2. Sohn des 866 gegen die Normannen gefallenen Grafen
Robert der Tapfere von Paris aus seiner 2. Ehe mit der Adelheid
von Tours, Tochter von Graf Hugo
Lexikon des Mittelalters: Band VII Spalte 884
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Robert I., westfränkischer König 922-923
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+ 15. Juni 923 gefallen
Soissons
oo Beatrix, Schwester Heriberts II. von Vermandois
Nach dem Tode Roberts des Tapferen 866 verhinderte KARL DER KAHLE die Nachfolge von dessen minderjährigen Söhnen Odo und Robert, die erst seit den 80-er Jahren ihre Macht vor allem in Neustrien wieder errichten konnten. Robert, Laienabt von Marmoutier, rückte nach der Königswahl des Bruders 888 weitgehend in dessen Stellung als Herr des robertinischen Herrschaftskomplexes ein und wurde von Odo nachdrücklich gefördert (893 marchio, Inhaber mehrerer Grafschaften, Laienabt von St-Martin [Tours], St-Denis, St-Germain-des-Pres, Notre-Dame de Morienval, St-Amand). In den Abmachungen mit dem rivalisierenden KAROLINGERKarl III. dem Einfältigen von 897 vermochte Odo dem Bruder zwar nicht das Königtum, wohl aber die Besitzungen und Rechte der Familie zu sichern. Robert anerkannte Karls Königtum nach dem Tod des Bruders 898 und erschien bis 920 häufig in der Umgebung des KAROLINGERS. Als marchio Neustriens in beständigem Konflikt mit den Normannen des unteren Seinegebietes, gelang Robert im Bund mit Richard von Burgund im Juni 911 ein entscheidender Normannesieg bei Chartres, Voraussetzung für deren allmähliche Einbeziehung ins westfränkische Reich. Bei der Taufe des Normanneführers Rollo fungierte Robert als Pate. Sein gutes Verhältnis zum König nutzte er 914 für eine Nachfolgeregelung zugunsten seines Sohnes Hugo Magnus, die die Kontinuität robertinischer Herrschaft in W-Franken gewährleistete. 920/21 zunehmend von Karl III. wegen dessen umstrittenen Günstlings Hagano entfremdet, wurde Robert nach militärischen Auseinandersetzungen von einer Adelsopposition am 29. Juni 922 in Reims gegen Karl zum König gewählt und einen Tag später durch Erzbischof Walter von Sens in St-Remi (Reims) gekrönt. Das robertinische Königtum, das sich hauptsächlich auf Roberts Macht in Neustrien und der Francia stützte, blieb freilich im Reich umstritten. Ein wichtiger Erfolg gelang 923 auf einem Herrschertreffen mit dem ostfränkischen KönigHEINRICH I. (vermutlich an der unteren Ruhr), der Roberts Königtum und seine Herrschaft über Lotharingien anerkannte. Kurz danach fand Robert I. in einer Schlacht gegen das Heer Karls III. den Tod. Seine Anhänger wählten am 13. Juli 923 Roberts Schwager Rudolf von Burgund zum neuen König [Eigene Anmerkung: Auch wenn im Lexikon des Mittelalters Band VII Spalte 1077 bei Rudolf von Burgund dieselbe Aussage getroffen wird, halte ich Rudolf von Burgund für den Schwiegersohn und nicht Schwager Roberts I. Als Tochter Roberts des Tapferen müßte Emma um 865 geboren sein. Ihr Ehemann Rudolf wäre ungefähr 30 Jahre jünger gewesen, denn sein Vater Richard starb erst im Jahre 921, seine Mutter Adelheid nach 929 und sein Bruder Hugo im Jahre 952, so daß Rudolfs Geburtsjahr kurz vor 890 anzunehmen ist.].
Literatur:
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B. Schneidmüller, Karolingische Tradition und frühes
französisches Königtum, 1979, 138ff. - F. J. Felten, Äbte
und Laienäbte im Frankenreich, 1980, 52ff. - I. Voss, Herrschertreffen
im frühen und hohen Mittelalter, 1987, 49ff. - K. F. Werner, Die Ursprünge
Frankreichs bis zum Jahr 1000, 1989, 467ff. - W. Kienast, die fränkische
Vasallität, 1990, 463ff. -
ROBERT I. (V.) VON PARIS
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* postum 866, + 923 gefallen
Robert I. war eine wichtige Stütze seines Bruders, wurde 893 Graf von Poitiers, 898 Markgraf von Neustrien, Graf von Paris und Orleans, Laienabt von St. Denis, St. Martin/Tours und Marmoutier. Nach dem Tode seines Bruders Odo erkannte er König Karl III. an, bekam weitere Ämter, Rechte und Besitzungen dazu und wurde Lehnsherr der Gascogne, was die Gegensätze zu Aquitanien-Septimanien noch verstärkte. Auf Grund seiner Vormachtstellung engte Robert die Wirksamkeit des karolingischen Königtums ein. Am 20.7.911 besiegte er die Normannen bei Chartres. Er rebellierte 920 als Exponent anderer Kronvasallen gegen Karl III. und wurde am 29.6.922 in Reims von einer Adelsopposition zum König erhoben, obwohl Karl die Ansprüche Roberts auf das Land zwischen der Seine und der Loire - die spätere Ile-de-France - anerkannt hatte. Robert handelte auf Betreiben seiner Ratgeber und des dem König feindlich gesinnten Adels. Karl III. kam jedoch im folgenden Jahr an der Spitze einer mächtigen Armee, die er in Lothringen ausgehoben hatte, zurück. In der entscheidenden Schlacht in der Nähe von Soissons gegen Karl den Einfältigen siegten zwar die Aufständischen, aber Robert fiel. Damit war der Versuch der ROBERTINER, die Königskrone an ihre Familie zu bringen, erneut gescheitert.
