Nach dem Tode seiens Vaters fiel Soissons an
Chilperich I. Sein Anteil am Erbe ist schwer zu bestimmen; vielleicht
gehörte dazu die einstige gotische Königsstadt Toulouse. Die
Reichsteile der drei Ingund-Söhne
waren etwa gleichwertig. Der Anteil des Arnegund-Sohnes
Chilperich,
der nach dem Tod des Vaters versucht hatte, die drei Ingund-Söhne
zu übervorteilen, war dagegen geringer bemessen. So blieb bei Chilperich
ein Ressentiment zurück, das sich besonders gegen Sigibert,
den jüngsten Ingund-Sohn, richtete.
Chilperich fiel bald nach der Teilung in die Lande Sigiberts
ein,
als dieser gegen die Awaren zu Felde zog, wurde aber von
Sigibert
in die Schranken gewiesen. Bei der Teilung des Charibert-Erbes,
der 567 verstorben war, erhielt Chilperich
Amiens und Beauvais sowie die meisten civitates der Provinzen Rouen und
Tours (Francia), Bordeuax, Limoges und Cahors (Aquitanien), Bigorre (Tarbes)
und Bearn (Novempopulana). Diese Zerstückelung des Charibert-Erbes
führte bald zum Ausbruch eines bellum civilis (Gregors von
Tours). Der Konflikt wurde verschärft durch eine Familientragödie,
die in die Nibelungensage einging. Sigibert
hatte 566 Brunichild,
eine Tochter des Westgoten-Königs
Athanagild,
geheiratet. Chilperich heiratete bald
darauf Gailswinth,
eine Schwester Brunichilds, die er
jedoch 569/70 auf Anstiften seiner Konkubine Fredegunde
ermorden ließ. Gunthram
schaltete sich als Vermittler ein, konnte aber den Ausbruch der Fehde zwischen
den Königen von Reims und Soissons nicht mehr verhindern. Chilperich
entsandte ein Heer zur Eroberung von Tours und Poitiers. Sigibert
besetzte Paris, griff den Bruder im Kern seines Reichsteils an und zwang
ihn zum Rückzug auf Tournai. In diesem entscheidenden Augenblick wurde
er in Vitry (Artois) im Dezember 575 ermordet.
Chilperich nutzte
die durch den Tod Sigiberts entstandene
Verwirrung, um sich der umkämpften Territorien zu bemächtigen,
und verlegte seine Residenz nach Paris. Damit rief er jedoch Gunthram
von Orleans auf den Plan. Der Bruderkrieg trat so in eine zweite
Phase ein, die bestimmt war durch die Rivalität zwischen Chilperich
und Gunthram. Zu einem ersten bewaffneten
Zusammenstoß kam es 576 in Aquitanien.
Chilperich setzte
später,
da er söhnelos war, seinen Neffen Childebert
II. zum Erben ein.
Das dadurch hergestellte Einvernehmen mit der austrasischen
Regierung ermöglichte Chilperich
eine offensive Politik in Aquitanien, wo er 581 alle civitatis Gunthrams
aus dem Charibert-Erbe durch seinen
Feldherrn Desiderius erobern ließ.
Im Jahr 583 kam es zu einem formellen Bündnis zwischen
Chilperich
und
der austrasischen Regentschaft. Beide Parteien zogen zum Entscheidungskampf
gegen Gunthram ihre Truppen zusammen.
Chilperich marschierte ins Berry ein, stand aber dann dem Bruder
allein gegenüber: die austrasische Führung war lahm gelegt durch
eine Rebellion des minor populus, der gegen das Bündnis revoltierte.
Die Rebellion, hinter der wohl die
Königin-Mutter
Brunichild stand, führte zu einem brüsken renversement
des alliances.
König
Gunthram tat das Seinige dazu, indem er dem Neffen zu Anfang
des Jahres 584 Marseille restituierte. Das Bündnis zwischen Gunthram
und Childebert richtete sich in der
Tat nicht nur gegen Chilperich, sondern
auch gegen Leovigild,
der seinerseits die Allianz mit Chilperich
zu festigen suchte und auf Vollzug der Vermählung seines Sohnes Rekkared
mit Chilperichs Tochter Rigunth
drängte.
Unterdessen erschien am 1. September 584 eine große
gotische Gesandtschaft in Paris, um Chilperichs
Tochter
als Braut Rekkareds einzuholen. Vom
Vater reich ausgestattet brach Rigunth
noch im gleichen Monat nach Spanien auf. Sie sollte dort niemals ankommen.
Bei ihrem Einzug in Toulouse erfuhr sie, dass ihr Vater ermordet worden
war.
Es scheint, dass Chilperich
das
Opfer einer Adelsverschwörung wurde, die quer durch die Teilreiche
ging, ihren eigentlichen Rückhalt aber in Auster hatte.
Chilperichs Teilreich brach nach seinem Tod wie ein Kartenhaus
zusammen. Die Austrasier besetzten Soissons. Der Herzog Desiderius
legte die Hand auf den Schatz der Königs-Tochter
Rigunth in Toulouse und rief den
Prätendenten
Gundowald
nach Aquitanien. Der Aufstand erfaßte vor allem die Novempopulana
(Gascogne), die zweite aquitanische Provinz (Bordeaux) und die Gebiete
von Cahors und Limoges.
Gundowald wurde
im Dezember 584 in Brives-la-Gaillarde (Limousin) durch Schilderhebung
zum König proklamiert. Er nahm aus dem Charibert-Erbe
die Anteile Gunthrams und
Chilperichs
für
sich in Besitz, ließ aber die einst Sigibert
von Reims zugefallenen civitates auf Childebert
II. vereidigen.