Begraben: Kirche S. Salvatore in Almenno
Sohn des Grafen
Wibert von Lecco aus dem Hause der WIDONEN
Hlawitschka, Eduard: Seite 138-142
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"Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien
(774-962)", in: Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte Band VIII
XXXIII.
ATTO
ist als Graf von Lecco durch einer ganze Reihe
von Urkunden bekannt. Diese zeigen uns Atto immer wieder als Partner
im Grundstückskauf, -tausch oder -verkauf und geben uns damit auch
einen Hinweis auf die starke wirtschaftliche Machtposition, die dieser
Graf gehabt haben muß. - Die erste Quelle, die ihn nennt, ist eine
Bergamenser Urkunde vom Juli 956, die einen Tausch von Gütern in Briolo,
Curno und Locate beinhaltet. Über ein in Locate gelegenes Grundstück
wird dabei vermerkt: coerit ei das mane Atoni comes. Von
da an finden wir ihn fast immer als Atto comes filius bone memorie
Wiberti
item comiti de loco Lecco genannt. So zeigt ihn die Urkunde
vom Juni 957, laut welcher er einem Landobarden Nandulf
percionem de
turre una, que est edificata ante porta de castro illo qui dicitur Palusco,
quod est medietatem ex ipsa curte, abkauft, und so nennt ihn die Urkunde
vom März 959, mit welcher er Häuser und Grundstücke in suprascripto
vico et fundo Palosco von den Brüdern Raistannius und Tadilo,
den Söhnen des Alemannen Otolioni, erwirbt. Für weiteren Besitz
in Palosco gibt er im Mai 959 Häuser und Landstücke in Turre
prope castro Modelaco et in Trivilio seu in Gendobio, adque vinea una in
vico Pranzanica. Seinen Besitzstand in Palosco vermehrte der Ato
comes, quondam Wiberti
item comiti filius de loco
Leoco, durch einen weiteren Ankauf im April 960. Im Juni des Jahres
dagegen erwarb er durch Gütertausch vom Bischof Dagibert von Cremona
castrum
unum et rebus terretoreis ... in loco et fundo Camisiano, Häuser
und Land in vico et fundo Gabiano, sowie in valle Cremonense
in villa Ceriune et Bergi und in vico Vidolasco etc. Er selbst gab
dafür die curtis Sesto mit castrum et capellis und anderem
Zubehör.
Im März 961 treffen wir den Grafen Atto auf
der Isola Comense; er schließt dort mit dem Grafen von Seprio, Nantelmus,
einen Kaufvertrag über Güter in Gossenago ab. Diese Insel, gegenüber
Sala im Comersee gelegen, war seit byzantinischer Zeit stark befestigt
und spielte auch für die Langobarden-Könige als fester Ort eine
bedeutende Rolle. Es könnte vermutet werden, daß Atto und
Nantelm in jener Situation, in der jederzeit mit dem Einfall OTTOS
DES GROSSEN in Italien gerechnet werden mußte, von
König Berengar II. mit der Verteidigung der an den
großen oberitalienischen Seen einmündenden Paßstraßen
betraut worden waren und dabei auch diese wichtige Eiland im Comersee als
Stützpunkt erhalten hatten. Bereits im Januar 958 war ja Atto
bei
Berengar II. und Adalbert
in Gunst gestanden und als ihr Getreuer bezeichnet worden. Und als Befehlshaber
dieser Insel sehen wir Atto dann auch 964.
Wenn aber Graf Atto mit einer im Mai 962 in Trasolcio,
10 km östlich von Bergamo, ausgestellten und nach Regierungsjahren
OTTOS
zählenden Urkunde seinen Besitzstand in Palosco weiter vergrößert,
so ist das ein Zeichen dafür, daß er zunächst doch eine
Schwenkung zu OTTO vollzogen und ihn
als Herrn anerkannt haben muß [12 CdL Seite 1258, nr. 720.
Atto hatte ja auch 957 beim 2. Italienzug Liudolfs
die Oberhoheit OTTOS schon anerkannt;
vgl. die in Anm. 2 zitierte Urkunde.]. Als sich dann aber 964 die Isola
Comacina dem Belagerungsheer OTTOS DES GROSSEN
ergibt,
ist er der Befehlshaber derselben [13 Contin.
