Tochter des westfälischen Grafen Dietrich von
Ringelheim und der Reinhild, Tochter des Normannen Gottfrieds;
Schwester der Königin Mathilde
Hlawitschka Eduard:
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"Kontroverses aus dem Umfeld von König Heinrichs
I. Gemahlin Mathilde"
K. A. Eckhardt hat 1963 - wie einleitend erwähnt
- die bald auch von anderen Historikern übernommene These aufgestellt
und zu beweisen unternommen, dass Bischof Bovo von Chalons-sur-Marne (ca.
915/16-947) ein Bruder von HEINRICHS
I. Gemahlin
Mathilde
war. Zu diesem Ergebnis kam er auf nicht uninteressante Weise. Indem wir
Eckhardts Beweisgang darlegen, überprüfen wir ihn zugleich auf
seine Stichhaltigkeit.
Bischof Bovo war, wie uns zwei Diplome Karls
des Einfältigen zeigen, ein Bruder von Karls
am
10. Februar 917 verstorbener Gemahlin Frederuna;
andererseits hatte auch HEINRICHS I. Gemahlin
Mathilde
eine Schwester, Friderun/Frederuna.
Wie Flodoard von Reims in seinen Annalen zum Jahr 956 mitteilt, hatte Bovo
zudem einen clericus Transrhenensis Berengar als nepos, der seinerseits
956 zum Bischof von Cambrai erhoben wurde und - nach der Gesta episcoporum
Cameracensium - wiederum ex nobili parentale Germaniae hervorgegangen
ist sowie Ottonis imperatoris proxime
consanguineus war. Eckhardt zog aus diesen Gegebenheiten den Schluß:
"Wenn ein Neffe des Bischofs Bovo von Chalons und also auch von dessen
Schwester, der Königin Frederuna von Frankreich,
gleichzeitig mit OTTO
I. nächstverwandt war, dann bleibt genealogisch schlechterdings
keine andere Möglichkeit, als dass OTTOS
I. Mutter Mathilde eine
Schwester des Bischofs Bovo und der Königin
Frederuna war, (Frederuna
also mit Mathildes Schwester Friderun
zu
identifizieren ist), und dass ein Elternteil des "aus edlem deutschen Geschlecht"
stammenden Bischof Berengar ebenfalls zu diesem Geschwisterkreis gehörte.
Wahrscheinlich war Berengar, gleich dem Bischof Dietrich von Metz, ein
Sohn des Grafen Eberhard und der Amalrada,
Mathildens
Schwester".
Ist nun dieser Beweisgang "schlüssig"? Viel hängt
schon davon ab, ob der um 1050 schreibende Autor der Bischofsgeschichte
von Cambrai mit seiner Angabe zur Königsverwandtschaft Bischof Berengars
verläßlich ist, was wir nicht kontrollieren können, und
ob auch die nepos-Bezeichnung Flodoards, die das Verwandtschaftsverhältnis
Berengars gegenüber Bovo von Chalons angibt, tatsächlich "Neffe"
- und nicht etwa nur (entfernter) "Verwandter" - meint. Im letzteren Falle
schwindet bereits die Strigenz. Problematischer wirkt die Konstruktion
jedoch dadurch, dass man unterschiedliche Todestage für Karls
des Einfältigen Gemahlin Frederuna
und
Mathildes
Schwester
Friderun, die
ja doch ein und dieselbe Person sein sollen, feststellt. Die eine verstarb
am 10. Februar (des Jahres 917), die andere an einem 10. Januar.
Eckhardt, der diese Divergenz sah, erklärte dies als ein Versehen
des Zusammenstellers oder Abschreibers des Trierer Nekrologs oder Diptychons,
aus dem uns der Todestag der Mathilden-Schwester
bekannt ist. Das wäre akzeptabel, wenn da nicht auch noch ein Unterschied
im Todesjahr bestünde. Die vier nur leicht voneinander abweichenden
Überlieferungen der Fuldaer Totenannalen verzeichnen nämlich
zum Jahre 971 als zweiten (und einmal als ersten) Jahreseintrag eine Fridarun,
die dreimal als comitissa und einmal als ancilla Christi gekennzeichnet
worden ist und einmal sogar das präzisierende Datum II. id. Jan (12.
