Begraben: Stift Wetzlar
Sohn des Herzogs Gebhard II. der Jüngere von Lothringen aus dem Hause der KONRADINER und der EZZONINIda
Entgegen den neuen Forschungsergebnissen von Johannes
Fried und Professor Wolf habe ich mich entschlossen, die KONRADINER-Genealogie
nach dem bisherigen Forschungsstand beizubehalten, wobei ich mich vor allem
auf die Arbeit von Josef Heinzelmann beziehe, die mir dieser dankenderweise
zur Verfügung gestellt hat. Die OTTONEN-Verwandtschaft
Herzog
Hermanns II. von Schwaben über Richlint,
Tochter oder Enkelin
OTTOS I., als
Voraussetzung für seinen Thronanspruch von 1002 ist ebenso abzulehnen
wie die Existenz einer Tochter oder Enkelin OTTOS
DES GROSSEN namens Richlint.
Lexikon des Mittelalters: Band VIII Seite 1178
********************
Udo I., Graf, Herzog im Elsaß
---------
* vor 900, + November 949
Begraben: Stift Wetzlar
Sohn des KONRADINERS Gebhard (+ 910)
Vettern:
----------
König KONRAD I. (+ 918)
Herzog Eberhard von Franken (+
939)
Burghard (+ ?)
Herzog Hermann I. von Schwaben
(+ 949)
oo Gräfin von Vermandois
Söhne:
--------
Gebhard (+ 938)
Konrad, Herzog von Schwaben (+
997)
Udo (+ 982)
Heribert
Tochter:
-----------
Judith, Gräfin von Stade
Udo wurde von den Königen KONRAD I. und HEINRICH I. gefördert mit Rechten in der Wetterau, Königssondergau und im Oberrheingau. Ein Turmburgbau in Wiesbaden ist wahrscheinlich. Späteres Wirken im Elsaß ist nicht genau festlegbar. Udowar Sachwalter seiner Sippe auch im Blick auf das Erzstift Mainz. Während der durch König OTTOS I. straffe Politik ausgelösten Reichswirren trat Herzog Eberhard von Franken ins Lager der Königsgegner über, die Vettern Udo und Hermann blieben auf seiten des Herrschers. Die königstreuen KONRADINER kämpften am Oberrhein, dann bei Andernach, wo Eberhard und Herzog Giselbert von Lothringen am 2. Oktober 939 den Tod fanden; nach Thietmar von Merseburg soll Udoselbst Eberhard erschlagen haben (MGH SRG [in us. schol.], II, 34). OTTO I. übertrug Udo Lehen und Grafenrechte. Im nächsten Jahrzehnt bliebenUdo und Eberhards Sohn Konrad Kurzbold im Lahngau zuverlässige Stützen der Königspolitik, nicht mehr revidiert werden konnte das Erlöschen des konradinischen Herzogtums am Mittelrhein.
Literatur:
-----------
JDG H I., 51,196; JDG O I. 73,90ff.,117,151,175f. - H.
Büttner, Gesch. des Elsaß, I, 1939 [neu hg. T. Endemann, 1991],
155ff. - E. E. Stengel, und Hermann, Die Hzg.e vom Elsaß, 1951 [Abh.
und Unters.en zur hess. Gesch., 1960, 441-479] - W.-A. Kropat, Reich, Adel
und Kirche in der Wetterau von der Karolinger- bis zur Stauferzeit, 1964,
41-48; 190 Anm. 21, 200 - L. Falck, Mainz im frühen und hohen MA,
1972, 56ff., 72f - O. Renkhoff, Wiesbaden im MA, 1980, 47ff., 54f.
Otto
------
+ 949
Sohn Gebhards (+ 910), Graf in der Wetterau
D LK 35, S. 150 v. 3.8.904
Lac. Nr. 63, v. 3.8.904
D K I Nr.17, v. 12.3.913, Nr. 8, v. 1.7.912, Nr. 13.
v. 28.11.918
in pago Loganacgouue (Lahngau) in comitatu Ottonis
fratis nostris;
in pago Logenehe in comitatu Ottonisgermani
nostri;
in comitatu Ottonis et
Eberharti in pagis duispurch et keldaggouue;
Mitglied der fränkischen
KONRADINER-Sippe;
s.a. Isenburg I, Tafel 4.
Köpke Rudolf/Dümmler Ernst: Seite
73,91-92,117,175
*************************
"Kaiser Otto I"
Bei dem Strauß um Belecke (Gefangennahme des Königsbruders
Heinrich)
fiel Gebhard,
Udos
Sohn, ein Neffe des Herzogs
Hermann von Schwaben,
wodurch letzterer, gleichfalls schon schwankend,
zum Heile für
OTTO zu um so festerer
Anhänglichkeit an die königliche Sache vermocht ward. Ebenso
natürlich Graf Udo von der Wetterau und vom
Rheingau selbst, und beider Vetter Graf Konrad vom Nieder-Lahngau,
genannt Kurzbold, dem wir schon im vorhergehenden Jahre in dem Rate des
Königs begegnen.
Bei Andernach hatten die beiden Herzoge den Rhein überschritten,
zunächst wohl um die Gaue ihrer Gegner, Konrads und
Udos,
den Nieder-Lahngau, Rheingau und die Wetterau, zu verwüsten, doch
sollen sie sogar den frevelhaften Plan gehegt haben, den König selbst
gefangen zu nehmen. Mit einer kleinen Schar zogen die Grafen
Udo und
Konrad,
Eberhards
Vettern,
den Spuren der Plünderer nach. Von einem Priester erfuhren sie, dass
die Herzoge das Heer mit der reichen Beute bereits über den Rhein
gesandt hätten, sie selbst aber nähmen im Kreise weniger Begleiter
noch diesseits des Stromes ein Mahl ein. Udo
und Konrad eilten in fliegender Hast dem bezeichneten Orte zu und
fanden ihre Feinde, wie eine spätere Sage will, bei dem Brettspiele.
Nach hartnäckigem Kampfe erlag Eberhard dem Schwerte, von vielen
Wunden durchbohrt, sein Gefolge wurde teils niedergehauen, teils gefangengenommen.
Giselbert warf sich mit seinen Begleitern in einen Kahn, der unter der
allzu schweren Last der Fliehenden umschlug und sie alle in die Fluten
versenkte. Nach einer anderen Erzählung stürzte sich Giselbert
mit seinem Rosse in den Strom und ertrank fortgerissen von dem Strudel
der Wellen.
Nach dem Osterfest (18. April 941) ließ der König
mit dem Rate Hermanns
von Schwaben und der fränkischen
Grafen Udo und Konrads des Roten, die damals am höchsten
in seinem Vertrauen standen, die Schuldigen zur Haft bringen.
