Sohn des fränkischen Grafen N.N.
Gerold war ein Mitglied der fränkischen Reichsaristokratie. Er wird erst seit 777 faßbar.
Mitterauer Michael: Seite 9-25
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"Karolingische Markgrafen im Südosten"
Graf Gerold verband sich durch geschickte Heiratspolitik mit einer Familie, die in der 1. Hälfte des 8. Jahrhunderts in Alemannien über eine besondere Machtstellung verfügte. Er war fränkischer Abkunft. Zusammen mit seiner Gattin Imma schenkte er 784 reiche Besitzungen im Worms-, Lobden-, Anglach-, Uff- und Krainachgau an das Kloster Lorsch. Die Güter lagen hauptsächlich zwischen Worms und Oppenheim sowie zwischen Heidelberg und Bruchsal. Der Amtsbezirk Gerolds umfaßte den Kraich- und Anglachgau. Schon er drang nach Alemannien vor. 779 bis 783 übte er gräfliche Funktionen im nördlichen Teil der Westbaar aus. Vielleicht erwarb er auch Besitz im Elsaß. Seine Rechte in Alemannien sind jedoch sicher nicht ausschließlich auf seine Heirat mit Imma zurückzuführen. Gewiß erleichterte auch ihm, wie vielen anderen fränkischen Großen, die Reichsgewalt das Vordringen in den alemannischen Raum. Graf Gerold dürfte kurz nach 784 gestorben sein.
Borgolte Michael: Seite 119-121
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"Die Grafen Alemanniens"
GEROLD (I)
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belegt als Lebender 777 V 27, 784 VII 1
belegt als Graf 779 VI 30 - 779/83 VIII 22
Bereich der Bertoldsbaar 779/83 IV 18
Belege mit comes-Titel:
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CL III Nr. 3617, ? CL III Nr. 3637
Belege ohne comes-Titel:
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CL III Nr. 3289, ? Das Verbrüderungsbuch der Abtei
Reichenau 115B5
Literatur:
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Leichtlen, Zähringer 42 - Stälin, Geschichte
I 246 A. 3 - Knapp, Die Ulriche 18,30 - Ders., Buchhorner Urkunde 215 -
Glöckner, Lorsch und Lothringen 318 - Dietrich, Konradiner 302 - Mayer,
Die Anfänge der Reichenau 328 - Dienemann-Dietrich, Der fränkische
Adel 182-184 - Tellenbach, Der großfränkische Adel 50, 60 -
Schmid, Familie, Sippe und Geschlecht 10f. - Mitterauer, Markgrafen 9f.,16,20
- Werner, Adelsfamilien 111f. - Gockel, Königshöfe 183,244f.,275f.,278,
283f.,286, 288 mit A. 687 - Schulze, Grafschaftsverfassung 120f.,204 A.
194 - Berges, "Gründung der Hildesheimer Kirche" 88 - Bilgeri, Geschichte
Vorarlbergs 170 - Wenskus, Sächsischer Stammesadel 425-427 - Borgolte,
Geschichte der Grafschaften Alemanniens, Kap. V.3, Zusammenfassung
Graf Gerold wird durch
die urkundliche Überlieferung des Klosters Lorsch als bedeutender
Grundherr vor allem im Mittelrheingebiet faßbar. Am 1. Juli 784 schenkten
Geroldus et coniux mea Imma
der Reichsabtei umfangreiche Güter im Wormsgau, Lobdengau, Anglachgau,
Kraichgau und Uffgau (CL II Nr. 1 880; vgl. Gensicke, Worms-, Speyer- und
Nabegau 474f.; Schaab, Lobdengau 565,567; Dens., Kraichgau 597; Dens.,
Rheinebene 586).
Kraichgauer Besitz hatten Geroldus
comes und seine Gemahlin Imma
bereits früher, am 30. Juni 779, an das Nazariuskloster gelangen lassen
(CL III Nr. 2310, vgl. Schaag, Kraichgau 594); vom folgenden Tag, dem 1.
