STAMMTAFELN ZUR GESCHICHTE DER EUROPÄISCHEN STAATEN BAND I und
II Tafel 125-127
Lexikon des Mittelalters: Band VII Seite
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Pommern, Herzogtum
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I. POLNISCHE UND DEUTSCHE ABHÄNGIGKEIT
Der Name Pommern (Slavisch: 'Land
am Meer') begegnet zuerst in den Annales Altahenses zu 1046, als der erste
sicher bezeugt Pommern-Fürst Zemuzil dem
deutschen König HEINRICH III.
in Merseburg Tribut leistete. Im Zusammenhang mit dem Vordringen Polens
nach Pommern zu Beginn des 12. Jh.
unter Herzog Boleslaw III. Krzywousty
werden bei der Eroberung von Kolberg und Nakel mehrere Pommern-Fürsten
genannt, deren historische und genealogische Zuordnung im Dunkeln
liegt. Mit Wartislaw
I. und Ratibor
I. begann die Dynastie der GREIFEN
(bis 1637). Ihre Herrschaft erstreckte sich anfangs von der Oder bis zum
Gollenberg (bei Köslin) und zur Küddow, südlich bis zur
Warthe und Netze. Östlich davon (um Schlawe und Stolp)
herrschten die RATIBORITEN, eine Nebenlinie
der GREIFEN. Nach ihrem Aussterben
1228 gelangte dieses Gebiet an die ASKANIER und von diesen 1317 an die
GREIFEN. Im Weichselgebiet um
Danzig regierten die SAMBORIDEN (1186-1294); auch sie führen den Pommern-Namen
im Titel. 1309 kaufte der Deutsche Orden diese Herrschaft (Pommerellen).
Nachdem der Polenherzog Boleslaw III.
einen Kriegszug in das Gebiet der Lutizen (bis zur Müritz) unternommen
und im Oderraum Stettin 1121/22 erobert hatte, mußte sich Wartislaw
I. zur Tributleistung, Heeresfgolge und Annahme des Christentums
verpflichten. Er bewahrte aber seine Selbständigkeit; indem er seinerseits
lutizische Gebiete bis an die Peene (Demmin) gewann, erweiterte er seine
Herrschaft über das pomoranische Stammesgebiet hinaus und lockerte
allmählich die Abhängigkeit von Polen, da der lutizische Raum
zum Markengebiet des deutschen Reiches gehörte.
Die Christianisierung Pommerns erfolgte
1124/25 und 1128 durch Bischof Otto von Bamberg. Erst nach seinem Tod kam
es 1140 zur Errichtung eines Bistums in Wollin. Mit Rücksicht auf
die Ansprüche der Kirchenprovinzen Gnesen und Magdeburg wurde es 1188
dem Papst unmittelbar unterstellt. Der 1. Bischof Adalbert verlegte den
Bischofssitz in das vor 1155 gegründete Prämonstratenserstift
Grobe auf Usedom. 1175/76 wurde Kammin Sitz des Bistums und des Domkapitels.
1135 hatte Herzog Boleslaw III. von Polen
nach Tributzahlung Kaiser LOTHAR III.
für Pommern die Lehnshuldigung
geleistet. Dieser Akt dürfte nur auf das eigentliche pommeranische
Gebiet östlich der Oder zu beziehen sein. Die westlichen
lutizischen Gebiete sind vom Kaiser dem 1134 in der Nordmark eingesetzten
Albrecht den Bären zugewiesen worden. Von ihm ist der Anspruch auf
Lehnshoheit auf Heinrich den Löwen übergegangen, die Mitte der
60-er Jahre von den Pommern anerkannt
wurde. Nach dem Sturz des Löwen hat sich Herzog
Bogislaw I. 1181 vor Lübeck Kaiser
FRIEDRICH I. unterstellt. Mit Fahnenbelehnung erkannte der Kaiser
die eigenständige Herrschaft des Pommern
an und bestätigte so den Herzogstitel, den die GREIFEN
seit der 2. Hälfte der 70-er Jahre des 12. Jh. in Urkunden geführt
haben.