Einen schmerzlichen Verlust, der sich dem Konrads
anschloß, brachte ihm dasselbe durch den Tod des Grafen
Udo von der Wetterau, seines Freundes,
eines der Männer, deren ausharrender Treue er vornehmlich den schwer
errungenen Sieg des Jahres 939 zu verdanken hatte. Einen besonderen Beweis
seiner Gunst gewährte ihm der König durch die Erlaubnis, seine
Lehen und Grafschaften unter seine Söhne zu teilen, als ob es erbliche
Eigengüter gewesen wären.
Hlawitschka, Eduard: Seite 47-49
******************
Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte
des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands, Jan
Thorbecke Verlag Sigmaringen 1987 47-49,65,152
Konrad von Schwaben ist nun offensichtlich - wie
ich vor wenigen Jahren in einer kleinen Untersuchung zur KONRADINER-Genealogie
erhärten konnte [E. Hlawitschka, Kuno und Richlind Seite 36-49: Anhang
- Die Stammtafel der KONRADINER und
ihre Quellenbasis. Dort auch die Filiationsnachweise für die anderen
in der umseitigen Tafel angeführten Vorfahren Hermanns II.;
nachzutragen hierzu ist ein Hinweis auf MG Libri memoriales I: Liber mem.
von Remiremont Seite 4 (= fol. 3 v nr. 18), wo über einer Rasur auf
der "Königsseite" dieses Gedenkbuches der im 1. Jahrzehnt des 10.
Jahrhunderts geschriebene Eintrag steht: Gebardi
duci, Hidda, Riquinus, Cristianus ... Auf Seite 37
(= fol. 18r) dieses Buches findet man zudem von der gleichen Hand, die
Seite 29 (= fol. 14v) zum 22. Juni (910) den Tod des Herzogs
Gebhard eintrug, zum 19. November
den Eintrag migravit Idda comitissa.
Offensichtlich war demnach
Herzog
Gebhard mit einer Hidda/Ida vermählt. Dies würde
auch gut erklären, daß Gebhards
Sohn Herzog Hermann
I. von Schwaben seine Tochter Ida
(= Gemahlin von OTTOS
I. Sohn Liudolf)
nannte, ja, daß auch Gebhards Enkel
Herzog
Konrad von Schwaben seiner Tochter den Namen Ita
gab (vgl. dazu
unten Seite 99ff.) - In den Bänden 61,62,63 des Braunschweigischen
Jahrbuchs (1980, 1981, 1982) möchte H. Dobbertin den 949 verstorbenen
Grafen
Udo I. von der Wetterau nicht als Vater des Herzogs Konrad
von Schwaben gelten lassen, sondern einen für das Jahr 940 (in
MG D O I,23) bezeugten Ufgaugrafen Gebhard oder noch eher Udos
I. Sohn Gebhard (gefallen 938 vor Belecke) als Herzog
Konrads Vater ansehen. Doch kann er hierfür keine schlüssige
Beweisführung bieten, so daß sich eine eingehende Auseinandersetzung
mit dieser Ansicht erübrigt. Wenn es Dobbertin, Wolf und andere als
unglaubhaft erscheint, daß der 938 vor Belecke gefallene Sohn Graf
Udos I. namens Gebhard und der erst 997 verstorbene Herzog
Konrad von Schwaben Brüder waren - wenn also der Abstand von 59
Jahren zwischen den Todesdaten von zwei Brüdern als bedenkenerregend
erscheint und den Anlaß zur Suche nach anderen Lösungen in der
Anordnung der KONRADINER-Genealogie
abgeben soll, so sei doch noch einmal darauf verwiesen, daß Gebhard
als Jüngling im Kampf fiel (sein Vater überlebte ihn um 11 Jahre)
und Herzog Konrad 997 als sehr alter Mann starb (sein jüngster
Sohn Herzog Hermann II. hatte 1002 schon wieder verheiratete Töchter,
seine Tochter Ita um 1000 schon rechtsmündige Söhne).
So etwas ist durchaus nicht unmöglich; zum Beispiel verstarb FRIEDRICH
BARBAROSSAS Mutter Judith ca. 1030, ihr Bruder Welf VI. dagegen
erst 61 Jahre später, nämlich 1191.] - der Sohn des 949
verstorbenen
Grafen Udo I. von der Wetterau
gewesen, der mit einer uns nicht namentlich überlieferten Tochter
des Grafen Heribert I. von Vermandois verheiratet war. Und Udo
I. von der Wetterau wiederum war der Sohn des 910 gegen die
Ungarn gefallenen Herzogs
Gebhard von Lothringen, der offenbar eine
Hidda/Ida
zur
Frau hatte.
Hlawitschka, Eduard: Seite 46 Anm. 4
******************
"Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische
Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert."
Zum 1016 verstorbenen Gevehardus,
Heriberti
comitis filius, nepos meus vgl. lib. VII c. 49 (Seite 458);
zu
Conradus Suevorum ductor egreius ac eiusdem frater Heribertus
comes lib. IV c. 60 (Seite 200), zu
Heribert
comitis folio Ottone
vgl. lib. V c. 24 (Seite 249); in lib. V c. 35 (Seite 260) wird Gerberga
als Schwester Ottos von
Hammerstein und im Kapitel vorher (Seite 258) als Gemahlin des
Markgrafen Heinrich von Schweinfurt genannt (R. Holtzmann hält indes
in einer Fußnote seiner Edition die Identifizierung des hier genannten
Otto mit Otto von Hammerstein
für fraglich); zu Udo
II. als matris meae avunculus
vgl. lib. III c. 20 (Seite
124) und zu Herzog Hermann II. von Schwaben, den matris
meae avunculis filius, lib. V c. 22 (Seite 247); Herzog Hermann
II. war nach den Einsiedler Annalen (MG SS III Seite 144) ein Sohn
seines Amtsvorgängers
Konrad von Schwaben, der oben schon einmal
als Bruder Heriberts
angeführt worden ist. Das Filiationsverhältnis
Gebhards
zu Udo I. ist bezeugt von Widukind
von Corvey, Sachsengeschichte lib. II c. 11, ed. Lohmann-Hirsch, MG SS
rer. Germ. (1935) Seite 75: Interfectus est atem (938) ibi GevehardusUdonis
filius, fratris
Herimanni ducis; indessen ist die
Filiation von Udo I.
zu Konrad,
Udo
II., Heribert
und Judith
nicht ausdrücklich überliefert. Bekannt ist immerhin, daß
Udo
I. - wie der Contin. Reginonis ad 949, ed. F. Kurze, MG SS rer.
Germ. Seite 164 bezeugt - bei seinem Tode permissu regis, quicquid beneficii
aut prefecturarum habuit, quasi heredidatem inter filios divisit, daß
er also mehrere Söhne hatte. Wenn nun Konrad und Heribert
in Udos I. rheinfränkischem Bereich
nachfolgen, sieht, so darf man sie doch wohl als jene filii Udos
ansprechen.
