Ältester Sohn des Franken-Königs
Chlothar I. aus seiner 3. Ehe mit
der Ingunde
Lexikon des Mittelalters: Band II Spalte 1719
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Charibert I., merowingischer König
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* 518, † 567
Bei der Reichsteilung nach dem Tod Chlothars I. 561 unter dessen vier Söhne bekam der älteste, Charibert, das Teilreich von Paris, das aber um die westlichen Civitates des Reiches von Orleans vergrößert wurde und damit eine direkte Verbindung zu dem aquitanischen Anteil erhielt. Chariberts Tochter Bertha heiratete den König AEthelberht von Kent. Charibert I., von dem hauptsächlich delikate Ehegeschichten überliefert sind, starb 567; seine Regierung blieb "eine kurze und ruhmlose Episode" (Ewig).
Quellen:
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Gregor von Tours, Hist. Fr. IV, 3,16,22,26; IX, 26 (MGH
SRMP) - Beda, Hist. eccles., ed. B. Colgrave-R. Mynors, I, 1969 -
Literatur:
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E. Ewig, Die frk. Teilungen und Teilreiche (511-613),
1953, 676-679 (Ders., Spätantikes und frk. Gallien I, 1976, 135-138)
- Ders. Stud. zur merow. Dynastie, FMASt 8, 1974, 29-31.
CHARIBERT
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†
um 567
561 König zu Paris-Tournai
Charibert war insgesamt
viermal verheiratet. Zwei Töchter wurden Nonnen; die Tochter Bertha
heiratete
König Ethelbert I. von Kent
(† 616).
Ewig Eugen:
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„Die Merowinger und das Frankenreich“
Nach dem Tode seines Vaters knüpfte man an die Teilung
von 511, bei der Paris an Charibert
fiel. Die Ländermassen mußten indessen neu gruppiert werden,
wenn man am Grundsatz der Teilung aequa lance festhielt.
An Charibert fiel
als Ältesten der Hauptteil der Francia Chlodwigs
zwischen Somme und Loire, darunter die gesamte Provinz Tours. An
Charibert
von Paris fiel auch der Hauptteil der Erwerbungen südlich
der Loire: grosso modo die Provinzen Bordeaux (Aquitania secunda) und Eauze
(Novempopulania), darüber hinaus Limoges, Cahors und Albi. Die Reichsteile
der drei Ingund-Söhne waren etwa
gleichwertig.
Der labile Frieden unter den MEROWINGERN
war durch den frühzeitigen Tod Chariberts
I. von Paris im November oder Dezember 567 schwer erschüttert
worden.
Schneider Reinhard: Seite 92-93
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„Königswahl und Königserhebung im Frühmittelalter“
Im Jahre 567 (nach November 17) starb König Charibert. Trotz mehrerer Eheschließungen [139 Er hatte auch mehrere Ehefrauen gleichzeitig, wie aus Gregor IV, 26 Seite 157 und Seite 159 hervorgeht.] hinterließ er keinen Sohn, so daß eine Verteilung seines Erbes an die Brüder nahe lag. Aber als König Guntram die Chance eines zusätzlichen Erbanspruches sah, griff er sofort zu. Chariberts Witwe übermittelte ihm nämlich ein Heiratsangebot, das Guntram bereitwillig anzunehmen versprach, wenn Königin Theudechilde "ihre Schätze" mitbrächte. Sie tat es zu des Königs Wohlgefallen, doch an ihr selbst war er nicht mehr interessiert, und Theudechilde verschwand gegen ihren Willen in einem Kloster
Dahn, Felix: Seite 384
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"Die Völkerwanderung."
"König
Charibert nahm dagegen zu seinem
Gemahl die Ingoberga,
von der er eine Tochter Aldeberga (oder
auch Bertha) hatte, welche nach England
an König Ethelbert
von Kent vermählt wurde.
