Sohn des Grafen Udalrich
I. im Breisgau
Prinz Isenburg:
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Ratbert (Ruadpert) war 806/13-814
Graf, 806 Graf im Thurgau, 807/13-814 Graf am Nordufer des Bodensees, 807
Graf im Argengau 813-814 Graf im Linzgau.
Michael Borgolte:
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"Die Grafen Alemanniens"
RUADBERT (II)
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belegt als Lebender 800 I 6,
belegt als Graf 806 III 23 - 813/14 III 18,
Thurgau 806 III 23 - 806 V 29,
? Hegau 806 V 29,
Grafschaft am Nordufer des Bodensees 807 IV 18 - 813/14 III 18
- Argengau 807 IV 18
- Linzgau 813/14 III 18,
Bereich der Alaholfsbaar ?808 VI 22,
belegt als Verstorbener ?817)
Belege mit comes-Titel:
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W I Nrn. 188,190,192,198,211, ?Das Verbrüderungsbuch der Abtei
Reichenau 118A1, 121B3
Belege ohne comes-Titel:
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W I Nr. 160 (= ChLA II Nr. 152), Codex diplomaticus Fuldensis Nr. 178
(= Regesta Alsatiae I Nr. 397), St. Galler Gedenkbuch pag. 8 (= PIPER,
Libri Confrat. 20 col. 32,13), W II Anh. Nr. 18, KLÜPPEL, Reichenauer
Hagiographie 158 cap. 17 (= Translatio sanguinis Domini 448 cap. 15; Quellensammlung
der badischen Landesgeschichte I 72 f. cap. 17)
Literatur:
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NEUGART, Episcopatus Constantiensis I. 166,182 - STÄLIN, Geschichte
I 243,327 - MEYER VON KNONAU, Die angeseheneren Urheber 231 A. 32 - DERS.,
Geschlechtskunde 73 f.,76 - BAUMANN, Gaugrafschaften 43 - PUPIKOFER, Thurgau
I 135 - TUMBÜLT, Hegau 624,626 A. 4 - SCHULTZE, Gaugrafschaften 177,280
- KNAPP, Buchhorner Urkunde 205,207-209,212,216,222f. - MEYER-MARTHALER,
Rätien 77 A. 196 - CLAVADETSCHER, Einführung der Grafschftsverfassung
100 mit A. 200 - TELLENBACH, Der großfränkische Adel 54-56 -
SCHMID, Familie, Sippe und Geschlecht 8 f. - SIEGWART, Zur Frage 256-264,
277,284 - HLAWITSCHKA, Franken in Oberitalien 206 Nr. XCV - MITTAUER, Markgrafen
17,19f.,25 - SCHULZE, Grafschaftsverfassung 83, 121 - BILGERI, Geschichte
Vorarlbergs I 69,72,257f. A. 114 - SCHMID, Zur historischen Bestimmung
513f. - BORGOLTE, Geschichte der Grafschaften Alemanniens, s.v.
Zu den Nachkommen Udalrichs
(I) zählten 2 Söhne namens Udalrich
und Ruadbert; sie werden erstmals
in einer St. Galler Urkunde vom Januar 800 (W I Nr. 160) und darin wohl
auch in einer Fuldaer carta vom 1.5.803 genannt (Codex diplomaticus Fuldensis
Nr. 178). In beiden Zeugnissen und im ältesten Eintrag des St. Galler
Gedenkbuches (pag. 8), in dem sie sicher zusammen mit ihrem Vater berücksichtigt
sind, wurde ihren Namen kein Titel zugefügt (zu den Quellen und behandelnde
Literatur s. Art. UDALRICH I, II).
