Lexikon des Mittelalters: Band II Spalte 195
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Bilstein, Grafen von
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Ob ein ca. 800 als Tradent an Fulda auftretender Graf Erpho zur Familie der späteren Grafen von Bilstein gehörte, die sich seit Rucher III. 1145 nach der westlichen Albungen (Hessen, Kreis Eschwege) gelegenen Burg Bilstein nannten, ist umstritten. Aufgrund gleicher Leitnamen und der Lage von Grafschaftsrechten und Besitz sind die mit Wigger 967 in Erscheinung tretenden Grafen eines Stammes mit den späteren Grafen von Bilstein. Im 10. Jh. verfügten sie über ausgedehnte Grafschaftsrechte im Eichsfeld, bei Langensalza, Mühlhausen, Schlotheim, Frieda, Eschwege und andernorts. Rucher III. gründete das Prämonstratenserkloster Germerode 1144/45 als Familiengrablege. Man hat die thüringisch-hessischen Grafen Wigger mit den bei Braubach am Rhein begüterten Grafen von Bilsteinin Verbindung gebracht (Gensicke). Die BILSTEINER, die mit den Grafen von Wartburg (Burg Brandenburg an der Werra, westlich Eisenach) stammverwandt waren, starben mit Otto II. aus, der 1301 die bilsteinischen Lehen an Hessen verkaufte.
Literatur:
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K. Kollmann, Die "Gf.en Wigger" und die Gf.en v. B. [Diss.
Göttingen 1978], 1980.
Trillmich Werner: Seite 78
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"Kaiser Konrad II. und seine Zeit"
Östlich vom hohen Meißner an der Werra saßen die Bilsteiner Grafen als Hüter der Eisenacher Pforte mit Grundbesitz zwischen der mittleren Werra und Mühlhausen. Ihr Streubesitz erstreckte sich über Dornburg an der Saale hinaus in den Raum Zeitz, wo Wigger (im 968-981) mit dem Aufbau der Mark betraut wurde. Im Grenzland trat seine Familie jedoch später nicht mehr in Erscheinung.
Patze Hans Patze: Seite 98
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"Die Entstehung der Landesherrschaft in Thüringen"
Wir gehen nun vom Osten unseres Arbeitsgebietes nach dem
Westen. Dort sitzt an der Werra ein Grafengeschlecht, das man nach dem
erst 1145 bezeugten Herkunftsnamen auch in seinen früheren Gliedern
als Grafen von Bilstein bezeichnet. Die Auffassungen
über die Anfänge des Geschlechtes gehen auseinander. Bruchmann
möchte den Grafen
Erpho, der uns um 800 als Tradent an Würzburg begegnet
ist und der außerdem zu denen gehört, die Güter an Fulda
schenkten, bereits den BILSTEINERN
zurechnen. Sein nicht gewöhnlicher Name kommt später bei den
BILSTEINERN
vor, die meisten der an Würzburg tradierten Güter liegen zwischen
Langensalza und der Werra, also dort, wo die BILSTEINER
auch später nachweisbar sind.
Gensicke hat neuerdings den zweiten Leitnamen des Geschlechts
zum Gegenstand genealogischer Überlegungen gemacht. Es ist der Name
Wigger.
Als erstes bekanntes Mitglied der Familie in Thüringen gilt der 967
in Urkunden OTTOS
II. für Fulda intervenierende
Graf Wigger; er
vermacht dem Kloster sein Erbgut in Keula, Urbach und Bernterode. Die Orte
liegen in den Komitaten der Grafen Wigger und Wilhelm. 974/75
sind Eschwege, Frieda, Mühlhausen, Tutinsoda (Wü.), Schlotheim
(diese in der Görmarmarkt), Ostmihla und Brüheim Orte der Grafschaft
Wiggers.