Januar) erhielt. Da die Todestagangaben in den verschiedenen Nekrologien
häufig um 1-2 Tage differenzieren, hat man seit langem schon in der
am 12.1.971 verstorbenen Gräfin Friderundie
im Trierer Nekrolog oder Diptychon zum 10.1. eingeschriebene gleichnamige
Schwester der Königin Mathilde
erkannt. Letzte Zweifel an dieser Identifizierung und an der damit implizierten
Unmöglichkeit einer Gleichsetzung der (demnach 971 verstorbenen)
Mathilden-Schwester
mit der 917 verstorbenen
französischen Königin
Frederuna beseitigen indessen zwei
Reichenauer und St. Galler Gedenkeinträge aus dem Frühherbst
929, auf die K. Schmid 1960 erstmals aufmerksam gemacht hat und die uns
die Verwandtschaft
König HEINRICHS I. und
Mathildes am Vorabend der Verheiratung
ihres Sohnes OTTO I.
mit der englischen
Prinzessin Edgith
aufweisen:
Cod. sangall. col. 265:
Heinrich, Mathilt, Otto, Heinrich,
Prun, Kerbrich, Aduui, Kysilbert, Thieterich, Reginhilt, Otoo,
Amalrat, Perechtheid, Fridirun,
Pia omnesque debitores eius.
Cod. aug. col. 247b:
Heinricus rex, Mahthild regina,
Otto rex, Heinricus, Prun, Kisilpert, Kerprig, Hadauui, Sigifrid,
Kotechind, Ekkihart, Dancmar,
Sigipert, Meginuuarch, Egino, Ekkihart, Prun, Theo to, Uuitolt,
Kozmar, Uuipert, Kerlind, Liuza,
Theotirih, Uuitechind, Reginhilt, Perehtheid, Pia, Friderun,
Amalrat, Sigipert, Ekkipert,
Piso, Ello - et omnes debitores eorum.
Eine Interpretation dieser Namen im einzelnen braucht
hier - da sie (was die Hauptteile anbetrifft) schon 1960 von Karl Schmid
geleistet wurde und (was vor allem den Mittelteil der zweiten Liste angeht)
erst vor kurzem von mir ergänzt werden konnte - nicht mehr wiederholt
zu werden. Die engere Königsfamilie HEINRICHS
I. (mit Gemahlin, drei Söhnen, zwei Töchtern und einem
Schwiegersohn) und die eingangs schon vorgestellte nahe Verwandtschaft
Mathildes sind auch so erkennbar. Wichtig
ist hier lediglich, dass diese beiden Einträge, die die 929 lebende
Königsverwandtschaft umschreiben, jeweils Friderun
neben ihren Schwestern Pia,
Amalrat,
(Perechtheid) und Königin Mathilde
aufzeigen, so dass deren Gleichsetzung mit der schon 917 verstorbenen
französischen
Königin Frederuna ausgeschlossen
ist. Diese Namenreihen nennen auch keinen Bovo episcopus, was gleichfalls
gegen die Gleichsetzung der Mathilde-Schwester
Friderun mit der gleichnamigen französischen
Königin Frederuna spricht. Hinzu
kommt, dass auch ein in Trier überliefertes Memorienblatt, das an
seinem Anfang die Namen Otdo, Athalheit, Otto, Mahtild, Uualdburg,
Fritharun
nennt und aus dem Anfang des 11. Jahrhunderts zu stammen scheint, freilich
in den ersten Zeilen eine Vorlage aus der Spätzeit OTTOS
DES GROSSEN wiederholen dürfte, gleich am Beginn neben
dem Kaiser OTTO I. und seiner zweiten
Gemahlin
Adelheid
die
Kinder dieser Ehe, OTTO
II. und Mathilde
(Äbtissin
von Quedlinburg), und - nach einer nicht identifizierbaren Person -
mit Fritharun
OTTOS
DES GROSSEN Tante, die Schwester seiner Mutter Mathilde,
nennen dürfte.
Somit ist auch diese auf den ersten Blick recht imponierende
Kombination bruchstückhafter Nachrichten nicht mehr tragfähig.
Hatte doch Eckhardt gemeint, das Aufdecken dieser "Versippung durch Heimführung
zweier Schwestern" könne vor allem den persönlichen Hilferuf
Karls
des Einfältigen, als er 923 im Westreich in die Gewalt
Graf Heriberts II. von Vermandois gefallen war, an HEINRICH
I. erklären. Das wird man fallenlassen müssen und
dafür eher auf die 921 auf einem Rheinschiff bei Bonn abgeschlossene
amicitia verweisen, die ja auch zu gegenseitiger Achtung, wenn nicht sogar
tätiger Hilfe verpflichtete. Diese Hilfe ist damals bekanntlich nicht
verwirklicht worden, hatte doch
HEINRICH
seinerseits schon eine neue amicitia mit Karls
Gegner, König
Robert von Westfranken/Frankreich (922-923), geschlossen,
die das alte Versprechen gewiß in den Hintergrund gedrängt hatte.