Es ist nicht bekannt, ob zu den genannten Zeitpunkten in Alemannien
ein Graf Ruadbert amtiert hat. Eine
Serie von Belegen dieses Namens für den Amtswalter im Linz- und Argengau
(Grafschaft am Nordufer des Bodensees) läuft um 799/801 aus (zu TELLENBACH
54 A. 75 s. Art. RUADBERT I); etwa im Jahr 802 und 805 erscheinen dann
-*Adalrihcus bzw. *Hodalrichus als comites im Argengau, die mit Udalrich
(I) gleichgesetzt werden. Man nimmt im allgemeinen an, dass Udalrich
seine bis ca. 799 innegehabte Grafschaft im Thurgau aufgegeben hatte, um
in den Nordbodenseegauen den Comitat RUADBERTs (I), seines Onkels
mütterlicherseits, zu übernehmen (vgl. aber Art. UDALRICH I,
II). Im Jahr 807 in bezug auf das argengauische Reitnau (W I Nr. 192) und
813/14 für Hefigkofen, einen Ort des Linzgaues (W I Nr. 211), taucht
dann in der Grafenformel zweier St. Galler Urkunden erneut ein Ruadbertus/Ruodpertus
auf. Dieser kann, da Udalrichs
Oheim wohl um oder nach 730 geboren war (UDALRICH I, II), kaum
mehr mit dem bis Ende des 8. Jahrhunderts belegten Grafen identisch gewesen
sein. Er wird deshalb allgemein und sicher zurecht als einer der Söhne
Udalrichs bestimmt. In der Zeit, die zwischen den beiden Belegen
Ruadberts (II) liegt, erscheint im
Linz- und Argengau abermals in einigen cartae ein Graf
Udalrich. Dieser ist zuletzt in einem Königsdiplom vom 4.
Juni 817 nachgewiesen. Wenn es sich dabei nicht um den Vater UDALRICH
(I) handelt, dürfte der 2. Sohn gemeint sein. Jedenfalls darf
man für sicher halten, dass Ruadbert (II)
in den Gebieten am Nordufer des Bodensees neben einem anderen Mitglied
seiner Familie amtiert hat. Eine räumliche Trennung der Grafschaftsrechte
läßt sich aus den Urkunden nicht erschließen.
In der bedeutenden Urkunde Graf ISANBARDs vom 29. Mai 806, nach der
der Sohn Warins dem Kloster St. Gallen unter gewissen Bedingungen Liegenschaften
im Thurgau und im Hegau überlassen hatte, lautet der Schlußvermerk
sub Hruadberto comite (W I Nr. 190). Aufgrund der zuletzt genannten Tradita
darf Hruadbertus zumindest als Graf
im Thurgau angesehen werden. Diese Annahme bestätigt eine ausschließlich
thurgauische Güter betreffende carta, die schon 2 Monate zuvor ausgestellt
worden war und im Eschatokoll denselben Grafennamen enthalten hat (W I
Nr. 188). Aus dem Hegau fehlt demgegenüber ein Parallelzeugnis zu
Urkunde 190 (vgl. TUMBÜLT 624 A.4; zu STAERKLE, Rückvermerke
I 66, 68f., s. BORGOLTE, Kommentar, zu Nr. 198). Im Thurgau erstreckten
sich die Rechte des Grafen bis Weißlingen und Theilingen (W I Nr.
188) bzw. bis Seen (Nr. 190); Kompetenzen im Fiskus Zürich oder zwischen
Konstanz und St. Gallen sind nicht belegt und nach der bis ca. 817 geltenden
Verwaltungsorganisation in den betreffenden Landschaften auch nicht zu
erwarten (s. BORGOLTE, Geschichte der Grafschaften Alemanniens, Kap. III.
1. a, 2. a).
Eine weitere St. Galler Urkunde mit dem Namen Ruadberts
in der Grafenformel von ?808 VI 22 stammt wohl aus dem Bereich der Alaholfsbaar
(Nr. 198). Auf eine Identität des Grafen der Nrn. 188, 190 und 198
mit Ruadbert deutet außer der
Namengleichheit der entsprechende Zeithorizont hin.