Außerdem dürfte die Ausbreitung des Namens Udo bei den Grafen
von Stade nach der Ehe Heinrichs I. von Stade und Judiths
für Judiths
Herleitung von Udo I. von der Wetterau und
dem Rheingau sprechen. Eine letzte Sicherung erhält die Voranstellung
Udos
I. letztlich noch durch die erst auf den nächsten Seiten
zu besprechende genealogische Notiz aus dem Zusammenhang des Hammersteinischen
Eheprozesses.
Gegen dieses System hat jüngst K. Schmid, Probleme
um den "Grafen Kuno von Öhningen", in Dorf und Stift Öhningen,
hg. von H. Berner (1966) Seite 87f., geweisse Bedenken angemeldet. Er weist
darauf hin, daß Udos I.bezeugter
Sohn Gebhard bereits 938 im Kampfe fiel, er also schon kurz vor 920 geboren
sein dürfte, während Konrad, der als sein Bruder anzzusetzen
ist, doch erst 982 Herzog von Schwaben geworden ist und 997 starb. Nach
den gleichen Beobachtungen hatte schon E. Kimpen, Zur Königsgenealogie
der Karolinger- bis zur Stauferzeit, in: ZGO NF 64 (1955) Seite 65, vorgeschlagen,
Udo II. als den Vater
Heriberts und
Herzog Konrads von Schwaben anzusehen. Eine solche Erwägung
scheitert aber an Thietmars oben zitierten Angabe über Udo
II. als matris meae avunculus - er müßte matris
meaeavus genannt worden sein, wenn man nicht auch Judith
mit
Udo II. eine
Generation über Konrad und Heribert
stellen will - bzw., wenn man Judith
als Schwester Udos II.
auffaßt, daran, daß Herzog Hermann II. von Schwaben
bei Thietmar als matris meae avunculi filius - nicht nepos! - erscheint.
Die angeführten chronologischen Erwägungwen
machen indessen die obige Zusammenfügung der Einzelteile nicht unmöglich;
und deshalb haben sich jüngst sowohl K. F. Werner, Die Nachkommen
Karls des Großen, in: Karl der Große IV (1967) Seite 463, als
auch H. Jakobs, Der Adel in der Klostererform von St. Blasien (1968) Seite
176ff., weiter zur Herkömmlichen Anordnung bekannt. Man hat für
die im Stemma genannten Personen etwa folgende Lebensdaten anzunehmen,
wobei ich mich an die von K. F. Werner aus den weiteren Zusammenhängen
gewonnenen Daten anlehne:
Udo I. * ca. 895/900 (beim Tode des Vaters 910 nach Contin.
Regin. ad 910 noch puer), + 949
Gebhard * ca. 918/20, + 938
Konrad von Schwaben * ca. 920/25, + 997
Udo II. * ca. 925/30, + 982
Heribert * ca. 930, + 992
Judith * 925, + wohl vor 973
Heinrich I. von Stade * 925/30, + wohl 975/76
Hermann II.von Schwaben * 945/50, + 1003
Gerberga * 970
Heinrich von Schweinfurt * ca. 970, + 1017
Gebhard * ca. 970, + 1016
Otto von Hammerstein * ca. 975, + ca. 1036
Siegfried von Walbeck * ca. 950/55, oo 972/73, + 991
Kunigunde + 955, + 997
Thietmar von Merseburg + 975, +1018
Die Frage, ob Hermann II. von Schwaben ein Sohn Herzog Konrads von Schwaben (Beleg siehe oben) oder Udos II. war - dieses meint der erst in der Mitte des 12. Jahrhunderts tätige Annalista Saxo ad 1002 (MG SS VI Seite 650): Erat hic Herimannus filius Udonis ducis, qui aput Calabriam cum multis occubuit -, darf wohl im Sinne der zeitgenössischen und ortsnäheren Ann. Einsidlenses ad 997 beantwortet werden. Gestützt wird die Aussage der Einsiedler Annalen indessen noch durch einen Reichenauer Gedenkeintrag; zu diesem und seiner Interpretation vgl. H. Schwarmaier, Reichenauer Gedenkeinträge aus der Zeit König Konrads II., in: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 22 (1963) Seite 18ff.
Holtzmann Robert: Seite 117,123,130
******************
"Geschichte der sächsischen Kaiserzeit"
Aber es ging nicht alles so, wie die Empörer wollten.
Es war dem Herzog Eberhard von Franken gelungen, auch ein jüngeres
Mitglied seines Hauses auf seine Seite zu ziehen, Gebhard,
einen Sohn des rheinfränkischen Grafen Udo
(der ein Bruder Hermanns von Schwaben und mithin ein Vetter Eberhards
war). Dieser
Gebhard ist im Kampf um
Belecke gefallen, und das schien den anderen KONRADINERN,
Hermann,
Udound ihrem Vetter Konrad
Kurzbold, ein Gottesgericht, so daß sie um so fester auf der
Seite des Königs aushielten.
Gegen die Feinde schickte der König den treuen Herzog
Hermann mit schwäbischen Truppen nach Norden, und zwei Grafen
dieses Hauses, Hermanns Bruder
Udo
und sein Vetter Konrad Kurzbold, Vettern auch des Franken-Herzogs,
haben am 2. Oktober 939 den entscheidenden Sieg am Rhein, gegenüber
von Andernach, davon getragen.
Eberhard und Giselbert waren bereits
über den Strom gekommen, ihr Heer war am Beutemachen, ein großer
Teil der Truppen schaffte den Raub auf das andere Ufer, da wurden die Herzöge
von den beiden Grafen überrascht und völlig geschlagen. Eberhard
ist im Kampf gefallen, Giselbert auf der Flucht im Rhein ertrunken.
Von Kamerich aus rückte OTTO
im August 946 in Frankreich ein, mit einem starken Heer, bei dem sich auch
der König Konrad von Burgund wieder
befand, ferner Hermann von Schwaben mit seinem
Bruder Udo, die Erzbischöfe von
Mainz und Trier und andere weltliche und geistliche Fürsten.
Schwager, Helmut: Seite 135,158
****************
"Graf Heribert II. von Soissons"
König Rudolf,
verbündet mit Graf Marcus von Dormois und Graf Warin Eisenarm von
Castric, griff Reimser Kirchengüter an, wobei es zu argen Plünderungen
kam; andererseits schlossen der geschädigte Graf Boso, Herzog Giselbert
von Lothringen - wobei hier kaum die Tatsache, daß Heriberts II.
Schwester N.N. mit dem KONRADINER Graf
Udo I. von der Wetterau (+ 949), also einem Todfeind der REGINARE,
verheiratet gewesen ist, ausschlaggebend gewesen sein dürfte.