Juli 779, datiert eine Urkunde, die Graf Gerold
allein als Schenker im Anglachgau nennt (CL III Nr. 2503). In das Blickfeld
dieser Arbeit führen die Lorscher Traditionsnotizen Nrn. 3617 und
3289. Die erstgenannte von ihnen, die an einem 22.8. der Jahre 779 bis
783 ausgestellt wurde, besagt, dass Isenhart in ducatu Alemannorum in uilla
Giselstedem schenkte, quidquid Geroldus comes ibidem habere uisus
est. Es handelt sich teilweise wohl um den Vollzug der in der anderen Urkunde
niedergelegten Schenkung durch Geroldus
(...) in pago Alemannorum in Reistodinger marca et in Giselsteder marca
(vgl. Seiler, Nördliches Württemberg 628,633 A. 25). Die carta
Gerolds
trägt das Datum vom 27. Mai 777 und darf deshalb sicher auf den auch
779 belegten Grafen Gerold bezogen
werden.
Durch die Lorscher Urkunden 3617 und 3289 ist Gerold
keineswegs als gräflicher Amtswalter in Alemannien ausgewiesen; immerhin
darf man aber auch Grafenrechte im Bereich von Gültstein (Karte bei
Borgolte, Kommentar: M 5) und in der Mark von Reistingen bei Herrenberg
(dieses M 5, vgl. Gockel 289) nicht ausschließen.
Eine weitere Lorscher Urkunde scheint Gerold,
den gräflichen Grundherrn in Alemannien, dagegen sicher als Verwalter
eines Comitats zu belegen. Nach CL III Nr. 3637 schenkte nämlich Wanfrit
Güter in Glatten (Karte bei Borgolte, Kommentar: 17) und Dornstetten
(16), die ausdrücklich in Waltgouue in comitatu Geroldi lokalisiert
werden (zur Formel: Dietrich, Traditionsnotiz, bes. 289f.). Die Urkunde
wurde in den Jahren 779-83 (18. April) ausgestellt und bezieht sich auf
Liegenschaften südöstlich von Gültstein. Mit dem Grafen
im Waldgau könnte also Gerold
gemeint sein. Freilich amtierte in derselben Gegend seit mindestens
786 ein anderer
Gerold
(II), der für die Identifizierung durchaus ebenfalls in Frage
kommt (Vgl. Jänichen, Baar und Huntari 97, danach Schulze 204 A. 194;
zu dem Gerold-Beleg in W I Nr. 107 s. Art. Gerold II).
Das neben Glatten als Waldgauort genannte Dornstetten
wurde in anderen Urkunden aus derselben Zeit auch im Dorn-, Nagold- und
Westergau sowie in der Bertoldsbaar lokalisiert (Borgolte, Geschichte der
Grafschaften Alemanniens 129). Eine eigene (Gau-) Grafschaft läßt
sich - entgegen der Annahme der älteren Forschung (Baumann, Gaugrafschaften
136ff., vgl. Jänichen, Baar und Huntari 97, Schulze 106,116f.,204
A. 194) - nicht erschließen; der Comitat Gerolds,
in dem Glatten und Dornstetten ebenso wie im Waldgau gelegen haben, kann
nicht genau beschrieben werden, da in den Quellen für den Norden der
Bertoldsbaar nur sehr wenige Grafen überliefert sind (Borgolte, Geschichte
der Grafschaften Alemanniens, Kap. V. 3).
Der jüngere Gerold (II) tradierte noch vor Ende
des 8. Jahrhunderts an die Bodenseeabteien Reichenau und St. Gallen Besitz,
der zum Teil am Neckarbogen bei Horb, also in der Nähe von Glatten
und Dornstetten, lag. Eine von Gerold (II) ausgestellte Urkunde unterzeichnete
Imma genetrix. Die Forschung betrachtet deshalb zurecht Gerold
als Vater des Reichenauer und St. Galler Wohltäters (zuerst
Leichtlen, vgl. Stälin; dann Knapp und - für die neuere Forschung
grundlegend - Glöckner). Mit Imma wird die bei Thegan (Vita
Hludowici 590 f. cap. 2) genannte Mutter der
Königin
Hildegart, die Tochter Nebis, gleichgesetzt; da Hildegart
wohl 757 geboren wurde (Abel-Simson, Jbb. Karl der Große I 449 mit
A. 3), muß der Eheschluß Immas mit dem mittelrheinischen
Magnaten in die 50-er Jahre fallen. Als weitere Kinder der Imma
sind
Graf Udalrich (I)
und
Voto gesichert. Ein Bruder Immas war Graf Ruadbert (I).
