Vermutlich muß noch ein Udalrich III. (+ 3.2.855/56/57)
eingeschoben werden, so dass Udalrich III. eigentlich
Udalrich IV. ist. Die laufende Reihung
würde sich ebenfalls nach hinten verschieben.
Sohn oder Neffe des Grafen Gerold
Prinz Isenburg:
***********
"Stammtafeln"
Udalrich III. war 860 Graf im Argengau,
867 dilectus nepos von König Ludwig dem Deutschen,
885/89 Graf am Nordufer des Bodensees, 885-886 Graf im Argengau, 889 Graf
im Linzgau.
Michael Mitterauer: Seite 21
***************
"Karolingische Markgrafen im Südosten"
Graf Udalrich, der 860 wiederum die alte Stellung seines Geschlechts in den Bodenseegrafschaften erhielt, könnte ein Sohn oder Neffe des Grafen Gerold gewesen sein. Er ist der Ahnherr der Grafen von Buchhorn und Bregenz, bei denen der Name Udalrich in mehreren Generationen wiederkehrt. Während in der früheren Zeit Gerold der typische Leitname des Geschlechts ist, herrscht also später Udalrich vor.
Roland Rappmann/Alfons Zettler: Seite 476
*************************
"Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft"
UDALRICH (III)
Necr. A/B 3,2. "Odalrih com", im Thurgau, belegt 842/48-854/57, eventuell
in der Alaholfsbaar, belegt 841/72, 854,
+ 855/56/57
Literatur:
---------
BORGOLTE, Grafen Seite 255 ff. und die dort genannte Literatur.
Udalrich kann eindeutig dem zwischen
845 (eventuell auch bereits 842) und 854 für den Thurgau belegten
Grafen Udalrich zugewiesen werden,
wie oben Seite 456f. nachgewiesen werden konnte; er darf nicht mit dem
ab 860 (evebntuell 854/55) belegten
/UDALRICH (IV) der Bodenseegrafscghaft verwechselt werden. Es ist
aber sehr gut möglich, daß der für 841/72 und den 22.7.854
im Bereich der Alaholfsbaar belegte Graf Udalrich
mit Udalrich (III) identisch ist, doch
kommt dafür auch noch Graf
Udalrich (IV) in Frage. Udalrich (III)
wurde zwar mehrfach den UDALRICHINGERN
zugeordnet, beispielsweise von SCHULZE, Grafschaftsverfassung Seite 122,
jedoch scheint eine Zugehörigkeit zu den HUNFRIDINGERN nicht ausgeschlossen
zu sein, wie KNAPP, Buchhorner Urkunde Seite 209f. meint; vgl.auch BORGOLTE
Seite 258. Sicher kann jedenfalls sein Tod auf das Jahr 855, 856
oder 857 festgelegt werden. Direkte Beziehungen zur Reichenau sind
nicht bekannt. JÄNICHEN, Zur Genealogie Seite 1ff. ud 20ff. versuchte,
den zum 3.2. genannten Garfen als Vater Marquards von Veringen und Graf
Wolfrats von Treffen, die beide erst in der zweiten Hälfte des 12.
Jahrhunderts gestorben sind, zu erweisen; vgl. dazu auch KERKHOFF, Zur
Interpretation Seite 293ff. JÄNICHEN zog dazu den Eintrag im Necrolg
B heran, ohne dabei alerdings den Parallelbeleg im älteren Totenbuch
zu berücksichtigen. Daß BAUMANN in MGH Necr. 1 Seite 273 den
Eintrag zum Anlagebestand rechnete, war ihm wohl bekannt, doch behauptete
er anhand der Abbildungen der Necrologseite bei MANSER-BEYERLE, Aus dem
liturgischen Leben Seite 412: "Ein genauer Schriftvergleich lehrt jedoch,
daß alle am 3. Febraur eingetragenen Namen zu den Nachträgen
gehören. Dabei sind zwei Hände zu unterscheiden, wbei die spätere
erst nach 1164 geschrieben hat..." (JÄNICHEN, ebd. Seite 20 Anm. 61).
Daß diese Worte den paläographischen Befund vollkommen auf den
Kopf stellt, zeigt sich nicht nur an der Handschrift - JÄNICHEN stützte
sich bei seiner These nur auf eine Photographie - sondern auch am Paralleleintrag
im Necrolog A, wonach der Graf vor 856/58 gestorben sein muß; beireits
KERKHOFF Zur Interpretation Seite 294 erkannte, daß Necrolog A den
Eintrag ins 9. Jahrhundert weist. Doch nicht nur Graf
Udalrich läßt sich für das 9. Jahrhundert nachweisen;
auch die beiden vor und nach ihm stehenden Reichenauer Mönche gehören
zweifellos dem 9. Jahrhundert an: Notcrim mu zwischen 824 und 856/58 gestorben
sein, Electus zwischen 856/58 und 896/900.
-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Michael Borgolte
*************
"Die Grafen Alemanniens"
UDALRICH (III, IV, V)
--------------------------
UDALRICH (III)
-------------------
belegt als Graf Thurgau 842/48 II 20, 845 I 5 - 854 II 16, 849/57,
belegt als Verstorbener + 855/56/57 II1 3
UDALRICH (III, IV)
-----------------------
belegt als Graf Bereich der Alaholfsbaar 841/72, 854 VII 22)
UDALRICH (IV)
-------------------
belegt als Graf Grafschaft am Nordufer des Bodensees 854/55/61/62,
860 III 25 - 883 IV 25, 894 IX 25
- Linzgau 854/55/61/62 - 883 IV 25
- Argengau 860 III 25 - 882/83 VI, 894 IX 25
- Alpgau [Allgäu] 860 IX 23 - 868 XII 20
- Rheingau 881 VII 23,
Nibelgau 866 VI 4 [?], ?871 VI 29 [?], 878/9 IV, 884 VIl 9 [?], Thurgau
?867 III 1,
Klettgau 870,
belegt als Verstorbener + vor 896/900, IV 13/14)
UDALRICH (IV, V)
-----------------
belegt als Graf Grafschaft am Nordufer des Bodensees 885/56 V 1, 889
IV 24, 894 IX 11 [?]
- Argengau 885/56 V 1 - Linzgau 889 IV 24
- ?Alpgau [Allgäu] 894 IX 11 [oder Nibelgau?])
UDALRICH (V)
-------------
belegt als Graf Grafschaft am Nordufer des Bodensees 885 VI 30 - 894
IX 27
- Argengau 885 VI 30, 894 IX 27
- Linzgau 891 VIII 30 - Rheingau 891 VIII 30,
belegt als Verstorbener + vor 896/900, V 26
Belege mit comes-Titel:
------------------------
W II Nr. 404, W I Nr. 212 (= ThUB I Nr. 29), W II Nrn. 407 (= ThUB
I Nr. 77),393 (= ThuB I Nr. 68), 394 (= ThUB I Nr. 70),396 (= ThUB I Nr.
71), 425,398 (= ThUB I Nr. 72), 399,402,428 (= ThUB I Nr. 73),451,441,446,
409,411,412 (= ThUB I Nr. 78),413,418 (= ThUB I Nr. 79),419 (= ThUB I Nr.
81),420 (= ThUB I Nr. 82), W III Anh. Nr. 7, W II Nrn. 423,475,426 (= ThUB
I Nr. 85), 430 (= ThUB I Nr. 74), 431 (= ThUB I Nr. 75), D LdD Nr. 69 (=
W II Nr. 433), W II Nrn. 438, 439 (= ThUB I Nr. 89), 444
(= ThUB I Nr. 69), D LdD Nr. 83 (= W II Nr. 453), W II Nrn. 516, 505, 525,476,489,552,561,560,517,524,
D LdD Nr. 124 (= W II Nr. 527), W II Nr. 542, UB Zürich I Nr. 115
(= Cartular Rheinau Nr. 19), W II Nrn. 554,557,559, D LdD Nr. 71 (= W II
Nr. 435),563, 584,580, D LdD Nr. 165 (= W II Nr. 573), W II Nrn. 610,609,
Formvlae 419 Nr. 36, W III Anh. Nr. 8, W II Anh. Nr. 9, W II Nrn. 616,
622,629,639,652,649,655 (= ThUB I Nr 130), 668, D Arn Nr. 79, Codice Necrologico-Liturgico
Brescia fol. 5v, W II Nrn. 680 (= UB Appenzell I Nr. 9, ThUB I Nr. 142),691
(= ThUB I Nr. 145; CLAVADETSCHER-STAERKLE, Dorsualnotizen 152f. [ohne Titel]);
696, Formvlae 435f. Nr. 4, W II Nr. 697 (= ThUB I Nr. 149; CLAVADETSCHER
- STAERKLE, Dorsualnotizen 154 f.), D Arn Nr. 143, Chronik des Gallus Öhem
61, Necrologium Augiae Divitis 273 ad 3.2., 275 ad 14.4., Necrologium monasterii
sancti Galli 471 (= St. Galler Todtenbuch 39) ad 13.4., Ekkehardi IV. Casus
Sancti Galli 32 cap. 9 (= Ekkeharti IV. Casus sancti Galli 34 cap. 9; MGH
SS II 82 cap. 1), KNAPP, Buchhorner Urkunde 240f.