Aus der Verweigerung der Rückgabe von Saint-Quentin
an den HERIBERTINER erfolgte im Sommer 935 der Hilferuf Graf Heriberts
II. an König HEINRICH I. und die
Eroberung von Saint-Quentin durch ein ostfränkisch-deutsches Hifsheer,
worunter sich unter anderem Heriberts II. konradinischer
Schwager
Graf
Udo I. von der Wetterau (+ 949) und dessen Bruder Herzog Hermann
I. von Schwaben (+ 949) befanden.
Fried, Johannes: Seite 87
**************
"Prolepsis oder Tod? Methodische und andere Bemerkungen
zur Konradiner-Genealogie im 10. und frühen 11. Jahrhundert"
Udos I. Nachkommenschaft
sei durch die Brüdertrias Udo
III., Heribert
und Konrad, den Herzog von Schwaben, als seine Söhne gekennzeichnet.
Daß sie Brüder waren, bezeugt Thietmar von Merseburg, der Enkel
ihrer Schwester Judith.
Doch die Vaterschaft des 949 gestorbenen Wetterau- und Rheingau-Grafen
ist nur gelehrte Deduktion, die keine Quelle expliziert.
Die These stützt sich auf drei Überlegungen:
Erstens nannte der Continuator Regionis zum Jahr
949 aus Anlaß der Todesmeldung pauschal auch "die Söhne" des
Grafen
Udo I., also hatte er solche, auch wenn sie namentlich nicht
genannt sind. Die Stelle ist für die weitere Argumentation zu wichtig,
als daß hier auf ihren Wortlaut verzichtet werden dürfte: Udo
comes obitt, qui permissu
regis, quicquid beneficii aut praefecturam habuit, quasi hereditatem inter
filios divisit.
Zweitens folgten auf Udo
ein Konrad in der Rheingaugrafschaft und ein Heribert
im Kinziggau, einem Teil der Wetterau, nach, also die Söhne dem Vater.
Drittens sei derselbe Udo
nach Flodoard mit einer Tochter des westfränkischen Grafen Heribert
I. von Vermandois verheiratet gewesen, was zwanglos den Namen eines gleichnamigen
Sohnes erkläre und folglich Heribert
gemeinsam mit seinem Brüdern
Udo
und Konrad zu Söhnen Udos I. von der
Wetterau mache.
Vier Einwaände gegen den traditionellen KONRADINER-"Stammbaum"
sind zu registrieren:
1) Es gibt keine einzige Quelle, die diese Verwandtschaft
auch nur für einen einzigen der drei postulierten Udo-Söhne
Udo
III., Heribert
und Konrad explizit bestätigen könnte. Zwar kennen wir
einen Udo filius Udonis comitis,
doch er soll gerade nicht des Wetterau- und Rheingaugrafen Sohn sein, vielmehr
dem eberhardinischen Ast der KONRADINER
angehören. Auch ist ein "Cuno filius Cunonis"
bekannt, der also, Identität vorausgesetzt, einen Konrad als
Vater der erwähnten Brüdertrias anzunehmen nahelegen könnte;
doch auch jener Konrad-Sohn soll nach der gängigen KONRADINER-Genealogie
der eberhardinischen, nicht der gebhardinschen Linie des
Adelshauses entstammen. Dann begegnet im Jahr 950 ein Cuonradus filius
Gebehardi
comitis im Jahreseintrag des Continuator Regionis; aber diese Filiation
schien schon gar nichts mit dem Rheingau- und
Wetterau-Grafen Udo und jenen drei Brüdern zu tun zu haben.
Schließlich tritt in einem annähernd gleichzeitigen Essener
oder Werdener Nekrolog ein
Oudo Vdonis comitis filius entgegen,
der nicht mit dem eben genannten
Udo-Sohn identisch sein kann, vielmehr
in einem Zug mit dem im Jahr 966 gestorbenen Lahngaugrafen Eberhard
in das Nekrolog eingetragen wurde, also wohl ein KONRADINER
und im selben Jahr wie dieser gestorben sein dürfte; im übrigen
scheint er Mönch gewesen zu sein. Seine Einbindung in den KONRADINER-Stammbaum
ist nur hypothetisch möglich. Er könnte nach der traditionellen
These ein Enkel Udos I. von der Wetterau,
aber auch der Sohn eines in den Jahren 964/66 hervortretenden Grafen
Udo II. sein, also je nachdem sowohl der gebhardinischen als
auch der eberhardinischen Linie engehören. Zweifellos war er
noch jung und unbedeutend, als er starb. Mehr Filiationsangaben aus dem
KONRADINER-Haus
der fraglichen Epoche zwischen 940 und 990 liegen nicht vor. Doch eigentümlich:
Sie müßten alle oder nahezu alle der eberhardinischen
Linie zugewiesen werden.
2.) Der Continuator Regionis erwähnt zum
Jahr 950 und damit unmittelbar nach dem auffälligen Bericht über
den Rheingau- und Wetterau-Grafen Udo
den Tod des Bischofs Rodhard von Straßburg, dem Udo filius
Udonis
comitis im Amt folgte, der dann im Jahr 965 starb. Die alte
These will, um den 949 ins Grab gesunkenen Grafen
Udo I. als Vater des 982 gefallenen Udo
III. in Anspruch nehmen zu können, ohne dem Wetterauer zwei
Söhne desselben Namens zuweisen zu müssen, die Identität
des 949 verstorbenen mit dem zu 950 als Vater des Bischofs genannten Grafen
Udo verwerfen, obwohl der Continuator zuvor keinen weiteren Grafen
Udo erwähnt hatte.
So pocht der Graf Udo des Jahres 950 unablässig
auf den Nachweis der Vaterschaft des Grafen Udo von 949 und spricht
ihm vorderhand die Kinder Judith,
Konrad,
Heribert
und Udo als untergeschoben
ab. Solange dieser Nachweis nicht erbracht ist, hat
Udo
I. also keinen Anspruch auf eine so illustre Nachkommenschaft.
3.) Um den 982 vorzeitig im Kampf gefallenen
Udo III. als Sohn des Rheingau-Grafen retten zu können, wurde
als Vater des Straßburger Bischofs ein weiterer Graf Udo II.
in Anspruch genommen, den die Continuator Reginonis zwar erst zu 964-966
einführt, der aber schon Jahrzehnte früher Vater geworden sein
könnte. Zweifellos ist diese Möglichkeit als solche prinzipiell
anzuerkennen, doch ist sie wiederum nicht das Nächstliegende und tatsächlich
ganz ungewiß. Denn dieser Graf Udo II., dessen Zugehörigkeit
zur KONRADINER-Familie übrigens
nicht völlig gesichert ist, wird im Jahre 966 als Rebell zur Emigration
gezwungen; er starb irgendwann und irgendwo in der Verbannung.
