YORK, YORKSHIRE


Lexikon des Mittelalters:
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York, -shire
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Stadt und ehemalige Grafschaft im nordöstlichen England; Erzbistum

I. Stadt
[1] Archäologie, Stadtgeschichte, Wirtschaft:
Das mittelalterliche York (römischer Name Eboracum, altenglisch Eoforwic, altnorwegisch Jorvik) war die Hauptstadt des angelsächsischen Königreiches Northumbria, dann des wikingischen Königreiches von York und der späteren Grafschaft Yorkshire sowie eines Erzbistums. Die strategische und für den Handel günstige Lage am Zusammenfluß von Ouse und Foss und an einer niedrigen Furt des Ouse wurde bereits von den Römern geschätzt. Um 71 n. Chr. als römisches Legionslager gegründet, entwickelten sich außerhalb des Lagers an beiden Ufern des Ouse Zivilsiedlungen, von denen die wichtigere eine colonia wurde. Eboracum wurde Hauptstadt der Provinz Britannia Inferior und später der Britannia Secunda. Die römischen Kaiser Septimius Severus und Constantius I. Chlorus starben in Eboracum, Konstantin der Große wurde hier zum Kaiser proklamiert. Archäologisch läßt sich ein wirtschaftlicher Niedergang seit ca. 380 erschließen, es gibt praktisch keinen Hinweis auf eine städtische Siedlung im 5. und 6. Jh.
York erscheint wieder als ein königliches Zentrum unter dem hier 627/628 getauften König Edwin von Northumbria (Beda, Hist. Eccl. II. 14). Münzen wurden in York wohl erst um 630-640 geschlagen und vom 8. Jh. bis zum Ende des Mittelalters geprägt.
Alkuin
beschreibt York um 790 als »emporium terrae commune marisque«.
866 von dem großen Wikinger-Heer erobert, war es ca. 876-927 und dann mit Unterbrechungen bis 954 die Hauptstadt dänischer und norwegischer Könige. Archäologisch konnte nachgewiesen werden, daß Jorvik eine blühende Handwerks- und Handelsstadt war. York wurde nach 927 (dauerhaft nach 954) zwar in den sich ausbildenden englischen Staat einbezogen (England, A), doch herrschten hier für ein weiteres Jahrhundert nicht ganz unabhängige Earls, die häufig skandinavischer Herkunft waren. Dennoch wurde York 1066 der Hauptort der neuen Grafschaft Yorkshire, die ein nach dem Vorbild der Könige von Wessex eingesetzter sheriff verwaltete.
1068-1069 unterdrückte König Wilhelm I. drei northumbrische Revolten und errichtete zwei Burgen in York. Die möglicherweise erfolgte Verwüstung der Stadt wurde wohl übertrieben. Das Domesday Book berichtet, daß York 1066 die drittgrößte (nach London und Winchester) und 1086 die viertgrößte Stadt in England war; 1130 erscheint York dann als viertreichste Stadt. Obwohl ein Brand 1137 wohl den größten Teil der Stadt zerstörte, wuchs ihre Bedeutung zunehmend. Im 12. Jh. besaß York eine Hanse- oder Kaufmannsgilde (merchants' guild) und auch eine blühende jüdische Gemeinde, die - trotz eines schrecklichen Pogroms 1190 - bis 1290 bestand.
Reichtum und Bedeutung Yorks wuchsen und ließen die Stadt nach Selbstverwaltung streben. 1173-1174 versuchten einige Bürger, eine Stadtgemeinde zu bilden, und 1212-1213 erhielten die Bürger von Johann Ohneland das Zugeständnis eines eigenen gewählten Bürgermeisters (mayor) und der Selbstverwaltung ihrer Finanzen gegen die Zahlung einer jährlichen fee farm von £ 160 an die Krone. 1300 besaßen die Bürger (auch burgesses oder freemen genannt) eine umfangreiche Jurisdiktion über die Stadt (ausgenommen blieben Kathedrale, Klöster und königlche Burgen) und über Ainsty, ein großes Gebiet der angrenzenden Landschaft. Jedoch konnten viele Einwohner und die meisten Einwohnerinnen der Stadt nicht den Bürgerstatus genießen, die tatsächliche Macht lag in den Händen einer kleinen Gruppe von untereinander versippten Familien, die die städtischen Ämter beherrschten.