Nach einer schon älteren Forschungsmeinung wird Ruadbert
außer in Urkunden und in Gedenkbucheinträgen auch
in einer erzählenden Quelle genannt (NEUGART; MEYER VON KNONAU, Die
angeseheneren Urheber; neuerdings TELLENBACH 55, HLAWITSCHKA; weitere Literatur
s.u.). In der Translatio sanguinis Domini, die um die Mitte des 10. Jahrhunderts
im Kloster Reichenau niedergeschrieben wurde, wird berichtet, dass Adalbert,
der Sohn Hunfrids, des Gründers von Schänis, nach dem Tod seines
Vaters die kostbare Blutreliquie mit den übrigen Gütern geerbt
hätte. Denique Adalberto paternas res hereditario iure, ut dictum
est, possidente, contigit ut Ruodpertus quidam nomine, Ludouuici imperatoris
vasallus, dolosa circumventione apud seniorem suum impetraret, ut Reciam
Curiensem in proprietatem sibi contraderet, pulsoque Adalberto, possessionem
illius sibi usurparet. Ille vero cunctis rebus a parte relictis spoliatus,
quasi nudus evadens, sola tantum crucicula arrepta, ad fratrem, qui tunc
temporis Hystriam tenebat confugiens, ipsius tandem auxilie collecta virorum
multitudine, Ruodpertum invadit, illis forte diebus apud villam Cizuris
commorantem (KLÜPPEL, 158). Als Ruodpert
entfliehen wollte, sei er außerhalb des Ortes Zizers von
dem Hufschlag eines Pferdes so unglücklich getroffen worden, dass
er bald darauf verstarb. So hätte das Blut des Herrn und das Holz
vorn Kreuze Christi Adalbert den Sieg gebracht. Der Sohn Hunfrids von Rätien
aber, der durch Mitleid gerührt war, überführte die Leiche
seines Feindes nach dem Kloster Lindau, um sie dort zu bestatten. Reversusque
tandem, beschließt der Reichenauer Erzähler die Schilderung
des Geschehens, hereditatem suam, sicut prius, manu potestativa usque ad
obitus sui diem detinebat (KLÜPPEL 158; s. Art. ADALBERT I).
War Ruodpert, der Ingressor Rätiens,
mit dem Linz- und Argengaugrafen personengleich, so lag es nahe, seinen
in der Translatio geschilderten Unfall mit dem Abbruch der urkundlichen
Belege um 813/14 in Beziehung zu setzen (s. KNAPP, Buchhorner Urkunde 223;
MITTERAUER, Markgrafen 20,25). MEYER VON KNONAU (Geschlechtskunde 73 mit
A. 1) hat näherhin erwogen, dass der Konflikt zwischen Adalbert und
Ruodpert um die Herrschaft in Rätien
in einem Zusammenhang mit dem Aufstand Bernhards
von Italien (817) gestanden haben könnte. Demgegenüber
machten MEYER-MARTHALER (Rätien 77 A. 1967) und CLAVADETSCHER geltend,
dass Einfall und Tod Ruodperts nicht
vor Ende 823/Anfang 824 datiert werden könnten, weil Adalberts Vater
Hunfrid bis November 823 bezeugt sei (CLAVADETSCHER, Einführung der
Grafschaftsverfassung 61). Mit diesem Zeitansatz gerät man aber in
erhebliche Schwierigkeiten. Im Thurgau ist Ruadbert
schon früh abgelöst worden (RIHWIN). Aus den Nordbodenseegebieten
fehlt von W I Nr. 211 an für ungefähr zehn Jahre jegliche urkundliche
Überlieferung; erst in der St. Galler Urkunde 276, die vielleicht
auf den 18. Mai 824 zu datieren ist, erscheint Ruadberts Nachfolger RUACHAR
(I, II). Für einen Konflikt zwischen dem Linz- und Argengaugrafen
mit Hunfrids Sohn bliebe also allenfalls die schmale Spanne vom November
823 bis ca. Mai 824. Bedenkt man aber, dass Hunfrid noch geraume Zeit nach
823 gelebt (vgl. dazu SCHMID, Wege zur Erschließung des Verbrüderungsbuches
LXX-LXXII) und Ruachar schon erheblich vor 824 die Grafschaft im Norden
des Bodensees übernommen haben kann, so erscheint es fast ausgeschlossen,
dass Ruodpert vom Linz- und Argengau
aus in den 20-er Jahren nach Rätien eingefallen ist.
