CHAMBER
Lexikon des Mittelalters:
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Chamber (Kammer, Kämmerer)
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II. England:
Die Kammer (chamber) war das
Zentrum des königlichen Hofhalts (household),
sie ging mit dem König auf Reisen und war für seine Ausgaben
und sein persönliches Vermögen zuständig. Sie ist seit
1000 nachweisbar. Ein selbständiges Schatzamt (treasury)
mit Sitz in Winchester
wurde seit 1100 von der Kammer
abgetrennt, und seit 1150 übte der Exchequer mit Sitz in
Westminster eine Kontrolle über die gesamten königlichen
Finanzen (Finanzwesen, B.IV) aus. Der Kammer
blieb die Funktion einer nur für das persönliche
Vermögen des Königs zuständigen Schatzkammer, wo Heinrich II. hohe
Einkünfte aus heimgefallenen Lehen und königlichen Forsten
sowie der Krone geschuldete Beträge, Gerichtsbußen usw.
anhäufte. Alle drei angevinischen
Könige benutzten bei ihren Feldzügen in Frankreich die Kammer
als Kriegskasse. Doch übernahm seit König Johann diese Funktion
allmählich die wardrobe, die nun sowohl
für den königlichen Haushalt als auch für die
Kriegsausgaben zuständig war. Im 13. Jh. wurde die Kammer
auf die täglichen Ausgaben des Königs beschränkt. Erst
unter Eduard III. nahm sie wieder
die Funktion eines königlichen Schatzamtes wahr, als der
König ihr die Lösegelder der Könige von Frankreich und
Schottland sowie anderer Kriegsgefangener nach 1360 übertrug. Er
behielt auch Ländereien und Lehnsabgaben für die Kammer
zurück und bezog ein jährliches Einkommen vom Exchequer. Auf
diese Weise konnte seit 1369 ein großes Vermögen bei der
Kammer geschaffen werden, von dem der größte Teil allerdings
für den erneut ausbrechenden Krieg mit Frankreich verwandt wurde.
Unter Richard II. wurde die
finanzielle Zuständigkeit der Kammer
reduziert, bis die Kammer
während der letzten Regierungsjahre des Königs zum
Hilfsmittel für Richards
unumschränkte Herrschaft wurde. Die Kammer
war politisch einflußreich. Die
chamber lords und chamber
knights gehörten zu den wichtigsten Ratgebern des
Königs.
Doch wurden 1388 Simon
Burley, chamberlain und Günstling Richards II.,
sowie weitere königliche Ritter
hingerichtet (England, D.III). Die chamber knights waren die
Vertrauten der meisten Könige und dienten nicht nur als Hofbeamte,
sondern auch als Heerführer, Gesandte und politische Vertreter der
Krone.
Oft wurden sie wegen ihres angeblichen negativen Einflusses auf
die Herrscher kritisiert, so unter Heinrich IV. und Heinrich VI. Die
Funktion der Kammer als
Finanzbehörde war unter den LANCASTER-Königen
eingeschränkt, obwohl Heinrich V. sie
vorübergehend als Kriegskasse bei der Eroberung der Normandie benutzte.
Die Könige aus
dem Hause YORK
billigten ihr eine erweiterte administrative und finanzielle Rolle zu. Eduard IV. übertrug ihr
verschiedene Einkünfte, unter anderem die Geldzahlungen von dem
französischen König Ludwig XI.
Heinrich VII. erhöhte
noch die Bedeutung der Kammer,
indem er die finanziellen Vorrechte der Krone besser nutzte und die
Rechnungsführung des Schatzmeisters der Kammer
persönlich beaufsichtigte. Die Einkünfte der Kammer
übertrafen nun die des Exchequer,
sie übernahm die Rolle
eines Zahlmeisters für alle Staatsausgaben. Exchequer und Kammer
waren seit 1509 rivalisierende Behörden, die unterschiedliche
Einkünfte bezogen und für unterschiedliche Ausgaben
zuständig waren.
G.L. Harris