Begraben: Nantua, dann St-Denis
Einziger Sohn des Kaisers LUDWIG
I. DER FROMME aus seiner 3. Ehe mit der WELFIN
Judith, Tochter von Graf Welf
Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 967
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KARL II. DER KAHLE, Kaiser, westfränkischer König
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* 13. Juni 823, + 6. Oktober 877
Frankfurt/Main Avrieux/Savoyen
Begraben: Nantua, dann St-Denis
Nach der Ordinatio Imperii (817) aus der zweiten Ehe LUDWIGS
DES FROMMEN mit der WELFIN Judith
geboren, stürzte der aus fränkischem Erbfolgerecht resultierende
Wille zu angemessener Ausstattung KARLS
das Reich seit 829 in schwere Krisen. In wechselnden Koalitionen rangen
LUDWIG
DER FROMME und seine Söhen um die Reichsteilung. Nach dem
Tod des Bruders Pippin I. (838) und
des Vaters (840) besiegten KARL DER KAHLE
und Ludwig der Deutsche den ältesten
Bruder, Kaiser LOTHAR, 841 in
der Schlacht bei Fontenoy; 843 kam es im Vertrag von Verdun zur Reichsteilung.
Den westlichen Teil, begrenzt durch Schelde, Maas, Saone und Loire, erlangte
KARL,
der seinem regnum im Vertrag von Coulaines (November 843) mit dem Adel
eine innere, bis 859 freilich bedrohte Grundlage schuf. Prekär waren
die Ausgestaltung der karolingischen Brüdergemeinde
und KARLS Durchsetzung im eigenen Reich,
vor allem gegen die Bretonen und gegen die Ansprüche des Neffen Pippin
II. auf Aquitanien. Erst der Akzeptanz des aquitanischen Adels
verdankte KARL DER KAHLE
seine
Herrschaft dort seit 848, während
Pippin852
und endgültig 864 in Kirchenhaft kam. Mehrfache Angebote des westfränkischen
Adels an Ludwig den Deutschen
zur Übernahme der Herrschaft im W erwiesen dei labilen Machtgrundlagen
KARLS,
die durch Angriffe der ostfränkischen
KAROLINGER (854, 858/59) ernsthaft bedroht
waren. Bereits vor dem in W-Franken als König amtierenden Bruder nach
Burgund geflohen, vermochte sich KARL DER
KAHLE nur dank der entschlossenen Haltung
des westfränkischen Episkopats unter Führung Hinkmars von Reims
859 zu behaupten. Der Juni 860 in Koblenz geschlossene Friede bescherte
dem westfränkischen Reich nach dem Abklingen ständiger Invasionen
der Normannen eine Phase der Konsolidierung, in der KARL
seine
Herrschaft konsequent sicherte. Im Bund mit geistlichen Beratern betrieb
er insbesondere die Fortentwicklung eines sakralisierten Königtums,
deutlich schon 848 in seiner krönung und Salbung zum aquitanischen
König durch Erzbischof Wenilo von Sens, fortgeführt in Weiheakten
am ältesten Sohn, Karl dem Kind,
zum aquitanischen Unterkönig. 855, an der Tochter
Judith
zur englischen Königin anläßlich ihrer Vermählung
856 wie an der Gattin Irmintrud
866. Anknüpfend an politische Traditionen, gepflegt in kirchlichen
Zentren der Francia und weitergeführt in der spät-karolingischen
Hofkultur, suchte KARL DER KAHLE mit
den Mitteln seiner Vorfahren zu regieren (Kapitularien, Entsendung von
Missi) und baute die theoretischen Grundlagen der königlichen Amtsgewalt
in der Idee des rex christianus weiter aus (besonders auf Hoftagen in Pitres
862-869. Freilich konnte damit der Wandel der Reichsverfassung, die Verringerung
königlichen Fiskalgutes, der Aufbau adliger Herrschaftskomplexe und
die beginnende Feudalisierung der Ämter kaum wirksam aufgehalten werden.
Seit 869 wurde KARL DER KAHLE zum
Nutznießer der Auflösung des lotharischenMittelreichs. Nachdem
König
Lothar II. vor allem wegen scharfer Opposition
im westfränkischen Episkopat die Annullierung seiner Ehe und die Legitimierung
des Sohnes
Hugo
nicht hatte durchsetzen können, nuzte KARL
II. DER KAHLE die Situation bei dessen
Tod 869 zum Erwerb Lothringens und zu seiner von Hinkmar von Reims geleiteten
Königskrönung in Metz. Damit wurde Ludwig
der Deutsche provoziert, mit dem es 870
im Vertrag von Meerssen zu einer Teilung Lothringens kam; den Verlust der
Aachener Pfalz suchte
KARL DER KAHLE
in der Gründung eines Marienstiftes in Compiegne und der Errichtung
eines Zentralbaus in der Nachfolge Aachens zu kompensieren.