Mit einigen Unterbrechungen war York während der schottischen Unabhängigkeitskriege (Wars of Independence) zwischen 1298 und 1337 Verwaltungs- und Militärhauptstadt Englands. Nicht alle Folgen, die sich aus dieser Stellung ergaben, waren angenehm:
York war vor schottischen Angriffen ungeschützt, besonders 1319, als der Bürgermeister und viele Bewohner in der Schlacht getötet wurden. Jedoch sorgte die Anwesenheit der Regierung für eine wachsende Nachfrage von Wohngebäuden, Handel und Handwerk. Das erste erhaltene Register von freemen (es beginnt 1273) verzeichnet eine starke Zunahme von neuen freemen (darunter viele Einwanderer) in der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts.
York verlor seinen Status als Hauptstadt nach 1337/38 und litt auch unter den wiederholten Pest-Epidemien seit 1349. In der 2. Hälfte des 14. Jh. scheint York dennoch größer und reicher gewesen zu sein als in der 1. Hälfte dieses Jahrhunderts. Die Einwohnerzahl belief sich auf ca. 8.000 in den 30-er Jahren des 14. Jh. und stieg auf vielleicht 15.000 um 1400 an. 1377 besaß York mehr belegte Steuerzahler als irgendeine andere englische Stadt außer London. Ein Grund für dieses Wachstum war der Aufschwung des Textilhandels. Tuch wurde in York hergestellt, und die Kaufleute der Stadt exportierten sowohl Wolle als auch Tuch. Bereits 1338-1349 war eine Gruppe von städtischen Kaufleuten, die mit Flandern Handel trieb, so wohlhabend, daß sie der Krone Geld leihen konnte, und 1400 exportierten die Kaufleute aus York einen großen Teil des Tuchs über den Hafen von Hull. Der Umfang dieses Exporthandels über Hull erreichte 1407-1417 einen Höhepunkt, während bei der Aufnahme von freemen zwischen 1391 und 1421 der höchste Wert im Mittelalter zu verzeichnen war, wobei die größte Gruppe die Textilarbeiter bildeten. Die wachsende Bedeutung von York wurde von König Richard II. erkannt, der sich häufig hier aufhielt. Er übertrug wichtige Privilegien der Stadt, bes. 1396, als er York den Grafschaftsstatus verlieh und den städtischen Rat zu einer Körperschaft machte.
Die Periode zwischen ca. 1350 und 1460 war wahrscheinlich die Blütezeit des städtischen Wohlstands. Die Kaufleute handelten mit Frankreich, Calais, Flandern, Kastilien, dem Rheinland, Preußen, Island und mit dem Baltikum. In diesem Jahrhundert entstanden Handels- und andere öffentliche Bauten, so die erhaltenen Merchants' Hall (1357-1361), Tailors' Hall (um 1400) und Guildhall oder City Hall (um 1449-1459). Es gab auch viele Umbauten und Erweiterungen von Privathäusern und Pfarrkirchen. In einigen Kirchen blieben noch Kirchenfenster aus dieser Zeit erhalten. Die Bedeutung von Yorks Handwerks- und Handelsvereinigungen zeigt sich sowohl in den jährlichen Mysterienspielen (York Plays) als auch in den regelmäßigen Konflikten zwischen verschiedenen Gruppen von Handwerkern und Kaufleuten (besonders 1380-1381). Ein erweiteter Kreis von Beamten und Ratsmitgliedern hatte jetzt das Stadtregiment inne, dem Bürgermeister assistierten zwei sheriffs (seit 1396), zwölf aldermen und der jüngere Rat der »Vierundzwanzig«.
