Einziger Sohn des Ostgoten-Königs Theodemirs
aus dem Hause der AMALER
und der Ereliva
Lexikon des Mittelalters: Band VIII Spalte 621
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Theoderich der Große, König der Ostgoten
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* 451(eher als 456), † 30. August 526
Der A MALER Theoderich
wurde noch außerhalb des Römer-Reichs geboren. Sein Vater war
Thiudimir,
der mittlere von drei Brüdern (ältester: Valamir,
Ostgoten-König
in Pannonien 456/57 und 468/69; jüngster
Vidimir).
Theoderichs
Mutter Ereleuva lebte mit ihrem Mann in nicht vollgültiger
Ehe. Sie folgte ihrem Sohn nach Italien, wo sie als Königin galt und
als Katholikin den Taufnamen
Eusebia trug.
Theoderich schloß seine erste vollgültige Ehe, die
man kennt, wohl 493, mit der MEROWINGERIN
Audofleda
(Schwester Chlodwigs),
von der er seine Erbtochter Amalasuintha
(Amalasuntha) hatte. Aus
(mindestens) einer älteren Verbindung gingen die 493 bereits heiratsfähigen
Töchter Thiudigotho
und Ostrogotho
hervor, über deren Mutter (oder Mütter) nichts bekannt ist.
Theoderich lebte
von etwa 459 bis gegen 469 als Geisel in Konstantinopel und erlernte
hier zumindest die Grundregeln der schriftlichen antiken Verwaltungspraxis,
so daß er sicher kein Analphabet war, wie später behauptet wurde.
Als Theoderich spätestens 469
zu den pannonischen Ostgoten zurückkehrte, war sein Vater (nach dem
Tode des Onkels Valamir) König
geworden. Bereits um 470 unternahm Theoderich
mit den Gotenkriegern des verstorbenen Onkels seinen ersten erfolgreichen
Kriegszug, von dem an er sein Königtum datierte. In der zweiten Jahreshälfte
473 verließen die AMALER mit
ihren Völkern Pannonien:
Thiudimir
und
sein Sohn Theoderich zogen nach
Makedonien, wo Theoderich dem 474 verstorbenen
Vater als König nachfolgte. Bis 488 hatte sich Theoderich
sowohl gegen den königlichen Konkurrenten Theoderich
Strabo († 481) als auch gegen die kaiserliche Schaukelpolitik
zu behaupten. Theoderich wurde 481
Heermeister
(Magister
militum), trat am 1. Jan. 484 in Konstantinopel den
Konsulat (consul)
an (spätestens damals im Besitz des römischen Bürgerrechtes).
Da er sich der kaiserlichen Macht auf die Dauer nicht gewachsen sah, schloß
er mit
Zenon
488 einen Vertrag, wonach er nach Italien ziehen und »nach der Besiegung
Odoakers
für
seine Mühen an der Stelle des Kaisers, bis dieser dorthin komme, herrschen
solle«. Nach jahrelangen Kämpfen, einer abermaligen Erhebung
zum König 493 und der Ermordung Odoakers
erhielt
Theoderich
497 die kaiserliche Anerkennung, die seine Herrschaft in Italien (Italien
A. I. 3) auf Dauer zu sichern schien. Aus gegebenem Anlaß versuchte
Theoderich,
sein italisch-gotisches Regnum gleichsam als Ebenbild des (übergeordneten)
Kaiserreichs zu definieren. Kaiserlich war des Goten-Königs Herrschaft
über die römische Bürokratie; doch blieb das Recht Konstantinopels
gewahrt, Senatoren, Patrizier und die West-Konsuln - auf Vorschlag Ravennas
- zu ernennen. Theoderich entschied
über die Zugehörigkeit zum Senat, übte die Blutgerichtsbarkeit
wie das Gnadenrecht über alle Bewohner Italiens aus und besaß
die Hoheit in kirchlichen Angelegenheiten; eine Zuständigkeit, die
über
Theoderichs heermeisterliche
Befugnisse wesentlich hinausging.
Da Theoderich den
inneren Frieden Italiens sicherte, konnte er auch wie ein Kaiser wirtschaften.
Dem allgemeinen Wohlergehen diente das Edictum Theoderici, welches das
Kunststück fertigbrachte, das römische Kaiserrecht den gegebenen
Umständen anzupassen, ohne in das Vorrecht der kaiserlichen Gesetzgebung
einzugreifen. Der rasch erwirtschaftete Überschuß wurde für
eine intensive, obgleich zumeist restaurative Bautätigkeit verwendet
(Repräsentations- und Nutzbauten, etwa Wasserleitungen: Wiedererrichtung
des trajanischen Aquädukts in Ravenna; Verteidigungsanlagen). Die
herrliche Ausgestaltung der Königsstadt Ravenna ist diejenige Leistung
der Epoche Theoderichs, die am ehesten
das Prädikat schöpferisch verdient. Theoderichs
Staat bestand aus der italischen Präfektur, einem römisch verwalteten
Großraum von durchaus kaiserlicher Dimensionen, der die spätantike
Staatlichkeit bruchlos fortsetzte. Seit jeher bestand die Gewohnheit, daß
der Kaiser durch persönliche Beauftragte, comites (comes I.
