Udalrich                                                   Graf im Breisgau 780-807
-----------                                                  Graf in den Bodenseegrafschaften
um 750-   807 (824 Isenburg)
 

Sohn des fränkischen Grafen Gerold und der Imma, Tochter vom Alemannen-Herzog Hnabi; Bruder der Königin Hildegard und des Präfekten Gerold
 

Isenburg Prinz
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"Stammtafeln"

Udalrich I. war 780/81 Graf im Alpgau und Breisgau, 787-791 Graf im Hegau, 787 Graf im Thurgau, 805/17 Graf am Nordufer des Bodensees, 778/817 Graf im Elsaß

Udalrich entstammte der alemannischen GEROLD-UDALRICH-Sippe und war der Schwager Kaiser KARLS DES GROSSEN. Er erschien 778 erstmals selbst in den Quellen. Notker berichtet, Udalrich sei nach Hildegards Tod bei KARL in Ungnade gefallen und habe alle Lehen verloren, doch der König habe mit Rücksicht auf seine geliebte verstorbene Gemahlin sein Urteil rückgängig gemacht.
Bebo (Pepo), Gerold, Udalrich und Robert sind als Söhne des Grafen Udalrich in einer Schenkungsurkunde des Jahres 803 an das Kloster Fulda bezeugt, also Brüder gewesen.

Mitterauer Michael: Seite 16
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"Karolingische Markgrafen im Südosten"

In der Gegend von Straßburg tradierte auch Graf Udalrich an Fulda. Er ist neben Gerold der bedeutendste von Gerolds Brüdern. Noch zu Lebzeiten seines Vaters übte er gräfliche Funktionen aus. Seit 783 ist er als Graf im Breisgau, seit 787 im Thurgau nachzuweisen. Nach dem Tode seines Onkels Roadbert übernahm er die Grafschaft im Linz-, Argen-, Rhein- und Alpgau. Eine solche Ämterkulmination war zur Zeit KARLS DES GROSSEN gänzlich ungewöhnlich. Der Monachus Sangallensis berichtet, daß Udalrich seine einzigartige Stellung in Alemannien der besonderen Gunst seines Schwagers verdankte.
Der Thurgau ging Graf Udalrich noch zu Lebzeiten vorübergehend verloren. Nach seinem Tod wurde die Familie auch aus den Schwarzwaldgrafschaften verdrängt. Bloß im Bodenssegebiet konnten sich seine Söhne Udalrich und Rodbert halten. Sie versuchten ihr Machtgebiet auf Kosten der HUNFRIDINGER nach SO auszudehnen.

Borgolte Michael
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"Die Grafen Alemanniens"

UDALRICH (I, II)
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belegt als Graf 778 III 31 - 817 VI 4,
Alp- und Breisgau 780 V 11 - 781 V 13, 787 VI 28 [?], 800 I 6 [?] bzw. 786/89 XII 26 - ?809 IX 21,
Hegau 787/88/90/91 I 7, 800 I 6 [?],
Thurgau 787 VI 17 - ?799 III 13,
Grafschaft am Nordufer des Bodensees 800 I 6 [?], ?802 V 15 [?], 805 II 21 - 817 VI 4 -
Linzgau 800 I 6 [?], ?809 IX 14 - 817 VI 4 -
Argengau ?802 V 15 [?], 805 11 21 - 815 VI 26)

Belege mit comes-Titel:
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Urkundenbuch des Klosters Fulda I Nr. 84, W III Anh. Nr. 1, W I Nr. 94 (= ChLA I Nr. 90), Trad. Wiz. Nr. 190, W I Nrn. 110 (= ChLA II Nr. 114),113, BRUCKNER, Vorakte Nr. 17 (zu W I Nr. 114 = ChLA II Nr. 116), W I Nrn. 115,118 (= ChLA II Nr.117),120 (= ChLA II Nr.122),125,126,129(= ChLA II Nr. 124, ThUB I Nr. 17),167,131 (= ChLA II Nr. 126, ThUB I Nr. 18),132 (= ChLA II Nr. 127, ThuB I Nr. 19), 133 (= ChLA II Nr. 128, ThUB I Nr. 20),138 (= ChLA II Nr. 134, ThUB I Nr. 21),142 (= ChLA II Nr. 136), Urkundenbuch des Klosters Fulda I Nr. 254, W I Nrn. 153 (= ChLA II Nr. 135),155 (= ChLA II Nr. 149, ThUB I Nr. 24), W III Anhang Nr. 2, W I Nr. 160 (= ChLA II Nr. 152), Codex diplomaticus Fuldensis Nr. 178 (= Regesta Alsatiae I Nr. 397), W I Nrn. 179,181,197,196,200,202f.,215, 219,226 (= BM Nr. 648), Das Verbrüderungsbuch der Abtei Reichenau 114D1,   115B3, Visio Wettini Walahfridi 317 Z. 414-420, ? W I Nrn. 116 (= ChLA II Nr. 118), 164, ? Liber Viventium Fabariensis pag. 24 (= Piper, Libri Confrat. 359 col. 7, 1)

