Begraben: Ste-Colombe les Sens
Ältester Sohn des Herzogs Richard I. von Burgund
und
der
Adelheid von Auxerre, Tochter von Graf Konrad II.
Lexikon des Mittelalters: Band VII Spalte 1077
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Rudolf (Raoul), König der Westfranken
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+ 14./15. Januar 936
Auxerre
Begraben: Ste-Colombe les Sens
Sohn von Richard dem Justitiar und Adelais, Schwester von Rudolf I.
Rudolf tritt seit
890/94 in Erscheinung. 916/18 entriß er Bourges dem Herzog Wilhelm
II. von Aquitanien. Er folgte seinem Vater als Herzog von Burgund und
Laienabt
von St-Germain d’Auxerre und Ste-Colombe nach. Verbündet mit König
Robert I., dessen Schwester
Emma
(+
934) [Richtig ist: Emmawar
die Tochter Roberts I. von Neustrien]er
heiratet, wurde er als dessen Nachfolger am 13. Juli 923 in Soissons gekrönt,
unter Beibehaltung seines Herzogtums. Er mußte gegen die Normannen,
die Karl
den Einfältigen loyal unterstützten, kämpfen,
entriß Rollo die Burg Bayeux, plünderte Eu (925) und
wurde bei Fauquembergues verwundet (929); er trat den Ort Nantes an die
Loire-Normannen ab, konnte diese aber schließlich bei Estresses im
Limousin vernichten (929); der Normannen-Fürst Wilhelm Langschwert
unterwarf sich 933 gegen Abtretung von Avranches und Coutances.
Rudolf
griff
auch in Lotharingien ein (923 Belagerung von Zabern/Saverne), mußte
es aber 926 an König
HEINRICH I. abtreten. Die Freilassung Karls
des Einfältigen (927) erlaubte Rudolf
die
Wiederversöhnung mit dem KAROLINGER,
dem er den Fiscus von Attigny überließ. Karls
Tod
in Attigny (928) [Im Lexikon des Mittelalters Band V Spalte 966
wird der Tod Karls des Einfältigen zum
7. Oktober 929 in Peronne angegeben.] erleichterte die Anerkennung
von
Rudolfs Königtum im Süden
des W-Frankrenreichs; er erlangte die Anerkennung von seiten Wilhelms von
Aquitanien (dem er 927 Bourges zurückerstattete) sowie der Grafen
von Toulouse und Rouergue. Nachdem Heribert von Vermandois zunächst
sein Verbündeter (gegen Karl den Einfältigen)
gewesen war, kam es schließlich zum Konflit: Heribert brachte Laon,
Reims und Soissons in seine Hand, Rudolf
seinerseits
nahm im Gegenzug die Orte Denain, Laonm Reims und Chateau-Thierry ein,
mußte seinem Gegenspieler aber Peronne und St-Quentin überlassen.
Im Kampf gegen Heribert war Rudolf
auf
die Unterstützung des Herzogs von Neustrien, Hugos
des Großen, angewiesen, der sich mit der Abtretung von
Le Mans (924) entschädigen ließ.
In seinem Herzogtum, das 935 von den Ungarn geplündert
wurde, entzog Rudolf dem Vizegrafen
von Auxerre, Rainald, die Burg Mont-St-Jean (924) und unterdrückte
den Aufstand des Grafen von Chalon, Giselbert von Vergy (932); 935 entzog
er Dijon dem Grafen Boso. Offenbar leitete er den Übergang der burgundischen
Besitzungen an seinen Bruder Hugo den Schwarzen ein, der bereits
im Gebiet jenseits der Saone begütert war. Er veranlaßte auch
Karl
Konstantin zum Treueid (Vienne, 930).