Belege ohne comes-Titel:
--------------------------
W II Nrn. 643,645, DD Arn Nrn. 81 (= W II Nr. 675; CLAVADETSCHER-STAERKLE,
Dorsualnotizen 150 [mit comes-Titel]), 111 (= W II Nr. 688), Necrologium
Augiae Divitis 276 ad 26.5., Codice Necrologico-Liturgico Brescia 62 (fol.
34v), Liber Memoriatis von Remiremont 4rB1 (mit Todestag 26.5.), ? D K
III Nr. 57, ? KLÜPPEL, Reichenauer Hagiographie 158 cap. 18
(= Translatio sanguanis Domini 448 cap. 16; Quellen der badischen Landesgeschichte
I 73 cap. 18)
Literatur:
----------
STÄLIN, Geschichte I 243,328f.,331,559 - DÜMMLER-WARTMANN,
St. Galler Todtenbuch 69 -- MEYER VON KNONAU, Die angeseheneren Urheber
231f. - DERS., Rheingau - DERS., Thurgau und Zürichgau 209f. - DERS.,
Geschlechtskunde 74f. - BAUMANN Alpgau 16 bzw. 202 - DERS., Nibelgau 26f.
- DERS., Gaugrafschaften 10f.,14,34f., 43,74,78 - DERS, Allgäu I 181
- PUPIKOFER, Thurgau I 146f. - DÜMMLER, Ostfrk. Reich III 341-343
- SCHULZE, Gaugrafschaften 1281f. - ZELLER, Salomo III. 46,50-53,58,82
- KNAPP, Buchhorner Urkunde 206 -214,216-221,227-231,239-241 - ERNST, OAB
Tettnane 207ff. - HEDINGER, Landgrafschaften 24f. - BAUER, Gau und Grafschaft
97-99,104-106,109,111-113 - TELLENBACH, Königtum und Stämme 51
Nrn. 28c, d - MEYER-MARTHALER, Rätien 83f. - JÄNICHEN, Baar und
Huntari 120f., 123f.,130,138, Tafel: "Die Grafen der Baaren" im Anhang
- FLECKENSTEIN, Welfen 124 mit A. 282 - SCHMID, Königtum, Adel und
Klöster 264 mit A. 57,268,270,285,308 mit A. 92,330 f. - DERS., Familie,
Sippe und Geschlecht 23,39f. - SCHWARZMAIER, Iller und Lech 32f. - MITTERAUER,
Markgrafen 21f.,100,204 - MAURER, Land zwischen Schwarzwald und Randen
41f.,45f.,58f.- MEYER-MARTHALER, Aadorf - SCHULZE, Grafschaftsverfassung
83,85f.,90f.,102,105,117,122,132, 138 mit A. 348,140-142,330 A. 145 - BILGERI,
Geschichte Vorarlbergs I 71,87-92,270f. A. 149,273 A. 3 - SCHMID, "Eberhardus
comes de Potamo" 326-328 - WALTHER, Fiskus Bodman 255,258 - BORST, Pfalz
Bodman 199,204-208 - BRUNNER, Oppositionelle Gruppen 155,158 f. - GOETZ,
Typus einer Adelsherrschaft - BORGOLTE, Die Geschichte der Grafengewalt
im Elsaß 42 - DERS., Gedenkstiftungen 597-599 - DERS., Geschichte
der Grafschaften Alemanniens, s. v. - BECHER, Brescia 374f. - RAPPMANN,
Die älteren necrologischen Aufzeichnungen, Exkurs
Zwischen ca. 842 und 917 sind aus verschiedenen Teilen Alemanniens zahlreiche
urkundliche Belege für einen Grafen Udalrich
erhalten geblieben; natürlich können sie sich nicht
auf eine einzige Person beziehen. Es ist aber nicht ohne weiteres klar,
wieviele verschiedene Grafen desselben Namens in der angegebenen Zeit tätig
waren und wo man in chronologischer und regionaler Hinsicht die Grenzen
zwischen ihnen ziehen muß. Sicher erscheint, dass ein von 842/48
bzw. 845 bis ca. 854, evtl. 857, belegter Graf im Thurgau von einem gleichnamigen
Nachfolger getrennt werden muß, der von 912 bis 917 nachgewiesen
ist. Auch im nördlichen Bodenseegebiet dürften mindestens 2 Udalriche
amtiert haben; 885 wird hier nämlich in der Grafenformel einer St.
Galler Urkunde ein Vadalrichus ausdrücklich
als Iunior bezeichnet (W II Nr. 645). Obgleich diesem Udalrich
der comes-Titel nicht zugeschrieben wurde, kann er wohl nach
dem Ort seiner Nennung in der Urkunde als Graf gelten. Der bisher aus demselben
Zeugnis gezogene Schluß, der Iunior müsse um 885 einen gleichnamigen
senior abgelöst haben, läßt sich aber nicht halten. Das
zeigt ein fast unbeachtetes (vgl. aber SCHULZE 138) und in seiner Bedeutung
nicht erkanntes Urkundenformular aus St. Gallen, das ohne Zweifel von einer
heute verlorenen carta aus der Zeit Abtbischof Salomons III. abgenommen
wurde (Formvlae 435 f., Nr. 4, vgl. Nr. 5; zur Vorlage vgl. W II Nr. 693).
Die Quelle - eine Prekarie über Güter im Argengau - ist genau
datiert. Haec traditio primum plactia et facta est in illa feria 4, 7.
Kal. Octobris, coram N. seniore comite et subscriptis proceribus ac plebiis,
adque roborata est in ill. 5. die Kalendarum earundem, feria 6. coram illo
comite iunore et multitudine procerum ac popularium, quorum hic pauci admodum
sunt adnotati (...). Ego itaque N. notavi supradictos dies, annum N. regis
piissimi 7, Oud. comitem. Da nur ARNULF
als der ungenannte König in Betracht kommt, stimmen die Zeitrechnungselemente
auf den 25. bzw. 27. September 894 zusammen. Am ersten der beiden Tage
fand die eigentliche Tradition statt, die kurz darauf bekräftigt wurde.
Derartige Doppelhandlungen sind im St. Galler Urkundenbestand, obschon
mit anderen Formulierungen, auch sonst bezeugt (BORGOLTE, Chronol. Stud.
96-113). Es gibt also keinen Grund daran zu zweifeln, dass am 25. September
ein älterer, am 27.9. ein jüngerer Graf desselben Namens einer
Versammlung präsidiert hat. Der im Eschatokollvermerk genannte Grafenname
kann trotz der Kürzung ohne weiteres als *Oudalricus identifiziert
werden; ebenso haben auch die beiden Gerichtsvorsitzenden geheißen,
weil doch wenigstens eine der Handlungen vor dem Grafen im Bereich des
Traditums vorgenommen worden sein wird. Der Wirkungskreis des anderen Udalrich
kann bei einer Zeitspanne von zwei Tagen zwischen den Akten nicht allzu
weit entfernt gewesen sein. Der Thurgau, in dem das Empfängerkloster
lag, kommt kaum in Betracht, hier hatte ADALBERT (III) gerade ADALBERT
(II) abgelöst. So muß man damit rechnen, dass der jüngere
und der ältere Udalrich in der
Gegend am nördlichen Bodensee zwischen 885 und 894 nebeneinander tätig
waren.
