran, wie es ohne ihn weitergegangen wäre, um so bedeutender. Der Schlüssel zu seinem Erfolg waren das Wiederaufleben des Hundertjährigen Krieges und die französischen Lehen. Auf seinen Sieg über das ihm hoch überlegene französische Heer bei Azincourt folgte die schonungslose Einnahme der Normandie, die Eduard III. versagt geblieben war und nun nach 200 Jahren den PLANTAGENET zurückgebracht wurde. Mit Burgund als Bündnispartner zwang Heinrich den geistesschwachen alten König von Frankreich, ihm die Hand seiner Tochter zu geben und seinen Sohn zu enterben. Heinrich hob immer wieder hervor, dass der von ihm geführte Krieg der Beendigung aller Kriege dienen sollte und schien damit eine Rechtfertigung für diesen traurigen und bekannten Anspruch in Frankreich zu suchen. Es war ihm mehr als anderen gelungen, die Ambitionen seines Hauses auf dem Festland in die Tat umzusetzen.
Heinrich V. war seines Ruhmes würdig. Eduard III. und seine Söhne führten ein prunkvolles und oberflächliches Leben. Heinrich war ein berechnender Hasardeur, schnell im Denken und in der Tat, so als hätte er gewußt, dass sein Leben nur kurz dauern würde. Er nahm Risiken in Kauf, die jedoch Risiken eines Mannes waren, der sich in der Nähe Gottes wähnte.
Das Porträt Heinrichs stellt das angespannte Gesicht eines bigotten, ja fast fanatischen Menschen dar, das eine Abgestumpftheit widerspiegelt, die nicht nur dem sich in seiner Epoche manifestierenden Nachlassen ritterlicher Tugenden zugeschrieben werden kann. Als Prinz beobachtete er die Verbrennung von Lollarden; dabei hatte er einmal einen verkohlten Ketzer, der immer noch keine Reue zeigte, ein zweites Mal in die Flammen gestoßen. Bei der Belagerung Harfleurs verweigerte er den von der Garnision aus der Stadt getriebenen alten und jungen Menschen den Durchgang und ließ sie zu Tausenden in der Januarkälte zugrunde gehen. Vieles an seiner Persönlichkeit war bemerkenswert, so sein männliches Auftreten, seine Entschlußkraft, sein diplomatisches Geschick und sein Urteilsvermögen; er hatte aber nur wenig Liebenswertes an sich. Es war vielleicht sein Glück, im Alter von erst 35 Jahren an Ruhr zu sterben, und zwar in dem Augenblick, als er sich darauf vorbereitete, dem Widerstand der Franzosen den Gnadenstoß zu versetzen. Er erhielt ein Heldenbegräbnis und ein Grabbildnis, das wie sein neugewonnenes Reich wegen seines hohen Wertes Plünderer auf sich zog.

Calmette Joseph: Seite 137
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„Die großen Herzöge von Burgund“

Wir müssen das Aussehen dieses Heinrich V. kurz skizzieren, der zusammen mit Johann ohne Furcht künftig das Spiel an sich reißen wird. Elegant, schlank, sportlich, ist Heinrich von mittelgroßer Statur, beweglich, ungezwungen und angenehm im Umgang. Sein Gesicht, mit einer breiten Stirn unter dichtem glatten Haar, ist bartlos und männlich. Ein ovales Gesicht, gerade und gut geschnittene Nase, lebhafte, klare nußbraue Augen und Grübchen im Kinn: insgesamt eine entschlossene und kalte Erscheinung, die unter dem Äußeren einer unerschütterlichen Selbstbeherrschung und, wie der Chronist Monstrelet sagt, „einem stolzen Willen“ ein gewissermaßen inneres Feuer verbirgt.

