Begraben: Freiburg im Breisgau, Münster
Einziger Sohn des Herzogs
Berthold IV. von Zähringen aus seiner 1. Ehe mit der Heilwig
von Frohburg, Tochter von Graf Hermann
Lexikon des Mittelalters: Band V Seite 2028
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Berthold V., Herzog von Zähringen, Rektor von Burgund
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* um 1160, + 18. Februar 1218
Begraben: Freiburg im Breisgau, Münster
Die Verselbständigung der Tecker Linie nach Bertholds IV. Tod führte zu einer Aufspaltung der ZÄHRINGER-Herrschaft im nördlichen Schwaben, so dass deren Schwergewichtsverlagerung ins schweizerische Alpenvorland noch stärker in Erscheinung trat. Dazu trug auch der Sieg Bertholds über den 1190-1191 sich erhebenden burgundischen Adel bei. Die Vollendung der Städtegründung in Bern 1191 und der Ausbau der Stadtanlage Thun um die gleiche Zeit machen Fortschritte im Landesausbau offenkundig. Als sich Berthold durch den ohne sein Einverständnis erfolgten Zugriff HEINRICHS VI. auf das Wallis von den dortigen Alpenübergängen abgedrängt sah, betrieb er Siedlungspolitik im Berner Oberland und im Bereich des Vierwaldstätter Sees. Im Zusammenhang damit steht die Erschließung der Schöllenen durch die Walser im Urserental und schließlich die Öffnung des Gotthards-Weges. Nach dem Tode HEINRICHS VI. (1197) vom Bischof von Straßburg der anti-staufisch-norddeutschen Fürstenpartei als Kronkandidat vorgeschlagen, erhielt Berthold für seinen Verzicht bei Verhandlungen mit PHILIPP von Schwaben die Reichsrechte über das Kloster Allerheiligen und Schaffhausen sowie den staufischen Anteil an Breisach. Da sein gleichnamiger Sohn vor Berthold starb, zerfiel mit seinem Tode 1218 die Herrschaft der ZÄHRINGER.
Quellen:
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E. Heyck, Urkk., Siegel und Wappen der Hzg.e v. Zähringen,
1892 - Rotulus Sanpetrinus, hg. E. Fleig, Hs., Wirtschafts- und verfassungsgesch.
Stud. zur Gesch. des Kl. Peter, 1908.
Literatur:
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BWbDG I, 256-259; III, 3283-3296 - NDB II,159-162 - E.
Heyck, Gesch. der Hzg.e v. Zähringen, 1891 - H. Aumann, Zähringer
Stud. I, ZSchG 24, 1944, 352-387 - Th. Mayer, Ma. Stud., Ges. Aufsätze
1959 [v. a.: Der Staat der Hzg.e v. Zähringen, 1935; Die Zähringer
und Freiburg i.Br. 1939; Die Besiedlung und polit. Erfassung des Schwarzwaldes
im HochMA, 1939] - P. Kläui, Zähring. Politik zw. Alpen und Jura.
Aleman. Jb. 1959, 92-108 - H.-W. Klewitz, Die Zähringer. Vom Leben
einer dt. Hochadelssippe im MA, Schau-Ins-Land 84/85, 1966/67, 27-48 -
B. Schwinekörper, Beobachtungen zum Problem der "Zähringerstädte",
ebd. 49-78 - W. Kienast, Der Herzogstitel in Frankreich und Dtl., 1968,
bes. 339 ff. - H. Büttner, Friedrich Barbarossa und Burgund, VuF 12,
1968, 79-119 - Ders., Zähringerpolitik im Trierer Raum während
der 2. Hälfte des 12. Jh., RhVjbll 33, 1969, 47-59 - Ders., Schwaben
und Schweiz im frühen und hohen MA, Ges. Aufsätze, VuF 15, 1972
- H. Schwarzmeier, Hochadelsbesitz im 12. Jh. (Zähringer/Welfen);
HABW V, 3 - H. Maurer, Der Hzg. v. Schwaben, 1978, bes. 218 ff. - B. Schwineköper,
Zur Problematik von Begriffen wie Stauferstädte, Zähringerstädte
und ähnl. Bezeichnungen (Südwestdt. Städte im Zeitalter
der Staufer = Stadt in der Gesch., Veröff. des südwestdt. Arbeitskreises
für Stadtgeschichtsforsch. 6, 1980), 95-172 - K. Schmid, Staufer und
Zähringer. Über die Verwandtschaft und Rivalität zweier
Geschlechter (Schr. zur stauf. Gesch. und Kunst 5, 1980) - Ders., Bertolds
II. Einfalls in den Breisgau i. J. 1079 und die Burg Wiesneck (Tarodunum,
Veröff. des Alem. Inst. [im Dr.]