875 konnte KARL DER KAHLE,
der sich gegen die Designation des ostfränkischen
Königs-Sohnes Karlmann durch Kaiser
LUDWIG II. die Anwartschaft auf das Kaisertum von den Päpsten
Hadrian II. und Johannes VIII. gesichert hatte, durch einen raschen Zug
nach Rom die Kaiserkrone erlangen (25. Dezember 875); Johannes VIII., dem
päpstlichen Coronator, bestätigte und erweiterte er die Pacta
zwischen römischer Kirche und Frankenherrschern. KARLS
Bulleninschrift
"Renovatio imperii Romani et Francorum" täuscht nicht darüber
hinweg, daß er sein Kaisertum dem Papst und den Römern verdankte,
seine italienische Herrschaft schließlich einer Reichsversammlung
vom Februar 876. Der westfränkische Adel trat im Sommer 876 in Ponthion
den italienischen Entscheidungen bei. Die Grenzen karolingischer
Kaiserpolitik traten bald zutage: KARLS Expansionsversuch
nach O-Franken beim Tod Ludwigs des Deutschen
scheiterten (militärische Niederlage gegen Ludwig
den Jüngeren im Oktober 876 bei Andernach), und auch ein
erneuter Italienzug, gegen die Opposition im westfränkischen Adel
auf einem Hoftag zu Quierzy (Juni 877) vorbereitet, offenbarte trotz der
Bestätigung des Kaisertums die Fragilität westfränkischer
Politik. Angesichts der Bedrohung durch einen Angriff Karlmanns
aus Bayern und der Verweigerung weiterer Hilfeleistung durch den eigenen
Adel mußte KARL DER KAHLE aus
Italien fliehen und starb in einem savoyischen Dorf, im westfränkischen
Königtum von seinem Sohn Ludwig II.
dem Stammler gefolgt.
KARLS Herrschaft
im Spannungsfeld von Tradition und politischem Wandel, basierend auf einer
späten Blüte
karolingischer
Kultur
im alten fränkischen Kernraum, schuf aus heterogenen geographischen,
ethnischen, kulturellen, sprachlichen und historischen Wurzeln die Grundlage
des westfränkisch-französischen regnum und seiner Monarchie,
die seit dem 10., besonders seit dem 12. Jh. ihren Anfang in
KARLS Königtum sah.
Literatur:
------------
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-
III. Generation
16
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Zum Lebensgang KARLS II.
Dümmler 1,51,127;2,388,397; Eiten 133-139; Lot-Halphen 11-67; BM²
1473f, 1479h.
Das Tagesdatum der Ehe mit Ermentrud,
das bei Brandenburg fehlt: Lot-Halphen 60, Anm. 3 (Die Angabe zweier Diplome,
Tessier nr. 246 und 247, ist Nithard IV,6, der vom 14. Dezember spricht,
vorzuziehen).
Geburtstag Ermentruds:
Tessier nr. 246.
Zur Familie der Ermentrud
und ihrer politischen Rolle Werner, Unters. 154ff. Zur Vorgeschichte von
KARLS
zweiter Ehe mit Richildis (Brandenburg
druckt auf der Tafel versehentlich "Richardis", was Isenburg, Stammtafeln,
getreulich abschreibt; in der Anmerkung hat Brandenburg den richtigen Namen)
Annales Bertiniani 869 und dazu die Anmerkung von L. Levillain in der Ausgabe
von Grat, Paris 1964. Am 6. Oktober starb Ermentrud
in S.-Denis, am 9. Oktober erhielt KARL
die Nachricht in der Pfalz Douzy in den Ardennen und befahl seinem Günstling
Boso,
dessen offenbar für diesen Fall schon bereitgehaltene Schwester Richildis
herbeizubringen, und diese traf am 12. Oktober bei
KARL ein.- Der coniunctio der Liebesleute gedenkt, das
Datum nennend, das Diplom Tessier nr. 355. Das Datum der später folgenden
Eheschließung gibt Brandenburg irrig mit 870 XI 22, statt I 22 (Ann.