Sind daher im Thurgau ebenso wie nördlich des Bodensees zwei verschiedene
Grafen des Namens Udalrich zu unterscheiden,
so fragt es sich, ob der ältere Thurgaugraf
(Udalrich III) mit dem älteren
Linz- und Argengaugrafen (Udalrich IV) bzw. die jüngeren Grafen
beider Landschaften (Udalrich
VI bzw. Udalrich
V.) nicht identisch gewesen sein könnten. Die Belege für
den frühen Thurgaugrafen laufen am 16. Februar 854 oder spätestens
im Jahr 857 aus (Nachweise s.u.), diejenigen für den Linz- und Argengaugrafen
setzen 854 oder 855, mindestens aber 860 ein. Man könnte einen Wechsel
Udalrichs (III) vom Thurgau in die
Nordbodenseegaue vermuten; träfe diese Annahme zu, dann wäre
freilich kaum glaubhaft, dass der *Oudalricus senior von 895 noch mit dem
Thurgaugrafen von 842/48 ff. identisch war. Den Befund der urkundlichen
Zeugnisse konnte aber nun RAPPMANN durch seine Analyse der Reichenauer
Necrologien in klärender Weise ergänzen. Nach dem Zeugnis beider
Reichenauer Totenbücher ist ein Odalrih comes
am 3.2. verstorben (Necrologium Augiae Divitis 273); wie RAPPMANN gezeigt
hat, muß das Todesjahr des betreffenden Grafen zwischen 824 und 856/58
gelegen haben. Da für Odalrih nur
die Identifikation mit dem Thurgaugrafen in Betracht kommt, muß Udalrich
(III) nach RAPPMANN am 3. Februar, und zwar der Jahre
855, 856 oder 857, verstorben sein; er dürfte deshalb nicht
in den Linz- und Argengau übergewechselt sein. Graf
Udalrich (III) vom Thurgau ist von Graf
Udalrich (IV) vom Linz- und Argengau zu trennen.
Mit derselben Methode wie bei Udalrich (III)
bzw. Udalrich
(IV) gelang RAPPMANN die Scheidung der Linz-
und Argengaugrafen Udalrich (IV) bzw. Udalrich
(V) von dem jüngeren
Thurgaugrafen Udalrich (VI). Im jüngeren Reichenauer Necrolog,
das RAPPMANN vor 896/ 900 datiert, sind nämlich zum 14.4. ein
Odalrih comes (Necrologium Augiae Divitis 275), zum 26.5.
ein Vodalrih iunior (ebd. 276) eingetragen; sie können mit
Udalrich (VI)
nicht identisch sein, da dieser nach 900 im Thurgau (und anderswo) belegt
ist. Das Attribut Iunior entspricht ferner offenkundig den beiden urkundlichen
Belegen für Udalrich
(V), der demnach vor 896/900 an einem 26.5. verstorben sein
muß. Der zum 14. April vermerkte Graf Odalrih ist auch im
jüngeren Necrolog von St. Gallen, allerdings zum 13.4., eingetragen.
Die Notiz lautet: Ob. Odalrici comitis regum nepotis (Necrologium
monasterii sancti Galli 471 = St. Galler Todtenbuch 39). Zu der Bezeichnung
nepos regum läßt sich mindestens eine Parallele in einem Königsdiplom
nachweisen, die sich eindeutig auf Udalrich
(IV) bezieht. Am 17. August 867 tut Ludwig
der Deutsche kund, dass dilectus nepos noster Odalricus
comes et Hildeboldus missus noster ihn von der Bitte gewisser
Argengaubewohner (quidam homines de Argengeuue) in Kenntnis gesetzt hätten,
er möge ihnen plenam legem, quae vulgo dicitur phaath, sicut ceteri
Alamanni, verleihen (D LdD Nr. 124). 15 Jahre später, am 17. Mai 882,
könnte der Linz- und Argengaugraf erneut beim Herrscher interveniert
haben; ein in Worms ausgestelltes Diplom KARLS
III. erwähnt den consultus Uuodelrici fidelissimi nostri
nepotis (D K III Nr. 57). Udalrich
(IV) ist also am 13. oder 14. 4. vor 896/900 verstorben.
Nach den urkundlichen und necrologischen Zeugnissen können also
zwischen ca. 842 und 917 tatsächlich 4 Grafen namens Udalrich
unterschieden werden (Udalrich III.-VI). Gleichwohl gelingt es nicht, die
4 Personen in 4 einzelnen Grafenartikeln zu behandeln, da nur die Belege
für Udalrich (VI)
restlos von den Zeugnissen für die anderen Grafen getrennt werden
können. Durch 2 Urkunden vom 22. Juli 854 bzw. aus der Zeit von 841
bis 872 ist ein Graf Udalrich im Bereich der Alaholfsbaar nachgewiesen;
der Zeitstellung nach könnte der Thurgaugraf
Udalrich (III) ebenso wie der Linz-
und Argengaugraf Udalrich (IV) gemeint gewesen sein. Deshalb müssen
alle für Udalrich (III) und Udalrich
(IV) in Betracht kommenden Zeugnisse an demselben Ort behandelt
werden. Andererseits haben sich die Amtszeiten Udalrichs
(IV) und Udalrichs
(V) am Nordufer des Bodensees offenbar zwischen 885 und 894 überschnitten
(s.o.), ohne dass man für jeden Beleg dieser Zeit sagen könnte,
ob der senior oder der junior gemeint war. So müssen auch die Zeugnisse
für Udalrich
(V) mit denen für Udalrich
(IV) und Udalrich (III) zusammen
erörtert werden; das soll in dem vorliegenden Artikel geschehen, während
für
UDALRICH (VI) ein
eigener Abschnitt vorgesehen werden kann.
Die urkundlichen Nachweise Udalrichs (III)
im Thurgau setzen spätestens im Januar 845 ein (W II Nr. 393); allerdings
können 2 Urkunden außer in den Jahren 848 bzw. 849 auch bereits
842 ausgestellt worden sein (W II Nrn. 404,407). So betrachtet erscheint
es berechtigt, die von WARTMANN auf 814 datierte St. Galler carta 212 in
die Anfangszeit Ludwigs des Deutschen zu
setzen (BORGOLTFE, Chronol. Stud. 169,175 mit A. 542; vgl. auch BAUER 109
A. 80); 814 gäbe es zu dem in der Grafenformel genannten Udalrich
im Thurgau keine Parallele (s. Artt. RIHWIN, UDALRICH
I, II),
während sich die Urkunde bei einer Datierung um 842 an die genannten
Belege für Udalrich (III) anschließen
ließe. Vielleicht hat am Beginn der 40-er Jahre neben oder statt
Udalrichs (III) zeitweise ADALBERT
(I) oder GEROLD
(III) amtiert. Im Jahr 849 sind Udalrich
und GEROLD
(IV) zusammen in der Grafenformel aufgeführt; Udalrich
war wohl für Illnau, Gerold
für die anderen Tradica in Hinwil und Mönchaltorf zuständig
(Nr. 441; s. BORGOLTE, Geschichte der Grafschaften Alemanniens 98). Die
Thurgauer Zeugnisse für Udalrich (III)
reichen mindestens bis zum 16. Februar 854 (Nr. 426), höchstens bis
857. In D LdD Nr. 83 vom 15. Mai dieses Jahres werden nämlich Bußnang
und Uuichrammesuuilare in der Grafschaft ADALHELMs lokalisiert, während
die Zeiten Odelrici comitis ausdrücklich
als vergangen charakterisiert sind. Ob der in der Zwischenzeit einmal belegte
ADALBERT (II) neben oder als Nachfolger Udalrichs amtiert hat, ist ungewiß
(Nr. 473). Als letztes Zeugnis für Udalrich
kommen außer der genannten St. Galler Urkunde 426 die Nrn. 444 (?855
VII 1),446 (850/6 II 12) oder 451 (849/50/56/57) in Betracht (weitere Belege
s. oben S. 255 Nrn. 394-423,430f., 438 f.).
PUPIKOFER (146) und zuletzt wieder SCHULZE (122) haben den Grafen
Udalrich (III) vom Thurgau aufgrund seines Namens als UDALRICHINGER
betrachtet (vgl. Art. UDALRICH I, II). Demgegenüber wies KNAPP, (Buchhorner
Urkunde 209 f.) auf Odalricus hin, der nach der Transtatio sanguinis Domini
(KLÜPPEL 158) ein Enkel Hunfrids von Rätien gewesen sein soll.