Seit ca. 1400 wurde die Stadt ärmer, und ihre Bevölkerung ging zurück. Ob lokale Ursachen oder ein angeblicher allgemeiner Niedergang der englischen Städte im späten 15. Jh. dafür verantwortlich zu machen sind, bleibt umstritten. Sicherlich verlor York den größten Teil seines Außenhandels (weitgehend durch Konkurrenz der Kaufleute aus London und der Hanse) sowie den größten Teil seiner Textilherstellung (durch Konkurrenz aus dem Westen von Yorkshire). Der städtische Rat bat wegen der schlechten Finanzsituation die aufeinanderfolgenden Könige um eine Senkung der Steuer, besonders der fee farm von £ 160. Der Druck auf die städtischen Finanzen führte zu Unruhen unter den ärmeren Bürgern, und seit 1464 gab es häufig Tumulte, bis die Zünfte 1517 eine stärkere Beteiligung am Stadtregiment erhielten. König Richard III. verminderte zwar die fee farm, doch bewilligte die Krone erst 1536 eine angemessene Steuerhöhe.

[2] Topographie:
York war eine Doppelsiedlung mit dem Legionslager nordöstlich und der colonia südwestlich des Flusses Ouse. Das mittelalterliche York dehnte sich unter Einbeziehung dieser Siedlungen auch östlich des Flusses Foss aus. Der northumbrische Königs-Palast und die Bischofskirche standen wohl im Bereich des römischen Legionslagers. Die wichtigsten Teile des römischen Straßennetzes innerhalb des Lagers wurden wieder benutzt, und die principia blieb in Gebrauch, anscheinend bis zum 9. Jh. Außerdem gab es eine vorwikingische Siedlung (und wahrscheinlich ein bischöfliches Kloster) in der ehemaligen colonia. 1985-1986 wiesen Ausgrabungen eine Handelssiedlung von ca. 700-850 direkt östlich des Zusammenflusses von Ouse und Foss nach. Sie gehörte wahrscheinlich zu dem Handelswik oder emporium, das Alkuin erwähnt hat. Neuere Ausgrabungen haben bestätigt, daß das York der Wikinger-Zeit (866-1066) eine große Handwerks- und Handelsstadt an beiden Ufern des Ouse war. Es gab eine dichte Konzentration von Häusern und Werkstätten im Bereich von Ousegate, Coppergate und Pavement Market südlich des römischen Legionslagers; Straßen und Wohnhäuser aus dem frühen 10. Jh. lassen sich nachweisen. Viele dieser Straßenzüge und Hausstellen blieben bis zum Ende des Mittelalters unverändert; die meisten Straßen in der mittelalterlichen Innenstadt tragen noch heute skandinavische Namen. Wahrscheinlich haben die Wikinger das ganze Gebiet vom römischen Legionslager im Süden bis zum Zusammenfluß von Ouse und Foss und das südwestliche Ufer des Ouse befestigt. Die Einbeziehung Yorks in den englischen Staat nach 954 scheint die Topographie der wikingischen Stadt nicht verändert zu haben. Erst die normannische Eroberung sorgte für eine größere Neuerung, doch ist die Verwüstung von 1069-1070 übertrieben worden. Zunächst errichtete Wilhelm I. zwei Burgen, jeweils an einem Ufer des Ouse, wobei nach dem Domesday Book die Häuser in einem der sieben shires oder wards zerstört wurden. Dann verstärkten die Normannen die Befestigungen von York. Schließlich wurde die Kathedrale des Erzbischofs Thomas von Bayeux in den 80-er Jahren des 11. Jh. auf einer neuen Trasse angelegt, die das alte römische und wikingische Straßennetz zerschnitt. Außerdem wurden in den 80-er Jahren des 11. Jh. zwei größere Benediktiner-Klöster gegründet (St. Mary's und Holy Trinity).