Ingoberga hatte damals
in ihrem Dienst zwei Mädchen, eines armen Mannes, eines Wollarbeiters,
Töchter. Die älteste, Markovefa,
trug Nonnenkleider, die andere hieß Meroflede,
und der König war diesen Mädchen sehr zugetan. Ingoberga,
voll Eifersucht auf sie, weil sie der König liebte, ließ einst
deren Vater arbeiten, damit der König ihn sehen sollte und sich der
Mädchen schämen Und als der Vater bei der Arbeit war, rief sie
den König. Dieser aber hoffte etwas Neues zu sehen, kam und sah jenen
von fern, wie er die königliche Wolle zurichtete. Und als er dies
sah, wurde er zornig, verließ nicht etwa die beiden Mädchen,
sondern Ingoberga und vermählte
sich mit Meroflede! Er nahm auch ein
anderes Mädchen zur Ehe, eine Hirten-Tochter, mit Namen Theudechildis,
von der soll er einen Sohn gehabt haben, der aber gleich nach der Geburt
starb und begraben wurde."
Hier sehen wir also abermals einen merowingischen
König eine Reihe der heiligsten Kirchengebote über die Ehe zugleich
mit Füßen treten: er hatte neben seiner Frau zwei Konkubinen,
noch dazu Schwestern, deren eine das Gelübde der Keuschheit abgelegt
hat. Er verstößt ohne Recht seine Gattin, heiratete eine der
beiden Buhlen und nimmt außer deren Schwester noch eine vierte.
Später nahm er Markovefa,
die Schwester der Merofleda, zur Ehe,
weshalb beide vom heiligen Bischof Germanus in den Kirchenbann getan wurden,
da die Kirchengesetze die Ehe mit der Schwester der früheren Frau,
aber natürlich auch das Konkubinat neben der Ehefrau und deren willkürlichen
Verstoßung, untersagten. Jedoch da der König sie nicht verlassen
wollte, traf sie das Gericht Gottes. Sie starb alsbald, und der König
nicht lange nach ihr zu Paris, wohl im Jahre 567.
Hartmann Martina: Seite 57,95-97
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"Aufbruch ins Mittelalter. Die Zeit der Merowinger."
Charibert I. - eine ruhmlose Episode
Der älteste überlebende Sohn von Chlothar
I. und Ingunde erhielt 561
das Teilreich von Paris mit einem Gebietsanteil um Orleans, sodass
eine direkte Verbindung zu seinem Anteil an Aquitanien bestand. Seine Regierungszeit
von ca. sechs Jahren wude als "kurze und ruhmlose Episode" (Eugen Ewig)
charakterisiert. Gregor von Tours berichtet ebenso wie bei Chariberts
Vater ausführlich von verschiedenen "Frauengeschichten". Demnach verstieß
Charibert
seine Gemahlin Ingoberga
(†
589) wegen eines Mädchens aus dem Gesinde namens Merofledis,
die er stattdessen zur Frau nahm. Bald darauf machte er Theudogildis,
die Tochter eines Schafhirten, zu seiner zweiten Gemahlin und ehelichte
schließlich noch Merofledis'
Schwester Marcofeiva, obwohl diese,
wie Gregor sagt, Nonne war. Wohl nicht wegen dieser Polygamie, sondern
wegen der Tatsache, dass er eine Nonne zu seiner Frau gemacht hatte, wurde
König
Charibert I. vom bereit erwähnten
Bischof Germanus von Paris (555-576) exkommuniziert, und
Gregor schreibt - wie es scheint, nicht ohne Genugtuung über die gerechte
Strafe Gottes -, dass bald darauf zunächst Marcofeiva
und dann auch der König selbst gestorben seien.
Theudogildis bot sich nach dem Tod ihres Gemahls Chariberts
Bruder Gunthram (561-592)
als Ehefrau an und stellte ihm dafür den Königsschatz in Aussicht,
doch Gunthram nahm den Schatz und ließ
Theudogioldis
ins Kloster einweisen, wie Gregor nicht ohne Spott erzählt.