II. UNTER DÄNISCHER UND BRANDENBURGISCHER LEHNSHOHEIT; TEILUNG VON 1295
Inzwischen gewannen die Dänen immer stärkeren Einfluß auf die südliche Ostsee. Bogislaw I. sah sich 1185 gezwungen, dem Dänenkönig Knut VI. zu huldigen und die dänische Lehnshoheit anzuerkennen, die, 1214 vom deutschen König FRIEDRICH II. akzeptiert, faktisch nach der Schlacht bei Bornhöved 1227 endete. FRIEDRICH II. hat dann 1231 den askanischen Markgrafen von Brandenburg Pommern als Reichslehen übertragen. Der in Demmin und Stettin residierenden Pommern-Herzöge haben die brandenburgische Lehnsherrschaft anerkannt und im Vertrag zu Kremmen 1236 auf das Land Stargard (Mecklenburg-Strelitz) und 1250 im Vertrag zu Land in der Uckermark zugunsten Brandenburgs verzichtet. 1295 kam es unter Beteiligung der Stände zu einer bis ins 15. Jh. andauernden Teilung des Landes und des GREIFEN-Geschlechts in den Herzogtümern Stettin (Oderregion) und Wolgast (Küstenregion). 1317 trat zum Wolgaster Teil das Gebiet um Schlawe und Stolp hinzu. Dazwischen lag seit 1248 das Territorium der Bischöfe von Kammin und Kolberg, Köslin und Bublitz. Nach dem Aussterben der Fürsten von Rügen 1325 fielen auch Insel und Rügensches Festland nach Kämpfen mit Mecklenburg an das Herzogtum Wolgast. Damit hatte Pommern seine fortan im wesentlichen konstante territoriale Gestalt erlangt.
III EIGENSTÄNDIGES FÜRSTENTUM; KLOSTERGRÜNDUNGEN UND LANDESAUSBAU
Nach dem Aussterben der ASKANIER in Brandenburg (1319/20) suchten sich
die Pommern-Herzöge der Lehnshoheit
der ihnen folgenden WITTELSBACHER zu entziehen. Herzog
Barnim III. erreichte 1338, dass das Stettiner Herzogtum
aus der brandenburgischen Lehnshoheit entlassen wurde und dass
König LUDWIG DER BAYER es ihm als Reichslehen übertrug.
LUDWIGS Widersacher KARL
IV. belehnte dann 1348 Barnim
und die Wolgaster Herzöge mit ganz Pommern
und Rügen zu gesamter Hand. Seitdem war Pommern
als unmittelbares Königslehen ein vollberechtigtes Fürstentum
des deutschen Reiches.
Die Klostergründungen hatten noch im 12. Jh. mit dem Benediktinerkloster
Stolpe an der Peene und dem Prämonstratenserstift Grobe eingesetzt.
Es folgten Gründungen der Zisterzienser (Dargun, Kallbatz, Eldena),
der Dominikaner (Kammin, Greifswald), der Franziskaner (Stettin, Prenzlau),
der Augustiner-Eremiten (Stargard), der Johanniter (Schlawe und Stargard),
der Templer (in der Neumark). Der Landesausbau hatte im 13. Jh. begonnen,
einen Höhepunkt erreichte der Siedlungsvorgang unter den Herzögen
Barnim I. von Stettin (1220-1278) und Wartislaw
III. von Demmin (1219-1264), unter denen auch die meisten deutschen
rechtlichen Städte gegründet worden sind. Während in meisten
im Oderraum gegründeten Städten das Magdeburger Recht in der
Form des Stettiner Stadtrechtes galt, erhielten die anderen Städte,
vor allem im Küstenraum, das Lübische Recht. Seit 1283 nahmen
die Städte an den Beratungen des Landtages teil; die Prälaten
hingegen erst seit etwa 1415. Die vorpommernschen Städte Stralsund,
Greifswald (1456 Universität), Anklam und Demmin sowie Stettin und
12 hinterpommersche Städte gehörten der Hanse an.