Der Bevölkerungsanstieg im 12. und 13. Jahrhundert spiegelt sich in der wachsenden Zahl der nachgewiesenen Pfarrkirchen wider: 1200 wenigstens 35, 1300 45. Im 12. Jahrhundert wurden noch drei weitere Klöster und im 13. Jh. sechs Bettelordens-Klöster (später auf vier reduziert) gegr. Die Klöster und Bettelordens-Klöster. dehnten sich häufig auf Kosten von Häusern und ganzer Straßenzüge aus. In dieser Zeit wurden auch die Befestigungsanlagen erneuert: 1245-1270 erfolgte durch König Heinrich III. ein Umbau der bedeutenderen (östlichen) Burg in Stein, während um 1250-1270 eine aus Stein errichtete Stadtmauer um die zentralen und Micklegate-Areale gezogen wurde (der Walmgate Bezirk östlich des Flusses Foss wurde 1345-ca. 1380 befestigt). Das Ergebnis war eine ummauerte Stadt von 106 ha Größe, wobei 21 ha von der Kathedralimmunität und anderen geistlichen Enklaven eingenommen wurden. Das restliche Gebiet der ummauerten Stadt mußte deshalb dichter bebaut werden, auch dehnten sich einige der Suburbien aus. Ein zweiter großer Marktplatz (heute St. Sampson's Square) wurde geschaffen.
Beim Auftreten der Pest 1349 hatte das mittelalterliche Straßennetz seine vollständige Form erreicht; im 14. und 15. Jahrhundert änderte sich nur noch wenig. Jedoch bewirkten der Bevölkerungsanstieg einen neuen Höhepunkt um 1400 und die Bevölkerungsabnahme im 15. Jh. erhebliche Veränderungen des Hausbestands, was durch die große Zahl der erhaltenen Häuser aus dem 14. und 15. Jh. belegt wird (fast alle mit Fachwerk). Im 14. Jahrhundert wurden viele Reihen schmaler Häuser für die Vermietung gebaut. Während im 15. Jahrhunderts die Bevölkerung allgemein abnahm, konnten einige wohlhabende Bürger größere mehrstöckige Häuser errichten.

II. Bistum und Metropolitansitz:
Bischof Eborius von York war einer der drei britischen Bischöfe, die an der Synode von Arles (314) teilnahmen. York war wahrscheinlich im 4. Jahrhundert sowohl kirchliche als auch weltliche Hauptstadt der Britannia Secunda. Deshalb beabsichtigte wohl Papst Gregor I. 601, Metropolitansitze mit gleichem Status sowohl in London als auch in York zu errichten, wobei jeder 12 untergeordnete Bischöfe erhalten sollte (Beda, Hist. Eccl. I. 29). Schließlich wurde London durch Canterbury ersetzt, während York langsam den Metropolitanstatus erreichte. Als die christliche Prinzessin Æthelburh nach Kent reiste, um König Edwin von Northumbria zu heiraten (wahrscheinlich 618/619, wohl eher als 625 wie bei Beda), wurde sie von dem Missionar Paulinus begleitet, der der erste Bischof von York wurde und Edwin zum Christentum bekehrte. 633 floh Paulinus während einer heidnschen Reaktion aus Northumbria. Seit 664 gab es wieder Bischöfe von York mit einer Diözese, die Deira (südlich von Northumbria) einschloß, sie hatten seit 735 den Rang von Erzbischöfen Auch auf der Synode von Streoneshalh (664, Whitby?) trug Northumbria entscheidend zur Sicherung des römischen Christentums vor dem irischen bei (Osterfestberechnung, Osterstreit), was man vor allem Wilfrid zu verdanken hatte, der ein mächtiger Bischof von York (669-678) war, bis er ins Exil gehen mußte.
Zu den folgenden Bischöfen gehörten:
John (706-718?), der 1037 als hl. Johannes (St. John) von Beverley kanonisiert wurde;
der erste Erzbischof Egber(h)t (732?-766), der bei Beda studierte und eine Kathedralschule gründete oder einrichtete;
Æthelberht (766?-780), Schulleiter und Lehrer von Alkuin, der ihm als Leiter nachfolgte.