Posse und Schlesinger halten ihn für personengleich mit dem Grafen
Wigger, der in der Ausstattungsurkunde des Bistums Zeitz von 976 als
Intervenient erscheint; er ist Graf in zahlreichen Orten des Pleißengaues,
des Gaues (Puonzouua (um Zeitz), der Gaue Teuchern und Weta, zu Dornburg
und Eckolstädt, gebietet also fast in der ganzen Diözese Zeitz.
Es ist nicht zu sagen, ob es noch dieser Wigger
oder der als sein
Sohn geltende Wigger II., der außerdem
997 bis 1001 bezeugt ist, war, der 987 die Kirche in Dorla mit allem, was
er in dieser Mark besaß, dem Erzstift Mainz testamentarisch vermachte.
Willigis weihte die Kirche, die eine der vier thüringischen Archidiakonatskirchen
wurde. Wigger II. übte Grafenrecht
im Westgau (Görmarmark) und Vatergau zu Heilingen, Grabe, Merxleben,
Urleben, Körner, Mehler, Zimmern, Altengottern, Bolstedt, Felchta
und Sömmern.
Bei Wigger I. und Wigger II.
setzt nun
Gensicke an; er erwägt, dass diese Vorfahren der Grafen
von Bilstein gewesen sind, die bei Braubach am Rhein begütert
waren. Nach Wigger II. stellt Gensicke einen Edlen
Ruogger in die Stammreihe ein, der 1025 Güter zu Sonneborn
(Wü. bei Waldkappel) und Rodebach dem Kloster Fulda schenkt. Ihn bezeichnet
er als den Vater eines Wigger-Wittechind,
der Graf im Engersgau (1034-1044) ist, wo Güter der Grafen
von Bilstein (am Rhein) und von Wied liegen. Wigger-Wittechind
sei wiederum ein Vorfahre der Kunigunde von Bilstein
und
Meffrieds
von Wied. Eine BILSTEINERIN, Kunigunde,
heiratet dann den letzten GISONEN und bringt ihre rheinischen Güter
damit an die LUDOWINGER.
Die Reihe der in Thüringen ansässigen BILSTEINER
läuft mit Ruger I. fort, der 1071
Grafschaftsrechte
in Martinfeld (bei Heiligenstadt) im Gau Görmarmark übt. Eine
Urkunde von 1075 zeigt Graf Rugerals
Vogt (von Hersfeld?); im Gericht im Forst Vierbach (Görmarmark)
verhandelt über ein Gut zu Hone (bei Eschwege). In dieser und in einer
anderen Urkunde, wohl vom gleichen Tage, tritt Rugers
Bruder
Eberhardals Zeuge auf. Dieser
Ruger ist vermutlich identisch mit einem Grafen
Rüdiger, der mit den thüringischen Großen gegen
HEINRICH
IV. kämpfte und sich 1075 bei Spier mit unterwarf.
Das habe sie - nach Eckhardt - ihre Stellung gekostet. Ein großer
Teil ihrer Besitzungen ist wohl damals an die Grafen
von Northeim gefallen und hat über die Grafen
von Winzenburg schließlich Heinrich
dem Löwen den Weg ins Werratal geöffnet.
Ruger I. muß
vor 1095 gestorben sein, denn in diesem Jahre fungiert ein Graf
Erf als Vormund des parvuli filii Ruggeri
comitis ac suae sororis. Man stellt wohl keine allzu gewagte
Kombination an, wenn man Erf für
den jüngeren Bruder Ruger I. hält
und aus der Urkunde schließt, dass die Grafschaft sich auf den Erstgeborenen
vererbt. Der unmündige Knabe des Jahres 1095 ist derjenige, der sich
1145 Rucher (II.), Graf von Bilstein,
nennt. Ruger II. hat in der Mitte des
12. Jahrhunderts des Prämonstratenser Nonnenkloster Germerode gegründet.
Außer den Kirchengebäuden dürfte noch ein großer
Teil der Ausstattung und der bis 1195 reichlich vorhandenen Güter
von den BILSTEINERN stammen. Die Vogtei
besaß der Älteste des Stiftergeschlechts.