Berthold V. von Zähringen, Herzog
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um 1160-18.2.1218
Berthold V. machte
1191 Bern zu seiner Residenz. 1198 von einer Minderheit zum Nachfolger
Kaiser HEINRICHS VI. gewählt,
verzichtete er zugunsten seines
staufischen Gegenkandidaten
PHILIPP VON SCHWABEN auf die Königswürde.
Nach seinem Tod zerfiel das "Herzogtum" von Zähringen.
"DIE ZÄHRINGER" Band I
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Geuenich Dieter: Seite 101-112
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"Bertolt V., der 'letzte Zähringer'"
Als Bertold IV. im Jahre 1186 starb, war sein einziger
Sohn etwa 25 Jahre alt. Als Nachfolger im Herzogsamt erbte er nicht den
gesamten ZÄHRINGER-Besitz: Die Brüder seines Vaters, Adalbert
und Hugo,
die sich gelegentlich "Herzöge" nannten - der eine von Teck und
der andere von Ulmburg -, verfügten über die Güter
um Teck beziehungsweise über "nicht geringen" Besitz im Breisgau und
in der Ortenau. Dies muß man sich vergegenwärtigen, um die Verlagerung
der Aktivitäten Bertolds V.
vor allem in den burgundischen Raum zu verstehen. Rudolf,
ein weiterer Bruder seines Vaters, gehörte als Bischof von Lüttich
dem geistlichen Stand an. Er starb im Jahre 1191 unmittelbar nach der Rückkehr
vom Kreuzzug auf seinem Hausgut Herdern, das mit etwaigem weiteren Besitz
damals an Bertold gefallen sein dürfte.
Zwei Jahre vor dem Tod seines Vaters war Bertold
mit Ida,
der ältesten Tochter und voraussichtlichen Erbin des Grafen von Boulogne,
verlobt worden. Ida von Boulogne wird als unruhige und leichtfertige
Dame geschildert, die bereits eine aufgelöste Verlobung oder sogar
Heirat mit dem Grafen Bernhard von Geldern hinter sich hatte. Und so verwundert
es nicht, dass auch die Verlobung mit Bertold vermutlich nicht zur Ehe
führte, sondern schon bald wieder rückgängig gemacht wurde.
Ida soll daraufhin noch verschiedene Ehen und eheähnliche Verhältnisse
eingegangen sein, während Bertold erst
als alter Mann wieder eine neue Verbindung wagte. Ob sein einziger Sohn,
der ebenfalls den Namen Bertold trug, aber schon vor dem Vater starb, aus
dieser Verbindung mit Ida stammte oder aus seiner späteren
Ehe hervorging, läßt sich nicht mit Sicherheit feststellen.
Eduard Heyck schrieb jedenfalls der für den ZÄHRINGER
enttäuschenden Liaison mit jener Ida
verhängnisvolle Folgen
für die gesamte Dynastie zu, wenn er urteilte: "So ist die Leichtfertigkeit
dieser BOULOGNERIN nicht ohne eine Schuld daran, dass der mächtige
zähringische Herzogsstamm mit
Bertold V. erloschen ist". Diese etwas
merkwürdig anmutende Schuldzuweisung an Ida ist ein durchaus
ernstgemeinter Versuch Heycks, den Vorwurf der Nachwelt von des Herzogs
Schuld am Aussterben seiner Dynastie auf die Tochter des Grafen von Boulogne
zu verlagern.