Über die Diözese und ihre Erzbischöfe ist seit 782 wenig bekannt, als Alkuin York verließ, um sich an den Hof KARLS DES GROSSEN zu begeben. Nach 866 folgte eine unruhige Zeit, da der Erzbischofssitz wohl vakant war. Doch vor dem Ende des 9. Jh. traten die dänischen Könige von York zum Christentum über, König Guthfrith wurde 895 in der Kathedrale begraben. Bald erhielt die Diözese mit Wulfstan I. (931-956) einen mächtigen Erzbischof, der die skandinavischen Herrscher von York gegen die Könige von Wessex unterstützte. Fünf der letzten sechs angelsächsischen Erzbischöfe von York waren Mönche, die den Erzbischofssitz pluralistisch zusammen mit Worcester erhielten, wobei sie wohl die Einkünfte aus diesem Bistum zugunsten von York und anderer großer Kirchen in ihrer Diözese (Beverley, Ripon und Southwell) verwandten. Zu ihnen zählten die großen Kirchenreformer St. Oswald (972-992) und Wulfstan II. (1002-1023). Der letzte angelsächsische Erzbischof war Ealdred (1061-1069), wegen der zweifelhaften Stellung Stigands von Canterbury eine der zentralen Figuren in der englischen Kirche: Üblicherweise wurden die Könige von den Erzbischöfen von Canterbury gekrönt, doch Ealdred krönte wahrscheinlich Harald II. Godwinson und sicherlich Wilhelm I.
Der erste normannische Erzbischof Thomas von Bayeux (1070-1100) bestimmte entscheidend das Geschick des Erzbistums für den Rest des Mittelalters. Er leistete teilweise Widerstand gegen Lanfrancs Forderung der Anerkennung der Oberherrschaft Canterburys über York, und damit begann ein Streit, der mit einigen Unterbrechungen bis 1353 dauern sollte. Thomas erhielt 1072 die Metropolitan-Herrschaft über Schottland, und ihm ist der Ausbau der Kathedrale von York zu verdanken. 1090 schuf er ein Säkularkapitel nach norm. Vorbild mit separaten Präbenden.
Zu seinen Nachfolgern gehörten:
Thurstan (1114-1140), der die Zisterzienser in Yorkshire förderte und ein Heer zur Abwehr einer schottischen Invasion (1138) anführte;
William (Wilhelm) Fitzherbert (1141-1147,1153-1154), der 1226 als St. William of York kanonisiert wurde;
Roger de Pont l'Évêque (1154-1181), der erbitterte Rivale von Thomas Becket.
1133-1541 umfaßte die Diözese von York Yorkshire, Nottinghamshire, North Lancashire und Teile von Cumberland und Westmorland (vgl. D.M. Smith, 1981, 232).
Zwischen 1181 und 1215 litt die Diözese unter einer Autoritätskrise, da entweder ein erfolgloser oder gar kein Erzbischof an der Spitze stand. Doch verdankte sie der langen Amtszeit von Walter de Gray (1215-1255) wieder Stabilität. Er war Kanzler von England (1205-1214), verbesserte die finanzielle Lage der Dignitare und Kanoniker der Kathedrale und regelte die Verwaltung der Diözese. Sein Register, das 1225 beginnt, ist das zweitälteste aller erhaltenen englischen Bischofsregister, und seit 1225 sind die York-Serien fast vollständig. Gray folgten sieben Erzbischöfe (1256-1304), von denen nur einer ein hohes Regierungsamt innehatte, vier von ihnen waren Dekane oder Kanzler von York. Es ist nicht verwunderlich, daß sie sich auf die Verwaltung ihrer Diözese konzentrierten. Dagegen war der Erzbischofssitz zwischen 1304 und 1373 im Besitz von vier sehr fähigen königlichen Geistlichen (Greenfield, Melton, Zouche und Thoresby), die alle entweder Kanzler des Königs oder Keeper of the Privy Seal gewesen waren. Trotzdem beschäftigten sich alle vier intensiv mit den Aufgaben der Diözese, sobald sie auf dem erzbischöflichen Stuhl saßen.