Diese Nachricht wird durch Gedenkbucheinträge aus St. Gallen (pag.
6 = PIPER 15 col. 23,4) und Reichenau (103A1) zumindest insoweit gestützt,
als dort im Umkreis des Grafen Hunfrid bereits am Beginn des 9. Jahrhunderts
ein Udalrich belegt ist (S. BORGOLTE, Geschichte der Grafschaften Alemanniens,
Exkurs, 219-229, mit AA. 71 f.). Auch wenn die Identität Udalrichs
mit dem Nachkommen Hunfrids im Translationsbericht und mit der gleichnamigen
Person der Gedenkbucheinträge unsicher erscheint, ist die von KNAPP
vorgeschlagene Einordnung ins Geschlecht der HUNFRIDINGER doch möglich.
UDALRICH (IV) hat
im Argengau mindestens seit 860 (W II Nr. 525) amtiert; die Belege im Linzgau
können aber bis 854 oder 855 zurückgehen, wenn man im Gegensatz
zu WARTMANN in Betracht zieht, dass die St. Galler Urkunde 475 auch nach
der "Indiktionsepoche" Ludwigs des Deutschen
von 833 datiert sein kann (vgl. Nrn. 505 und 516). Falls Udalrich
wirklich schon 854/55 in der Grafschaft am Nordufer des Bodensees
tätig gewesen sein sollte, ergäbe sich ein Zusammenhang mit der
Alemannienpolitik Ludwigs des Deutschen
(BORGOLTE, Geschichte der Grafschaften Alemanniens 194). Seit 853 hat nämlich
der ostfränkische Herrscher durch die Förderung von Klöstern,
den Aufbau neuer Königspfalzen und den partiellen Umbau der Grafschaftsverfassung
(BORGOLTE 123f.) die Grundlagen seiner Herrschaft erneuert. Bei einer Datierung
des ersten Udalrich-Belegs auf 854/55 erschiene auch der Übergang
Hugos und Konrads des Jüngeren, der Söhne seines Vorgängers
KONRAD (I), zu KARL DEM KAHLEN 858/59
in neuem Licht: Die Ablösung Konrads (I) bzw. seines Verwandten
WELF (II) als Grafen in der Bodenseegegend durch Udalrich
(IV) muß nicht die Folge, sie kann die Ursache des Treuebruchs
der WELFEN gegenüber Ludwig dem Deutschen
gewesen sein (anders FLECKENSTEIN, Welfen 124, SCHMID, Königtum, Adel
und Klöster 308). Die gegenseitig chronologisch nicht sicher voneinander
zu scheidenden Belege für Udalrich,
Konrad und Welf lassen aber auch die Möglichkeit offen, dass Udalrich
zeitweise neben den WELFEN amtiert hat (s.a. Art. PABO). In diesem Zusammenhang
muß beachtet werden, dass KONRAD (I) bis zum Jahr 861 und darüber
hinaus im Linz- und Argengau über Besitz verfügte, der teilweise
aus Königsgut hervorgegangen sein dürfte.
Bis zum Beleg des Vadalrichus iunior von 885 VI 30 (W II Nr.
645) sind aus dem Linz- und Argengau noch 15 St. Galler Urkunden mit dem
Namen Udalrichs in der Grafenformel
erhalten geblieben (Linzgau - W II Nrn. 517,580, III Anh. Nr. 8, W II Nr.
629; Argengau - W II Nrn. 489,552, 561,554,557,559,584,609, Anh. Nr. 9,622;
evt. 652, s.u.). In W III Anh. Nr. 8 vom 1. Mai 879, einer mit Klosterbesitz
in Achstetten entlohnten Tradition von Gütern in pago, qui dicitur
Linzgauge, steht am Schluß die Formel sub Vadelricho et Adalberto
comitibus. Damit ist noch nicht erwiesen, dass ADALBERT (II) neben
Udalrich (IV)
im Linzgau amtiert hat, da Adalbert als Hegaugraf, zuständig für
Achstetten, genannt sein könnte. Bei dem in der Pfalz Bodman vorgenommenen
Rechtsgeschäft sind Udalrich und
Adalbert, wie die Zeugenreihe zeigt, neben einem 3. Grafen HILDEBOLD
zugegen gewesen. Aus der Anwesenheit in Bodman darf man sicher nicht auf
die Funktion eines Pfalzgrafen für Udalrich
(IV) bzw. die anderen comites schließen (BORST 199, WALTHER
255); doch ist es für die Attraktion Bodmans auf die Magnaten der
Umgebung bezeichnend, dass die drei Grafen hier zusammenkamen (BORGOLTE,
Geschichte der Grafschaften Alemanniens 204). Außer den St. Galler
cartae bezeugen 2 Königsdiplome die Grafenrechte Udalrichs
(IV) am nördlichen Bodensee. Bereits erwähnt wurde die
Urkunde Ludwigs des Deutschen von 867,
bei der Graf Odalricus und der missus
Hildebold, sicher der Graf von Bodman 879 (HILDEBOLD), für die Argengaubewohner
intervenierten. In einem anderen Diplom Ludwigs
vom 3. 10.875 wird der pagus Linzgau mit dem Comitat Udalrichs
parallel gesetzt (D LdD Nr. 165).
Der letzte Beleg Udalrichs
(IV) für den Linzgau aus dem hier ins Auge gefaßten
Zeitraum (bis 885 VI 30) stammt von 883 (W II Nr. 629); die Zeugnisse im
Argengau schließen im Juni 882/83 (Nr. 622) oder am 1. Mai 885, doch
könnte die betreffende Urkunde auch erst im folgenden Jahr ausgestellt
worden sein und sich auf Udalrich
(V) beziehen (W II Nr. 652, zu Nr. 639 s.u.).
Mit dem Linz- und Argengau bildeten der Alpgau (Allgäu) und der
Rheingau seinerzeit wohl einen eigenen Comitat, die Grafschaft am Nordufer
des Bodensees (BORGOLTE, Geschichte der Grafschaften Alemanniens 194f.).
Im Alpgau wurde Udalrich 860 (W II
Nr. 476) und 868 (Nr. 542) genannt. Die von BAUMANN (Alpgau 16 bzw. 202,
Allgäu 1181; danach SCHULZE 102) außerdem angegebene Jahreszahl
872 bezieht sich auf W II Nr. 560, die ich auf 866 VI 4 datiere (BORGOLTE,
Chronol. Stud. 186). Die Güterorte dieser Urkunde könnten außer
dem Alpgau auch dem Nibelgau oder - zumindest teilweise - dem Argengau
angehört haben (s. BORGOLTE, Kommentar: zu Nr. 560; vgl. KNAPP, Buchhorner
Urkunde 206). Aus dem Rheingau stammt ein Beleg vom Jahr 881 (W II Nr.
616; KNAPP, Buchhorner Urkunde 207; MEYER VON KNONAU, Rheingau 212f.).
Die Bezeichnung Udalrichs
(IV) als dilectus nepos noster durch Ludwig
den Deutschen (s.o. zu D LdD Nr. 124, ferner zu D K III Nr.
57) zeigt, dass der Graf mit den KAROLINGERN
verwandt war. Man hält ihn für einen Nachkommen UDALRICHs
(I), des Schwagers KARLS DES GROSSEN,
also für einen "UDALRICHINGER",
ohne jedoch das genaue Filiationsverhältnis zu kennen.
Zwischen 854 und 885 kann ein Graf Udalrich
noch in verschiedenen anderen Gegenden Alemanniens nachgewiesen werden.