1. oo AELIA N.
+
2. oo BEATRIX VON VERMANDOIS
+
Tochter Graf heriberts de Meaux
Allzu offensichtlich hatte Odo
nur
an die Mehrung seiner Hausmacht gedacht. Sämtliche Grafschaften, die
er nach karolingischer
Tradition als
König nicht mehr selbst verwalten konnte, übertrug er seinem
Bruder Robert, dazu noch alle Abteien,
voran Saint-Martin in Tours. Er machte Robert
zum Markgrafen von Neustrien und unterstützte ihn auch noch
bei der Ausdehnung nach Aquitanien. Nur den Verlust der Grafschaften Troyes
und Sens konnte Odo nicht verhindern,
die ihm im Jahr 895 von Richard von Autun entrissen wurden.
Die Gegenleistung Karls
bestand darin, daß er die Stellung und Rechte des marchio
(Markgrafen) von Neustrien anerkannte, die OdosBruder
Robert
892 und 893 aus der Hand "seines"
Königs erhalten hatte. Über diesen Punkt der Vertragsbestimmungen
besteht Gewißheit.
Robert und
Richard erscheinen nach 898 in den Urkunden Karls
III. mit dem Titel marchio. Außerdem weiß
man, daß
Robert im Jahr 914 mit
Erfolg darum nachsuchte, Karl möge
seinen Sohn
Hugo schon damals als Nachfolger
in sämtlichen
honores seines Vaters bestätigen:
in der Stellung eines Markgrafen von Neustrien, im Besitz der Grafschaften
und Klöster.
Chartres, dessen Verteidigung Bischof Gauciolenus (Gauzhelm)
heldenhaft leitete, wurde von einem starken normannischen Heer belagert.
Am 20. Juli 911 erfolgte der Gegenangriff der zu Hilfe gerufenen und konzentrisch
vereinigten Streitkräfte der Markgrafen Robert
von Neustrien und Richard von Burgund, den sein mächtiger
Vasall Manasse begleitete; außerdem beteiligten sich noch die Leute
des Grafen Ebalus von Poitiers. 6.000 Normannen fielen im Kampf.
Eben diese "Loire-Normannen" hatten vor 919 die Bretagne
in ihre Gewalt gebracht und nötigten dadurch Markgraf
Robert von Neustrien, das Land gegen einen stets aufs neue gefährlichern
Feind zu verteidigen.
Dieser Sturz Karls III.
scheint unverständlich, wenn man feststellt, daß Robert
von Neustrien noch im Jahr 918 als "Rat und Beistand unseres
Reichs" angeredet wurde, daß er sich noch 919 und 920 am Hof
aufhielt. Es besteht aber ein Zusammenhang mit der Person Haganos und der
Stellung, die ihm der König um jeden Preis auch im W-Reich verschaffen
wollte. Um ihm im Königreich zu verankern, verlieh er ihm im Jahre
922 einfach eines der wenigen Klöster, über das die Dynastie
noch verfügen konnte: Chelles, wo KARLS DES
KAHLEN Tochter Rothild Äbtissin
war. Sie war außerdem auch die Schwiegermutter von Hugo
dem Großen, dem Sohn Roberts
von Neustrien. Diese unkluge Handlung hatte sofort zur Folge,
daß das Heer der ROBERTINER unter
HugosFührung
aufgeboten wurde und daß sich nahezu alle Großen vom König
lossagten.
Dem politischen Scheitern folgte der moralische Verfall:
In seiner verzweifelten Lage rief der König einen Heiden zu Hilfe,
den Normannen-Führer Rögnvald. Dafür wurde Karl
von
den Großen abgesetzt, die statt seiner Robert
von Neustrien erwählten. Robert
wurde
am 30. Juni 922 in Reims durch Erzbischof Walter von Sens gekrönt,
der auch schon Odos Königsweihe
vollzogen hatte.
Karl konnte noch
einige Truppen in Lotharingien aufbieten und war so mutig, damit bei Soissons
Robert
entgegenzutreten. In dieser Schlacht fiel Robert
am 15. Juni 923. Aber Karl unterlag,
und die Sieger beharrten auf ihrer Entscheidung, den KAROLINGER
abzusetzen.
1. oo Aelia
-
893
2. oo Beatrix von Vermadois-Meaux, Tochter des
Grafen Heribert I.
880- 931
Kinder:
1. Ehe
Adele-Liegarde
-
907
oo Heribert II. Graf von Vermandois
880-28.2.943
Emma
8890/95- Ende 934
914
oo Rudolf Herzog von Burgund König von Frankreich
vor 890-14./15.1.936
2. Ehe
Hugo der Große
895-16.6.956
Literatur:
-----------
Adalbert:
Fortsetzung des Regino ad a.922 - Althoff Gerd: Die Ottonen.
Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln
2000 Seite 49
-
Alvermann,
Andrea: Geschichte der Grafschaften, Ländereien & der Stadt Saint
Pol. Übersetzung aus dem Mittelfranzösischen Fußnote
86 - Boshof Egon: Die Salier. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin
Köln 1987 Seite 69 - Brühl Carlrichard: Die Geburt zweier
Völker. Deutsche und Franzosen Böhlau Verlag GmbH & Cie,
Köln - Ehlers Joachim/Müller
Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige
des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck
München 1996 Seite 13,21,23,26,28,33,36,40,45,76 - Hlawitschka
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Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte
Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser
I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993 Tafel 43 - Werner Karl Ferdinand:
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