Reginonis ad 964, Seite 175.]. So scheint es, daß er sich erst
963 bei der Reaktion gegen OTTO I. [14
Ders.,
ad 963, Seite 172: Interim Adalbertus
huc illucque discursans, quoscumque poterat, sibi undique adtraxit
... Daß die Isola Comense nicht sogleich 961 wie die Burgen Garda,
"Travallium" und die Insel S. Giulio im See von Orta (Contin. Reginonis
ad 962, Seite 171) Zufluchtsort für die Anhänger Berengars
II. wurde, kann auch aus dem Diplom MG DD Otto I Seite 353,
nr. 246 geschlosen werden, mit dem OTTO
am 28. August 962 die homines habitantes in insula Cumana et in loco
qui dicitur Menasie in Königsschutz nahm. Gegen den von Sickel
und anderen geäußerten Fälschungsverdacht siehe jetzt auch
Ch. E. Odegaard, Imperial diplomas for Menaggio and Comacina Seite 344ff.],
bei der auch Papst Johann XII. seinen Versprechungen untreu wurde,
wieder auf seiten Berengars und Adalberts
schlug. - Atto hatte während der Verteidigung Verbindung
zu dem mit OTTO I. nach Italien gekommenen
Grafen Udo aufgenommen, ja dieser hatte ihn sogar in seinen Schutz genommen
und versprochen, ihn mit dem Kaiser zu versöhnen. Das letztere scheiterte
aber, was Udo und besonders Atto in eine üble Lage brachte,
da Bischof Waldo von Como die Befestigungen der Insel inzwischen zerstören
ließ. Bis 970 hören wir dann von Atto nichts mehr. Ob
er für einige Zeit sein Amt verlor, wie Graf Egelrich von Verona und
Graf Bernhard von Pavia mit seinen Brüdern, ist nicht bekannt. Im
Mai 970 sehen wir ihn wieder als comes ein Massariciergut in Brivio
erwerben. Im Juli 973 schenken Ato comes et Ferlinda
jugalibus
et Widone filium nostrum Gebäude und Grundstücke,
que
rejacentt in comitatu Veronensis - vornehmlich in Cereto et Inglare
et ceterisque locis rejacentes ejusque comitatu Veronensis, seu in comitatu
Brixiensis cico Gargniano - an die S. Marienkirche in Verona, auf daß
deren Kleriker bei Gott für die Vergebung ihrer Sünden bitten.
Im April 975 trifft man den Grafen Atto wieder
in Lecco an, jedoch bereits als alten schwerkranken Mann, qui propter
infirmitatem suam minime scribere potuit. Er verkauft nun seinen gewaltigen
Besitz in Palosco, Ceredello, Cassenago, Cassenedello et in Rudiliano,
Malaga, Adrevigo, Mapello, Cisiano, Brivio sowie 42 (!) zur curtis
Palesco gehörige Knechte und Mägde [20 Die beiden korrupten
Urkunden vom 6. April 975 (CdL Seite 1328, nr. 757 und Seite 1330, nr.