Belege ohne comes-Titel:
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St. Galler Gedenkbuch pag. 8 (= PIPER, Libri Confrat. 20 col. 32, 2,9,14), Notkeri Balbuli Gesta Karoli Magni 17 cap. I. 13, Chronik Petershausen 38,40

Literatur:
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Neugart, Episcopatus Constantiensis I. 165 - Stälin, Geschichte I 243,326 f. - Meyer von Knonau, Die angeseheneren Urheber 230f. mit A. 32 - Ders., Geschlechtskunde 76,81 - Baumann, Gaugrafschaften 43,56 - Pupikofer, Thurgau I 133-135,138f. - Abel-Simson, Jbb. Karl der Große I 105, II 193f. - Tumbült, Hegau 623 f. - Ders., Albgau 154f. - Schultze, Gaugrafschaften 45,120 - Knapp, Buchhorner Urkunde 205,208f.,211-219 - Tellenbach, Königtum und Stämme 51 Nr. 28b - Schmid, Graf Rudolf von Pfullendorf 32-34 - Dienemann-Dietrich, Der fränkische Adel 183 A. 195,186 - Tellenbach, Der großfränkische Adel 56 - Schmid, Familie, Sippe und Geschlecht 8,11-13 - Ders., Struktur des Adels 4f. - Mitterauer, Markgrafen 8f.,16f., 19-22 - Maurer, Land zwischen Schwarzwald und Randen 42f. - Schulze, Grafschaftsverfassung 83,89,104f.,118,121,328 - Bilgeri, Geschichte Vorarlbergs I 70-72 - Schmid, Zur historischen Bestimmung 513f. - Borgolte, Die Geschichte der Grafengewalt im Elsaß 21-24 - Ders., Geschichte der Grafschaften Alemanniens, s. v.