Es ist anzunehmen, dass sich die Belege entweder auf den Amtswalter im
Thurgau (Udalrich III) oder den in
der Grafschaft am Nordufer des Bodensees bezogen haben (Udalrich
IV). Ohne Hinweis auf eine bestimmte Grafschaft wird Odalrichus
nach ATO (I) als Adressat eines in der Zeit Abt Grimalds ausgestellten
Königsdiploms erwähnt (D LdD Nr. 71). Durch eine andere Urkunde
vom 22. Juli 854 verfügte Ludwig der Deutsche,
dass St. Gallen dem Bistum Konstanz zur Beilegung der Streitigkeiten u.
a. Güter in comitatu Odalrici comitis
in pagello Goldineshuntare überlassen sollte (D LdD Nr. 69). Udalrich
wird meist mit dem Linz- und Argengaugrafen gleichgesetzt; chronologisch
gesehen käme aber auch die andere Zuordnung in Betracht (s.o. S. 257;
Vgl. STÄLIN 331; BAUMANN, Gaugrafschaften 78; BAUER 98f.; JÄNICHEN
121, Tafel). Vielleicht derselbe Udalrich
wie in der Goldineshuntare war in der Grafenformel einer undatierten St.
Galler Tauschurkunde aus der Zeit Abt Grimoalds (841-872) genannt, bei
der eines der Objekte in comitatu Uadalrici, lag (W II Nr. 563; WITBERT
II). Der vermutlich gemeinte Güterort Bargdorf wird seit BAUMANN der
Munthariheshuntare zugewiesen (Gaugrafschaften 74; BAUER 98f.; JÄNICHEN
120, Tafel). Weder die Goldineshuntare noch die Munthariheshuntare, die
beide zum Bereich der Alaholfsbaar gehörten) dürfen aber als
eigene Grafschaften angesehen werden (s. BORGOLTE, Geschichte der Grafschaften
Alemanniens 168f.). Nach JÄNICHEN(130,138)wird der Graf der Goldines-
und Munthatiheshuntare noch in einer Urkunde von 868 erwähnt; in dem
Dokument ging es um Liegenschaften in pagello, qui dicitur Peractoltespara,
die durch den Eschatokollvermerk dem Zuständigkeitsbereich des Vikars
Odalrich zugewiesen werden (W II Nr. 581). Da der Titel uicarius den Grafenstellvertreter
bezeichnet, kann aber aus chronologischen Gründen der comes von 854
nicht und der von 841/72 kaum gemeint sein. JÄNICHEN hielt den Udalrich
aller 3 Urkunden auch für den Vorsteher eines Huntarenverbandes, dessen
Existenz aber nicht erwiesen werden konnte (BORGOLTE, Geschichte der Grafschaften
Altmanniens 149).
Die Tradita mehrerer Urkunden mit Udalrich in der Grafenformel könnten
im Nibelgau gelegen haben, doch erscheint die Gauzugehörigkeit nur
bei einem Schriftstück als sicher. Nr. 610 von 878/79 bezieht sich
auf Urlau, dessen Umgebung schon in karolingischer
Zeit als Nibelgau bezeichnet wird (s. BORGOLTE, Geschichte der
Grafschaften Alemanniens 170 f.). Über Nr. 560 wurde schon gesagt,
dass die Güterorte dem Alpgau oder dem Nibelgau angehört haben
können (s.o. S. 260). Ist das letztere der Fall gewesen, so wäre
Udalrich (IV)
schon einmal 866, zu Zeiten GOZBERTs (II,III) bzw. WANINGs (III), mit dem
Nibelgau in Verbindung gebracht worden. In die Zeit Gozberts (II, III)
könnte auch Nr. 554 von ?871 VI 29 gefallen sein, die einen Tausch
in Langenargen, Willerazhofen und Herrot festhält; Langenargen war
ein Ort des Argengaus, Willerazhofen und Herrot müssen dem Nibelgau
zugerechnet werden. BAUMANN hatte ursprünglich die Urkunde mit dem
Beleg Udalrichs in der Grafenformel
ebenfalls für den Nibelgau in Anspruch genommen (Nibelgau 26f.), dann
aber vermutet, dass sich der Grafenvermerk möglicherweise nur auf
den zuerst genannten Ort Langenargen bezogen hat. Welches der beiden Urteile
richtig war, läßt sich nicht entscheiden. Schließlich
können die nicht sicher bestimmten Güterorte der Nr. 639 von
884 VII 9 außer im Nibelgau auch in benachbarten Landschaften gelegen
haben (s. BORGOLTE, Kommentar: zu Nr. 639). Die Identität des einmal
oder mehrfach bezeugten Nibelgaugrafen Udalrich
mit dem Amtswalter in der Grafschaft am Nordufer des Bodensees gilt als
sicher.
Im Jahr 870 übertrug Othram an Kloster Rheinau Besitz in pago
Chleggouve sub comite Odalrico (UB
Zürich I Nr. 115). Anscheinend amtierte also Udalrich
(IV) auch im Klettgau, einer Landschaft, für die ein eigener
Comitat aber nicht nachweisbar ist (BORGOLTE, Geschichte der Grafschaften
Alemanniens 209, auch zur politischen Bedeutung des Zeugnisses für
Udalrich im Hinblick auf Kloster Rheinau
und seine Stifter). BAUMANN (Nibelgau 27, Gaugrafschaften 35) setzte den
Beleg, den er ins Jahr 876 datierte, mit den Zeugnissen aus dem Nibelgau
in Beziehung; er nahm an, dass Udalrich
876 die angebliche Klettgaugrafschaft mit der des Nibelgaus vertauscht
habe, während gleichzeitig GOZBERT (II,III) aus dem Nibelgau in den
Klettgau gewechselt sei (vgl. auch HEDINGER 24f.). SCHMID (Königtum,
Adel und Klöster 268) schloß sich dieser These an, sprach aber
nur "von einem Wechsel der Wirkungsbereiche". Tatsächlich läßt
sich nicht erweisen, dass der im Klettgau begüterte und tätige
Graf Gozbert dort auch als "Amtsgraf" gewirkt hat (s. Art. GOZBERT II,
III). Außerdem ist unsicher, wann Udalrich die Aufgaben eines Grafen
im Klettgau aus der Hand gab (vgl. MAURER 42,45f.; SCHULZE 105) und seine
Tätigkeit im Nibelgau aufgenommen hat (oben S. 260). Trotzdem kann
der Klettgaugraf von 870 mit dem Nibelgaugrafen von 878/79 personengleich
gewesen sein.
Auf jeden Fall nach dem Ende der Belegreihe für Udalrich
(III) im Thurgau, vielleicht im Jahr 867, wurde noch einmal
eine St. Galler Urkunde mit Traditionsgut in Niederheifenschwil ausgestellt,
in der ein Udalrich im Grafenvermerk
steht (W II Nr. 524). Dieser könnte mit dem gleichnamigen Grafen in
der Grafschaft am Nordufer des Bodensees, im Nibelgau, Klettgau oder in
der Baar identisch gewesen sein und im Thurgau die Amtsführung ADALBERTs
(II) unterbrochen haben. KNAPP (Buchhorner Urkunde 211) hielt den Thurgauer
Udalrich von ?867 für einen Nachkommen Hunfrids. Aus einem
Formular der von Notker Balbulus zusammengestellten Sammlung von Briefmustern
geht hervor, dass der Bischof von Konstanz, zweifellos Salomon II. (875-889),
in Begleitung des Grafen Oadalrih und
des mit Namen nicht genannten Abtes der Reichenau eine Reise unternehmen
wollte, die ihn zu Bischof Regenhard von Straßburg (875-888) führen
sollte (Formvlae 419 Nr. 36). Nach ZEUMER (Ueber die alemannischen Formelsammlungen
527; vgl. VON DEN STEINEN, Notkers Formelbuch 463-470) dürfte die
Vorlage in die Jahre 876/78 zurückgehen, so dass mit dem Oadalrih
Udalrich (IV) gemeint sein wird (vgl. DÜMMLER, Formelbuch
134).
In einem Diplom Ludwigs des Deutschen
für Fulda von 876 wird unter zahlreichen Magnaten eines Placitums
auch ein Vodalrich comes aufgeführt
(D LdD Nr. 170, vgl. die Fälschung D LdD Nr. 185). Es gibt vorderhand
keine Möglichkeit festzustellen, ob der Graf nach der in Ingelheim
tagenden Versammlung aus Alemannien gekommen war; MITTERAUER(100) erwog
die Identifizierung mit einem gleichzeitigen pannonischen Grafen (vgl.
ebd. 204).