4.) Schließlich fordert die alte These die
Anerkennung eines irritierenden genealogischen Postulats, das abermals
die von ihr konstruierte Generationenfolge mit dem Signum großer
Unwahrscheinlichkeit (nicht absoluter Unmöglichkeit) belegt: Des Wetterau-Grafen
Udo I. durch Widukind von Corvey unzweifelhaft bezeugter Sohn
Gebhard
fiel im Kampf im Jahre 938, sein durch die Darstellungsweise des Continuator
Regionis nahegelegter Sohn Udo, der Straßburger Bischof, starb
965. Beide Daten passen gut zu einer um 915 anzusetzenden Ehe des Grafen
mit einer VERMANDOIS. Die drei dem
Wetterau-Grafen thesenhaft als Söhne zugesprochenen Brüder Udo
III., Heribert
und
Konrad, der alemannische Herzog, starben indessen in den Jahren
982, 992 und 997, ihre Schwester Judith
etwas vor 974, alle zusammen demnach deutlich eine Generation später
als die in den Quellen genanten
Udo-Söhne.
Stehen wir vor einem echten Dilemma? Oder dürfen
wir das Nächstliegende - daß nämlich der genannte Bischof
Udo von Straßburg des Wetterau-Grafen
Udo I. Sohn war und jene drei Brüder Udo
III., Heribert
und Konrad einen anderen Vater zugewiesen werden müssen.
Demnach bliebe allein die Aussage des Regino-Constinuators
zum Jahr 949, wonach der damals gestorbene Graf
Udo I. vom König das Recht erhalten habe, seine Reichslehen
zu verteilen quasi hereditatem inter filios.
Sehe ich recht, wurde er mit einer Ausnahme durchweg verstanden als Berechtigung
Udos,
die Lehen "gleich seinem Erbe unter seine vorhandenen Söhne" zu verteilen.
Nach Donald C. Jackman erhielt Udo
I. das Recht, seine Lehen zu verteilen "gleichsam wie das Erbe
unter Söhne". Der Ausdruck ist insgesamt als adverbiale Bestimmung
zu betrachten. Dann ist gerade nicht gesagt, daß Udo
entsprechend erbberechtigte Söhne besaß. Ja, diese Übersetzung
zieht geradezu die Notwendigkeit nach sich, dem Grafen
Udo I. zum Zeitpunkt der Privilegierung solche Söhne überhaupt
abzusprechen. Nach dem Tod seines im Jahr 938 gefallenen wohl älteren
Sohnes Gebhard und neben dem seit langem zum Kleriker bestimmten,
wahrscheinlich schon mit höheren Weihen versehenen und im folgenden
Jahr 950 zum Bischof erhobenen jüngeren Sohn Udo hätte
der Rheingau- und Wetterau-Graf demnach, trifft die Jackmansche Übersetzung
zu, im Jahr 949 keinen lebenden männlichen Leibeserben besessen, der
ihm in einem weltlichen Herrschaftsamt hätte nachfolgen können.
Heinzelmann Josef:
****************
"Quasi hereditatem inter filios"
Ebrechtliche Fragen bestimmen auch die Diskussion über
die Herkunft Herzog Konrads. Er und seine aus Thietmars Chronik
erschlossenen Geschwister (Udo
(II), Graf Heribert
und Jutta,
die Stammmutter der Stader und Großmutter Thietmars) hielt
man bisher für Söhne Udos (I).
Jackman rangiert sie in einen ganz anderen KONRADINER-Zweig,
mit einem negativen und einem positiven Argument.
Ersteres ist Jackmans Interpretation der Stelle des Regino-Continuators,
Udo
comes obiit, qui permissu regis, quicquid beneficii aut praefecturarum
habuit, quasi hereditatem inter filios divisit. Er versteht diesen
Satz so, dass 949 Graf Udo (I) vom
König erlaubt bekommen habe, seine Lehen und Ämter unter Verwandte
wie Erbbesitz unter Söhne zu verteilen, nicht „unter seine Söhne“.
Udo
hätte nur zwei ihn überlebende Söhne gehabt: Udo,
der 950 Bischof von Straßburg werden
sollte und bis 965 lebte, und
Otto von Grabfeld, der als sein Sohn
durch die sogenannte Notiz von St. Omer (auf die wir gleich zu sprechen
kommen) ebenso belegt sei wie die Abstammung Konrads von Schwaben
von
Udos
Cousin Gebhard.
Dabei kann man unangenehme Fragen nicht unterdrücken.
Warum sollte Udos 938 gefallener Sohn
Gebhard (von dem wir zufällig wissen) nicht schon Kinder gezeugt haben?
Und hatte
Udo vielleicht noch weitere
Kinder, die bloß in den Quellen nicht auftauchen, weil sie vor dem
Vater gestorben oder Frauen waren? Hätte der Sohn
Udo
Kleriker werden dürfen, wenn er der Stammhalter war? Er
wurde Bischof von Straßburg, gerade ein Jahr nach der kaiserlich
genehmigten Teilung quasi hereditatem… Ein Zufall? Bloß aufgrund
der Notiz im
Hammersteiner Prozess mit Jackman Graf Otto im Grabfeld
als überlebenden Sohn Udos einzusetzen,
ist auf jeden Fall gegen den gesunden Menschenverstand, da dieser dann
doch wohl Alleinerbe gewesen wäre. Hätte Udo
ihn (gar mit Zustimmung OTTOS!) enterbt,
hätte der Continuator Reginonis das ganz anders formuliert. Schließlich:
Wenn Udo (I.) keine lebenden Nachkommen
hatte, hätte er dann nicht eher seinen ihm noch im selben Jahr in
den Tod folgenden Bruder Hermann
I., Herzog von Schwaben (mit)bedacht, statt Konrad,
den - nach Jackman einzigen - Sohn seines Vetters
Gebhard?
Jackmans Auslegung der Stelle in der Continuatio erscheint
mir überzeugend, wenn man mit Settipani/Poly und Johannes Fried die
Konsequenz zieht, Udo seien „zum Zeitpunkt
der Privilegierung“, seine Lehen und Vogteien wie Erbbesitz unter Söhne
zu verteilen, „solche Söhne überhaupt abzusprechen“. Ich ziehe
gegen Jackman und Wolf die weitere Konsequenz: Der 910 verwaist als puer
genannte, also kaum nach 900 geborene Udoverteilte
seine Ämter und Lehen am Ende seines Lebens nicht unter entfernte
Verwandte, sondern unter Enkel und evtl. Schwiegersöhne.
