Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte
1236
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Aumale
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I. DIE GRAFSCHAFT AUMALE
Die Grafschaft Aumale existierte im
Unterschied zu den
Grafschaften Hiesmois, Ivry und Mortain anscheinend in
älterer
Zeit
noch nicht; vielleicht wurde sie von Wilhelm
dem
Eroberer geschaffen.
Im
9. Jahrhundert war Aumale lediglich
eine Herrschaft, die dem Erzbischof von Rouen gehörte. 966
errichtete
Warinfrid (Guerinfroy)
dort eine Burg.
Sein Enkel Engrand
de
Pontieu (Ingrannus, Enguerrand) heiratete Alis,
die Schwester
Wilhelms des Erobereres, von der er
eine Tochter, gleichfalls Alis
genannt, hatte, die sich 1063
mit
ihrem Vetter Odo von Champagne
vermählte.
Beider
Sohn Stephan,
Graf von Aumale, übergab
die Burg Wilhelm
dem Roten. Als 1091 zwischen Wilhelm
und Robert Kurzhose
Frieden
geschlossen wurde, kam die Burg und Grafschaft wieder unter die
Oberhoheit
Roberts. 1096 verband sich Stephan
jedoch erneut mit Wilhelm,
später,
1103-1104, mit Heinrich I. von England,
von dem er 1118 abfiel, um die Partei von Wilhelm
(Guillaume) Clito zu
ergreifen; eine erneute Rebellion versuchte
er 1126-1127.
1138 schloß sich sein
Sohn, Wilhelm von Aumale (†
1178), König
Stephan von Blois
an und wurde von ihm zum Grafen von
York erhoben. Er war ein treuer
Anhänger
Heinrichs
II. 1173 mußte er
seine Grafschaft gegen den
Grafen von Flandern verteidigen.
Wilhelms Tochter und Erbin,
Hawise
(Hadwig), brachte die Grafschaft in ihre Ehe mit Wilhelm
von Mandville,
Graf von Essex, ein. Nach
dessen Tod heiratete sie Guillaume
des Forts (Forz).
Der Sohn aus dieser Ehe, Guillaume
(†
1241),
wurde Graf von Aumale.
Nach
der Eroberung der Normandie durch Philipp
II. August ging die Grafschaft 1204 an Renaud de
Dammertin
über, danach an den französischen
Königs-Sohn
Philippe Hurepel, der die Tochter Renauds
geheiratet
hatte, 1260 schließlich an ihre Nichte, die Königin von
Kastilien
und Leon.
1342 war die Grafschaft im Besitz der Familie
D'HARCOURT.
1419 wurde sie von König
Heinrich
V. von
England an seinen Bruder
Thomas,
Herzog von Clarence,
übergeben.
Nach der Vertreibung der Engländer brachte sie Marie,
Tochter
Johanns VIII. von Harcourt,
in die Ehe mit Antoine de
Vaudemont
et de Guise ein.
II. DIE ENGLISCHE GRAFENWÜRDE NACH 1204
Nach dem Verlust der Grafschaft Aumale in
der Normandie
(1204) verblieb den Trägern des Grafentitels, der Familie DES
FORTS (DE FORZ) ihr bedeutender englischer Besitz
(Holderness in
Yorkshire),
dem um die Mitte des 12. Jahrhunderts Skipton (Yorkshire) und
Cockermouth
(Cumberland)
hinzugefügt wurden.
Graf Guillaume (William)
de Forz
(1214-1241), einer der 25 adligen Urheber der Magna Charta,
schwankte
zwischen der Parteinahme für Johann
und dessen Gegnern. 1219-1220 unternahm er eine erfolglose Rebellion.
Nach
dem Tod der Aveline
de Forz (1274) wurde der Besitz von Eduard
I. erworben; die Krone kaufte ihn von einem Adligen, der
unrechtmäßig
Anspruch darauf erhoben und zunächst dabei die königliche
Unterstützung
gefunden hatte. Die Ländereien, die die Mitgift bildeten, kamen
1293
nach dem Tode der Isabelle de
Forz in königliche Hand. Die
Verwaltung der Länder ist gut belegt, da Holderness durch seine
Wollproduktion
bedeutend war.