Gleich die erste Urkunde, in der uns der junge Herzog
entgegentritt, trägt sein Siegel mit einer Ritterdarstellung, dessen
Schild der Reichsadler ziert. In der Umschrift - wie auch im Text seiner
Urkunden - nennt sich
Bertold V.
fortan: "Herzog von Zähringen und Rektor von Burgund".
Neu ist der Zusatz "von Zähringen" zum
Herzogstitel (dux), den seine beiden Vorgänger noch ohne Zusatz geführt
hatten.
Bertolds V. Bemühungen
waren mehr als die seines Vaters auf das eigene Territorium gerichtet;
sein vorrangiges Ziel war die Behauptung und Erweiterung der verschiedenartigen
Ansprüche auf Haus-, Kirchen- und Reichsgut im "Herzogtum
Zähringen". Dies wird schon
bei der Niederwerfung des Burgunderaufstandes von 1190/91 deutlich und
an der Bedeutung, die er selbst diesem militärischen Erfolg beigemessen
hat. Am Stadttor zu Burgdorf, seiner burgundischen Residenz, ließ
er die folgende Inschrift anbringen:
Berchtoldus dux Zeringie
qui vicit Burgundiones
fecit hanc portam.
Es ist anzunehmen, dass Bertolds
Sieg, der am Karfreitag des Jahres 1191 im Tale Grindelwald
vollendet wurde, die Zeitgenossen ebenfalls nachhaltig beeindruckt hat.
Denn sonst wäre nicht rund ein Jahrzehnt später nochmals eine
ähnlich lautende Inschrift in Breisach angebracht worden.
Bertolds Verhältnis
zu Stadtklöstern und -stiften scheint ebenfalls nicht frei von Konflikten
gewesen zu sein, wie das Beispiel des Züricher Großmünsters
und Fraumünsters zeigt. Nach dem Tod des letzten LENZBURGERS im Jahre
1173 hatten die ZÄHRINGER die Kastvogtei über beide Institutionen
in ihre Hand bekommen. So konnte sich Bertold
V. rühmen, er besitze die "gesamte kaiserliche Gewalt über
Zürich".
Unter FRIEDRICH BARBAROSSA
und
HEINRICH VI. hatte sich
Bertold V. in Reichsangelegenheiten auffallend zurückgehalten.
Weder am Kreuzzug BARBAROSSAS 1189
noch zwei Jahre später an der Kaiserkrönung HEINRICHS
VI. in Rom war er beteiligt. Dem Bündnis der STAUFER-feindlichen
Opposition der WELFEN und niederrheinischen
Fürsten trat er zwar bei, engagierte sich aber nicht in dem Maße
wie Ottokar von Böhmen, der dies nach dem Zusammenbruch der Verschwörung
mit seiner Absetzung bezahlen mußte. Dem Plan des Kaisers, dem STAUFER-Haus
die dynastische Erbfolge im Reich zu übertragen, scheint er positiv
gegenübergestanden zu haben; gestand dieser Erbreichplan doch zugleich
den Fürsten die Erblichkeit ihrer Reichslehen zu, und zwar nicht nur
in männlicher, sondern auch in weiblicher Linie und beim Fehlen direkter
Erben auch in der seitlichen Verwandtschaft. Die Attraktivität dieses
Angebots wurde für den ZÄHRINGER offensichtlich auch nicht
dadurch beeinträchtigt, dass es dem Gedanken einer staufischen
Erbmonarchie verbunden war. Bedeutete doch ein starkes
staufisches
Herzogtum in Schwaben eine weitaus größere Gefahr für Bertolds
Lande als ein in Reichsangelegenheiten sich aufreibender STAUFER-König,
dessen Territorialpolitik durch die Solidarität der Fürsten kontrolliert
und gegebenenfalls begrenzt werden konnte. Jedenfalls sehen wir den
ZÄHRINGER im Jahre 1196 unter den Teilnehmern des Reichstages
zu Würzburg, die dem staufischen
Erbreichplan zustimmten.
