Sohn des N.N.
eigentlich Orlando Roland Bandinelli
Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 372
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Alexander III., Papst 7. September 1159-30.8.1181
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+ 30. August 1181
Civita Castellana
Stammte aus Siena. Lehrer der Rechte in Bologna, wo er
seine Summa zum Decretum Gratiani und theologisch-geschichtlich bedeutende
Sentenzen verfaßte; 1150 Kardinal, 1153 Kanzler der römischen
Kirche, einflußreichster Ratgeber Hadrians
IV. Als päpstlicher Legat geriet er auf dem Reichstag
von Besancon 1157 in die heftige Auseinandersetzung mit FRIEDRICH
I. BARBAROSSA und Rainald von Dassel. Nach Hadrians
Tod wählte die kaiserfeindliche Mehrheit der Kardinäle Roland,
die Minderheit den Kardinal Oktavian aus dem kaiserfreundlichen Geschlecht
der MONTICELLI als Victor IV.,
der einige Anerkennung fand (durch Senat und Volk von Rom; Synoden von
Pavia 1160 und Lodi 1161) und noch die Gegen-Päpste Paschalis
III.,
Calixtus III. und Innocenz
III. als Nachfolger erhielt. Seit
FRIEDRICH
I. offen für Victor IV. eintrat, brach der Kampf
zwischen Papst- und Kaisertum in aller Heftigkeit aus. Alexander
III. mußte nach Frankreich gehen (1161-1165) und fand
hier sowie in ganz Westeuropa Anerkennung. Nach Victors Tod wuchs
sein Anhang auch im kaiserlichen Herrschaftsbereich; besonderen Rückhalt
gewann er in den oberitalienischen Städten, die 1168 die neu gegründete
Stadt Alessandria nach ihm benannten. Eine Verständigung zwischen
Papst und Kaiser brachte erst der Friede von Venedig 1177. Damit war FRIEDRICHS
Versuch
gescheitert, eine kaiserliche Kirchenhoheit zu üben. Das Schisma war
nun bedeutungslos, erlosch endgültig aber erst im Januar 1180. Heinrich
II. von England nützte die Kampfsituation zum Ausbau seiner
Hoheitsrechte (Artikel von Clarendon 1164): Erzbischof Thomas Becket wurde
von Alexander unterstützt, doch
zeigte der König nur unmittelbar nach Beckets Ermordung (1170) dem
Papst größeres Entgegenkommen. Das 3. Laterankonzil 1179 bestimmte,
dass künftig der von den Kardinälen mit Zweidrittelmehrheit Gewählte
Papst sein solle, minderte das geltende Eigenkirchenrecht zum Patronatsrecht
und ergriff Maßnahmen gegen die Katharer. Päpstliche Kreuzzugsaufrufe
blieben fast erfolglos. Alexander III. ist
einer der bedeutendsten mittelalterlichen Päpste, ebenbürtiger
Antagonist FRIEDRICHS I., begabt als
Gelehrter und Staatsmann, dabei maßvoll und verständigungsbereit.
Als erster großer Kanonist unter den Päpsten des Mittelalters
legte er den Grund zur neuen dekretalen Gesetzgebung des Papsttums: mit
Hilfe der Dekretisten und Dekretalisten wird Papstrecht zum universalen
Kirchenrecht.
Kühner Hans: Seite 165
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"Lexikon der Päpste"
Der längste und dramatischste Pontifikat des Jahrhunderts
mit vier Gegenpäpsten entwickelte sich aus der Spaltung des Kardinalskollegiums
in eine kaiserliche und eine päpstliche Partei nach Abschluß
des Konkordats von Benevent unter Hadrian IV. Nun wurden Alexander
III.und
Gegen-Papst Victor IV. - er heißt genau
so wie der aus der Zeit Innocenz'
II. - unter würdelosem Tumult und wildem Handgemenge gleichzeitig
in der Peterskirche gewählt, die 100 Jahre lang mehr Festung als Kirche
gewesen war. Alexander III. wurde umgehend
inhaftiert und erst zwei Wochen später wieder freigelassen. 16 Jahre
lang irrte er durch den Kirchenstaat, vier Jahre lang residierte er in
Frankreich, nur zwei Jahre konnte er in Rom sein. Die Gegen-Päpste
waren alle von
Kaiser FRIEDRICH I. BARBAROSSA
abhängig oder dem römischen Adel hörig. Auf Victor IV.