RUDOLF
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+ 936
921 Herzog von Burgund, 923 König von Frankreich
oo 910
EMMA VON FRANKREICH
+ 935
Tochter des Königs Robert I. (Haus ROBERTINER)
(Frankreich Ib/1)
EMMA
-----------
+ 935
oo 910
RUDOLF VON BURGUND
(zur Herkunft Burgund II/1)
+ 936
Nach Roberts I. von Neustrien
Tod wurde Rudolf auf
Betreiben seines Schwagers, Hugos des Großen, von der revoltierenden
Adelsfraktion zum König erhoben. Kurz darauf nahm Heribert von Vermandois
Karl
III. den Einfältigen gefangen. Obwohl Rudolf
nun allgemein anerkannt wurde, war er nur ein machtloser Primus inter pares.
Er verzichtete 925 auf Lothringen (Bündnis mit HEINRICH
I.) und erschöpfte sich in ständigen Fehden gegen
Kronvasallen und burgundische Große. Rudolf
vermochte über das Gebiet seines Herzogtums hinaus keine nennenswerte
Macht auszuüben. Er wurde als durchaus fähig und mutig überliefert.
In dieser Schlacht fiel Robert
am 15. Juni 923. Aber Karl unterlag,
und die Sieger beharrten auf ihrer Entscheidung, den KAROLINGER
abzusetzen. Sie wählten als Nachfolger Robertsden
Gemahl seiner Schwester Emma,
Herzog
Rudolf von Burgund, den Sohn von
Herzog Richard Justitiarus
[Persönlicher Einwurf: Emma kann
nur die Tochter Roberts von Neustrien
sein, da sie als dessen Schwester bei der Eheschließung mit
Rudolf bereits ein Alter von fast 50 Jahren erreicht haben müßte
und fast 25 Jahre älter als dieser gewesen wäre.]. Am 13. Juli
fand in Soissons die Krönung statt.
Heribert von Vermandois, der von den KAROLINGERN
abstammte, verständigte sich mit dem neuen König
Rudolf, um den KAROLINGER
durch List zu Fall zu bringen. Als Rudolf die
Francia zwischen Seine und Maas verließ, um in sein Burgund zurückzukehren,
schickte Heribert Boten zu Karl, die
ihm ein Treffen vorschlugen und, kaum zu glauben, auch die Aussöhnung
anboten. Karl ließ sich darauf
ein und wurde gefangengenommen. Wie Flodoard ausdrücklich bestätigt,
begab sich Heribert sofort anschließend zu Rudolf,
ein sicherer Beweis für die Verstrickung des Königs in eine Aktion,
die offenbar weder gegen seine Ehre noch gegen seien Treue verstieß.
Im Jahre 922 hatte Robert
selbst einen Sohn, der alle Grafschaften übernehmen und so den ROBERTINERN
erhalten konnte. Folglich nahm auch er jetzt die Krone an. Dagegen hatte
Hugo
der Große beim Tod
seines Vaters im Jahre 923 weder Bruder noch Sohn, die das politische Erbe
der ROBERTINER hätten bewahren
können. Er konnte deshalb eine Wahl zum König nicht annehmen.
Man mußte also einen "Ersatzmann" finden; man entschied sich für
Rudolf, den Schwager Hugos des Großen.
Der hatte einen Bruder, Hugo den Schwarzen, der den Weiterbestand
der Dynastie in Burgund und ihre dortige Machtstellung sichern konnte.
In der langwierigen Auseinandersetzung, die deswegen
auf dem Boden der Francia ausgetragen wurde, sind vier Phasen zu unterscheiden:
Während der 1. Phase (923-926) war König
Rudolf mit Heribert verbündet. Der Graf von Vermandois
mußte sich im Norden gegen den mächtigen Grafen von Flandern
verteidigen. Er leistete dem König mit seinen Kriegern treue Dienste,
in der Schlacht von Fauquembergues (926) gegen die Normannen rettete er
ihm sogar das Leben.