Nach Notker dem Stammler hatte Hildegart, die Gemahlin KARLS DES GROSSEN, einen Bruder namens Udalrich, dem sein königlicher Schwager plurgma tribuit (Gesta Karoli Magni 17). Udalrich wäre somit ein Sohn Gerolds (I) und der Imma, ein Neffe des bis zur Jahrhundertwende als Graf im nördlichen Bodenseegebiet bezeugten Grafen  Ruadbert (I) und ein Bruder Gerolds (II), des Präfekten von Bayern und berühmten Awarenkämpfers, gewesen. Die Nachricht Notkers wird durch Fuldaer Urkunden über Liegenschaften im Elsaß gestützt, wenn auch nicht ausdrücklich bestätigt.
Am 1. Mai 803 schenkte ein Graf Vodalrichus für sein eigenes Seelenheil seu pro remedium germani mei Votoni der Bonifatiusabtei Besitz im elsässischen Heinhaim, quantumcumque Voto in ipsa uilla fuit uisus habere aut ego conquesiui de portione sua (...)(Codex diplomaticus Fuldeasis Nr. 178; Regesta Alsatiae I Nr. 397 mit der Bestimmung des Güterortes als Hönheim). Offenkundig dasselbe Brüderpaar war bereits in einer Urkunde vom 12.2.798 gemeint gewesen, als ein Adalrich an Fulda Güter in Barr, Altbronil, Hürtigheim, Hüttenheim und Bernolsheim, ebenfalls im Elsaß gelegen, schenkt, dabei als Motiv pro remedium Otoni angibt und über die Herkunft quantumcumque supradictus Voto in ipsa marca conquesivit et quod Vodalrichus comis mihi pro anime sue tradidit(...) vermerkt (UB Fulda I Nr. 254; zu den Orten ergänzend Regesta Alsatiae I Nr. 379). Zu Graf Vodalrichus und seinem 798 wohl bereits verstorbenen Bruder Voto passen zwei weitere Urkunden aus der vorangegangenen Zeit. Am 31. März 778 hatte Imma/Immina ihrem ungenannten Sohne für 600 solidi ihren von Walthari erworbenen Besitz in pago Alsacinse in Oberehnheim, Walf, Krautergersbeim, Rosheim und in der Stadt Straßburg verkauft (UB Fulda I Nr. 84; Regesta Alsatiae I Nr. 273 zu den Orten). Am Anfang der Zeugenreibe erscheint Graf Vodalrich. 10 Jahre darauf schenkte ein Uoto der Abtei Fulda unter Abt Baugulf seine Güter im Eisaßgau und nannte dabei unter anderem Liegenschaften in Oberehnheim, Walf, der Stadt Straßburg sowie in Barr, Altbronn und Hürtigheim (UB Fulda I Nr. 176; vgl. Regesta Alsatiae I Nr. 329). Als Grundberr in den drei zuletzt genannten Orten war Uoto zweifellos mit dem Voto von 798 identisch; da er andererseits über Besitz in Oberehnheim, Walf und Straßburg verfügte, dürften er oder sein Bruder, sicher der Spitzenzeuge bei Immas Rechtsgeschäft, der Käufer von 778 gewesen sein. Graf Vodalrich und Voto wären somit Söhne der Imma gewesen, die ihrerseits denselben Namen wie Hildegarts Mutter trug.
Wahrscheinlich eben der Graf, der zwischen 778 und 803 in drei Fuldaer Urkunden über Gütergeschäfte links des Rheins vorkommt, wird auch in einer Weißenburger carta vom 3. Februar 783 als Käufer genannt (Trad. Wiz. Nr. 190; zu dem von Zeuss, Trad. Wiz. Nr. 190, und den Regesta Alsatiae I Nr. 280 abweichenden Datum s. Doll, in Trad. Wiz. 394 Note i). In der Urkunde erklärt Germund, er habe Odalricho comite Güter in der Mark Biberestorf, ubi dicitur Bruningesuuilari, für einen Preis von 30 solidi in argento überlassen.
Außer den Eltern und Geschwistern des gräflichen Grundherrn im Elsaß glaubt man, auch Kinder Udalrichs zu kennen. Die Zeugenreihe der Schenkungsurkunde von 803 beginnt folgendermaßen: + Vodalrichi qui hanc donationem fieri rogavit. + Beboni + Geroldi + Vdilrichi + Ratbertt + cum filiis suis qui consenserunt. Der Passus über den Konsens der Söhne hat wohl kaum so in der Originalurkunde gestanden; vielmehr ist anzunehmen, dass der Kopist des Fuldaer Cartulars den Text vom Ausstellernamen abgezogen und hinter den letzten der Söhne gestellt hat; oder dass er einen, im Original zu jedem der vier Namen gesetzten Vermerk filii sui qui consensit (vgl. W I Nrn. 107,171) an einem Ort zusammenzufassen suchte. Dies vorausgesetzt wären die vier auf den Aussteller folgenden Personen als dessen Söhne zu betrachten, die ihr Einverständnis mit der Schenkung als Erbberechtigte gegeben haben (s. Schmid, Zur historischen Bestimmung 414, Knapp 212,216; anders Mitterauer 22).