1), in den bürokratischen Instanzenzug eingriff und ihn überwachte.
Diese Möglichkeit baute Theoderich
als 'comitiva Gothorum' aus. Der Inhaber eines solchen Auftrags
besaß militärische, in Ausnahmefällen auch zivile Aufgaben
und die damit verbundenen richterlichen Befugnisse. Unmittelbar in den
Jahren nach 493 gelang Theoderich die
gotische Ansiedlung in Italien, ohne größere Eingriffe in die
herkömmlichen Besitzstruktur vornehmen zu müssen. Wahrscheinlich
wurde kein Grund und Boden konfisziert, vielmehr dürfte die wirtschaftliche
Grundausstattung des Gotenheeres aus Anteilen des regulären Steueraufkommens
genommen worden sein.
Nach Niederlage und Tod seines Schwiegersohnes
Alarich
II. (507) wurde Theoderich
bis 511 in einen mehrjährigen innergotische Krieg verwickelt, der
mit dem Ergebnis endete, daß er auch König der Westgoten
wurde. Im Jahre 515 verheiratete er den westgotischen AMALER
Eutharich
mit
seiner Tochter Amalasuintha und designierte
ihn zu seinem Nachfolger. Diese Ordnung umfaßte alle Elemente von
Theoderichs
eigenem Königtum, nämlich Zugehörigkeit zu den AMALERN,
Designation durch den und bald auch die kaiserliche Bestätigung (518
durch den neuen
Kaiser
Justin I.).
Theoderichs
Erbfolgeordnung scheiterte aber bald; sein Schwiegersohn starb 522/523,
und die römische Opposition nahm direkt mit dem Kaiser Verbindung
auf. Die Antwort Ravennas war die unbarmherzige Verfolgung der römischen
Senatoren, in deren Fall Boethius und sein Schwiegervater Symmachus
verstrickt wurden. Als Theoderich am
30. August 526 - wie der Erzketzer Arius - an der Ruhr verschied,
waren die meisten Katholiken von der Höllenfahrt des einst so gerechten
Goten-Herrschers überzeugt.
Theoderichs gentile
Politik vereinigte römische wie germanische Erfahrungen. Germanisch
war die Heirats- und Bündnispolitik, mit der er Westgoten,
Burgunder, Franken,
Thüringer und Vandalen
an sich zu binden und damit die Sicherheit Italiens zu gewährleisten
suchte. Folgte Theoderich dem Vorbild
kaiserlichen Barbarensieger, war er »Sieger und Triumphator«,
»Verbreiter des römischen Namens« und »Beherrscher
und Besieger der Barbarenvölker«, wie ihn die goldene Festmünze
feierte, die er wahrscheinlich anläßlich seiner Dreißigjahrfeier
prägen ließ. Tatsächlich gelang Theoderich
die Wiedergewinnung römischer Provinzen sowohl westlich der Alpen
als auch in Pannonien südlich der Drau. Anscheinend wollte Theoderich
ein zweiter Konstantin sein,
wie dies die Architektur des berühmten Mausoleums zu Ravenna verdeutlicht.
Was die gentile Tradition betrifft, so suchte sie Theoderich
im Sinne der amalischen Familie
zu monopolisieren. Der Großteil der gotischen Bibelüberlieferung
(Bibelübers., VIII) stammt aus dem Italien Theoderichs
- Zur Sagenüberlieferung und literarischen Gestaltung Dietrich von
Bern.
H. Wolfram
THEODERICH "DER GROSSE"
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* um 454, † 526
(der "Dietrich von Bern" der Sage)
461-472 Geisel in Byzanz; folgte 475 als König;
führte jahrelang Kriegszüge im Balkanraum durch, rivalisiert
dabei zuerst mit einem entfernten Cousin gleichen Namens, König
Theoderich
Strabo († 481) und steht
487 vor Byzanz, erzwingt damit die Verleihung des Patriziustitels
und der Würde eines Magister militum per Illyricum; erhält
die Provinz Moesien offiziell zugestanden (vgl. Rom Xa).