Mit den vier Geschwistern sind gewiss nicht alle Erben
aufgezählt. Dass aber diese vier nicht von dessen Vetter Gebhard
sondern von Udo abstammen (freilich
nicht unbedingt wie in traditioneller Auffassung als seine Kinder, sondern,
was auch ihre Lebens-, genauer ihre Todesdaten zu bestätigen scheinen,
eher als Enkel über einen unbekannten Sohn oder eine Tochter), verraten
schon ihre Namen. Jackman muss wegen der VERMANDOIS-Namen
Heribert
und Kunigunde dem Grafen Gebhard vom Ufgau eine hypothetische Frau
Adela aus diesem Geschlecht geben, wohingegen eine Tochter Heriberts I.
von Vermandois (wohl namens Kunigunde) als Gemahlin
Udos
zuverlässig belegt ist. Auch die Namen Hermann, Ita und Udo
passen besser oder nur zu Nachkommen Udos.
Mit erstaunlicher Präpotenz verdreht Jackman bei den Stadern
auch das Vorkommen von Udo, weil er die Abstammung von Udo
(I) leugnet: „The name Udo can be observed entering the house
of Stade as the sole onomastic heritage from the Konradiner. Apparently
this occurred in a rather unusual way: … for the names Judith and Liuthar
both include an –ud- component.“
Schließlich wird in Jackmans Hypothese die Heirat
des Wetterau-Grafen Heribert
mit Irmintrud,
Tochter Meingauds und Enkelin des Maienfeldgrafen Eberhard (II)
zu einer Nahehe 3 : 3, denn Heriberts
Großvater wäre der Bruder dieses Eberhard. Jackman sieht
in der Nahehe ausdrücklich kein Problem, und übersieht - wie
bisher auch seine Kritiker - dabei die Folgerung für Otto
von Hammerstein: Wenn HEINRICH II. Otto
vernichten wollte, wie zuletzt Johannes Fried unterstrich, hätte er
ihn leicht als illegitimen Sprössling einer unerlaubbaren Nahehe um
sein Erbe bringen können.
Welches Argument bringt Jackman vor, um diese Erben Udos
zu Nachkommen seines Vetters Gebhard zu machen? Es ist eigentlich
ein einziges: das rätselhafte Schema consanguinitatis für Otto
von Hammerstein und seine Frau Irmingard/Imiza.
Eine der dort vorkommenden Filiationsfolgen lautet: Gebehard genuit
Cunonem…
Cuno
genuit
Cunonem.
Man hat viel gerätselt, was diese mit dem Gegenstand des Eheprozesses
nicht zusammenhängende Notiz eigentlich soll.
Fried bietet die Erklärung, die sich wohl am weitesten
vom gesunden Menschenverstand entfernt, weswegen es sich anbietet, sie
als Maßstab zu nehmen. „Eine nach der günstigsten Zählweise
kanonisch gewöhnlich noch zulässige Ehe im Verhältnis 4
: 4 hätte für Braut und Bräutigam jeweils 30 Aszendenten,
deren Geschwister und ihrer aller Nachkommen auflisten müssen, um
die Verwandtschaft der beiden Ehegatten ausschließen zu können.
Wer besaß eine Übersicht über die Gesamtheit dieser 60+x
Personen und die Stelle oder die Stellen, an denen sie sich unzulässig
überschnitten? Wer betrieb Ahnenforschung in diesem Stil? …“
In einer Gesellschaft, die von Geblütsdenken und
Erbanspruch beherrscht war wie der mittelalterliche Adel, wo jeder als
Herrschaftswissen nicht nur (schon wegen möglicher Erbschaften, Protektion
und Einladung zu Familienfeiern) die eigenen aktuellen Verwandtschaftsverhältnisse,
sondern auch bis zu einem großen Grade die der wichtigsten Konkurrenten
und Verbündeten kannte, war man nicht so blöde, bei der Erforschung
einer Blutsverwandtschaft nach Friedschem Rezept vorzugehen. Der Normalfall
war sowieso, dass man seine Cousins und Cousinen 3. Grades (um nichts anderes
geht es) kannte. Aber Fried meint: „Angesichts solcher Verhältnisse
ist evident, dass manch eine Adelsehe eingegangen wurde, ohne eine tatsächlich
bestehende, eheverhindernde Verwandtschaft zu bemerken.“ Dabei hätten
Brautleute und ihre Eltern es leicht gehabt, Konsanguinität festzustellen:
Sie hätten nur die jeweilige Ahnentafel bis zur Ururgroßelterngeneration
(das sind inklusive der normalerweise noch lebenden Eltern, der Großeltern
und Urgroßeltern tatsächlich 30 Menschen) vergleichen müssen.
Warum sollten sie nicht diesen einfachen Weg gegangen sein, in einer Zeit,
wo man sehr wohl über Familienverhältnisse und Erbgänge
bescheid wusste und genealogisch dachte?
Fried verwechselt auch Ahnen- mit Verwandtschaftstafeln.
Am gravierendsten ist aber sein Missverständnis der Arbores consanguinitatis.
Sie „boten die Abstammungslinien in Gestalt eines ,Baumes‘, in dessen Mitte
die fragliche Person, ego oder ipse, ihren Platz hatte…“ Er hat sich seine
eigene Abbildung 1 nicht genauer angesehen, denn darin fehlt gerade das
Feld für den Probanden (Ego), weil jedes Feld einen Verwandtschaftsgrad
bedeuten soll, und Ego mit sich selbst natürlich nicht „verwandt“
ist. Gravierender ist es, dass Fried dieses System des Baumes nicht versteht.
Alle mit den korrekten lateinischen Bezeichnungen ausgefüllten Felder
zeigen verbotene Verwandtschaft, je weiter weg desto entfernter. Bei den
Nachfahren gibt es jeweils nur zwei Felder nebeneinander: filius und filia,
nepos und neptis usw. Ähnliches gilt für die Aszendenten: pater
und mater, avus und avia usw. Bei den Seitenverwandten wird hier die Sache
wegen der genauen lateinischen Verwandtschaftsbezeichnungen schwieriger,
neben dem pater steht patruus/amita, neben der mater steht avunculus/matertera.