Unter Berücksichtigung der Klageschriften Bischof Viktors III.
von Chur, die sich gegen den rätischen Grafen Roderich gerichtet haben
und zwischen 823 und 829 entstanden sein müssen, hat CLAVADETSCHER
ferner darauf hingewiesen, dass Adalbert kaum nach 823 auf Hunfrid gefolgt
sein kann. Bevor Viktor III. mit Roderich in Streit geraten wäre,
müßte nämlich in der knappen Zeitspanne bis 829 noch der
Konflikt zwischen Adalbert und Ruodpert angesetzt
werden. CLAVADETSCHER entschloß sich deshalb, entgegen dein Zeugnis
der Translatio Adalbert nicht als direkten Nachfolger des Grafen Hunfrid
von Rätien zu betrachten und den Amtsantritt Adalberts erst um 831
zu datieren. Diesem Vorschlag folgte SIEGWART. Abweichend von der übrigen
Forschung versuchte SIEGWART aber darüber hinaus, den Gegner Adalberts
mit einem Magnaten vom Mittelrhein zu identifizieren. Er dachte dabei an
Rupert III., den von GLÖCKNER (Lorsch und Lothringen 305-307)
erschlossenen Grafen des Wormsgaus. Nach SIEGWARTs Auffassung muß
man in Rupert einen Enkel RUADBERTs (I), des Onkels der Königin
Hildegart, sehen. Mit seiner These hat SIEGWART bei der mittelrheinischen
Landesgeschichte (s. GOCKEL, Königshöfe 233 A. 109; vgl. aber
wieder SCHNYDER, Luzern, bes. 452ff.) Widerspruch erfahren; und tatsächlich
reichen die oft nur spärlichen Übereinstimmungen im Namengut
mittelrheinischer und alemannischer Quellen, die SIEGWART herangezogen
hat, kaum aus, um eine Verwandtschaft bzw. Identität der RUPERTINER
mit den Angehörigen der Königin Hildegart
zu erweisen. Höchst wertvoll war aber SIEGWARTS Hinweis
auf W II Anh. Nr. 18 (SIEGWART, zur Frage 261), eine undatierte Gerichtsnotitia
aus der Zeit des Abtes von St. Gallen, Gozbert (816-837). Nach dieser Quelle
haben Graf Waning und Ruadpert, der Vasall des Königs, auf Betreiben
des St. Galler Klostervorstehers und auf Befehl König
LUDWIGS eine Untersuchung über Klosterbesitz in Schönenberg
durchgeführt. Name und Standesbezeichnung stimmen für den zweiten
der beiden Gerichtsvorsitzenden mit den Angaben der Translatio überein,
wenn man einmal von der unerheblichen Differenz (s. BORGOLTE, Chronol.
Stud. 167f.) absieht, dass im einen Fall von einem königlichen Vasallen,
im anderen von dem Vasallen Kaiser LUDWIGS
die Rede Ist. Die chronologische Einordnung der Urkunde zwischen den Jahren
824 und 827, wie sie SIEGWART nach Angaben WARTMANNS vornahm, ist freilich
nicht begründet (s. Art. WANING I, II).