1373 endete die Reihe der Erzbischöfe, die königliche Regierungsaufgaben und den Dienst für die Diözese miteinander verbanden. Nun folgten für über ein Jahrhundert Erzbischöfe, die zwar bedeutend waren, aber nur eine geringe oder gar keine Verbindung zu York besaßen und häufig nur wenig Zeit für ihre Diözese aufbringen konnten. Von den 13 Erzbischöfen zwischen 1374 bis 1530 war vor dem Amtsantritt keiner ein Kathedraldignitar oder ansässiger Kanoniker gewesen, und die meisten waren mit nationalen politischen Aufgaben oder mit der Verwaltung beschäftigt. Ein adliger Erzbischof (Richard Scrope, 1398-1405) wurde sogar wegen seiner Rebellion gegen den König hingerichtet. Charakteristischer ist jedoch, daß sechs der dreizehn Erzbischöfe vor oder während ihres Episkopats königlicher Kanzler waren. Das extremste Beispiel stellt Thomas Wolsey (1514-1530) dar, der erst im letzten Jahr seines Lebens die Diözese besuchte. Trotzdem waren einige Erzbischöfe bemerkenswerte Förderer des Erziehungs- und Bildungswesens.

III. Kathedrale:
Die Lage der römischen Bischofskirche ist unbekannt, aber wahrscheinlich befand sie sich in der colonia. Die Kathedralkirche St. Peter, die um 627 von König Edwin gegründet wurde, stand wohl in unmittelbarer Nähe der heutigen Kathedrale. Ausgrabungen unter der Kathedrale 1967-1972 konnten keinen älteren Kirchenbau als den von ca. 1080 nachweisen, doch ließ sich ein Friedhof auf der römischen Straßentrasse lokalisieren, der wahrscheinlich vor der dänischen Eroberung von 866 angelegt worden ist und bestimmt vom 9. bis zum 11. Jh. in Gebrauch war. Die erste Kathedrale wurde zunächst in Holz, dann in Stein errichtet, von Bischof Wilfrid in den 70-er Jahren des 7. Jh. erneuert und 741 Opfer eines Brandes; es folgte ein Neubau der Kathedrale. Erzbischof Æthelberht errichtete eine andere Kirche (? Alma Sophia), die 780 geweiht und von Alkuin beschrieben wurde. Die Kathedrale, die man mit Säkularkanonikern und nicht mit Mönchen besiedelte, trug allgemein den Namen »York Minster«. Alma Sophia scheint ein bischöfliches Kloster an einem anderen Platz gewesen zu sein.
Die Kathedrale wurde erheblich durch die Kämpfe von 1069 und erneut 1079 beschädigt. Um 1080 begann Erzbischof Thomas von Bayeux mit der Errichtung einer neuen und sehr großen Kathedrale in einer strikten Ost-West-Ausrichtung. Die Ausgrabungen von 1967-1972 haben gezeigt, daß dieser Kathedralbau länger und breiter war als die Kathedrale Lanfrancs in Canterbury. Die Kirche wurde im Osten von Erzbischof Roger (1154-1181) durch einen neuen und größeren Chor erweitert, Teile der Bauten von Thomas und Roger blieben in der Krypta erhalten. Die Kathedrale erhielt ihre heutige Gestalt oberhalb der Grundmauern zwischen ca. 1230 und 1472: unter Erzbischof Walter de Gray das Hauptquerschiff, um 1275-1290? das Kapitelhaus, 1291-1339 das Mittelschiff, 1361-ca. 1420 den Chor und schließlich um 1407-1472 die drei Türme. Restaurierungen erfolgten im 19. und 20. Jh., besonders nach drei Bränden (1829,1840,1984).
D.M. Palliser