In dem Dezennium von 885 bis 894 hat im Norden des Bodensees der ältere
Udalrich (IV) neben dem
jüngeren Udalrich (V) amtiert. Bei einer Gruppe von Zeugnissen
aus dieser Zeit, die sich auf die Geschichte des Klosters Aadorf bezieht,
ist zunächst unklar, ob in ihr Udalrich
(IV) oder Udalrich
(V) gemeint war (vgl. MEYER-MARTHALER, Aadorf, mit der älteren
Literatur; GOETZ, dazu aber bereits die Diskussionsvoten im 241. Protokoll
des Konstanzer Arbeitskreises vom 15.11.1980; BORGOLTE, Gedenkstiftungen).
Am 30. Juli 886 liehen die Äbtissinnen Irmindrud und Perchdrud
der Engilbiric Güter im Thur- und im Zürichgau, die diese der
von beiden innegehabten Kirche (ad ipsam nostram ecclesiam) tradiert hatte
(W II Nr. 655). Der fällige Zins sollte in natale sancti Alexandri
martyris ad ipsam ecclesiam sancti Alexandri gezahlt werden, die nach dem
Handlungsvermerk in Aadorf bei Eigg (also im Thurgau) lag. Danach dürften
Irmindrud und Perchdrud der Alexanderkirche von Aadorf vorgestanden haben.
Auffällig ist, dass sie das Rechtsgeschäft cum consensu amicorum
nostrorum vornahmen; vielleicht waren sie also Herrinnen einer aus Männern
bestehenden Gemeinschaft in Aadorf. Die beiden Frauen bezeichnen sich eingangs
als filie Vodelrici comitis ei Perehheide;
der Graf und seine Gemahlin sowie ein Sohn Keroldus sind in der Zeugenliste
genannt, ohne dass ihnen ein bestimmender Einfluß auf das Rechtsgeschäft
zugeschrieben würde.
Einige Zeit später, etwa im Januar 894, tradierte Graf
Vodalricus ad monasterium, quod est in Ahadorf, und näherhin
illis fratribus, qui ibi Deo die noctuque deserviunt, bestimmte Güter
im Thurgau und im Alpgau et quicquidad illud altare pertinet, excepto auro
et argento et sericis palliis et alia vestimenta serica, que ad altaria
pertinent (W II Nr. 691, vgl. BORGOLTE, Gedenkstiftungen 597). Er verfügte
also über die Ausstattung der Kirche von Aadorf und konnte so auch
bestimmte Mobilien, besonders Liturgica, von der Tradition ausnehmen. Als
Bedingung der Güterübertragung setzte er fest, ut (...) ipsi
fratres, qui in ipso loco Dea deserviunt, cottidie decantent ibi III missas
pro defunctis ei unam pro salute vivorum, similiter singulis ebdomadibus
tria psalteria pro defunctis. Adressat einer zweiten Verfügung des
Grafen in derselben Urkunde war das Kloster St. Gallen. Vodalricus
tradierte dem Steinachkloster Aadorf mit seinem Besitz für den Todesfall
(vgl. SCHMID, Königtum, Adel und Klöster 330 f. mit A. 79, und
MAURER 58 f. mit Hinweis auf W II Nr. 643); dafür verlangte er, ut
si aliqua persona aut abbas, quod absit, aut aliquis quislibet ipsas res,
quas tradidi fratribus, qui sunt in Ahadorf, inde auferre voluerit aut
alicui in beneficium dare voluerit, res superius nominate (...) ad propinquos
meos, qui mihi proximiores esse videntur, revertantur. Der Graf versuchte
offenbar, die wirtschaftliche Lebensfähigkeit und die geistliche Leistungskraft
der Brüdergemeinschaft auch beim Übergang an St. Gallen zu wahren.
Dass der Aussteller mit dem Zeugen von 886 personengleich war, geht aus
der Zeugenreihe hervor, in der die Tochter Udalrichs,
Hirmandruda, an 2. Stelle steht. Von Perehdrud, Kerold und Udalrichs
Gattin Perehei ist nicht mehr die Rede.
Schon im folgenden oder übernächsten Jahr bestätigte
Abtbischof Salmon III. conventionem inter nos atque Odalrichum serenum
comitem de suis nostrisque rebus utrimque confirmatam (W II Nr. 697 von
?895 III 30). Er geht darauf ein, dass serenissimus comes um notitiam firmitatis
cautioerem von seiten St. Gallens gebeten habe, de loco, qui dicitur Ahadorf,
et de omnibus, quae ipse gratia divini servitii ad ipsum locum condixit.
Solange Udalrich
und seine wieder genannte Tochter Irmindruda lebten, sollten
sie ein Nutzniessungsrecht an Aadorf behalten. Des weiteren war vereinbart,
victualia clericorum ibidem Deo famulantium zu sichern und alles zu erhalten,
das pro se suaque contuge cunctaque sobole ibidem quiescente bestimmt war.
Ausdrücklich verpflichtet sich Salomon mit seiner Mönchsgemeinschaft,
das von Udalrich
Aadorf überlassene Geld nicht abzuziehen und nur bei äußerer
Gefahr oder einer Notlage der Reichsabtel in St. Gallen zu bergen (zur
Tradition Aadorfs durch Udalrich
vgl. auch die Erzählung Ekkehards IV., 32 cap. 9).
Als Udalrich
sich darum mühte, die Zukunft seiner Familiengrablege zu sichern,
hatte er den Gipfelpunkt seiner öffentlichen Bedeutung bereits überschritten.
Aus einem Diplom König ARNULFS,
wohl aus dem Herbst des Jahres 890, geht hervor, dass Odalricus
zusammen mit seiner Gemahlin Perehtheda gegen den Herrscher konspiriert
hatte und dafür mit dem Entzug aller Eigengüter in Alemannien
und im Elsaß bestraft worden war (D Arn Nr. 81; zum elsässischen
Besitz s. D K III Nr. 2, vgl. jetzt BORGOLTE, Die Geschichte der Grafengewalt
im Elsaß 42). Das Verbrechen, das man dem Grafen zur Last legte,
wird seit langem und zweifellos zurecht in der Teilnahme am Aufstand Bernhards,
des Sohnes KARLS III., gesehen (zuletzt
BORST 204f., WALTHER 258, BRUNNER 158f., BORGOLTE, Gedenkstiftungen. Eine
andere Auffassung bei GOETZ 146-149, der annimmt, Udalrich
habe sich nicht an dem Aufstand des KARLS-Sohnes
beteiligt, sondern die Teilnahme Abt Bernhards von St. Gallen an der Revolte
dazu genutzt, im Rheingau gegen den Besitz St. Gallens vorzugehen [dazu
s.u.]; dafür sei Udalrich
bei König ARNULF des
Hochverrats angeklagt worden und seiner Güter und Ämter verlustig
gegangen. Diese Interpretation ist unannehmbar, da eine Aktion Udalrichs
gegen St. Gallen kaum als Hochverrat gelten und zum Entzug aller Rechte
führen konnte, zumal es doch der geschädigte Abt Bernhard war,
der den Aufstand gegen ARNULF unterstützt
hatte!). Während ein anderer Verschwörer, Abt Bernhard von St.
Gallen, sein Amt zugunsten Salomons III. aufgeben mußte, fiel die
Strafe Udalrichs
offenbar milder aus. Freilich ist umstritten, ob Udalrich
außer seinem Besitz auch seine Grafenrechte retten konnte, die man
vor allem im Linz- und Argengau vermutet. Einer älteren Forschungsrichtung
folgend (KRÜGER, Werdenberg-Heiligenberg 114 A. 2; LADEWIG, Salomo
III. 277; ERNST 207,284) hat unlängst BILGERI (87-91) behauptet, an
Udalrichs Stelle
habe bereits am 17. Februar 890 ein Graf Walah amtiert (zustimmend SCHMID,
"Eberhardus comes de Potarno" 328). Dabei stützte er sich auf eine
Fuldaer Urkunde vom selben Tag, nach der der Priester Ratheri der Bonifatiusabtei
Besitz in comitatu Uualahes, in Cruftero marcu, et in Fisgobach tradierte
(Codex diplomaticus Fuldensis Nr. 635). Diese carta war 1849 auch in das
Wirtembergische Urkundenbuch aufgenommen worden (WUB I Nr. 167), weil die
Herausgeber die Güter in der Mark von Kluftern (Karte bei BORGOLTE,
Kommentar: Q 15) und in Fischbach (ebd.) vermuteten. Tatsächlich dürften
die Ortschaften aber mit Kriftel und Fischbach im Niddagau identisch gewesen
sein, wo bereits am Ende des 9. Jahrhunderts Fulda Besitz erworben hatte
(Urkundenbuch des Klosters Fulda I Nr. 509). Aufgrund der Urkunde von 890
wird Walaho demnach auch als Graf im Niddagau angesehen (KROPAT, Wetterau
46; SCHULZE 191,202,212). Diese Zuordnung paßt gut zu etwa gleichzeitigen
Belegen für einen oder mehrere Grafen Walah im Wormsgau (D LdJ Nr.