Versucht man angesichts dieser Forschungslage eine neue Deutung (zum
folgenden ausführlicher BORGOLTE, Geschichte der Grafschaften Alemanniens,
Exkurs 219-229), so darf man zunächst von der Identität des Ruadpert
der St. Galler Notitia und des Ruodpert der Translatio ausgehen;
für dieses Urteil spricht neben der Namenidentität und Titelentsprechung
die räumliche Nähe, denn Schönenberg gehört zum ostalemannischen
Nibelgau. Da der Nibelgau seinerseits Nachbarlandschaft des Linz- und Argengaus
war, erscheint ferner der Schluß auf eine Personengleichheit des
Königsvasallen mit Ruadpert als zwingend. Ruadpert dürfte seinen
Königsdienst im Nibelgau überdies noch als Graf im Linz- und
Argengau versehen haben; denn LUDWIG DER FROMME
wird ja kaum einen amtsenthobenen Grafen als seinen persönlichen
Beauftragten in den Nibelgau entsandt haben. Da Ruadbert
aller verfügbaren Kenntnisse nach nicht als Verwandter seines Nachfolgers
Ruachar (I, II) betrachtet werden kann, spricht aber nichts für eine
mit diesem gleichzeitige Amtsführung, die im Verhältnis zu Udalrich
(I, II) belegt ist. Deshalb muß man folgern, dass Ruadbert
zwischen 816 und ca. 824 im Nibelgau tätig wurde. Der Einfall
in Rätien wäre damit erneut in die Nähe der
Bernhard-Rebellion gerückt, wie das schon MEYER VON KNONAU
getan hat (s.o.). Es fragt sich, ob die Hunfrid-Belege dieser Annahme wirklich
widersprechen; hält man daran fest, dass Hunfrid bis 823/24 amtiert
hat, so wird die Folgerung, wie CLAVADETSCHER gezeigt hat, fast unausweichlich,
dass das Zeugnis der Translation über die Sukzession Hunfrid - Adalbert
nicht stimmt. Die datierten Zeugnisse für Hunfrid sind aber ausschließlich
auf die Jahre 806/08 bzw. 823/24 konzentriert. Zwischen beiden Daten klafft
eine Beleglücke von 15 Jahren; keine Quelle besagt, dass jeweils dieselbe
Person gemeint war. Man muß aber das Zeugnis der Translatio sanguinis
Domini nicht verwerfen, wenn man die bisher selbstverständliche Identität
Hunfrids in Frage stellt und einen älteren rätischen Grafen des
Namens (von 806/08) von einem jüngeren (823/24) trennt. Sowohl für
eine Pluralität der rätischen Magnaten namens Hunfrid als auch
für einen Großen namens Adalbert am Beginn des 9. Jahrhunderts
bieten die Verbrüderungsbücher des Bodenseeraums Anhaltspunkte
(s. BORGOLTE, Geschichte der Grafschaften Alemanniens, Exkurs 219- 229).
Adalbert von Rätien hätte demnach bald nach 806/08 die Nachfolge
Hunfrids (des Älteren), seines Vaters, angetreten. Der Linz-
und Argengaugraf Ruadbert wäre 816/17 von LUDWIGS
DEM FROMMEN mit dem Gerichtsvorsitz im Nibelgau beauftragt worden
und danach - mit Billigung des Kaisers - nach Rätien eingefallen.
Er hätte Adalbert vertrieben, der zu seinem Bruder nach Istrien floh.
Als Bernhard nach der Ordinatio Imperii
vom Juli 817 seine Rebellion bis in den Bodenseeraum hinein vortrug, zog
Adalbert gegen Ruadbert nach Rätien
zurück, und bei dem Konflikt um Zizers kam Ruadbert
ums Leben. Dies muß noch 817 geschehen sein, da der Aufstand
schon Ende des Jahres erstickt war. Adalbert hätte die Leiche Ruadberts
in Lindau bestattet und danach seine Herrschaft in Rätien erneuert.
