Einziger Sohn des Franken-Königs Chlothar
I. aus seiner 2. Ehe mit der Chunsena
Thiele, Andreas: Tafel 2
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"Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen
Geschichte Band I, Teilband 1"
CHRAMN
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†
560 ermordet
Regent der Auvergne
Chramm war mit seinem Onkel Childebert I. gegen den Vater verbündet. Er floh in die Bretagne, wurde von seinem Stiefbruder Guntram bekriegt und nach seiner Gefangennahme auf Befehl des Vaters mit Frau und etlichen Töchtern bei lebendigem Leibe in einer Hütte verbrannt.
oo CHALDA VON AQUITANIEN
† 560 ermordet
Tochter des Herzogs Wilichar
An einer Intervention in Italien hinderten ihn jedoch
die Rebellion seines Sohnes Chramm (556-560)
und Aufstände der Sachsen
und Thüringer.
Aus der fränkischen Aristokratie stammten im 6.
Jahrhundert die Königinnen Ingund
und
Arnegund
(Chlothar I.), Chalda (Chramm),
Ingoberga
(Charibert
I.),
Marcatrud
(Gunthram) und Audovera
(Chilperich
I.), vielleicht auch Faileuba
(Childebert
II.).
Schneider Reinhard: Seite 85,86
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"Königserhebung im Frühmittelalter"
Zu denen, die schon zu Lebzeiten des Vaters nach der Königsherrschaft strebten, gehört Chram, Chlothars Sohn aus der Ehe mit Chunsina [104 Alle anderen Söhne Chlothars stammten aus seinen Ehen mit Ingunde oder Arnegunde.]. Als im Jahre 555 Chlothar das Reich Theudebalds an sich riß, schickte er Chram nach dem miterworbenen, militärisch sehr wichtigen Clermont, wo dieser in der Folgezeit residierte und eine recht selbständige Herrschaft ausübte, die man auch dann als eine Art Unter-Königtum ansprechen müßte, wenn Gregor von Tours ihn nicht als rex schon in dieser frühen Phase bezeichnen würde. Im Clermonter Herrschaftsbereich (Aquitania I) hatte Chram bereits Versprechen gegeben, wie er nach seiens Vaters Tode sich verhalten würde, und sich in seiner Politik ganz offensichtlich gegen die etablierten Gewalten gerichtet. Als Chram dann in Poitiers (Aquitania II), welches wohl zu seinem teilaquitanischen Unter-Königtum gehörte, mit großer Machtentfaltung residierte, steigerte sich seine Politik gegenüber dem Vater zur Empörung. Es wird berichtet, er sei zu seinem Oheim Childebert übergetreten, der habe versprochen, ihn aufzunehmen, und es sei zwischen beiden ein geheimer Schwurbund konspirativen Charakters gegen Chlothar geschlossen worden. Neben die innenpolitische Plattformsuche war jetzt die außenpolitische Absicherung getreten. Der nächste Schritt führte Chram in das Gebiet von Limoges, das er schon früher in väterlichem Auftrag betreut hatte. Er unterwarf es seiner Herrschaft auf einem Umritt durch das Land, welches ihn als dominus anerkennen mußte. Wenn Gregor Chram später die Erklärung zuschreibt, omne quod circuivi laxare non potero, sed sub mea hoc potestate cum gratia patrismei cupio retenere, dann heißt das nichts anderes, als daß Chrams Unter-Königtum durch eine reguläre Königsherrschaft abgelöst worden ist; von konstitutivem Charakter war dabei Chrams Umritt, auf dem die Anerkennung als Herrscher durchgesetzt und das Land seiner potestas unterworfen worden ist. Auch diese erneute Bezeugung eines Königsumritts im MEROWINGER-Reich zeigt die beiden Aspekte eines entscheidenden Teils der Königserhebung und der Übernahme der Herrschaft durch den neuen König. Einen solchen hinzunehmen, kam Chlothar jedoch nicht in den Sinn, der zwei andere Söhne ins Feld gegen Chram schickte. Auch für ihre eigenen Erb- und Herrschaftsansprüche kämpften Charibert und Guntram. Chram konnte sich noch eine Zeitlang behaupten, errang einige Teilerfolge gegen seine Halbbrüder und schloß in Paris eine förmliche Schwurfreundschaft mit Childebert gegen seinen Vater Chlothar. Sobald dann mit Childeberts Tod die Rückendeckung wegfiel, konnte sich Chram nicht mehr halten, und seine Herrschaft löste sich auf. Als er sich dem Vater gestellt hatte, schien ihm dieser zu verzeihen, doch Chram empörte sich wieder, mußte fliehen und kam in aussichtsloser Lage erbärmlich um.