IV. TEILFÜRSTENTÜMER
Durch die Teilungen von 1368 bzw. 1372 wurde das Herzogtum Wolgast in eine vorpommersche (Wolgast) und eine hinterpommersche (Stolp) aufgespalten, die in sich noch weitere Teilungen vornahmen. Im 14. und 15. Jh. haben die pommerschen Teilfürstentümer unterschiedliche politische Wege beschritten. Elisabeth, die Tochter Bogislaws V., des Begründers der Stolper Linie, wurde 1363 mit Kaiser KARL IV. verheiratet. Der Stolper Herzog Erich I. stieg zum König (Erich VII.) der in der Kalmarer Union vereinigten 3 nordische Königreiche auf (1412), doch wurde er 1438 abgesetzt. In den Auseinandersetzungen zwischen Polen und dem Deutschen Orden haben die Pommern-Herzöge eine wechselnde Haltung eingenommen. Der Erbe König Erichs in Stolp, Herzog Erich II., erlangte für sein Bündnis mit Polen die Länder Lauenburg und Bütow. 1466 kaufte er sie vom Deutschen Orden frei und behielt sie auch nach dem 2. Thorner Frieden, der sie Polen zusprach, mit dessen Zustimmung als Pfandbesitz. Als 1464 die Stettiner Linie mit Otto III. ausstarb, gelang es Erich II., den Anfall des Herzogtums Stettin an Brandenburg im Stettiner Erbfolgekrieg abzuwehren, doch mußten die Pommern 1466 zu Soldin, die brandenburgische Lehnshoheit über Stettin anerkennen. Nach dem Tode Wartislaws X. von Wolgast (1478) vereinigte Bogislaw X., der Sohn Erichs II., das ganze 1295 geteilte Pommern. Nachdem dieser anfänglich die Lehnshuldigung an Brandenburg verweigert hatte, mußte er sie 1479 nicht nur für Stettin, sondern auch für das Herzogtum Wolgast leisten. Durch eine geschickte Außenpolitik in Verbindung mit dem deutschen und dem polnischen König erreichte er 1493 im Vertrag zu Pyritz für sich und seine Erben die Befreiung von der Pflicht des Lehnsempfangs gegen Zusicherung der brandenburgischen Eventualnachfolge. Damit war die Voraussetzung für spätere Regelungen geschaffen, die zur vorerst endgültigen Unabhängigkeit Pommerns geführt haben.
Quellen:
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Pomm. UB. I-XI (786-1345), 1881-1900 - Johannes Bugenhagnes Pommerania,
hg. O. Heinemann, 1900 [Neuausg. hg. R. Schmidt, Mitteldt. Forsch., Sonderr.
7, 1986] - Th. Kantzow, Chronik v. P. "Pommerania", 2 Bde, hg. G. Gaebel,
1908 - Hist. Atlas v. P., hg. F. Engel-R. Schmidt, Karte 1-8, 1959-1992
Literatur:
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M. Wehrmann, Gesch. v. P., 2 Bde, 1919/21 [1982] - Ders., Genealogie
des pommerschen Hzg.shauses, 1937 - A. Hofmeister, Genalog. Unters. zur
Gesch. des pommerschen Hzg.shauses, 1938 - H. Heyden, Kirchengesch. P.s,
2 Bde, 1957 - K. Slaski-B. Zientara, Hist. Pomorza I (bis 1466); II, 1969
- J. Petersohn, Der s. Ostseeraum im kirchl.-polit. Kräftespiel des
Reichs, Polens und Dänemarks vom 10. bis 13. Jh. (Ostmitteleuropa
in Vergangenheit und Gegenwart 17, 1979) - Ders., P.s staatsrechtl. Verhältnis
zu den Nachbarmächten im MA (Schriftenr. des G. Eckert-Inst. für
internat. Schulbuchforsch. 22/III, 1980), 98-115 - R. Bendl, Die Gestaltung
der Bodenrechtsverhältnisse in P. vom 12. bis zum 14. Jh. (Mitteldt.
Forsch. 93, 1986) - Ders., Gründung, Vorgesch. und Frühzeit des
pomm. Bm.s (BSt NF 78, 1992), 7-16.
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Historisches Gebiet an der Ostsee
Vor der Völkerwanderung saßen ostgermanische Stämme
in Pommern; um die Wende vom 5. zum
6. Jahrhundert wanderten die Slawen ein, die das Land Pomorje (Küstenland)
nannten. Der Bekehrung zum Christentum durch Bischof Otto von Bamberg 1124-1126
(Gründung des Klosters Cammin) folgte die allmähliche Eindeutschung.
