Nach J. Jarnut vielleicht Tochter des Franken-Königs
Chlodwig
I. und der Chrodechilde
von Burgund, Tochter von König
Chilperich
II.
Jarnut Jörg: Seite 29,93-97,126
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„Agilolfingerstudien“
Zwar ist es möglich, die Existenz einer zweiten Tochter
Chlodwigs
sehr wahrscheinlich zu machen, die den Namen Theudechild
trug,
aber diese war nach dem Zeugnis einer auf sie von Venantius Fortunatus
gedichteten Grabinschrift mit einem König verheiratet. Aus diesem
Epitaph wird auch deutlich, daß sie nur diese eine Ehe mit dem uns
schon bekannten Herrscher eingegangen war.
Schließlich nennen unter anderem zwei gefälschte
MEROWINGER-Diplome,
Schenkungen an das Kloster St. Pierre-le-Vif in Sens, eine Tochter Chlodwigs
I. († 511), die angeblich
ebenfalls Theudechild hieß. Da
Gregor von Tours nur eine Tochter
Chlodwigs kennt,
nämlich die mit dem Westgoten-König
Alarich
unglücklich verheiratete Chrodechild,
hat sich in der Forschung seit langem die Auffassung durchgesetzt, daß
jene dritte Theudechild nie wirklich
gelebt hat.
Venantius Fortunatus, der gegen 565 ins Franken-Reich
kam, dichtete einen Grabspruch auf eine Königin
Theudechild. Dieses Epitaph gehört zu den acht Büchern
von Gedichten, die er auf Anregung Gregors von Tours gegen 576/77 selbst
zusammengestellt hat, wie W. Meyer unter allgemeiner Zustimmung der philologischen
Forschung herausgearbeitet hat. Da die von Venantius erwähnte Theudechild
als 75-jährige verstarb, bedeutet dies doch, daß sie spätestens
gegen 501 geboren worden war. Damit aber entfällt die Möglichkeit,
sie mit der Tochter Theuderichs
I. zu identifizieren, wie dies bisher allgemein getan wurde.
Wie Eugen Ewig nämlich überzeugend nachgewiesen hat, konnte eine
eheliche Verbindung zwischen Theuderich
und
Suavagotta
frühestens gegen 507 erfolgen, wahrscheinlich heirateten sie sogar
wesentlich später. Aus diese Ehe also kann die von Vanantius Fortunatus
gefeierte Königin nicht stammen.
Noch weniger kann sie die Gemahlin des zwischen 518 und
523 geborenen
Charibert
gewesen sein. Dagegen spräche der ungewöhnliche Altersabstand
der beiden, vor allem aber, daß Venantius' Theudechild
einer Königsfamilie entstammte, während Chariberts
gleichnamige
Gattin die Tochter eines Schäfers war.
Also starb spätestens gegen 576 im Franken-Reich
eine alte Königin namens Theudechild,
die zu einem Geschlecht gehörte, das seinerseits seit mehreren Generationnen
Könige hervorgebracht hatte. Diese Herrscherin zeichnete sich durch
fromme Werke, insbesondere auch durch Freigiebigkeit gegen Kirchen aus.
Es liegt also nahe, in ihr jene Theudechild wiederzuerkennen,
die - allerdings ohne nähere verwandtschaftliche Zuordnung - nach
dem Zeugnis unverdächtiger Urkunden des 7. und 8. Jahrhunderts St.
Pierre-le-Vif in Sens gegründet hatte und die in den zitierten Fälschungen
als Chlodwigs Tochter bezeichnet wird.
So wird sie im übrigen auch in einer Urkunde aus dem von St. Pierre
abhängigen Kloster Mauriac charakterisiert, die allerdings offensichtlich
ebenfalls eine Fälschung ist.
Literatur:
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Jarnut Jörg: Agilolfingerstudien. Anton Hiersemann
Stuttgart 1986 Seite 29,93-97,126 -