Zöllner Erich: Seite 103-105
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"Geschichte der Franken bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts."
Betrafen nun die Sachsenkämpfe vorderhand Außenbezirke
von
Chlotachars Herrschaft, so wurde
der König durch die Empörung seines Sohnes
Chramn
viel unmittelbarere betroffen.
Chramn [1 Er
stammte aus der Verbindung des Vaters mit Chunsena.
Greg. Tur. IV 3] war nach dem Zeugnis Gregors, der über ihn gut unterrichtet
gewesen sein dürfte, ein recht übler Bursche. Vom Vater
als Unter-König mit der Regierung Aquitaniens betraut, hatte
er zunächst seinen Sitz in Clermont (Aquitania I), wo er sich in der
lockeren Gesellschaft jugendlicher Spießgesellen höchst unerfreulich
aufführte und mit ihnen den Töchtern der Senatorenfamilien nachstellte;
selbst das Asyl der Kirchen gewährte vor seinen Verfolgungen keinen
Schutz. In der Folgezeit verlegte Chramn
seine Residenz nach Poitiers (Aquitania II) und trat mit seinem Onkel
Childebert in eine heimliche, gegen
den eigenen Vater gerichtete Verbindung. Die Sachsen unternahmen, angeblich
von Childebert aufgestachelt, einen
Zug in das Rheinland und verheerten es bis in die Gegend der Stadt Deutz.
Chlotachar war also an der Rheinfront
gebunden. Währenddessen suchte Chramn
den
Widerstand der Stadt Clermont zu brechen, die gegen den rebellierenden
Sohn am Vater festhielt. Chlotachar
sandte eine Heer unter seinen Söhnen Charibert
und Guntchramn, Halbbrüdern
des
Chramn, gegen diesen ins Feld.
Chhramn
brach die Belagerung von Clermont ab und lagerte sich mit seinem Anhang
bei Limoges. Infolges eines Unwetters kam es nicht zu einer Entscheidungsschlacht,
doch gelang es Chramn, die beiden Brüder
durch die falsche Nachricht vom Tode des Vaters im Sachsenkampf zum
Abzug zu bewegen. Chramn benützte
die Gelegenheit zur Eroberung der Stadt Chalons-sur-Saone und nahm die
Belagerung des festen Dijon auf, die jedoch erfolglos blieb. Dann begab
er sich zu Childebert nach Paris und
beide erneuerten unter Eidesleistung das gegen Chlotachar
gerichtete
Bündnis. Childebert
fiel in die
Champagne ein und drang unter Verheerungen bis Reims vor. Chramn
dürfte sich seinerseits der Stadt Tours bemächtigt haben, denn
der ihm feindliche Herzog Austrapius mußte in der Martinsbasilika
Zuflucht suchen. Die Lage war für den bedrängten Chlotachar
also höchst bedenklich, als ihm der Tod Childeberts,
der am 23. Dezember 558 in Paris verschied, wieder Luft verschaffte. Chlotachar
wurde
in dem vakant gewordenen Teilreich von Paris als König anerkannt,
er schickte die Witwe Childeberts Ultrogotho
und deren beide Töchter in die Verbannung. Es gelang ihm, der
einst unter seinen Brüdern die unbedeutendste Stellung innegehabt
hatte, die fränkische Reichseinheit wiederherzustellen, denn auch
der rebellische
Chramn hielt es unter
den gegebenen Umständen für klüger, Ausgleich und Versöhnung
mit dem Vater zu suchen. Das Einvernehmen beider kann allerdings nur kurze
Zeit gedauert haben, denn im Jahre 560 empörte sich Chramn
neuerdings; diesmal stützte er sich auf den Bretonen-Fürsten
Chonoober. Als die Rebellion eine ungünstige Wendung nahm, suchte
Chramn mit Gemahlin und Töchtern
Zuflucht in der Bretagne, unterlag aber mit einem bretonischen Heer gegen
den Vater. Chonoober fiel im Kampf.
Chramn
wurde gefangen und mit Gattin und Töchtern in einer Hütte verbrannt.