folgte ein Paschalis III., der die Kaiserkrönung wiederholte,
dann ein Kalixtus III. und endlich ein Innocenz III. Doch
auch die Gegen-Päpsten haben nur selten in Rom gelebt. Gegenseitiges
Bannen und Absetzen durch Papst, Gegen-Papst und Kaiser waren längst
zur bloßen Formalität geworden. Das vierfache Schisma, das größte,
dem ein einzelner Papst sich je gegenübersah, spaltete Länder
und Ansichten.
Der Papst konnte sich auf Ludwig
VII. von Frankreich, anfangs auch auf Heinrich
II. von England stützen. Wiederholt, doch vergebens, bemühte
er sich um Frieden mit dem Kaiser. So wurde er Haupt des Lombardischen
Städtebundes, der sich nach der barbarischen Verwüstung der Metropole
Mailand gegen den Kaiser gebildet hatte, um ihm bei Legnano die vernichtendste
Niederlage seiner gesamten Regierungszeit zuzufügen. So mußte
der Kaiser sich widerwillig zum Frieden von Venedig entschließen,
umsomehr, als ihm die Gefangennahme seines päpstlichern Gegners mißlungen
war. Erst einige Monate nach dem Frieden von Venedig fand der Papst im
Vertrag von Anagni endlich die Anerkennung des Kaisers, der nach 17 Jahren
vom Bann gelöst wurde, ehe Papst und Kaiser unter Einbeziehung der
italienischen Stadtrepubliken, Wilhelm II. von
Sizilien und sogar Kaiser Manuels I.
von Byzanz in Venedig einen allgemeinen Frieden schlossen, worauf
der Kaiser Gegen-Papst Kalixtus III. fallen ließ.
Ganz folgerichtig wurde der Papst in den größten
Konflikt des Jahrhunderts hineingezogen, die Tragödie des Primas-Märtyrers
Thomas Becket von England im Zusammenstoß mit dem Staatsabsolutismus
Heinrichs
II., dem gegenüber der Primas von Canterbury die absolute
Kirchenfreiheit vertrat. Nachdem FRIEDRICH I.
BARBAROSSA durch Gegen-Papst Paschalis III. KARL
I. DEN GROSSEN hatte heiligsprechen lassen, wobei rein nationalistische,
keine kirchlichen Motive, noch weniger die nicht vorhandene Heiligkeit
des ersten Kaisers ausschlaggebend waren, kanonisierte Alexander
III. 10 Jahre später Thomas Becket als einen Gegenpol,
nur wenige Jahre nach dem Märtyrium.
Das 11. allgemeine Konzil, das der Papst im Lateran eröffnete,
festigte den Frieden von Venedig und erließ Neuerungen für die
Wähler. Die Bestimmungen, dass nur ehelich Geborene vom 30. Lebensjahr
an Bischöfe werden dürfen, hat keineswegs immer ihre Gültigkeit
gehabt, vor allem nicht im Zeitalter der Hochrenaissance. Zum erstenmale
wurden auf dem Konzil die französischen Katharer gebannt, die Waldenser
zurückgewiesen. Theoretisch begann damit die lange Epoche blutiger
Verfolgungen von Ketzern.
Alexander III. sah
sich als erster Papst den Anfängen der erwachenden Nationalstaatlichkeit
in Europa gegenüber. Im Kampf mit ihren Formen und Forderungen standen
ihm keine wirksamen äußeren Machtmittel zur Verfügung.
In einer sich wandelnden Zeit hielt er an den Prinzipien des Papsttums
fest und versuchte ihnen im Rahmen des Möglichen Geltung zu verschaffen,
ohne dabei in gregorianisches Pathos zu verfallen.