Sohn des N.N.
eigentlich Anselmo da Baggio
Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 371
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Alexander II., Papst seit 30.9./1.10.1061
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+ 21. April 1073
Stammte aus Baggio bei Mailand, war vornehmer Herkunft,
seit früher Jugend der Mailänder Kirche zugehörig und in
ihrer Domschule ausgebildet; er war weder Schüler Lanfrancs in Bec
oder Mitglied der deutschen Hofkapelle noch Mitbegründer der Pataria;
1056 Bischof von Lucca; arbeitete mit Vertretern der römischen Reformpartei
zusammen und wurde von dieser Gruppe unter dem maßgeblichen Einfluß
des Archidiakons Hildebrand (des späteren Gregor
VII.) in der Nacht vom 30. September/1. Oktober 1061 zum Papst
gewählt und inthronisiert, gestützt durch normannische Hilfe
und Herzog
Gottfried von Lothringen-Tuszien (sowie dessen Gemahlin Beatrix).
Auf Betreiben des römischen Adels und lombardischer Reichsbischöfe
erhob der deutsche Hof am 28. Oktober 1061 Bischof Cadalus von Parma als
Honorius
II. Unter dem Einfluß Annos von Köln wurde Alexander
II. auf der Synode von Mantua 1064 auch vom Reichsepiskopat
anerkannt. Seitdem verlor das Schisma seine Bedeutung.
Alexander
II. war schon seiner Herkunft nach
der adligen Schicht verbunden, die den höheren Klerus und den italienischen
Reichsepiskopat stellte. Er war noch Vertreter der älteren Gruppe
der Reformpartei, die in der Tradition
Leos
IX. im Zusammenwirken mit dem König die Kirche reformieren
wollte. Obwohl Hildebrand (mit wachsendem Rigorismus) maßgeblich
die päpstliche Politik leitete, sah Alexander sein Anliegen
der römischen Kirchenreform vorwiegend im Ausgleich extremer Forderungen,
gelegentlich auch gegen Hildebrand und die radikale neue Frömmigkeit
der Mönchs- und Klerikergemeinschaften. Mit der fortschreitenden Verwirklicheung
des römischen Reformprogramms verstärkte sich der päpstliche
Einfluß in allen Ländern der lateinischen Kirche, verschärften
sich aber auch die Spannungen zum jungen König
HEINRICH IV. und mit dem Reichsepiskopat; einzelne Bischöfe,
unter anderem Anno von Köln und Siegfried von Mainz, wurden vorgeladen,
nach der Abdankung Erzbischof Widos von Mailand im Streit um die Nachfolge
einige königliche Räte gebannt. Durch Kardinal Hugo Candidus
wurden die spanischen Reiche enger mit Rom verbunden (Aragon wurde 1068
dem Heiligen Stuhl lehenspflichtig).
Alexander
unterstützte
die beginnende Reconquista durch den (ersten sicheren päpstlichen)
Kreuzablaß, begünstigte die Eroberung Englands durch
Wilhelm I. und förderte die Ausbreitung und Festigung der
Normannenherrschaft in Unteritalien-Sizilien, die zugleich diese Gebiete
in den römischen Kirchen verband eingliederte.
Vier Wochen nach der von Hildebrand geleiteten, von den
Normannen geschützten kanonischen Wahl des Papstes versuchten reformfeindliche
Adelige unter der Führung der Geschlechter der TUSCULANER
und der CRESCENTIER
noch einmal, Rom und Papsttum nach ihren Vorstellungen zu beherrschen und
das Papstwahldekret Nikolaus'
II. umzustoßen. Da sich bereits eine latente Gegnerschaft
zwischen der Reform und der Macht des deutschen Imperiums abzeichnet, ging
eine Gesandtschaft der Aufrührer, der sich auch Abgesandte des reformfeindlichen
autonomen Klerus von Mailand anschlossen, an den Kaiserhof und forderte
einen neuen Papst. HEINRICH IV. bestimmte
Peter Cadalus, den einstigen Kanzler seines Vaters, HEINRICHS
III., zum Gegen-Papst, der sich Honorius II. nannte,
mit Truppen in Rom erschien und zeitweise das vatikanische Viertel besetzte.
Gottfried
IV. der Bärtige von Lothringen-Tuszien, der in Italien die
faktische Macht besaß, vermittelte zwischen dem Papst und dem deutschen
Hofe, ohne daß der Gegen-Papst zur Abdankung zu bewegen wäre.
Eine bedenkliche Rolle spielte Alexander
II., der übrigens den kirchlich verfolgten Juden nach Kräften
zu helfen suchte, in der Geschichte der Vorkreuzzüge. Einem Heer französischer
Kreuzzugsmarodeure erteilte er im Voraus Absolution für einen Überfall
auf die spanische Stadt Barbastro, wo Christen und Mohammedaner in Frieden
zusammenlebten und 6.000 Menschen abgeschlachtet wurden.
Drei bedeutsame Ereignisse fallen in den Pontifikat.
Wilhelm
I. der Eroberer siegte bei Hastings über die Angelsachsen
und begründete die normannische Dynastie in England; Robert Guiscard
vernichtete mit der Eroberung des Stützpunktres Bari die letzten Reste
byzantinischer Herrschaft in Italien; und in der Schlacht von Mantzikert
siegten die türkischen Seldschuken zum erstenmale über Byzanz.