Diese Deutung wird durch eine St. Galler Übertragungsurkunde des Jahres 800 bekräftigt (W I Nr. 160), in der es um Güter in Bonndorf ging. Die Zeugenreihe setzt mit den Signa eines Grafen Odalricus und seiner Söhne Odalricus und Rodpertus ein. Die Namenfolge in der Zeugenreihe entspricht so offenkundig der von 803, dass der Graf mit dem elsässischen Tradenten und seine Söhne mit den dort ebenfalls genannten Vdilrichus und Ratbertus identifiziert werden dürfen.
Mit allen 4 Söhnen von 803 scheint Udalrich im ältesten Eintrag des St. Galler Gedenkbuches (pag. 8) eingetragen worden zu sein. Die Namen sind wie folgt angeordnet:
                                     Odalrih
                                     Pepo Pald
                                     Kerolt
                                     Erih
                                     Ruadpert
                                     Odalrib
Der am Anfang genannte Odalrih dürfte Graf Udalrich gewesen sein, während in Pepo und Kerolt wohl die ersten Zeugen seiner Fuldaer Schenkung wiedererkannt werden können; am Schluß stehen sicher die urkundlich zweimal belegten Söhne (Mitterauer 19; Schmid), Zur historischen Bestimmung 513f.). Ob Erih und Pald, wie Mitterauer (I9) jedenfalls im Hinblick auf Erih vermutet hat, andere Söhne Udalrichs gewesen sind, muß unentschieden bleiben.
Nach einer weiteren Vermutung Mitterauers (19f.) geben die Namen Pebo und Erih, von denen der erste auch einen Enkel Udalrichs bezeichnet haben soll (Gerold III), einen Hinweis auf die Herkunft der sonst unbekannten Gemahlin des Grafen. Beide Namen kommen bereits bei spät-merowinger-zeitlichen Grafen in Alemannien vor, die durch eine St. Galler Urkunde als Brüder ausgewiesen sind. Wenigstens einer von ihnen hat am oberen Zürichsee amtiert (Pebo, Erich). Da Udalrich, im Unterschied zu seinem Vater, am Beginn seiner Karriere auch im Thurgau als Graf in Erscheinung getreten sein dürfte (dazu s.u.), hat er nach Mitterauer wohl eine Frau aus der Nachfahrenschaft der Grafen Pebo und Erich geheiratet. Diese Annahme wird man aber kaum als gut begründet ansehen können, da jegliche gesicherte Kenntnis über das Schicksal der Grafenfamilie, aus der Udalrichs Gattin hervorgegangen sein soll, fehlt (zu einem Grafen Erich Im Elsaß s.u.).
Auf pag. 8 des St. Galler Gedenkbuches findet man Udalrich offenbar noch einmal inmitten anderer Verwandter. Die Abfolge der Magnatennamen auf dieser Seite beginnt Rodbertus, Odalricus, Kerolt. Der erste Name bezeichnet wohl den Bruder Immas (Ruadbert I), der zweite und dritte deren beide Söhne, den hier behandelten Udalrich und den Markgrafen Gerold (II) (Schmid, Zur historischen Bestimmung 513; Mitterauer 19).
Udalrich, den man als Bruder der Königin Hildegart betrachten darf, ist nach den bisher behandelten Zeugnissen zwischen 778 und 803 Graf gewesen. Nach der Lage der urkundlich genannten Güter hat man ihn bereits häufiger als Grafen im Elsaß angesprochen (Knapp 212, Tumbült, Albgau 154 mit A. 8, Schultze 120); ein Comitat im Sinne eines fest abgegrenzten Amtssprengels läßt sich zu Udalrichs Zeit aber im Elsaß noch nicht fassen (Borgolte, Die Geschichte der Grafengewalt im Elsaß 21-24). Immerhin ist bemerkenswert, dass Udalrich, der ausschließlich im Unterelsaß bezeugt ist, eines seiner Rechtsgeschäfte in der alten