Bekanntlich gelangte der Plan nicht zur Durchführung,
und der ehrgeizige Kaiser starb im September 1197 in Sizilien. Als dessen
Bruder
PHILIPP von Schwaben anstelle
des erst 3-jährigen Königssohnes FRIEDRICH
nach der Krone strebte, formierten sich die STAUFER-Gegner
erneut, vor allem um den Erzbischof Adolf von Köln. Im März 1198
trafen sie in Köln zusammen, und als die Kunde von der in Thüringen
erfolgten Wahl PHILIPPS die Versammelten
erreichte, trachteten sie danach, dem STAUFER
möglichst schnell einen eigenen Kandidaten entgegenzustellen. Da sich
der welfische Rheinpfalzgraf Heinrich, der älteste Sohn Heinrichs
des Löwen, zu dieser Zeit im Heiligen Land aufhielt, schien vieles
für den ZÄHRINGER zu sprechen. Der Straßburger Bischof
Konrad, Bertolds Kampfgefährte
gegen die STAUFER am Oberrhein, hatte
ihn wohl ins Gespräch gebracht. Die Erzbischöfe von Köln
und Trier verbanden ihre Zustimmung mit einer Geldforderung von 1.700 Mark
Silber. Dies schien ihnen schon deshalb gerechtfertigt, weil der staufische
Gegner, wie zu hören war, ebenfalls üppige Geldgeschenke
verteilte und der ZÄHRINGER allgemein als reich galt.
Bertolt scheint sich,
wie die Chronisten berichten, von vornherein gegen die Kandidatur gewehrt
zu haben, und in den Marbacher Annalen ist ihm der treffliche Ausspruch
in den Mund gelegt worden, er wolle das Königreich nicht mit Geld
kaufen. Dennoch überredete man ihn in Köln offensichtlich zur
Kandidatur gegen den STAUFER, und er
mußte versprechen, zu einem festgesetzten Wahltag mit einem Heer
nach Andernach zu kommen. Allein, man scheint ihm nicht getraut zu haben,
sondern verlangte die Stellung von Geiseln. Auch dies macht den Druck deutlich,
den man in Köln auf ihn ausübte. Die beiden Söhne seiner
mit Egino von Urach vermählten Schwester mußten als Geiseln
zurückbleiben. Der eine mit Namen Konrad war zu dieser Zeit Domherr
in Lüttich, der andere war jener Bertold, den wir schon als spätere
Abt von Tennenbach kennengelernt haben. Der Argwohn und das Mißtrauen
der Kölner Versammlung erwiesen sich als höchst berechtigt; denn
Bertold V. löste sein Versprechen
nicht ein und blieb dem festgesetzten Wahltag in Andernach fern. Unterhändler
des STAUFERS hatten ihm das Reichsgut
und die Vogtei zu Schaffhausen sowie die Zerstörung beziehungsweise
pfandweise Überlassung der verhaßten Festung Breisach - lösbar
für 3.000 Mark - zugesagt, falls er durch Huldigung und Beistandsversprechen
auf PHILIPPS Seite trete.
Die Tatsache, dass Bertold
auf dieses Angebot eingegangen ist, hat ihm den Vorwurf des
Geizes eingebracht: Nur des geforderten Geldes wegen habe er auf die höchste
Würde des Königtums verzichtet und für diesen Verzicht auch
noch Geld genommen! Die Kölner Königschronik kann als Zeugnis
dafür gelten, in welcher entstellter Form die Vereinbarung des ZÄHRINGERS
mit
PHILIPP von Schwaben den in Andernach
wartenden Fürsten übermittelt worden sein dürfte: 11.000
Mark und das Herzogtum (Schwaben?) habe Bertold
vom
STAUFER-König erhalten. Dass dieses
Gerücht von der enttäuschten Wahlversammlung zunächst geglaubt
wurde, ist verständlich; und diese enttäuschte Hoffnung und ohnmächtige
Wut auf der STAUFER-feindlichen Seite
sowie Verachtung gepaart mit Schadenfreude auf der staufischen
Seite scheinen das Urteil vieler Zeitgenossen bestimmt oder zumindest beeinflußt
zu haben. So schreibt der den STAUFERN
nahestehende schwäbische Chronist Burchard von Ursberg, der ZÄHRINGER-Herzog
sei nicht wegen seiner Gerechtigkeit oder Wahrheitsliebe nominiert worden,
wie sie die Heilige Schrift von einem König fordere, sondern weil
er aufgrund seines übergroßen Geizes und seiner Missetaten als
reich galt. Eine für Bertold günstigere
Version überliefern allein die Marbacher Annalen, die berichten, der
ZÄHRINGER
habe die Königskandidatur nur für den Fall einer einstimmigen
Wahl annehmen wollen, "damit durch ihn keine Zwietracht im Reich entstehe".