Trotz seiner zahlreichen Frauen war Charibert
I. im Jahr 567 gestorben, ohne einen Sohn hinterlassen
zu haben, sodass sein Reich wie 524 das Chlodomers
von den anderen Brüdern aufgeteilt wurde; allerdings führte diese
Teilung zu jahrelangen Auseinandersetzungen.
Erwähnenswert aus Chariberts
Regierungszeit und von Bedeutung für die Zukunft ist allein die Tatsache,
dass er seine Tochter Berta aus der
Ehe mit Ingoberga an den angelsächsischen
König Aethelbert von Kent (560/65-616/18)
verheiratete, denn durch Berta und
sie begleitende Geistliche kam das Christentum nach England.
Von der Königin Ingoberga
(† 589), der von König Charibert
I. (561-567) verstoßenen
Gemahlin, berichtet Gregor von Tours, sie habe im Jahre 589, also 20 Jahre
nach Chariberts Tod, ein Testament
gemacht und darin verschieden Kirchen zu Erben eingesetzt, außerdem
zahlreichen Unfreien die Freiheit geschenkt.
Wie nicht anders zu erwarten, gab es zahlreiche Hinweise
auf Eifersucht zwischen den "Favoritinnen" des Herrschers:
Ingoberga († 589),
die Gemahlin König Chariberts I.
(561-567), versuchte durch Hinweis auf die einfache Herkunft
von Merofledis und Marcoveifa,
ihren Mann von seinen Gefühlen für die beiden zu "kurieren" (Historien
IV, 26 = I Seite 229) und Marcatrud,
die Gemahlin Gunthrams (561-592),
ließ, wie erwähnt, ihren Stiefsohn vergiften.
1. oo Ingeborga
† 589
2. oo Meroflede
†
3. oo Theudechildis (Hirtentochter)
† um 576
4. oo Markovefa, Schwester der Meroflede
† 567
Kinder:
1. Ehe
Bertha
†
oo Ethelbert I. König von Kent
550†
616
Literatur:
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Dahn Felix: Die Franken. Emil Vollmer Verlag 1899
- Dahn, Felix: Die Völkerwanderung. Kaiser Verlag Klagenfurth
1997, Seite 380,382, 384 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter.
C.H. Beck München 1994, Seite 49,52-53 - Ewig Eugen: Die fränkischen
Teilungen und Teilreiche (511-613). Verlag der Akademie der Wissenschaften
und der Literatur in Mainz 1952 - Ewig, Eugen: Die Merowinger und
das Frankenreich. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1993,
Seite 41-43,47, 84,121,136 -
Hartmann Martina: Aufbruch ins Mittelalter.
Die Zeit der Merowinger. Primus Verlag 2003 Seite 52,57,60,64,95-97,100,123,139,142
- Hlawitschka, Eduard: Adoptionen im mittelalterlichen Königshaus,
in: Schulz Knut: Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des
Mittelalters, Festschrift für Herbert Helbig zum 65. Geburtstag, Köln
Seite 1-32 - Jarnut Jörg: Agilolfingerstudien. Anton Hiersemann
Stuttgart 1986 Seite 57,93,99,126 - Nack Emil: Germanien. Ländern
und Völker der Germanen. Gondrom Verlag GmbH & Co. KG, Bindlach
1977, Seite 246 - Offergeld Thilo: Reges pueri. Das Königtum
Minderjähriger im frühen Mittelalter. Hahnsche Buchhandlung Hannover
2001 Seite 199,203,211,222,232 - Schneider, Reinhard: Königswahl
und Königserhebung im Frümittelalter. Untersuchungen zur Herrschaftsnachfolge
bei den Langobarden und Merowingern, Anton Hiersemann Stuttgart 1972 Seite
86,88,91-93,100,105,110,172 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische
Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G.
Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 2 - Werner Karl Ferdinand:
Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch
Verlag München 1995, Seite 335,342,347 - Zöllner Erich:
Geschichte der Franken bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts. Verlag C. H.
Beck München 1970, Seite 103,105,108,127,128,255 -