20: [881] IX 22; D Arn Nr. 40.- 888 XI 8; D Arn Nr. 153. 897 VI 8; CL I
Nr. 53 von ?897 V 20; SCHULZE l91,212; GLÖCKNER, Lorsch und Lothringen
346-348; DÜMMLER 454f.), im Speyergau (D LdK Nr. 13.; 902 II 5, vgl.
D LdK Nr. 5: 900 X 8; SCHULZE 192,212) und im Enzgau
(CL I Nr.56: 902 II 25; vgl. SCHULZE 191; SCHMID, Kloster Hirsau 123; WAGNER,
Comitate zwischen Rhein, Main und Neckar 32; STÄLIN 332. Vgl. ferner:
D LdK Nr. 20 von 903 VI 24: Purchart filius Vualabonis; weitere Quellen
bei GLÖCKNER 347f., DÜMMLER 518 A 1; s.a.. WENSKUS, Sächsischer
Stammesadel 284, MITTERAUER 210f.). Walah muß also wohl aus der Grafenliste
des Linzgaus gestrichen werden.
Eine gräfliche Stellung Udalrichs
haben dagegen bereits KNAPP (Buchhorner Urkunde 207f.,227f.) und ZELLER
(51 A. 1; vgl. auch STÄLIN 328) aus der St. Galler Urkunde 680 abgeleitet.
Diese in der Überlieferung TSCHUDIS auf 891 VIII 30 datierte Notitia
betrifft eine Auseinandersetzung zwischen St. Gallen und Graf
Vodalricus im Rheingau und die Festsetzung der Grenze zwischen
Rheingau und Thurgau. In der Quelle wird berichtet: Nachdem König
ARNULF Vodalrico cuidam comiti de Linzgeuue in (...) pago Ringeuue
curtem Lustenowam in ius proprietatis gegeben hätte, habe dieser dem
Kloster den Genuß seiner Rheingauer Güter streitig gemacht.
Unter anderem sei das Wohnhaus Udalrichs
in Lustenau mit Dachziegeln gedeckt worden, die für die Kirche des
heiligen Gallus bestimmt gewesen seien. Nun aber habe Salomon, der Abt
von St. Gallen und Bischof, zur Vermeidung künftiger Streitigkeiten
omnes principes de tribus comitatibus id est de Durgeuue, de Linzgeuue
et de Rhaetia Curiensi, unter ihnen Bischof Thiotolf von Chur und Graf
Vodalricus, zusammengerufen, um an einem ungenannten Ort am Rheineinfluß
die Ansprüche St. Gallens zu prüfen. Alle Primaten aus den 3
Comitaten bestätigten unter Eid die vom Kloster beanspruchten Rechte.
Dieselbe Versammlung legte anschließend die Grenze zwischen dem Thur-
und dem Rheingau fest.
Ausdrücklich wird Udalrich
an 4 Stellen der Urkunde als comes bezeichnet, einmal sogar als comes de
Linzgeuue tituliert. Es besteht kein Anlaß, ihm den Grafenrang für
den gegebenen Zeitpunkt abzusprechen. Eine andere Frage ist es, ob Udalrich
mit dem Grafen "von Aadorf" identisch war. Im Unterschied zum Diplom ARNULFS
von 890 fehlt in der St. Galler Notitia eine Verwandtschaftsangabe, die
die Verbindung herstellen könnte. Wenn man sich aber vergegenwärtigt,
wie demütigend die von Salomon einberufene Versammlung Udalrich
behandelte, wird der Schluß auf die Personengleichheit mit dem Rebellen
wohl unausweichlich. König ARNULF,
der Udalrich einst
selbst den von KARL III. besuchten
Königshof übergeben hatte, konnte dem Grafen wohl Amt und Besitz
nicht ganz vorenthalten, doch verstand er es offenbar, dessen Stellung
entscheidend zu schwächen. In diesem Zusammenhang darf man daran erinnern,
dass Udalrich
sogar seine Familiengrablege Aadorf keinem seiner Verwandten, sondern St.
Gallen unter Salomon III. übergeben hat und doch gleichzeitig um den
Bestand der geistlichen Stiftung mit unverhülltem Mißtrauen
fürchtete.
Nach der St. Galler Urkunde von 891 ist Udalrich
nicht nur als Graf im Linzgau, sondern wohl auch im Rheingau zu betrachten.
Dafür spricht die ihm offenbar weiter zugestandene, wenn auch beschnittene
Verfügung über Lustenau mit dessen Umland, besonders aber die
Teilnahme von Großen de Linzgeuue an der Grenzmarkierung zwischen
Thurgau und Rheingau; mit diesen waren nämlich offenkundig vor allem
nicht eigens genannte Bewohner aus dem Rheingau gemeint (SCHULZE 85f.;
BAUER 104-106; KNAPP, Buchhorner Urkunde 206ff.,227ff.; BORGOLTE, Geschichte
der Grafschaften Alemanniens 195; anders MEYER VON KNONAU, Rheingau 214).
Ist Udalrich "von
Aadorf" nun mit dem älteren
Udalrich (IV) oder dem
jüngeren Udalrich (V) identisch gewesen? Eine schlüssige
Antwort ermöglichen Memorialnotizen und Urkunden, wenn man sie abermals
im Zusammenhang interpretiert. Unter den Orten mit Grundbesitz des Aadorfer
Klosterherrn befand sich auch Gurtweil im Schwarzwälder Alpgau (W
II Nr. 691). Die Güter hatte Udalrich
offenbar von einem Recccho vor 885 im Tausch erworben (s. bereits GOETZ
140 A. 44). Aus einer Urkunde, die Reccho am 24. April dieses Jahres für
St. Gallen ausstellte (W II Nr. 643) geht nämlich hervor, dass er
einem Oadalrich seinen Besitz in Gurtweil und Araberge gegeben und von
diesem Liegenschaften im alpgauischen Kuchelbach erhalten hatte. Oadalrich
war also schon vorher im Alpgau begütert gewesen. Die Rechtshandlung
von 885 fand in Gurtweil, und zwar im Gericht des Grafen ADALBERT (II)
statt. Dieser Adalbert hatte aber seinerseits 873/74 (UB Zürich I
Nr. 121) an Rheinau Besitz in Gurtweil tradiert und war dabei abermals
in Gurtweil zugegen. Die Besitzlage Oadalrichs und Graf Adalberts (II)
spricht für Verbindungen zwischen den beiden Männern, vielleicht
sogar für Versippung. Dem urkundlichen Befund treten in dieser Hinsicht
zwei Einträge im Liber Memorialis von Remiremont (4rB1) und im Liber
vitae von Brescia (Codice Necrologico-Liturgico Brescia 62 = fol. 34v)
zur Seite (ADALBERT II). In ihnen werden unter weitgehend identischen Männer-
und Frauennamen *Adalbertus/ Adelbertus bzw. Odelricus genannt; in Brescia
stehen beide Namen nacheinander an der Spitze, wobei Adelbertus zusätzlich
als comes bezeichnet wird. Ohne Zweifel sind in beiden Einträgen dieselben
Personen gemeint. Im Memorialbuch von Remirernont sind den Namen die Todestage
zugeschrieben. Da Odelricus am 26.5. verstorben ist, muß er
mit dem im jüngeren Reichenauer Necrolog zum selben Tag vermerkten
Vodalrich
iunior identisch, also Udalrich
(V) sein (s. o.). Unter Beziehung weiterer Quellen kann deshalb
der zum 8.1. eingetragene Adalbert mit ADALBERT (II) gleichgesetzt werden.