Beifall hat der Herzog für sein Verhalten bei der Königswahl
bis heute nicht finden können. So unterstellt auch Eduard Winkelmann
in den Jahrbüchern der Deutschen Geschichte, "der Geizige" habe
"sein zusammengescharrtes Geld möglichst zu sparen" gesucht. Ähnlich
lautet das Urteil in allen anderen Darstellungen über Bertold
V.
Kann nicht eine realistischere, nüchterne Einschätzung
der Situation im Reich der wahre oder zumindest tiefere Grund für
Bertolds
Verzicht auf die Königskandidatur gewesen sein?
Schließlich hat auch Herzog Bernhard von Sachsen, dem man schon Ende
1197 die Kandidatur auf den Thron angetragen hatte abgelehnt. Es kann nicht
einmal als sicher gelten, dass der ZÄHRINGER die einmütige
Zustimmung der anti-staufischen Partei
erhalten hätte, da der WELFE OTTO
die rückhaltlose, auch finanzielle Unterstützung des englischen
Königs besaß, der sich an der Kurie ebenfalls nachhaltig für
ihn einsetzte. War da nicht der konkrete, wenn auch vergleichsweise nicht
allzu bedeutende Zugewinn von Schaffhausen und Breisach der im Ausgang
zumindest ungewissen Königskandidatur gegen den STAUFER
vorzuziehen? Wie immer man diese Frage beantworten mag: Die Zeitgenossen
und die Nachwelt haben auf diesen Verzicht des ZÄHRINGERS mit
Enttäuschung und Spott reagiert.
Urheber des Bildes vom tyrannischen, gottlosen und geizigen
Herzog waren zweifellos die Zisterziensermönche, vor allem das Kloster
Tennebach; Vermittler dieses Negativbildes dürfte in erster Linie
deren Abt Bertold von Urach gewesen sein. Der Vorwurf des Geizes aber scheint,
wie gezeigt werden konnte, im wesentlichen auf die Verhandlungen um die
Königswahl von 1198 zurückzugehen, deren Ausgang die beiden Uracher
Neffen besonders enttäuscht haben dürfte. In der Tat spielte
das Geld des Herzogs auch in anderen Situationen eine entscheidende Rolle,
so etwa, als er vergeblich versuchte, die erbliche Vogtei über das
Kloster St. Gallen durch eine Zahlung von 4.000 Mark Silber an den Konvent
und je 400 Mark an die Dienstmannen der Abtei zu erkaufen. Aber wer um
die Geldgeschäfte und üblichen Handsalben bei den spätmittelalterlichen
Königswahlen weiß, der wird den Handel mit Geld nicht für
eine Spezialität des letzten ZÄHRINGERS halten; eher kann
man ihn mit einigen Recht als den "Realpolitiker seines Hauses" bezeichnen.
Zweifellos unterscheidet ihn diese Fähigkeit zur realistischen Einschätzung
der häufig und rasch wechselnden Situationen im Reich und seiner eigenen
Möglichkeiten, die auch 1198 den Verzicht auf die Königskandidatur
bewirkt haben dürfte, am deutlichsten von seinen Vorgängern.
Seine auffallende Zurückhaltung in Reichsangelegenheiten ließ
durch eine Auflistung all jener königlichen Geleitzüge, Romfahrten
und Kreuzzugsunternehmen sowie aller Reichs- und Hoftage dokumentieren,
an denen der Herzog nicht beteiligt war. Dass er andererseits in Angelegenheiten,
die seinen ducatus
Zaringiae, sein "Herzogtum Zähringen",
betrafen, nicht zauderte, beweisen seine militärischen Aktionen gegen
die aufständischen Burgunder, gegen den Bischof von Lausanne, gegen
die STAUFER Konrad von Schwaben und
Otto von Burgund und viele andere Fehden und Feldzüge: Nicht von ungefähr
haben seine Gegner ihn deshalb als "äußerst grausam" bezeichnet.