Außer Hildegart,
Gerold
(II),
Udalrich (I) und Voto
hat man wiederholt noch weitere Kinder
Gerolds
und Immas zu erschließen versucht. Zwischen 784 und 795, vielleicht
am 25.10.790 (so Gockel 243 mit A. 183), schenkte Megingoz
in Malsch bei Wiesloch und in Rohrbach bei Heidelberg dem Nazariuskloster
Giiter, die genitor meus Geroldus morgens
dereliquit (CL II Nr. 791); Megingoz könnte mit Meingoz identisch
gewesen sein, der 801 seinen von seinem Bruder Gerholt
ererbten
Anteil an der Lambert-Basilika in Mainz an Lorsch übertragen hat (CL
II Nr. 1974). Als Grundbesitzer im Rhein-Main-Gebiet und als Sohn eines
älteren und Bruder eines
jüngeren Gerold würde
Megingoz in die Generation Gerolds
(II) passen (vgl. Gockel 243f.; Mitterauer 16; Schmid 10). Wenn die Zuordnung
des Megingoz stimmt, gewinnt man für den Tod Gerolds
einen Terminus ante quem. Bereits im Juli 793 stellte Adrianus
filius Geroldi (...) pro anima Erbionis
germani mei für Lorsch eine Schenkungsurkunde über Liegenschaften
in Flonheim bei Alzcy aus, die er als Traditum Erbios
erhalten hatte (CL
II Nr. 936). Adrian und sein Bruder werden aufgrund dieser Urkunde als
weitere Söhne (vermutungsweise Dietrich, Konradiner 302f., Schmid
1O) oder als Enkel Gerolds (Mitterauer
11,13) angesehen. Für die erste Lösung könnte sprechen,
dass Gerold (II) nach Walahfrid Strabo, der sich dabei wohl auf den Zeitpunkt
des Todes bezieht (799), weder Kinder noch Erben hatte, die Forschung aber
mindestens von Erbio glaubt, er habe noch im 9. Jahrhundert gelebt (Gockel
245f., Miterauer 13 f.).
Zu den nicht sicheren Zeugnissen für Gerold
gehört neben den beiden Lorscher Urkunden des Megingoz und des Adrian
der Einzeleintrag eines Kerolt im Reichenauer Verbrüderungsbuch (115B5).
Kerolt wurde auf der zweiten Seite
der NOMINA DEFUNCTORUM QUI PRESENS COENOBIUM SUA LARGITATE FUNDAUERUNT
von einer nach der Anlage tätigen Hand im Anschluß an Nebi comis,
Ruadb(er)t comis vermerkt. Da Nebi mit dem Schwiegervater, Ruadbert (I)
mit dem Schwager Gerolds identisch
gewesen sein dürften, könnte sich der fragliche Eintrag auf Immas
Gemahl beziehen (so auch Mayr; zu dem Gerold-Beleg im Reichenauer Verbrüderungsbuch
114D1 s. Art. Gerold II).
Gerold hatte sich
- folgt man dem Zeugnis Thegans über Imma - mit einer Nachfahrin
Herzog Gottfrieds verbunden (s. Art. Nebi). Er selbst wird aufgrund seines
Besitzschwerpunkts am Mittelthein als Franke betrachtet (Glöckner,
danach Dienemann-Dietrich und die weitere Forschung). Gerold
dürfte demnach neben Chancor, Warin und Ruthard zu jenen "Reichsaristokraten"
gehört haben, die im Auftrag der KAROLINGER
die Integration Alemanniens ins Frankenreich vorantrieben. Durch die Einheirat
in eine herausragende alemannische Familie, die ihm vielleicht auch beträchtliche
Güter im Norden der Bertoldsbaar eingebracht hat, trug er zweifellos
dazu bei, das unterworfene Volk bald nach dem Gericht von Cannstatt mit
der fränkischen Herrschaft auszusöhnen. Diese gemäßigte
Politik unterschied sich von der Warins und Ruthards, die durch tiefe Eingriffe
in die Verwaltungsstruktur die politische Ordnung Alemanniens von Grund
auf zu verändern suchten (Borgolte).