Sein Schwiegervater Wiliachar hatte in der Basilika des heiligen
Martin zu Tours Zuflucht gefunden und wurde schließlich begnadigt.
Hartmann Martina: Seite 52,56
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"Aufbruch ins Mittelalter. Die Zeit der Merowinger."
In seinen letzten Lebensjahren wurde Childebert
noch einmal gegen seinen Bruder Chlothar
aktiv, vielleicht weil er sich doch nicht damit abfinden konnte, dass dieser
ihm seinen Anteil am Reimser Reich des 555 verstorbenen Großneffen
Theudowald
durch Drohungen abgerungen hatte: Jedenfalls verbündete
Childebert sich mit Chlothars Sohn
Chramn
(† 560), der nach der Schilderung Gregors von Tours
ein recht übler Bursche gewesen sein muss und der weder die Töchter
der angesehenen Familien respektierte noch das Kirchenasyl. Chramn
war vom Vater zum Unter-König von Aquitanien gemacht worden
und wurde, nachdem die Konspiration mit dem Onkel gegen seinen Vater ruchbar
wurde, zunächst von seinen Halbbrüdern Charibert
I. (561-567) und Gunthram
(561-592) bekämpft, allerdings ohne großen Erfolg.
Erst als sein Onkel Childebert,
der zuvor die Champagne verheert hatte und bis nach Reims vorgedrungen
war,
558 plötzlich starb und Chlothar
im Teilreich von Paris als König anerkannt wurde, musste sich Chramn
dem Vater ergeben.
Gemeinsam mit seinem Sohn Chilperich
I. (561-584) führte Chlothar
in seinen letzten Lebensjahren Kämpfe mit den Dänen, Sachsen
und Thüringern. Auch gegen seinen Sohn Chramn
ließ er noch einmal ein Heer zu Felde ziehen, als dieser sich erneut
gegen den Vater verschwor, diesmal mit den Bretonen. Chramn
unterlag schließlich (560):
Aber während
er noch sein Weib und seine Töchter
retten wollte,
wurde er vom Heere des Vaters überwältigt,
gefangen und gebunden.
Als dies König Chlothar
vernahm, befahl
er, ihn mit seinem Weibe und seinen
Töchtern zu
verbrennen. Und sie wurden eingesperrt
in die Hütte
eines armen Mannes, Chramn auf
eine
Bank gelegt und
mit
einem Schweißtuch erdrosselt
und dann die Hütte
über ihren Häuptern angezündet.
(Gregor von
Tours, Historien IV,20 = I Seite 223 und 225)
Chlothar erscheint
einmal mehr gegen Ende seines Lebens abstoßend in seiner Brutalität,
wenngleich Gregor ihn nach diesen Ereignissen zum heiligen Martin nach
Tours ziehen und die Sünden seines Lebens bereuen lässt, bevor
er ziemlich genau ein Jahr nach dem Tod Chramns
und drei Jahre nach seinem Bruder Childebert
im Dezember 561 im Alter von 60 Jahren gestorben sein soll, nach einer
Herrschaft von 50 Jahren.
oo Chalda von Aquitanien, Tochter des Herzogs Wilichar
† 560 ermordet
Kinder:
Theoda
†
560
Literatur:
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Dahn Felix: Die Franken. Emil Vollmer Verlag 1899
- Dahn, Felix: Die Völkerwanderung. Kaiser Verlag Klagenfurth
1997, Seite 377,379,380 - Ewig Eugen: Die fränkischen
Teilungen und Teilreiche (511-613). Verlag der Akademie der Wissenschaften
und der Literatur in Mainz 1952 - Hartmann Martina: Aufbruch ins
Mittelalter. Die Zeit der Merowinger. Primus Verlag 2003 Seite 52,56 -
Hlawitschka, Eduard: Adoptionen im mittelalterlichen
Königshaus, in: Schulz Knut: Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte
des Mittelalters, Festschrift für Herbert Helbig zum 65. Geburtstag,
Köln Seite 1-32 - Offergeld Thilo: Reges pueri. Das Königtum
Minderjähriger im frühen Mittelalter. Hahnsche Buchhandlung Hannover
2001 Seite 199 - Schneider, Reinhard: Königswahl und Königserhebung
im Frühmittelalter, Seite 85,86,140,253 - Thiele, Andreas:
Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte
Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 2 -
Zöllner
Erich: Geschichte der Franken bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts. Verlag
C. H. Beck München 1970, Seite 103-105,108,122,127,138,152 -