Das Begräbnis Ruadberts in
Lindau könnte dafür sprechen, dass hier schon ein Herrschaftszentrum
der "UDALRICHINGER" bestand. Andererseits
wird in der Überlieferung des Lindauer Frauenklosters ein "Pfalzgraf"
Adalbert als Gründer genannt (s. Art. ADALBERT I). Wenn damit der
Sohn Hunfrids (des Älteren) gemeint war, hätten die "HUNFRIDINGER"
schon vor dem Konflikt von 817 nach dem Argengau, also in den Grafensprengel
der "UDALRICHINGER", ausgegriffen.
Der Tod Ruadberts scheint zu einer
Entmachtung der "UDALRICHINGER"
am Nordufer des Bodensees geführt zu haben. Auch Udalrich (I, II)
ist nämlich im Juni 817 zuletzt bezeugt. Allerdings hat vor zwei Jahrzehnten
SCHMID betont, dass es unzulässig sei, "den Verlust der Position von
Mitgliedern eines Geschlechtes unbesehen auf das ganze Geschlecht zu beziehen"
(Familie, Sippe und Geschlecht 8), und auf GEROLD
(III) hingewiesen. Wenn dieser ab 826/34 im Thur- und im Zürichgau
belegte Graf ein "UDALRICHINGER"
war, wofür man den Namen anführen kann, so hätte dem Rückzug
des Geschlechts im Norden des Bodensees ein Vordringen im Süden ein
Gegengewicht geboten.
In noch nicht absehbaren Gedenkbucheinträgen wird Ruadberts
Namne mit denen anderer UDALRICHINGER
genannt. In der Forschung ist bisher schon auf einige dieser Quellen hingewiesen
worden, doch gelang es nur selten, die Namen mit hinreichender Sicherheit
auf bestimmte Personen zu beziehen (zu dem Eintrag im St. Galler Gedenkbuch
pag. 8 s.o. S. 220; vgl. aber TELLENBACH 56 A. 89, MITTERAUER 19, SIEGWART
277). Das gilt sogar für drei Belege eines Grafen
Ruadbert oder Ruadpertus
im Reichenauer Verbrüderungsbuch. Auf pag. 115B5, der zweiten Seite
der NOMINA DEFUNCTORUM QUI PRESENS COENOBIUM SUA LARGITATE FUNDAUERUNT,
steht Ruadb(er)t comis nach Nebi comis;
offenkundig war hier RUADBERT (I), der Sohn NEBis, also nicht Ruadbert
gemeint. Zwei andere Grafen (118A1, 121B3) gehören wie der vorher
genannte zur Anlage der Totenliste (AUTENRIETH, Beschreibung des Codex
XXXIf.); deshalb wäre für die betreffende(n) Person(en) damit
zu rechnen, dass sie um 824 bereits verstorben waren (SCOPO). Ob der eine
oder andere Name Ruadbert zugewiesen
werden kann, ist ungewiß, da der Kontext beider noch nicht aufgeklärt
wurde.
In der ältesten Traditionsurkunde des Klosters Luzern, die von
der Forschung heute in die Mitte des 9. Jahrhunderts datiert wird (SIEGWART
223f. A. 1; SCHNYDER, Luzern 419ff.), nennen sich Wichardus und dessen
Bruder Ruopertus als Aussteller (Quellenwerk I. 1 Nr. 9.1 = UB Zürich
I Nr. 67). Ruopert trägt in der Urkunde den Titel dux militum regis
Luodewici; nach eigener Aussage sind die Brüder mit dem
Herrscher blutsverwandt gewesen. Sie verfügten über Erbbesitz
von Vaterseite in Zürich und in Luzern. Alle diese Angaben können
dafür sprechen, dass Wichard und der mit Ruadbert gleichnamige Heerführer
zu den UDALRICHINGERN, vielleicht
zu den Nachfahren Ruadberts, gehört
haben.
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