Die slawischen Herzöge von Pommern
wurden 1181 Reichsfürsten. 1295 erwarben sie auch das restliche Pomerellen,
1325 das Fürstentum Rügen; sie schüttelten auch die anfängliche
brandenburgische Lehnshoheit ab, gestanden aber den Kurfürsten von
Brandenburg mehrmals, zuletzt 1571, das Erbfolgerecht zu. Wiederholt kam
es zu Teilungen (Pommern-Stettin und Pommern-Wolgast). 1534
wurde die Reformation eingeführt. Das Herzogshaus starb 1637
aus. Im Westfälischen Frieden 1648 mußte sich der Große
Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg mit Hinterpommern begnügen,
während Vorpommern mit Stettin an Schweden kam. Doch gewann Preußen
1720 Vorpommern bis zur Peene und 1815 auch den schwedischen Rest.
| Wratislaw I. | 1107-1135 |
| Ratibor | 1135-1152 |
| Boguslaw I. | 1152-1187 |
| Kasimir I. | 1152-1182 |
DEMMIN
WOLGAST
| Kasimir III. | 1187-1219 | Boguslaw II. | 1187-1222 |
| Barnim | 1219-1227 | Barnim I. | 1222-1278 |
| Wratislaw III. | 1219-1267 | Boguslaw III. | 1222-1224 |
| Barnim II. | 1278-1295 |
A. POMMERN-STETTIN
B. POMMERN-WOLGAST
| Otto I. | 1295-1345 | Boguslaw IV. | 1295-1309 |
| Barnim III. | 1345-1368 | Wratislaw IV. | 1309-1326 |
| Kasimir IV. | 1368-1371 | Wratislaw V. | 1326-1368 |
| Swantibor I. | 1371-1413 | Boguslaw V. | 1326-1368 |
| Boguslaw VII. | 1371-1404 | Barnim IV. | 1326-1365 |
| Otto II. | 1413-1427 | ||
| Kasimir VI. | 1413-1435 | ||
| Joachim | 1435-1451 | ||
| Otto III. | 1451-1464 |
I. STRALSUND
| Wratislaw V. | 1326/1368-1390 |
II. STARGARD
| Boguslaw V. | 1326/1368-1374 |
| Kasimir V. | 1374-1377 |
STOLP
| Wratislaw VII. | 1377-1392 |
| Erich I. Unionskönig | 1392-1449 |
TRABURG
| Barnim V. | 1377-1403 |
STARGARD
| Boguslaw VIII. | 1377-1417 |
| Boguslaw IX. | 1417-1447 |
III. WOLGAST
| Barnim IV. | 1326-1365 |
| Boguslaw VI. | 1365-1377 |
| Wratislaw VI. | 1365-1377 |
WOLGAST
| Boguslaw VI. | 1365/1377-1393 |
WOLGAST
| Wratislaw IV. | 1377-1394 |
RÜGEN
| Wratislaw VIII. | 1394-1414 |
| Swantibor II. | 1414-1440 |
| Barnim VIII. | 1414-1454 |
WOLGAST
| Barnim VI. | 1394-1403 |
| Wratislaw IX. | 1405-1457 |
| Barnim VII. | 1405-1449 |
| Wratislaw X. | 1457-1478 |
| Erich II. | 1457-1474 |
| Boguslaw X. | 1474-1523 |
STETTIN
| Barnim XI. | 1523-1569 |
WOLGAST
| Georg | 1523-1531 |
| Philipp I. | 1531-1560 |
| Johann Friedrich | 1560-1569 |
STETTIN
| Johann Friedrich | 1569-1600 |
BARTH
| Boguslaw XIII. | 1569-1606 |
| Philipp II. | 1606-1618 |
| Franz | 1618-1620 |
| Boguslaw XIV. | 1620-1637 |
WOLGAST
| Ernst Ludwig | 1569-1592 |
| Philipp III. Julius | 1592-1625 |
RÜGENWALDE
| Barnim XII. | 1569-1603 |