merowingischen Königspfalz Marlenheim abwickelte (Trad. Wiz. Nr. 190) und dass udalrichingischer Besitz unter anderem in Straßburg lag (Urkundenbuch des Klosters Fulda I Nrn. 84, 176). Udalrich dürfte also im nördlichen Elsaß zu seiner Zeit eine dominierende politische Rolle gespielt haben, ähnlich wie vor ihm Ruthard. Vielleicht knüpfte er an eine bereits vor-karolingisch Machtposition seiner Verwandten an; denn unter dem elsässischen Herzog Eticho werden gegen Ende des 7. Jahrhunderts zwei Grafen namens Erich und Rodebert genannt (Borgolte, Die Geschichte der Grafengewalt im Elsaß 10f.).
Im Unterschied zu den das Elsaß betreffenden Quellen wird Udalrich durch den Grafenvermerk zahlreicher St. Galler Urkunden in Amtswaltung belegt. Diese Zeugnisse erstrecken sich von 780 bis 817. In der Regel braucht an einer Identität des Grafen mit dem Bruder der Königin nicht gezweifelt zu werden, da Notker diesen als besonderen Günstling KARLS erscheinen läßt. Allerdings wird in der Forschung angenommen, Udalrich sei am Beginn des 9. Jahrhunderts von seinem gleichnamigen Sohn abgelöst worden. Wie bei der Erörterung der einzelnen Belegfelder gezeigt werden wird, ist ein solcher Grafenwechsel nicht ausgeschlossen, doch gibt es für ihn kein explizites Zeugnis. Vom Lebensalter her betrachtet, kann Udalrich durchaus noch im letzten St. Galler Beleg von 817 gemeint gewesen sein. Da Hildegart wohl 757 geboren wurde (Abel-Simson I 449 mit A. 3) und die Notiz der Annales Alamannici zum Jahr 798: Imma defunctus est (Lendi, Untersuchungen 172; Henking, Die annalistischen Aufzeichnungen 243 mit A. 115) wahrscheinlich den Tod der Mutter ermittelt, wird Udalrich kaum vor 750 zur Welt gekommen sein.
Eine andere Schwierigkeit bei der Identifikation des Grafen ergibt sich bei zwei Urkunden, die den Grafennamen Adalricus/Adalrihcus enthalten. Dabei handelt es sich nicht um eine orthographisch-lautliche Variante zu Udalricus etc., da die Erstglieder jeweils auf andere Lemmata zurückgehen. Freilich muß der andere Name nicht unbedingt eine andere Person bezeichnen, doch gibt es in diesen Fällen einige weitere Argumente für eine Nichtidentität. Die Belege für einen oder zwei Grafen Adalricus sind deshalb - mit allen Vorbehalten - in einem gesonderten Artikel zusammengestellt und behandelt worden (Adalrich), erscheinen aber auch hier mit den erforderlichen Erwägungen am entsprechenden Ort für den Fall der Personengleichheit.
Die ältesten Belege Udalrichs in der Grafenformel St. Galler Urkunden datieren von 780 (W III Anh. Nr. 1) und 781 (W I Nr. 94); beide Schriftstücke beziehen sich auf Traditionsgut im Schwarzwälder Alpgau. In einer weiteren Alpgauer carta von 787 bietet der Vorakt den Vermerk sub Huadalricho comite; dieser wurde aber vom Schreiber der Urkunde nicht in die Reiiischrift übernommen (Bruckner, Vorakte Nr. 17; ChLA II 17 Nr. 116, zu W I Nr. 114). Zwar liegt der Schluß auf ein Versehen bei der Mundierung nahe, doch spricht ein weiterer Befund gegen diese Vermutung. Der Schreiber Theoderam, der Vorakt und Urkunde gefertigt haben soll, hatte nämlich bereits im Konzept eine ungewöhnlich genaue Datierung niedergeschrieben, diese aber dann noch einmal nachgerechnet und in der Ausfertigung korrigiert (Borgolte, Chronol. Stud. 107,112). Wenn er beim Datum der Urkunde so sorgfältig arbeitete, kann auch ein bewußter Verzicht auf die in die textliche Umgebung gehörende Grafennennung nicht ausgeschlossen werden. Es ist also fraglich, ob Udalrich 787 die Grafenstellung im Alpgau innegehabt hat. Eine Unterbrechung seiner Amtsführung könnte mit einer Nachricht Notkers von St. Gallen in Verbindung gebracht werden, Udalrich habe nach dem Tod der Königin Hildegart (783) wegen eines Vergehens (pro quodam commisso) zahlreiche honores verloren (Gesta Karoli Magni 17). Der Sturz Udalrichs soll allerdings nur kurzfristige Wirkung gehabt haben, da KARL DER GROSSE den Grafen schon bald wieder mit seinen froheren Würden ausgestattet hätte (s.a. Art. Isanbart), Adalrich).