Der nachhaltigste Vorwurf, den die Nachwelt dem letzten
ZÄHRINGER gemacht hat und der sich auch nicht aus der Welt schaffen
läßt, liegt darin, dass er ohne Söhne starb. Heißt
es in der Tennenbacher Überlieferung: "Der grausamste Herzog, der
ohne Söhne starb", ohne dass eine Beziehung zwischen seinem Charakter
und seiner Erbenlosigkeit hergestellt ist, so kommentiert der Bischof Bertold
von Lausanne den Tod des ZÄHRINGERS mit den Worten: "Durch
die Schuld seiner Schlechtigkeit hat er weder Sohn noch Tochter zurückgelassen".
Dieses Leitmotiv der schuldhaften Kinderlosigkeit ist dann in den Sagen
von der Vergiftung seiner Kinder durch seine Gemahlin beziehungsweise durch
den burgundischen Adel oder auch von des Herzogs Vorliebe für den
Genuß von Menschenfleisch und dergleichen mehr aufgriffen und ausgemalt
worden. Nach alter Überlieferung soll eine fragmentarisch erhaltene
Grabplatte der Solothurner Ursus-Kirche die Abbildung seiner ermordeten
beiden Kinder aufweisen.
Kann dies als verständliche Reaktion der Zeitgenossen
und der Nachwelt auf das Aussterben der berühmten Dynastie abgetan
werden, wie sie vergleichsweise auch das Aussterben der SALIER
oder STAUFER provoziert hat, so bleibt
angesichts der weiteren Verwandtschaft die Frage, warum der Titel des Herzogs
von Zähringen nicht auf die Uracher oder Kyburger Kinder
seiner beiden Schwestern, am ehesten wohl auf Egino V. von Urach, übertragen
worden ist. An Bemühungen des Uracher Grafen um das Erbe der
ZÄHRINGER hat es nach 1218 nicht gefehlt, doch hat er sich
gegen FRIEDRICH II. letztlich nicht
durchsetzen können. Zu erwähnen sind als mögliche Erben
weiterhin die Markgrafen sowie die Herzöge von Teck, die inzwischen
auch das Ulmburger Erbe übernommen hatten. Das merkwürdige
Schicksal der Witwe Bertolds V. wäre
ebenfalls in diesem Zusammenhang zu erörtern, jener Clementia
von Auxonne, die Burgdorf und vielleicht auch Rheinfelden als Witwengut
erhielt, von den ZÄHRINGER-Erben aber mehrfach gefangengesetzt
und erst auf kaiserlichen Befehl freigelassen wurde.
1183
1. oo 2. Ida von Boulogne, Tochter des Grafen
Matthäus
1161- 1216
1212
2. oo Clementia von Auxonne, Tochter des Grafen
Stephan III.
um 1190- nach 1235
Kinder:
1. Ehe
Berthold
- vor
1218
Literatur:
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Die Zähringer. Schweizer Vorträge und
neue Forschungen. Hg. von Karl Schmid; Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen
1990, Seite 17,20, 22,38,71,76,92,96,106-108,110,113,125,127,134,137,139,141,143,146,149,151,165,172,175-177,215,218,
220-227,230,233,235,238, 241,242,245,246,249,250,253,255-258,260,263,279,302,331,333,335,343,360,370,371-373
- Thorau, Peter: Jahrbücher des Deutschen Reichs unter König
Heinrich (VII.) Teil I, Duncker & Humblot Berlin 1998, Seite 48,50,51
A,52,54 A,55-57,58 A,60,149 A,154,221, 339 A- Winkelmann, Eduard:
Jahrbücher der Deutschen Geschichte, Philipp von Schwaben und Otto
IV. von Braunschweig 2. Buch Verlag von Duncker & Humblot Leipzig 1873,
Seite 123,138,154,157,161,269,280,326,333,435,453,454,501 -