Markale Jean: Seite 367
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„Isabeau de Bavarie“

Inmitten dieses pompösen Triumphs wurde der König von England jedoch von einer Krankheit niedergeworfen, die sich ganz plötzlich und besorgniserregend ankündigte. Man sagte, es sei ein Abzeß oder eine Fistel gewesen, etwas, das man damals als mal Saint-Fiacre bezeichnete, da dieser Heilige in dem Rufstand, dieses Leiden heilen zu können. In Wirklichkeit handelte es sich um einen Fall von Ruhr. Das Übel nahm jedoch solche Ausmaße an, dass Heinrich sich seinem Ende nahe fühlte. Er berief seine Vertrauten zu sich, empfahl seinen noch in der Wiege liegenden Sohn und seine Gemahlin der Obhut der Prinzen, seiner Brüder, und wies sie an, dem Herzog von Burgund unter keinen Umständen einen Anlaß zu geben, dass er es bereute, sich für die Partei der Engländer entschieden zu haben, ihm die Regentschaft über das Königreich anzubieten und, wenn er sie ablehnte, was er zweifellos tun würde, die Regentschaft über Frankreich dem Herzog von Bedford und die Regentschaft über England dem Herzog von Gloucester zu übertragen, da beide seine Brüder seien. Vor allem aber verbot er, die Gefangenen von Azincourt freizulassen, bevor sein Sohn volljährig wäre, niemals mit Karl von Valois Frieden zu schließen oder, falls die Umstände es dennoch erfordern sollten dies nur unter der ausdrücklichen Bedingung zu tun, dass die Normandie uneingeschränkter Besitz der englischen Krone bliebe. Heinrich V., der König von England und Erbe Frankreichs, starb am 31. August 1422 im Donjon zu Vincennes. Sein Traum von der anglo-französischen Einheit hatte er zumindest auf dem Papier verwirklicht. Er hatte auch noch einen anderen Traum gehabt: die Wiedereroberung Jerusalems. Seine feierliche Bestattung wurde in Saint-Denis zelebriert, seine sterbliche Hülle nach Westminster gebracht.
 
 
 
 

 1420
  oo 1. Katharina von Frankreich, Tochter des Königs Karl VI.
         27.10.1401
3.1.1437/38

       1429
     2. oo Owen Tudor
             1400
4.2.1461
 
 
 
 

Kinder:

  Heinrich VI. König von England
  6.12.1421
21.5.1471 ermordet
 
 
 
 

Literatur:
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Baker Timothy: Die Plantagenet in Die großen Dynastien, Karl Müller Verlag 1996 Seite 43-64 -
Berg Dieter: Die Anjou-Plantagenets. Die englischen Könige im Europa des Mittelalters. Verlag W. Kohlhammer 2003 Seite 276,297 - Calmette, Joseph: Die großen Herzöge von Burgund. Eugen Diederichs Verlag München 1996 Seite 131,136,140,143,152,157-165,174,226,230,309 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 149 - Ehlers Joachim: Geschichte Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 201, 299-306,309,321 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 10,303,317,321,323,325 - Favier, Jean: Frankreich im Zeitalter der Landesherrschaft 1000-1515. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1989 Seite 387,391,396 - Fraser Antonia: Die sechs Frauen Heinrichs VIII. Claasen Verlag GmbH Hildesheim 1995 Seite 25,35,64,73 - Hoensch, Jörg K.: Die Luxemburger. Eine spätmittelalterliche Dynastie gesamteuropäischer Bedeutung 1308-1437. Verlag W. Kohlhammer 2000 Seite 239,250,255 - Jurewitz-Freischmidt Sylvia: Die Herrinnen der Loire-Schlösser. Königinnen und Mätressen um den Lilienthron. Casimir Katz Verlag, Gernsbach 1996 Seite 35,38-45 - Kendall Paul Murray: Richard III. König von England Mythos und Wirklichkeit, Eugen Diederichs Verlag München 1995 Seite 9,98,131,133,179 - Ridley Jasper: Heinrich VIII. Eine Biographie. Weltbild Verlag GmbH Augsburg 1995 Seite 13,52 - Schelle, Klaus: Karl der Kühne. Burgund zwischen Lilienbanner und Reichsadler. Magnus Verlag Essen Seite 30,33,35,43 - Schnith Karl: Frauen des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1997 Seite 353,366,378 -
Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993 Tafel 207 -