Rudolf
seinerseits
machte ein königliches Geschenk: Im Jahre 925 bestätigte er eine
ziemlich anstößige Abmachung, der zufolge Heriberts damals fünfjähriger
Sohn Hugo zum Erzbischof von Reims bestimmt wurde. Zum geistlichen Administrator
ernannte man den Bischof von Soissons, die weltliche Verwaltung übernahm
Heribert selbst. Dadurch erhielt er das Kommando über die sehr beachtlichen
Reimser Streitkräfte, außerdem konnte er aus dem Lehnsbesitz
der Kirche große Einkünfte ziehen, die es ihm ermöglichten
seine eigene Stellung und die seiner Vasallen zu festigen. Das frühere
Gleichgewicht in der Francia zwischen dem karolingischen
König, dem Reimser Erzbischof, dem Haus VERMANDOIS
und den Interessen der ROBERTINER war
damit gestört. Hugos des Großen
Verärgerung über die allzu enge Verbindung zwischen Burgund und
Vermandois führte zu einer folgenschweren Maßnahme: In Absprache
mit Herzog Wilhelm II. von Aquitanien, der König
Rudolf noch immer nicht anerkannt hatte, verständigte er
sich mit den Loire-Normannen. Die verschonten von da an Neustrien und Aquitanien,
dafür durften sie ungehindert nach Burgund durchziehen.
Die 2. Phase (927-929) des Konflikts ist durch
den Bruch zwischen
Rudolf und Heribert
gekennzeichnet. Der Graf von Vermandois war einfach unersättlich.
Beim Tode des Grafen von Laon verlangte er diese Grafschaft, obwohl die
Stadt Laon, die letzte Bastion des Königtums war. Rudolf
wies ihn glatt ab, und Heribert zeigte sich daraufhin als Meister der politischen
Erpressung. Er benützte zwei Könige als Werkzeuge gegen seinen
eigenen. Im Jahre 927 huldigte er HEINRICH I.
und sicherte sich damit eie wertvolle Unterstützung, die noch durch
Verwandtschaftsbeziehungen im O-Reich, vor allem in Sachsen, verstärkt
wurde. Im gleichen Jahr entließ er Karl
den Einfältigen aus seiner Haft und drohte, ihn wieder
als rex Francorum einzusetzen.Angesichts dieser Gefahr mußte
Rudolf Laon preisgeben. Außerdem überließ er
Karl
die Pfalz Attigny gegen dessen endgültigen Verzicht auf die Königswürde.
Übrigens starb Karl wenig später
im jahr 929.
Jetzt ghab der ROBERTINER
Hugo der Große seine zurückhaltende Politik auf, denn Heribert
war zu mächtig und zu gefährlich geworden. Er verbündete
sich mit Rudolf und unternahm in den
Jahren 930 bis 934 mehrere, oft sehr strapaziöse Feldzüge, um
Heriberts Mactstellung zu vernichten. Im Jahr 932 wurde Reims genomen,
wo der junge Hugo von Vermandois durch den neuen Erzbischof Artold ersetzt
wurde.
Die letzte Phase (935-936) wurde von HEINRICH
I. bestimmt, der seinen Vasallen und Verbündeten Heribert
nicht im Stich ließ. Erst erzwang der ostfränkische König
einen Waffenstillstand, dann kam es im Jahr 935 zu einem Dreikönigstreffen
am Chiers und zum Friedensschluß. Beteiligt waren
Rudolf, HEINRICH und Rudolf
II. von Hoch-Burgund. Rudolfs
Bruder Boso bekam seine Besitzungen in Lotharingien zurück,
das im übrigen HEINRICH I. von
niemandem mehr streitig gemacht wurde. Heribert erlangte seine Grafschaften
und Festungen fast alle wieder. Als im besonderen Fall von Saint-Quentin
die Auslieferung durch Hugo den Großen
verweigert wurde, zwang ihn ein sächsisch-lothringisches Heer HEINRICHS
I. dazu.
Wenig später erkrankte
Rudolf schwer und starb im Januar 936.