Als späterer Beleg für den Alpgau kommt die bereits zitierte Urkunde vom 6. Januar 800 in Betracht, in der Udalrich mit seinen Söhnen in der Zeugenreihe steht (W I Nr. 160; s. o. S. 249); in ihr wird Udalrich nämlich auch in der Grafenformel genannt. Der Güterort Bonndorf kann aber außer im Alpgau auch im Linzgau (so mit Recht Maurer 42 A. 47, anders Schulze 105, Knapp 211, Tumbült, Albgau 154; vgl. Borgolte, Kommentar: zu Nr. 160) bzw. im Hegau (vgl. Funk, Hegau 13, 20 f., 24; Knapp 199) gelegen haben.
Im Breisgau, der Nachbarlandschaft des Alpgaus, ist Udalrich (bzw. sein Sohn) von 786/89 (W I Nr. 110) bis ?809 IX 21 (W I Nr. 203; ferner Nrn. 126,167,111 Anh. Nr. 2, I Nrn. 179,196) bezeugt. Eine breisgauisch-alpgauische Doppelstellung ist nach Udalrich für Erchangar (I) und Albrich bezeugt, so dass mit Udalrich eine bis Mitte des 9. Jahrhunderts währende Verbindung beider Landschaften zu einem Comitat eingesetzt haben mag (Borgolte, Geschichte der Grafschaften Alemanniens, Kap. IV. 2). Im Breisgau waren Udalrichs Grafenrechte auf das nördliche Gebiet um das heutige Freiburg beschränkt, da der Süden bei Lörrach damals als grafenfreier Fiskalbezirk organisiert war (Borgolte, loc. cit., Kap. IV. 1); lediglich in W I Nr. 196 werden nach Eschbach bei Heitersbeim Güter in Ortschaften des Rheinknies erwähnt. Die vermeintlich sichere Abgrenzung zwischen den Amtszeiten des Bruders der Königin (Udalrich I) und seines Sohnes (Udalrich II), die auf Beobachtungen im Linz- und Argengau beruhten (s.u.), hat dazu geführt, dass man einen Wechsel zwischen Udalrich (I) und Udalrich (II) im Breisgau zwischen den St. Galler Urkunden 179 (von 804 VII 4) und 196 (von 808 VIII 24) angenommen hat (Tumbült, Hegau 624, Albgau 155; Knapp 213; anders Schultze 45 Im Selbstwiderspruch zu 120; unklar Schulze 105).
Mit der Grafenstellung im Unterelsaß und im Alpgau bzw. Breisgau schloß Udalricii (I) seit 778 (bzw. 780,786/89) an den Machtbereich seines Onkels Ruadbert (I) an, der ebenfalls seit 778 als Graf im Hegau und Linz- bzw. Argengau nachzuweisen ist. Vermutlich stand dieser Aufstieg der Verwandten Hildegarts in einem Zusammenhang mit dem Sturz Isanbards, des Sohnes Warins, der ca. 779 zuletzt als Graf im Thurgau belegt ist. Im Hegau trat Udalrich mindestens 787,788,790 oder 791 als Ruadberts (I) Nachfolger hervor (W I Nr. 11 5); vielleicht kann aber noch die St. Galler Urkunde W I Nr. 160 vom Jahr 800 als Zeugnis für eine Grafentätigkeit Udalrichs im Hegau in Anspruch genommen werden (s.o.). Da Ruadbert (I) bis zur Jahrhundertwende weiterhin in den Gebieten nördlich des Bodensees amtierte, hatte er seinem Neffen offenbar einen Teil seiner Befugnisse abgetreten. Die Grafengewalt im Westen und Norden des Bodensees ist somit offenkundig als Familienherrschaft der Angehörigen Hildegarts organisiert gewesen. Mit dem Wechsel von Ruadbert (I) zu Udalrich (I) beginnt sich aber der Hegau administrativ vom Linz- und Argengau zu lösen (s. Borgolte, Geschichte der Grafschaften Alemanniens, Kap. IX).