Deren Abkömmlinge schließen sich waagerecht an. (Täten
sie es senkrecht nach unten, sähe das einer Nachfahren-, bzw. Verwandtschaftstafel
ähnlich, senkrecht nach oben, einer Ahnentafel.) Dementsprechend stehen
auf der Vaterseite etwa patruelis/amitina oder (zwei Kästchen höher,
eines nach links) propatrui/proamitae nepotes, auf der Mutterseite symmetrisch
dazu: consobrinus/consobrina und proavunculi/promaterterae nepotes. Es
entsteht eine Figur mit der Silhouette eines Baums, eine hohe Abstraktion
für Kirchenrechtler. Man kann die Felder entlang hickeln wie beim
Kinderspiel „Himmel und Hölle“ und kommt beim letzten Sprung zum Ehepartner
hoffentlich aus dem höllischen Inzestgebiet in den Himmel erlaubter
Ehe. (Bei den frühsten Varianten sind jedem Feld noch die genauen
Gradzahlen mit eingeschrieben.) Dass der Proband zahlreiche Kinder haben
konnte (sie sind alle filius oder filia, da gibt es keine Seitenverwandten)
und bestimmt auch einen Großvater mütterlicherseits hatte, brauchte
eine solche Arbor consanguinitatis nicht wiederzugeben, denn die Verwandtschaftsbezeichnungen
waren zu finden: Auch die Brüder der Enkel sind Enkel, beide Großväter
hießen avus. Eine Arbor consanguinitatis würde, wenn sie mit
konkreten Personen ausgefüllt wäre, geradezu platzen, weil in
jedem Kästchen mehrere Namen stünden. Und je weiter die Kästchen
oberhalb vom (evtl. zu denkenden) Ego entfernt stehen, desto voller wären
sie mit Personen, die untereinander garnicht verwandt sind.
Ein derartiges Schema konnte in einem Streitfall wie
dem Hammerstein-Prozess kaum helfen, weil es nicht die jeweils real existierende
Verwandtschaft wiedergab, sondern in seiner Abstraktion nur Konsanguinitätsränge.
Fried hält trotzdem – ich vereinfache zulässig – die Arbores
für eine Art Ab-Fragebogenformular für Inzest-Inquisition. Fried
hätte sehen müssen, dass sie dafür nicht geeignet waren.
In der Abbildung (auf die er sich beruft, die er sich aber nicht näher
angeschaut zu haben scheint) variieren einige Bezeichnungen und sind einige
der äußeren Felder noch frei. Viele der Abweichungen dieses
„Typs 5C“ (Bezeichnung Schadts ) vom „Ideal“ kann man nur als Fehler bezeichnen:
Patruus magnus und Propatruus werden zu Propatruus magnus, Atavunculi
filii und Atmaterterae filii stehen nicht in einem Feld, Abnepos und Atnepos
sind vertauscht, auf den Trinepos folgt Trinepotis nepos… Die Fehler waren
beim mechanischen Abschreiben weitergeschleppt worden und hatten sich immer
mehr kumuliert. Das Ergebnis war blanke theologische Theorie, die sich
nie in der Praxis bewähren musste.
Ein Rätsel bleibt die Notiz von Saint-Omer. Wozu
und wieso sind da zuerst drei Filiationslinien dargestellt, zwei davon
als Schema consanguinitatis, das nicht zu einem Brautpaar führt, also
schon gar nicht zu dem inkriminierten Ehepaar, dessen Schema mit Item ex
alia parte angeschlossen wird? Sie führen alle über Männer
zu Männern, bieten aber weder die agnatische Linie des Bräutigams
(für ihn ist gerade der Vater angegeben), noch vollständig seine
agnatische Verwandtschaft. Fried meint nun, diese Linien seien Relikte
einer Prüfung in seinem Sinne. „Dass die ihnen zugeordneten Namen
aufgeschrieben wurden und die Notiz erhalten blieb, ist ein einzigartiger
Glücksumstand. Er gestattet den Einblick in die Prüfungspraxis
inkriminierter Ehen bei unterstellter, aber noch nicht verifizierter Verwandtschaft.
Sie bestand in der Aktualisierung beider Seiten des Verwandtschaftsschemas
für den Einzelfall.“ Kurz und gut, Fried meint, wir hätten hier
so etwas wie das Regest einer Stasi-Akte, genauer einer Kirchensicherheits-Akte.
Vernünftige Menschen wären jedenfalls nicht so umständlich
vorgegangen, und selbst die überwachungssüchtigsten Mönche
und Bischöfe hätten gewusst, dass nicht nur reine Männer-
oder Frauenlinien zu prüfen sind, sondern die viel zahlreicheren Mischlinien.
Wann wurde überhaupt geprüft? Auf bloßen
Verdacht hin? Auf Geheiß des missgünstigen Kaisers, wie Fried
meint? Hatten Mönche Geheimarchive mit Personenstandsakten? Die Betroffenen
und ihre Familien wussten doch nach Fried so gut wie nichts von ihren Vorfahren?
Ich schaue nicht lange nach einschlägiger Literatur.
Ich setze voraus, dass solche Eheprozesse zumindest in der Beweisaufnahme
mündlich waren. Es gab also ein Verfahren wie später die Aufschwörung
bei Aufnahme in ein Domkapitel: Angesehene Männer aus der Verwandtschaft
(oder der Nicht-Verwandtschaft) mussten unter Eid erklären, wer die
4 ersten Ahnengenerationen von Bräutigam und/oder Braut waren.
Vielleicht gab es differierende Aussagen wegen durch frühen Tod nicht
erinnerter Zwischengenerationen oder bei Kettenehen. Eine gefundene und
bestätigte Verwandtschaft dann als Deszendenzlinien von dem gefundenen
gemeinsamem Vorfahren(paar) darzustellen, war kein Problem für den
notierenden Geistlichen. So stand denn in der Notiz von St. Omer:
Godefridus et Gerbirhc nepos et neptis. Godefridus genuit Irmingardam.
Gerbirhc genuit Imizam. Imiza genuit Ottonem. Daraus ging der Grad der
Verwandtschaft deutlich hervor, wenn man, eben nicht im Wortsinn der Arbores!,
nepos et neptis als Cousin und Cousine 1. Grades versteht, die weder patrueles
noch consobrini sind.
Zur Sicherheit konnte der Inquisitor sein Schema in einer
Arbor consanguinitatis abzählen. Ich glaube nicht, dass er es tat,
jedenfalls zeigt die Aufzeichnung von St. Omer keine Spur davon. Sonst
hätte es im zweiten Teil etwa geheißen: „Arbor Ottonis: Mater
Imiza –Avia Gerbirhc – (Proavia/Proavus X) – (Proavunculus oder Promatertera
Y) – Proavunculi (oder Promaterte-rae) filius Godefridus – Proavunculi
(…) neptis Irmingarda; oder umgekehrt (ich kürze ab) „Arbor Irmingardis:
Pater – … … – Propatruelis (…) i magni (sive amitae magnae) filia Gerbirhc
– Propatruelis (…) neptis Imiza – Propatruelis (…) pronepos Otto“, und
hätte mit dieser Methode nach Lehrbuch genauso festgestellt, dass
die Ehe innerhalb der verbotenen Grade war, weil jedes Kästchen einem
kanonischen Verwandtschaftsschritt entsprach. Genau genommen hätte
schon genügt: „Ottoni non licet nuptias inire cum Irmingarda, nepte
propratruelis proavunculi (sive promaterteraeproamitae) sui (suae) quia
eius in gradu sexto est consanguinea.“
Nach Jackman wäre die Ahnenschaft bis in die 5.