Seine Regierungszeit bedeutet zweifellos einen Tiefpunkt
der königlichen Gewalt im W-Reich. Dabei kann
Rudolf persönliche Tüchtigkeit keineswegs abgesprochen
werden, er kämpfte energisch gegen die Normannen und konnte im Jahr
930 sogar einen Sieg über die Loire-Normannen erringen. Unter den
westfränkischen Königen ist Rudolf der
einzige, der in Katalonien niemals anerkannt wurde. Man zählte dort
nach den Herrscherjahren Karls III.
bis 929 und dann die Jahre nach seinem Tod. In anderen Regionen wurde Rudolf
erst
sehr spät anerkannt, beispielsweise im Jahr 932 vom Graf von Toulouse
und marchio von Gotien, Raimund III. Pontius. Um seine Anerkennung bei
Wilhelm II. von Aquitanien durchzusetzen, konnte Rudolf
mit
der Unterstützung Heriberts II. und Hugos des Großen rechnen.
Er mußte sie aber erkaufen und dem einen Peronne, dem anderen Maine
versprechen. Danach war es Rudolf zwar
möglich, an der Spitze eines starken Heeres Wilhelm an der Loire entgegenzutreten,
aber er mußte ihm die Grafschaft Berry zurückgeben, die der
Burgunde unter Karl dem Einfältigen
und mit Hilfe Roberts von Neustrien den
Aquitaniern abgenommen hatte. Erst danach war der Herzog von Aquitanien
zur Huldigung bereit. Trotzdem unternahm er im Jahr 926 einen Aufstand,
und trotzdem verweigerte sein Nachfolger Acfred dem König die Anerkennung.
Allerdings wurde dann Rudolfs Autorität
von Graf Ebalus Manzer von Poitou respektiert, der im Jahre 927 die Auvergne
und die Oberhoheit über Aquitanien erbte.
Insgesamt bleibt also ein wenig erfreulicher Eindruck.
Es überrascht nicht, daß während dieser Regierung einige
Fürsten begannen, Münzen unter eigenem Namen zu prägen,
ohne den des Königs auch nur zu nennen. Das taten Wilhelm II. von
Aquitanien in der Auvergne, in Brioude, und Rollos Sohn Wilhelm Langschwert
in der Normandie.
Wenigstens eine gewisse Genugttung erlebte Rudolf in
einem Land, das ihm seitseiner Jugendzeit vertraut war. Sein Vater hatte
ihn damit beauftragt,
LUDWIG
DEN BLINDEN zu beschützen. Als Sohn von Richards
Bruder Boso
war dieser ephemere Kaiser
Nachfolger im Königtum über die Provence; er starb im Jahr 928.
Die Regentschaft über das Reich fiel an Hugo
von Arles, Markgraf der Provence, der eben zum König
von Italien gewählt worden war. Von ihm erhielt
Rudolf Rechte über den ausgedehnten Dukat von Vienne und
Lyon. Im Jahr 931 konnte er dann
Karl-Konstntin,
den illegitimen Sohn
LUDWIGS DES BLINDEN
und Grafen von Vienne, dazu veranlassen, ihm zu huldigen. Allerdings ging
der größte Teil des Königreiches für Rudolf
verloren:
Hugo
von Arles, König von Italien,
übergab diese Gebiete um 933 an König
Rudolf II. von Hoch-Burgund.
910/14
oo Emma von Neustrien, Tochter des Herzogs Robert
I.
x 890/95- Ende 934
Literatur:
-----------
Alvermann,
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Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken
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Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart
Berlin Köln 2000 Seite 78,85 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche
Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag
Styria Graz Wien Köln 1990 Seite 116, 119,127 - Schulze Hans
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Schwager, Helmut: Graf Heribert
II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite
5-402 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln
zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-,
Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag
1993 Tafel 43,104 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs
bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München
1995 Seite 483,487,489,491,494,508 - Wies, Ernst W.: Otto der Große,
Bechtle Esslingen 1989 Seite 46,51, 53,55,65,121,130,132 -