Zur selben Zeit wie im Hegau ist Udalrich auch im Thurgau nachgewiesen; er dehnte seine Herrschaft also auch auf das Gebiet südlich des Bodensees aus. Die thurgauischen Urkunden reichen von 787 (W I Nr. 113) bis ?799 (W I Nr. 155; ferner Nrn. 118,120,125,129, 131-133,138,142; zu Nrn. 116 und 153 s.u., zu Nr. 212 s. Art. Udalrich III etc.). Die Kompetenz des Grafen war dabei auf die Landschaft zwischen der Thur und dem Fiskus Zürich beschränkt (Borgolte, Geschichte der Grafschaften Alemannicas, Kap. III. 2.b). Allerdings scheint Udalrich auch - vorübergehend? - im Dreieck von Aare, Limmat, Glatt und Rhein amtiert zu haben (W I Nr. 153 v. 798 VIII 26), das später zum Sprengel des Zürichgaugrafen gehörte (s. Borgolte, loc. cit. 93 A. 111). In der zweiten der insgesamt 13 Thurgauer cartae vom 26.2.788 wird Graf Adalricus genannt (W I Nr. 116). Der philologischen Diskrepanz brauchte man keine große Beachtung zu schenken, wenn nicht etwa zur selben Zeit die Erwähnung Udalrichs in einer Alpgauer Urkunde unterblieben wäre (s.o. S. 251). Da es nach der Fuldaer Urkunde von 798 in der Umgebung des Grafen Udalrich (I) einen Adalrich gegeben hat, könnte ein gleichnamiger Graf aus der Verwandtschaft Udalrichs hervorgegangen und zeitweilig an dessen Stelle getreten sein (s. Art. Adalrich). Freilich ist in der Frage keine Klarheit zu gewinnen; doch kann man den Beleg der Urkunde 116 für Udalrich nur mit Vorbehalten verwenden. Als Nachfolger Udalrichs im Thurgau tritt ?804  II 29 Scopo hervor.
Nach der herrschenden Lehre ist ein ?802 (W I Nr. 164) und 805 (Nr. 1 8 1) im Bereich des Argengaus belegter Graf Udalrich mit dem Grafen des Thurgaus personengleich gewesen (vgl. bereits Neugart, Pupikofer 134f. mit anderer Auffassung). Die Annahme konnte sich auf die Fuldaer Urkunde von 803 stützen, in der Udalrich (I), der Aussteller, den comes-Titel trägt, aber den Zeugen Vdilrichus und Ratbertus derselbe fehlt. Die Söhne Udalrichs schienen deshalb zum gegebenen Zeitpunkt noch keine Grafen gewesen zu sein; Udalrich (I) wäre demnach zunächst unter anderem Graf im Thurgau gewesen, bevor er als Nachfolger seines Onkels Ruadbert (I) in den Linz- und Argengau überwechselte. Bei einer solchen Argumentation bleibt außer acht, dass der Argengaugraf von ?802 Adalrihcus hieß. Wie in dem oben behandelten Fall der Thurgauer carta von 788 muß man die Möglichkeit offenhalten, dass weder Udalrich (I) noch sein Sohn Udalrich (II) gemeint war. Ein Graf Adalrich könnte zwischen Ruadbert (I) und Udalrich (I, II) kurzfristig im Linz- und Argengau amtiert haben. Deshalb kann die Identität des Thurgaugrafen mit einem der oder mit dem Linz- und Argengaugrafen nicht als erwiesen gelten. Anders stellt sich die Lage dar, wenn die mehrfach erwähnte Urkunde W I Nr. 160 von 800 I 6 bereits einen Beleg Udalrichs für den Linzgau enthält (s.o.). Nach 805 sind im Linz- und Argengau (Grafschaft am Nordufer des Bodensees) für einige Zeit nebeneinander ein Udalrich und ein Ruadbert bezeugt. Ruadbert kann man aus chronologischen Gründen kaum mehr mit Udalrichs (I) Onkel gleichsetzen (Ruadbert I); mit gutem Recht wird deshalb vermutet, dass er der urkundlich bezeugte Sohn Udalrichs gewesen ist (Ruadbert II). Die Nachweise für einen Grafen Udalrich, die nach dem Erstbeleg dieses Ruadbert einzuordnen waren (W I Nrn. 197,200, 202,215,219,226) glaubte man dementsprechend auf den anderen Sohn Udalrichs (I) beziehen zu können. Auch wenn ein derartiger Wechsel von Udalrich (I) zu Udalrich (II) nicht ausgeschlossen werden kann, gibt es für ihn wegen der oben skizzierten Altersverhältnisse für Hildegart und ihren Bruder nicht ebensogute Argumente wie für die Ablösung Ruadberts (I) durch Ruadbert (II). Möglicherweise ist Ruadbert (II) also in der Verwaltung des Comitats im Linz- und Argengau neben seinen Vater getreten.