Ahnengeneration geprüft worden, Fried meint „Die Agnaten-Genealogie
reicht sechs Generationen zurück.“ Zumindest letzteres wäre überflüssig
gewesen, denn die auf den Arbores der Vollständigkeit halber theoretisch
verbotene Verwandtschaft 6 : 1 ist biologisch kaum möglich.
Was sollen aber die ersten Filiationslinien der Aufzeichnung
aus St. Omer? Ich kann mir nur vorstellen, dass sie den Zeugen galten,
die die Ahnentafeln „aufschwuren“, um deren Zusammenhang mit dem Ehemann
klarzulegen, also ihre Sachkenntnis oder Unvoreingenommenheit. . Solange
wir den Zweck nicht genau erkennen, können wir auch nicht sagen, um
wen es geht, und wenn wir das nicht wissen, dürfen wir diese unklare
Quelle nicht auswerten. Aller Wahrscheinlichkeit nach (auch wenn es nicht
um Zeugen ginge) müssten die Probanden doch Zeitgenossen des Prozesses
sein, also Mitte der 1020er Jahre gelebt haben. Die bisherigen Deutungen
bleiben immer im 10. Jahrhundert, ein Gestochere im Dunkel früherer
Generationen.
Wäre die Aufzeichnung aber eine Art Stammtafelgerüst
der KONRADINER, müsste man sie
als lückenhaft und problematisch bezeichnen, könnte jedenfalls
darauf keine glaubhaften Hypothesen aufbauen. Das zeigt sich schon an den
ganz verschiedenen Ansätzen, wie man in der Aufzeichnung den unverbunden
auftauchenden Heribert in den Zusammenhang stellt. Dass ein paar Namenfolgen
in den rudimentären Stammtafeln, die man von den KONRADINERN
erstellen kann, als Filiationslinien erscheinen, besagt angesichts der
Namenvererbung wenig. Einen Gebehard mit Sohn Cuno und Enkel
Cuno
kann es in jeder Generation ein- oder zweimal gegeben haben. Warum soll
nicht der 938 bei der Belagerung von Belecke gefallene gleichnamige Sohn
Udos
(I) gemeint sein? Mit dem ersten
Cuno wären wir
bei einem der möglichen „heredes quasi filii“ und dem ersten oder
zweiten Glied der Filiationskette (nach Jackman)
Konrad vom Elsaß
- Konrad von Schwaben - Konrad Graf von Ortenau, ob mit oder
ohne den ungesicherten Elsässer. Diese Lösung erscheint mir sehr
viel plausibler als die Konstruktion Jackmans, der die Reihe in den Erberhardinischen
Ast der KONRADINER-Agnaten versetzt.
Jackman wie ich müssen freilich einräumen, dass Udo, der
nepos des Gebehard (sie sind filii duorum fratrum) in der Luft hängt.
Als Udos (I) Vater Gebhard
910 gegen die Ungarn fiel, hinterließ er nach dem Continuator Reginonis
nur zwei Söhne, eben Udo und Hermann.
Hermann
aber hatte keinen Sohn. Der 938 gefallene Gebehard
kann Brüder und Schwestern gehabt haben, aber keinen patruelis Udo.
Der Gebhard
Jackmans hat zwar einen patruelis Udo, nämlich
Udo
(I), aber der hat keinen ihn überlebenden Sohn Otto
(Graf im Grabfeld), weil das, wie wir sahen, mit der Verteilung quasi
hereditatem nicht zu vereinbaren ist.
Diese Diskussion ist freilich überflüssig,
denn meine wie Jackmans und jede bisherige Lösung entspricht nicht
der Forderung, dass die Probanden, also Otto und Konrad,
um 1020 gelebt haben sollen. Außerdem: Wenn wir Fried glauben, dass
der Adel sich seiner Ururgroßeltern nicht erinnern konnte, dürfen
wir auch einer Verwandtschaftsdarstellung nicht vertrauen, die sechs Generationen
zurückgeht, selbst wenn sie von schriftkundigen Mönchen aufgezeichnet
wurde. Wir sollten uns in unserem Wissensdurst nicht an diesen Strohhalm
klammern, um aus ihm in dieser quellenlosen Zeit die blasse Limonade vergifteter
Erkenntnis zu saugen.
915
oo Kunigunde von Vermandois, Tochter des Grafen
Heribert I.
-
Kinder:
Gebhard III.
ca 918/20- 938
vor Belecke
Konrad Herzog von Schwaben
ca 925/30-20.8.997
Udo II. Graf der Wetterau
ca 920/25-14.7.982
Heribert Graf Kinzinggau
ca 930- 992
Judith
ca. 925-16.10.973
959
oo Heinrich I. Graf von Stade
-9.5.975/76
Hugo Graf im Einrichgau
-
Kinder: Nach Jackmann/Fried
Gebhard
-
938
Udo (Otto) Bischof von Straßburg
-
965
Otto Graf von Grabfeld
-
Literatur:
-----------
Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft
ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 85
-
Beumann,
Helmut: Die Ottonen, Verlag W. Kohlhammer, 1991 Seite 60 - Büttner,
Heinrich: Geschichte des Elsaß I. Politische Geschichte des Landes
von der Landnahmezeit bis zum Tode Ottos III. und Ausgewählte Beiträge
zur Geschichte des Elsaß im Früh- und Hochmittelalter, Jan Thrbecke
Verlag Sigmaringen 1991 - Fried, Johannes: Prolepsis oder Tod? Methodische
und andere Bemerkungen zur Konradiner-Genealogie im 10. und frühen
11. Jahrhundert - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und
ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite
66 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen.
Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10.
und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 46,49-51,65 - Hlawitschka,
Eduard: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des
11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands, Jan Thorbecke
Verlag Sigmaringen 1987 Seite 47-49,65,152 - Holtzmann Robert: Geschichte
der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München
1971 Seite 117,123,130,170 - Köpke, Rudolf/Dümmler Ernst: Kaiser
Otto der Große, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1962
Seite 73,91-92,117,175 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer
GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 224 - Schwager, Helmut:
Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf.
1994 Seite 135,158, 252,284,326 - Widukind von Corvey: Die Sachsengeschichte.
Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stutggart 1981 Seite 119,145 - Wies,
Ernst W.: Otto der Große, Bechtle Esslingen 1989, Seite 110,115 -
Wolf
Armin: Wer war Kuno von Öhningen? Überlegungen zum Herzogtum
Konrads von Schwaben (+ 997) und zur Königswahl vom Jahre 1002. in
Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters Band 36 1980, Seite
25-83 -