Aber wie dem auch sei: zu einer weiteren Klärung
der Fragen um
Königin Mathildes
Schwester Friderun/Frederuna trägt
dies alles wenig bei - desgleichen nicht der letzte mögliche Hinweis,
dass nämlich die französische Königin
Frederuna und ihr Bruder Bovo Verwandte des in der Spätphase
König
Karls des Einfältigen wichtig gewordenen und bei vielen
verhaßten lotharingischen Grafen Hagano gewesen zu sein scheinen
und auch einen nepos Ernust hatten -, so dass wir diesen Komplex hier abschließen
können.
Köpke, Rudolf/Dümmler Ernst: Seite
580
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"Kaiser Otto der Große"
Die Mutter, OTTOS
matertera, war also Mathildes Schwester,
welche von den drei bekannten, ist mit Sicherheit nicht zu sagen. Zwei
davon sind zu Trier, wo der Bruder Robert Erzbischof war, in einem Nekrologium
erhalten (Brower Ann. Trev. i, 470, Leibnitii ann. iomp. II, 240): 4
Id. Ian. Friderun soro Mahthild reginae
[vgl.
Necrol. Fuld. Mai 971: Fridarum comitissa et ancilla Christi
II Id. Ianuar.] und 8 Kal. Iun. Bia soro reginae
Mathildis [ebenso Necr.
Merseburg.]. Der dritten Amalrada, verheiratet mit dem Grafen Eberhard
im Hamalande, Mutter Theoderichs von Metz, erwähnt Siegebert, Vita
Deoderici c. 1 (SS. IV, 464). Ältere und neuere Forscher haben sich
für Friderun entschieden: Leibnitz (Ann. i. II 527), Eccard
(Orig. Guelf. IV, 5619, Schaukegl (Spicileg. Seite 46), ihnen sind Wersede
(Bemerkungen über einige Urkunden Seite 72), von Leutsch (Markgraf
Gero Seite 115 Anmerkung 196), wie es scheint auch Wedekind [und endlich
Wilmans, Kaiserurkunden der Provinz Westfalen Seite 424] gefolgt; für
Bia
dagegen G. W. von Raumer (Charten und Stammtafeln zu den Reg. N II),
Lappenberg (SS. III Seite 927), von Heinemann (Markgraf Gero Stammtafel).
Die erste Annahme ist insofern die wahrscheinlichere, als OTTO
nach Ann. Saxo 967 nach dem Tode des jüngeren
Wichmann dessen verfallenes Erbe dem Kloster Kemnade an der Weser
überwies. Am 2. November 1004 bestätigte
HEINRICH
II. die Schenkung, welche die Äbtissin Frederuna
und ihre Schwester
Imma demselben Kloster mit ihrem gesamten Erbe
gemacht hatten (Erhard Reg. hist. Westfal. I, 60, St. 1395). Es waren billungische
Familiengüter, die großenteils in den Grafschaften Herzog
Bernhards lagen. Das Kloster war eine Wichmannsche Familienstiftung,
die genannten Frauen waren, wie auch Eccard (Orig. Guelf. IV, 564), Gebhardi
(Histor. genealog. Abhandlungen I, Seite 261) Wedekind Noten II 63 [Wilmans]
meinen wahrscheinlich Töchter des älteren
Wichmann, da es in der Urkunde heißt: construxerunt quoddam
monasterium .. Keminaten und dies schon 967 erwähnt wird: die
Töchter des jüngeren Wichmann (wofür Schaukegl sie
hält) müßten damals noch Kinder sein. Der Name Frideruna
war also in dieser Linie üblich und das entscheidet gegen Bia.
Gegen Raumer und Lappenberg, welche die Frau Brunos von Arneburg (Thietmar
III c. 6), desselben Namens Friderun (genannt in der Bulle Benedicts
VIII. Jaffe 2923, Raumer Reg. hist. Brandenb. 279), mit der Schwester
der Königin identifizieren, hebt Hirsch mit Recht den Todestag dieser
im Necrol. Merseburg. 3 Kal. Dec. hervor.
Die Vermutung, daß Friderun, die Schwester
der Mathilde, zweimal verheiratet gewesen,
hat ferner manches gegen sich. Da der ältere Wichmann 944 starb,
kann Ekbert kein Sohn einer zweiten Ehe gewesen sein, denn bei Widukind
III c. 18, 19 erscheint er bereits neun Jahre nachher handelnd vor Mainz.
Literatur:
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Hlawitschka, Eduard: Kontroverses aus dem Umfeld
von König Heinrichs I. Gemahlin Mathilde, in Festschrift für
Alfons Becker, Sigmaringen 1987 - Köpke, Rudolf/Dümmler
Ernst: Kaiser Otto der Große, Wissenschaftliche Buchgesellschaft
Darmstadt 1962 Seite 580 -