Auf den pagg. 11 4 (D1) und 115 (B3) des Reichenauer Verbrüderungsbuches taucht ein Odalrich comis bzw. ein Uuadalrich comis in der Anlage der NOMINA DEFUNCTORUM auf. Der erste Eintrag besteht außerdem aus den Namen Cerolt comis (...), Bertolt comis, Pirihtilo comi[s], die mit Grafen in der Baar vom Ende des 8. Jahrhunderts in Verbindung gebracht werden können (Gerold II?, Bertold II, Pirihtilo). Odalrich ist deshalb sicher mit Udalrich (I) gleichzusetzen, während man in Cerolt vielleicht dessen Bruder begegnet. Auf pag. 115 geht der Uuadalrich den comites Uuolfhold und Rafolt voraus, die ebenfalls mit Grafen der Baar kurz vor oder um die Jahrhundertwende zusammenpassen (Wolfolt, Ratolf). Deshalb ist auch hier, falls man Udalrich (I) von Udalrich (II) zu unterscheiden hätte, eher mit dem erstgenannten zu rechnen. Der Hinweis Mitterauers  (19,23) auf Namen mit oder ohne Titel, die in demselben Eintrag in der Umgebung stehen und vielleicht weiter entfernte Verwandte Udalrichs bezeichnen, bedarf weiterer Prüfung. Nach der ungefähr zu erschließenden Anlagezeit der Totenliste (s. Art. Scopo) muß Udalrich (I, II) um 824 bereits verstorben sein.
Auf pag. 24 des Liber Viventium Fabariensis wurde in die Arkade mit den Namen karolingischer Könige und alemannisch-rätischer Grafen der Name Hodolricus com(es) nachgetragen. Piper, (Libri Confrat. 359 Note zu col. 7,1) hat diesen Grafen mit Udalrich (I, II) gleichgesetzt, obwohl es für die Identifizierung offenbar keine weiteren Anhaltspunkte gibt.
In der poetischen Bearbeitung der Visio Wettini, die Walahfrid Strabo 825/26 nach der Prosaniederschrift Heitos von 824/25 geschaffen hat (zuletzt Autenrieth, Visio Wettini 172 f.), ist auch von 2 Grafen die Rede, die Wetti im Fegefeuer geschaut haben soll. Während Heito die Namen nicht erwähnt hatte, teilte sie Walahfrid in Form von Akrostichen mit. Einer von ihnen war Odalrih (Visio Wettini Walahfridi 317, vgl. Heitonis Visio Wettini 270f. cap. X); mit ihm dürfte Udalrich (I) oder Udalrich (II) gemeint gewesen sein.
Udalrich (I) wird als Stammvater der "UDALRICHINGER" (Baumann, Alpgau 21f. bzw. 202, Gaugrafschaften 35; jetzt wieder Schulze 121, Borst, Pfalz Bodman 185 u. ö.; Brunner, Oppositionelle Gruppen 82 u.ö.) oder "ULRICHE" (Meyer von Knonau, Geschlechtskunde 72; jetzt BILGERI) bezeichnet. Gelegentlich spricht man zur Kennzeichnung seines Geschlechts im Hinblick auf seinen Vater, den Franken Gerold (I), und einen anderen Leitnamen auch von den "GEROLDEN" oder "GEROLDINGERN" (zum Beispiel Mitterauer 8ff.; Werner, Adelsfamilien 111f., Berges, "Gründung der Hildesheimer Kirche" 88ff.). Über die Problematik beider Begriffe hat besonders Schmid nachgedacht und vorgeschlagen, die Bezeichnung "Verwandte der Königin Hildegart" zu gebrauchen (Familie, Sippe und Geschlecht 13, Struktur des Adels 4f., 16).
Die Erinnerung an die Herkunft des Geschlechts, die Förderung seiner Angehörigen durch den Herrscher und die Ansiedlung insbesondere am Nordufer des Bodensees hat noch in der Chronik des Klosters Petershausen aus dem 12. Jahrhundert in der sog. "Ulrichsage" einen späten Niederschlag gefunden (Chronik Petershausen 38,40; Schmid, "Eberhardus comes de Potamo" 329; zum Werk: Walther, Gründungsgeschichte und Tradition).


  oo N.N.
             -
 
 
 
 

Kinder:

  Udalrich
          - nach 815

  Rodbert (Roadpert)
          -   814

  Bebo (Pepo) 797-803
         -

  Gerold 803
         -

  ?Erih
         -
 
 
 
 

Literatur:
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Rappmann Roland/Zettler Alfons: Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998 Seite 457,482 - Schmid Karl: Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter. Ausgewählte Beiträge, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983, Seite 207,401,494 -
 
 
 
 
 
 
 
 


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