Bertiniani 870: in die festivitatis septuagesimae = I 22). Das Todesdatum
Richildis
(Brandenburg "nach 877") läßt sich präzisieren. Wir besitzen
zwei Urkunden, die
Richildis zwischen
910 II 4 und 911 II 3 ausgestellt hat, ed. D'Herbomez, Cartulaire de l'abbaye
de Gorze (Mettensia II), nr. 87 und 88. Auf diese letzte Erwähnung
Richildis
hat übrigens schon Dümmler 3,673, Anm. 3 hingewiesen. Im gleichen
Chartular ist aber eine Urkunde des Neffen der Richildis,
des Grafen Boso, von 913 X 10/914 XII 20 abgedruckt (nr. 19), die den Terminus
ante quem für
Richildes Tod ergibt.
Zur Familie der
Richildis und ihres
Bruders Boso Poupardin, Provence 41-55.
Mühlbacher Engelbert: Band II Seite 336
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"Deutsche Geschichte unter den Karolingern"
Flucht und Tod Kaiser KARLS II.
Aus ihrer Sicherheit wurden sie durch die Nachricht aufgeschreckt,
daß der Bayern-König Karlmann
mit einem starken Heer in Italien eingebrochen sei und gegen Pavia marschiere.
Papst und Kaiser flüchteten. Erst in Tordona machten sie Halt. Schleunigst
ließ der Kaiser noch hier in der kleinen Landschaft, statt, wie es
wohl geplant gewesen war, in Rom seine Gemahlin zur Kaiserin krönen
und sandte sie mit seinen Schätzen über den Mont Cenis nach St.
Maurienne voraus. In steigender Angst erwartete er die aufgebotenen Lehensmannen.
Er wartete vergeblich, seine Getreuesten überließen ihn seinem
Schicksal. Das Mißvergnügen über den Zug nach Italien,
der ihnen so große Opfer zumutete, hatte fast alle Großen des
W-Reiches und selbst die Bischöfe zu einer Verschwörung gegen
den Kaiser geeint. Sie verweigerten den Zuzug. Schon nahte auch Karlmann.
"Nach
seiner Gewohnheit - denn sein Leben lang pflegte er, wo er dem Feind die
Stirne bieten sollter, offen den Rücken zu kehren oder heimlich seinen
Soldaten davonzulaufen", schreibt der deutsche Annalist - ergriff der Kaiser
die Flucht. Auf der hastenden Flucht packte den Kaiser das Fieber. Man
beschuldigte seinen Leibarzt, einen Juden Sedechias, der ihm ein Pulver
verordnet hatte, daß er ihm Gift gereicht habe. In einer Sänfte
wurde der Todkranke über den Mont Cenis gebracht. In einem kleinen
Weiler, Namens Brides, mußte Halt gemacht werden. Nur eine elende
Hütte bot Unterkunft. Die Kaiserin wurde herbeigeholt. Aus den Händen
des Sterbenden empfing sie eine Urkunde, welche seinen Sohn Ludwig
zum König bestellte, und die Reichsinsignien, das "Schwert des heiligen
Petrus", die königlichen Gewänder, Krone und Zepter, um sie dem
Thronfolgter zu überbringen. Am 6. Oktober 877 starb KARL
DER KAHLE. Die Leiche wurde einbalsamiert und auf einer Bahre
weitergetragen, sie sollte un St. Denis, wie der Verstorbene es gewünscht
hatte, bestattet werden. Doch bald verbreitete sie einen so greulichen
Gestank, daß man sie in ein innen und außen verpichtes und
in Leder eingenähtes Faß legte. Es half nichts. Der Verwesungsgeruch
wurde immer unerträglicher. Man vermochte die Leiche nicht mehr weiter
zu schaffen und übergab sie im Kloster Nantua (unfern Lyon) in dem
Faß, das als Sarg gedient hatte, der Erde. KARL
DER KAHLE hat eine seiner würdiges Ende gefunden.
13.12.842
1. oo Irmintrud, Tochter Odos von Orleans
27.9.830-6.10.869
12.10.869
2. oo Richilde, Tochter des Grafen Buin
1.8. -22.3.929
Kinder:
1. Ehe
Judith
844- 870
1.10.856
1. oo Aethelwulf König von Wessex
- 858
858
2. oo Aethelbald König von Wessex
- 860
862
3. oo Balduin I. Graf von Flandern
- 879
Ludwig II. der Stammler
846-10.4.879
Karl König von Aquitanien
847/48-29.9.866
durch Unfall
Karlmann Abt von St. Germain d'Auxerre (22.1.866-876)
-
876
Lothar Abt von St. Germain d' Auxerre
um 850-25.12.865
Ermentrud Äbtissin von Hasnon
-
2. Ehe
Rothild
871-22.5.928/29
890
oo Rotger Graf von Maine
-31.10.900
Literatur:
-----------
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