Er bekriegt seitdem König
Odoaker von Italien: Schlacht am Isonzo 489, 490 Schlacht an
der Adda, 491-493 Belagerung von Ravenna ("Rabenschlacht" der Sage); zwingt
König
Odoaker zu Verhandlungen und stößt ihn dabei eigenhändig
nieder (siehe Rom IX a dazu), damit König von Italien, 497
von Byzanz anerkannt; beschert Italien letztmals für 1400 Jahre politische
Einheit und Frieden, erobert Dalmatien, Norikum, Istrien und Raum Sirmium
dazu und rettet die Westgoten vor den Franken und bewahrt den Westgoten
Septimanien/Narbonne; besetzt zum besseren Schutz für Westgoten und
Burgunder die Provennce und gibt den Alemannen, die vor dem Schwager geflohen
waren 497 ff., in Rätien Land und Schutz (vgl. MerowingerI/Burgunder
und Westgoten I) versucht durch Bündnisse und verwandtschaftliche
Verbindungen, eine große Koalition aller Germanen-Reiche zu erreichen
gegen Byzanz, was am fränkischen Schwager scheitert, der sich mit
Byzanz verbündet; achtet auf strenge Trennung zwischen Goten und Italienern,
denen er die Zivilverwaltung überläßt; bleibt mit dem Volk
arianisch, wodurch die Ostgoten nie verwurzeln; gerät dabei auch gegen
die Päpste, die sich auf Byzanz stützen; prominentestes Opfert
seiner Verfolgungen wird sein ehemaliger Kanzler, der Philosoph A.M.S.
Boethius ("De consolatione philosphiae", 524 hingerichtet), ein weiterer
berühmter Berater Theoderichs
wurde Cassiodor († um 580, Politiker, Historiker, katholischer Heiliger),
zwingt 525 Papst Johannes I. zur Reise nach Byzanz, um die Rücknahme
aller Maßnahmen gegen Arianer zu erreichen; läßt den Papst,
der das nicht erreicht, 526 sogar einsperren und beginnt 525 Krrieg gegen
die Vandalen wegen der Ermordung von Schwester und Schwager; gerät
auch gegen die Westgoten (vgl. Westgoten II) und besetzt in burgundischen
Thronwirren die nördliche Provence bis zur Isere (vgl. Burgunder)
bindet die Heruler eng an sich, macht König Rodulf
(herrscht etwa im Raum Mähren) zum "Waffensohn" (= Adoption)
1. oo N.N.
†
2. oo 493
AUDOFLEDA
DER FRANKEN
†
Tochter des MEROWINGER Franken-Königs Childerich
I.
493
oo Audafleda, Tochter des Franken-Königs
Childerich I.
um 475 †
nach 526
Kinder:
Amalaswintha
496 † 30.4.535
Illegitim
Ostrogota
†
oo Sigismund König von Burgund
† 516
Theudigota
†
oo Alarich II. König der Westgoten
† 507
Literatur:
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in Byzanz. Manfred Pawlak Verlagsgesellschaft mbH, Herrsching 1988 Seite
16,22,27,31,34,37,64,106,112,121,124,128,150,156,165,174,181,189, 193,223
- Dahn Felix: Die Völkerwanderung. Germanisch-Romanische Frühgeschichte
Europas. Verlag Hans Kaiser Klagenfurt 1977 Seite 31,32,46,51,97,112,174,175,176,342,353,363,367,411
- Ensslin Wilhelm: Theoderich der Große. F. Bruckmann KG München
1959 - Geuenich, Dieter: Geschichte der Alemannen. Verlag W. Kohlhammer
Stuttgart Berlin Köln 1997, Seite 83-87,89,157 -
Gregor von Tours: Fränkische Geschichte.
Phaidon Verlag, Essen und Stuttgart 1988 Buch III Kapitel 5,31 - Günther
Rigobert: Römische Kaiserinnen. Zwischen Liebe, Macht und Religion.
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Der Aufstieg des oströmischen Reiches. Econ Verlag GmbH, Düsseldorf
und München 1993 Seite 203-207,209,219,249,253,278,286,299,460 - Offergeld
Thilo: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen
Mittelalter. Hahnsche Buchhandlung Hannover 2001 Seite 1,73-83,86-90,95-97,104,128,134,135,137,138,139,185,295,824
- Paulus Diakonus und die Geschichtsschreiber der Langobarden: Geschichte
der Langobarden. Phaidon Verlag Kettwig 1992 Buch II Kapitel 27/Buch IV
Kapitel 21 - Riehl Hans: Die Völkerwanderung. Der längste
Marsch der Weltgeschichte. W. Ludwig Verlag 1988 Seite 213,213,246,247,251,254,269,271,
278,295,301 - Schreiber Hermann: Auf den Spuren der Goten. List
Verlag München 1977 Seite 23,25, 86,211-214,216,217,218,219,220,220-223,224-230,240,241,243,245,260,
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Hermann: Die Vandalen. Siegeszug und Untergang eines germanischen Volkes.
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Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 69-71,99,328
- Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur
europäischen Geschichte Band III Europäische Kaiser-, Königs-
und Fürstenhäuser Ergänzungsband, R.G. Fischer Verlag 1994
Tafel 220 -