Im Hinblick auf die Nachkommen Gerolds
spricht man heute meistens von den "GEROLDEN"
oder "GEROLDINGERN" (Mitterauer, Werner,
Gockel, Berges, Wenskus), während früher im Hinblick auf Udalrich
(I) die Bezeichnung "ULRICHE" oder "UDALRICHINGER" gebräuchlich war
(so noch Bilgeri; zum Problem der Benennung: Schmid). Neuerdings bemüht
sich die Forschung, Verbindungen zwischen den GEROLDEN
und den AGILOLFINGERN herzustellen
(Dienemann-Dietrich 188f.; Werner; Wenskus; s. a. Artt. Gerold II, Nebi).
Dass Gerold der Sohn eines Agilolf
war,
wie Wenskus (426) erwogen hat, ist unbeweisbar (Gockel 275f.).
Die Entfaltung Pirihtilos in der Bertholdsbaar wurde im
nördlichen Teil der Landschaft durch zwei Grafen gehemmt, die ihre
Stellung auf andere Weise als er selbst erlangt haben dürften: Gerold
I. und dessen Sohn Gerold II. Der
ältere Gerold
war wohl als vermögender Grundherr aus dem Mittelrheingebiet
nach Alemannien gekommen und hatte sich hier schon in den 50-er Jahren
mit Imma vernmählt, der mutmaßlichen Tochter Nebis und
Urenkelin Herzog Gottfrids. Anscheinend durch die Heirat oder durch Konfiskationen
im Dienste der fränkischen Herrschaft hatte er umfangreiche Güter
in der gesamten Bertoldsbaar, besonders aber am Neckarbogen um Sulz und
Horb erworben. Zu den Kindern Gerolds I.
und Immas zählten neben Gerold II., dem nach dem Tassilos Sturz
die Statthalterschaft in Bayern anvertraut wurde, der Graf Udalrich I.
und vor allem Hildegart, die KARL
DER GROSSE 771 zu seiner Frau nahm. Um 779/83 hat Gerold
(I. oder II.) nach einer Lorscher Urkunde die Grafengewalt über
Dornstetten und Glatten bei Freudenstadt ausgeübt, und in derselben
Zeit beschenkte er das Kloster des hl. Nazarius mit Besitz in Gültstein
und in Reistingen bei Herrenberg.
oo Imma, Tochter des Alemannenherzogs Hnabi (Nebi)
um 730- nach 784
Imma war die Urenkelin des Herzogs Gotfrid (+ um
708).
Kinder:
Gerold
um 755/60-1.9.799 (1.11.799 Isenburg)
Udalrich Graf in Pannonien
-
807 (824 Isenburg)
Hildegard
758-30.4.783 (7.4.783 Isenburg)
oo 3. KARL I. DER GROSSE
2.4.747-28.1.814
Roadbert Graf in den Bodenseegrafschaften
-
Uto (Voto)
- vor
803
An das Kloster Fulda schenkte 788 Uto reichen Besitz im Elsaß, vor allem in der Gegend von Straßburg.
Megingoz
- nach 808
Adrianus
-
Erbo
-
793
Literatur:
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Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer
und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen
1986 Seite 75,93,115,119-121,122-125,129,155,159,196,208,216,219,248,253
- Borgolte Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer
Zeit. Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag
Sigmaringen 1984 Seite 154,162,236,246 - Dienemann-Dietrich Irmgard:
Der fränkische Adel in Alemannien im 8. Jahrhundert. in: Grundfragen
der Alemannischen Geschichte. Vorträge und Forschungen Band 1 Jan
Thorbecke Verlag Sigmaringen Seite 182-188 - Mitterauer Michael:
Karolingische Markgrafen im Südosten. Archiv für österreichische
Geschichte Band 123. Hermann Böhlaus Nachf./Graz-Wien-Köln 1963
Seite 9-25 - Rappmann Roland/Zettler Alfons: Die Reichenauer
Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter.
Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998 Seite 426 - Schmid Karl: Gebetsgedenken
und adliges Selbstverständnis im Mittelalter. Ausgewählte Beiträge,
Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983, Seite 192 - Schnith Karl
Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern
zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990 Seite 22,26 -