Das Ergebnis der Eintragsanalyse, dass Adalbert (II) und Udalrich
(V) zweimal in einer ähnlichen Personengruppe - wohl von Verwandten
(RAPPMANN) - stehen, entspricht dem Befund der Urkunden, dass Adalbert
(II) Besitznachbar eines Oadalrich war. Oadalrich kann deshalb mit Udalrich
(V) identifiziert werden; nimmt man hinzu, dass Udalrich
"von Aadorf" am selben Ort wie Oadalrich Besitz hatte, folgt
weiter, dass er Udalrich
(V), "der Jüngere", war.
Die St. Galler Urkunde Nr. 680 (v. 891, s.o.) mit dem Beleg Udalrichs
"von Aadorf" für den Linz- und den Rheingau kann demnach mit
Sicherheit auf Udalrich
(V) bezogen werden. Sie tritt so neben die beiden schon erwähnten
Zeugnisse für Udalrich
"den Jüngeren" (s.o. S. 256f.). Wie der Beleg vom 27.9.894
im St. Galler Urkundenformular (Formvlae 436 Nr. 4) darf auch W II Nr.
645 von 885 VI 30 mit Vadalrichus
iunior in der Grafenformel auf den Argengau bezogen werden; der
in der carta genannte Güterort Lindenberg ist nämlich dem Argengau
(STÄLIN 328, s. BORGOLTE, Geschichte der Grafschaften Alemanniens
188), und nicht dem Alpgau (Allgäu) zuzuordnen (BAUMANN 47; KNAPP,
Buchhorner Urkunde 206; ERNST 208 A. 7).
Für Udalrich
(IV) oder Udalrich
(V) kommen die St. Galler Urkunden W II Nrn. 649,668,696 und 652
in Betracht. Die erstgenannte carta betrifft einen Tausch Abt Bernhards
von St. Gallen in Marbach und Höchst, der 886/87 in Friedrichshafen
vor den gräflichen Zeugen Odalrichus, ARNULF und HILDEBOLD vorgenommen
wurde. Aufgrund des Actumortes hat man UDALRICH
(IV, V) als Amtswalter im Linzgau, nach den Tauschobjekten als
Graf im Rheingau betrachtet (KNAPP, Buchhorner Urkunde 207; BILGERI 87).
Beide Annahmen sind nicht ganz zwingend, zumal in der Urkunde noch andere
Zeugen im Grafenrang notiert wurden. Nr. 652 kann vor oder nach den Belegen
des Vadalrichus
iunior eingeordnet werden (s.o. S. 259). Urkunde 668 vom 24. April
889 schließt mit dem Vermerk Notavi (...) comitem vero Uadelrichum;
Bermatingen als Güterort läßt auf eine Grafenstellung Udalrichs
(IV, V) im Linzgau schließen (KNAPP, Buchhorner Urkunde 206; ERNST
207). Der in der Grafenformel von Nr. 696 vom 11.9.894 genannte Odalricvs
gilt in der Forschung als Amtswalter im Alpgau (Allgäu); Waldo hatte
Abtbischof Salomon und den Brüdern von St. Gallen im Zuge eines Tauschgeschäftes
seinen Besitz in loco qui vocatur Perehkeres und die Hälfte seiner
Güter zu Waltrams übergeben (vgl. SCHULZE 102; KNAPP, Buchhorner
Urkunde 206; BAUMANN, Alpgau, und DERS., Allgäu). Die Liegenschaften
könnten außer zum Alpgau aber auch zum Nibelgau gehört
haben (vgl. oben S. 260 zu Nr. 560 und BORGOLTE, Geschichte der Grafschaften
Alemanniens 189).
Nach einem Diplom König ARNULFS vom 26. Juni 890 hat der Graf
Iring dem Herrscher die Urkunde über einen Tausch vorgelegt, den die
Mönche von Ottobeuren cum licentia et consensu Odalrici comitis nostri
et senioris eorum mit einem Hekisheri vorgenommen hatten (D Arn Nr. 79).
SCHWARZMAIER, der Udalrich als Laienabt von Ottobeuren betrachtet hat,
identifizierte den Grafen vermutungsweise mit dem LINZ- und ARGENGAU-Grafen,
dem Mitverschwörer Bernhards. Sollte dieses Urteil zutreffen, hätte
Udalrich (V)
seinen Tätigkeitsbereich bis in die Grenzlandschaft Alemanniens zwischen
Iller und Lech ausgedehnt (vgl. BORGOLTE, Geschichte der Grafschaften Alemanniens,
Kap. VII). Allerdings geht aus der Urkunde nicht hervor, dass Udalrich
dort auch eine Grafschaft verwaltet hat. Eine Schwierigkeit bei der Identifizierung
des seniors von Ottobeuren mit Udalrich
"von Aadorf", die bereits SCHWARZMAIER sah (33), liegt in der ausdrücklichen
Bezeichnung comes noster, die ARNULF
schon im Juni 890 für den aufständischen Grafen gebraucht hätte.
An Udalrich (IV, V), einen der Grafen
am Nordufer des Bodensees, hat sich wohl etwa im Januar 893 König
ARNULF gewandt, als er den Primaten Alemanniens die Rechte St.
Gallens einschärfte (D Arn Nr. 111; vgl. SCHULZE 330). In der Inscriptio
des Diploms wird Vodalricus als 4.
namentlich genannter Großer nach ADALBERT (II), BERTOLD (IV) und
BURCHARD aufgeführt. Ein Graf Odaricus
wird auch in einer gefälschten Reichenauer Königsurkunde von
896 genannt (D Arn Nr. 143; danach Chronik des Gallus Öhem 61). Obwohl
das Zeugnis suspekt ist, erscheint die Charakteristik des Grafen: qui Potamis
in nostro castro residet bemerkenswert; eine angebliche Residenz in Bodman
erinnert nämlich an die Aktivitäten Udalrichs
(von Aadorf) in Lustenau (vgl. BORST 206; SCHMID, "Eberhardus comes
de Potamo" 326-328; BORGOLTE, Geschichte der Grafschaften Alemanniens 204
f.). Als - freilich kaum weniger dubioses - Seitenstück zu dem Falsifikat
wurde im Kloster Hofen bei Buchhorn eine Nachricht überliefert, im
Jahr 889 hätten die Grafen ihren Wohnsitz auf dem kayserlichen Schloß
Bodma(n) verlassen und sei Ulrich wegen den Streyfereyen der Hunnen gen
Buchhorn gezogen (KNAPP, Buchhorner Urkunde 240f.). SCHMID, "Eberhardus
comes de Potamo" 327f.; ablehnend WALTHER, Flskus Bodman 258 A. 129, vgl.
BORST, Pfalz Bodman 207f.) hat im Hinblick auf diese Überlieferungen
erwogen, der Ort Tiuffen im Besitz Udalrichs
(V) (D Arn Nr.81, vgl. D LdK Nr.37) könne im Bereich Bodmans
gelegen haben. Auch wenn die Hinweise auf Rechte Udalrichs
(V) in oder bei Bodman nicht zutreffend sein sollten, lassen sich
bei dem Grafen starke Tendenzen zur Errichtung von Herrschaftsmittelpunkten
fassen. Indem Udalrich
(V) Kloster Aadorf im Thurgau errichtete, Lustenau im Rheingau
erwarb und im Linz- und Argengau nördlich des Bodensees Grafenrechte
ausübte, setzte er zu einer seeübergreifenden Machtstellung an
(s. SCHMID, Bodensee 544,554 f.).
Wie Udalrich (IV),
der nepos regum, gilt Udalrich
(V) als Angehöriger des Geschlechts der "UDALRICHINGER".
Für diese Annahme spricht die Parallelregierung der beiden Grafen
im Comitat am Nordufer des Bodensees, zu der die älteren "UDALRICHINGER"
(RUADBERT I; UDALRICH
I, II;
RUADBERT II) und
die WELFEN (KONRAD I; WELF II) Analogien bieten. Gleichwohl sei auf die
mögliche Verwandtschaft mit ADALBERT (II) und mit den "HUNFRIDINGERN"
hingewiesen, die besonders aus den Einträgen von Remiremont und Brescia
hervorgehen konnte (s.o. S. 264f; dazu KELLER, Einsiedeln 22f; ZOTZ, Breisgau
87; RAPPMANN).
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Kinder:
Udalrich IV.
-27.9.894/26.5.896-900
(Isenburg)