Mägdefrau Werner: Seite 8-12
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"Vom Thüringer Königreich bis zum Ende der Sächsischen Kaiserzeit 531-1024. Thüringen im frühen Mittelalter."

Aus der Sächsischen Weltchronik (Forschungsbibliotheklk Gotha, Memb. I 90):

Blatt 4 recto

König Irminfrid von Thüringen, der sich den Reichsansprüchen seines fränkischen Schwagers Theuderich widersetzt hatte, kämpfte gegen ihn in Runiberg und wurde am dritten Tage von Theuderich besiegt (531). Er rettete sich auf die Burg Scheidungen an der Unstrut. Im Bild erreicht er gerade das offene Tor.

Blatt 5 recto

Die Sachsen, die der Franke Theuderich zu Hilfe gerufen hatte, stürmten die Burg Scheidungen. Als die Thüringer sahen, daß sie die Festung nicht mehr halten konnten, stellten sie sich den Angreifern und kämpften um Land und Leben. Doch die Sachsen kämpüften um die Ehre und in der Hoffnung, weiteres Land zu erobern. Von den Thüringern wurden viele erschlagen und verwundet. Auch die Sachsen verloren 6.000 Mann. Da sandte König Irminfrid den Ritter Iring mit seinem ganzen Schatz zu Theuderich und bat um Friede und Gnade.

Blatt 6 recto

Als die Sachsen erfuhren, daß Franken und Thüringer einen Frieden geschlossen hatten und sich nun möglicherweise zusammen gegen sie wenden würden, befolgten sie den Rat eines alten Ritters  und überfielen die Thüringer in ihrer Burg. Die Thüringer, aus dem Schlaf gerissen, liefen schläfrig durch die Straßen hin und her und wußten nicht, wie ihnen geschah. Da wurden die Alten erschlagen und die Jungen gefangengenommen. König Irminfrid entkam knapp mit wenigen Mannen und seiner Familie.
Theuderich lud König Irminfrid zu sich und versprach dem Thüringer Iring Geld und Macht, wenn er seinen Herrn töte. Als Irminfrid vor Theuderich trat, schlug Iring ihn nieder. Sogleich sprach der Franken-König zu ihm: "Weil du deinen Herrn erschlagen hast, soll dich zu Recht die ganze Welt hassen. Weg von hier! Wir wollen mit deiner Bosheit nichts zu tun haben."

Die erstmalige Erwähnung der "Thoringia" als Bezeichnung für das Thüringer Königreich erfolgte in einem Sendschreiben Theoderichs des Großen, des Königs der Ostgoten, an Herminafrid, den König der Thüringer, nach 500/01. Dieses enthielt die Eheempfehlung Theoderichs an Herminafrid für seine Niche Amalaberga, Tochter seiner Schwester Amalafrid und des Vandalen-Königs Thrasamund.
Verbürgt sind die letzten Könige der Thüringer: Basinus (Besinus, Bisin) und seine Söhne Herminafrid (Hermenefred, Irminfrid), Berthachar und Baderich. Eine Tochter von König Basinus namens Radegunde wurde mit einem Langobarden-König verheiratet.
Für den Ostgoten-König Theoderich den Großen war das Königreich der Thüringer der wichtigste Bündnispartner nördlich der Alpen und östlich des Rheins - gegenüber den Expansionsbestrebungen des Franken-Reiches. Die Heirat König Herminafrieds mit Theoderichs Nichte Amalaberga um, wohl eher vor 510 war der sinnfälligste Ausdruck des engen thüringisch-ostgotischen Verhältnisses.
Das Königreich der Thüringer wurde im Jahre 531 vom fränkischen König Theuderich, dem Sohn Chlodwigs I., erobert. Der Untergang des Königreiches der Thüringer entschied sich in der Schlacht bei Burgscheidungen an der Unstrut am 1. Oktober 531 und mit der Ermordung des Thüringer-Königs Herminafried 534.
Nach ersten Angriffen auf das Thüringer Großreich 529/30 gelang es den christlich-katholischen Franken unter dem MEROWINGER-König Theuderich I. (511-534) - im Bunde mit seinem Bruder Chlothar I. (511-561) - 531 in der Schlacht an der Unstrut, dem Heer des Thüringer-Königs Herminafried eine vernichtende Niederlage beizubringen. Unterstützt wurden die Franken von den Sachsen, die dadurch den nördlichen Teil des ehemeligen Thüringer Königreiches oin Besitz nehmen konnten. Auch wenn sich der überlebende Herminafried noch einige Jahre halten konnte und ihm zunächst die Königswürde belassen wurde, bis er ins linksrheinische Zülpich gelockt und dort 534 umgebracht wurde, indem man ihn hinterhältig von einer Mauer stürzte, war mit den Ereignissen von 531 die politische Selbständigkeit Thüringens und die eigenständige Entwicklung vorerst vollendet.
Amalaberga, Königs-Witwe und Arianerin, floh nach dem Tode ihres Gatten Herminafried 534 mit ihren Kindern nach Ravenna zu ihrem Bruder Theodahad, dem Ostgoten-König, und später nach Byzanz, wo ihr Sohn Amalafrid zum Heerführer aufstieg.
Die Kinder von Herminafrids Bruder Berthachar wurden schon 531 von den Franken gefangengenommen. Es war sicher ein Akt der Staatsraison, daß der Franken-König Chlothar (  561) Radegunde, die Tochter Berthachars und Nichte Herminafrieds, heiratete; sie trug den gleichen Namen wie ihre Tante, die Langobarden-Königin.