758), die sich im Imhalt wie in den Zeugenunterschriften im wesentlichen
decken, stellen einmal die Veräußerung durch Atto, das
andere Mal die Besitzaufgabe durch Ferlinda, Attos Gemahlin
dar. Wenn in der ersten der Verkauf an Lambertus et item Lambertus germani
filii quondam Hedreverge erfolgt, in der zweiten Urkunde dagegen der
Verauf an Lambertus et Wilielmus germanis filius Fredeberge geschieht,
so muß in der ersten bei dem zweimaligen Lambertus ein Schreibfehler
vorliegen, die Leute müssen ja identisch sein, denn ein und dieselben
Güter können ja schlecht an verschiedene Leute verkauft worden
sein. Vgl. dazu auch noch die Urkunden CdL Seite 1607, nr. 914; Seite 1625,
ne. 925; Seite 1640, nr. 933, wo genau die gleichen hier verkauften Besitzungen
in den Händen der genannten Brüder Wilhelm und Lambert nachweisbar
sind.]. Am folgenden Tage, am 7. April 975, veräußert er dazu
noch die curtes Lecco und Almenno, wobei der Nießbrauch an
dem alten Familiengut Almenno allerdings Atto und Ferlinda
bis zu ihrem Tode vorbehaltewn bleibt, wie das 2 Tage später ausgestellte
Testament des Käufers beweist. Auch curtis und castrum
Palasone in der Grafschaft Parma, die bis 942 im Besitze Suppos IV. standen
und dann der S. Marienkirche von Parma übertragen wurden, wohl durch
Tausch schließlich an Atto kamen [23 Vgl. Skizze Suppo
IV.], verkaufte er laut einer Urkunde, die mit aller Wahrscheinlichkeit
in diesen letzten Tagen, und zwar am 28. März 975, abgefaßt
wurde.
Im Juli 975 war Graf Atto bereits verstorben.
Attos
Witwe Ferlinda filia bone memorie Bertarii de loco Bevulco
kaufte damals von einem gewissen Umbertus aus Caligo die curtis Bruscanti
cum castro qui dicitur Baliade zurück, welche dem Umbert
ab
quondam Atone comes quondam Umberti item comiti filius de
loco Leuco einst verkauft worden waren [25
CdL Seite 1341, nr.
763. - Umbert als Vater Attos ist wohl eine Verschreibung oder Verlesung
für das sonst übliche Wibert. Späte Überlieferung
gibt den 20. Juli 975 als Attos Todestag und die Kirche S.
Salvatore in Almenno als Begräbnisort an; gl. N.G. Guastella, La marca
settentrionale Seite 181f. und Th. Wüstenfeld, Über die Herzöge
von Spoleto Seite 425f.]. Attos Witwe, die cometissa Ferlinda,
findet man noch am 6. September 999 in castro Portitari (= Portotaro),
wo sie den Kanonikern von Parma meam porionem ... in loco etfundo
Palaxione cum castro et capella inibi constructas und eine Menge weiteren
genannten Besitz schenkt [26 Drei, Le carte Parmensi I Seite 266,
nr. 90 (=Affo, Parma I Seite 376, nr. 87) zu 1000/September/6. - Ferlinda
hatte die Hälfte von Palasone als ihren Anteil anscheinend zurückbehalten
(vgl. Anm. 20). Wenn Besitzbestätigungsurkunden
OTTOS II.
und OTTOS
III. für die Kirche von Parma aus den Jahren 980/Dezember/28
und 996 (MG DD Otto II. Seite 622, nr. 210 und Seite 267, nr. 238) das
castellum Palasioni mit aufzählen, so ist das in Anbetracht
der in der nächsten Anmerkung zitierten Urkunde nur schwer in Einklang
mit der in Anm. 24 zitierten Urkunde zu bringen. Vielleicht hat man hier
zwei verschieden Kastelle Attos in Palasone vor sich. Oder erwarb
Atto diese Anlage kurz vor seinem Tode zurück und schenkte
sie sodann an die Parmenser Kirche? - Daß
Ferlinda am 14.
Oktober 1001 noch lebte, läßt sich aus MG DD Otto III. Seite
844, nr. 411 ersehen, dort werden vasalli Ferlende comtisse
genannt.]. Die curtis Palacioni, sicut hactenus Atto comes obtinuit,
wird daraufhin auch am 1. Januar 1000 von OTTO
III. den Parmenser Kanonikern bestätigt.
Graf Atto war fränkischen Herkommens, und
zwar war er ein Glied der großen WIDONEN-Familie.
Er lebte - wie in den vielen Urkunden immer wieder betont wird - nach der
lex
salica. Seine Gemahlin Ferlinda entstammte einem langobardischen
Geschlecht. Zu Lebzeiten ihres Gemahls unterstand sie gemäß
den Muntgesetzen dem salischen Recht, kehrte aber nach dem Tode Attos
in den Rechtsstand ihres Herkommens zurück. - Von dem Sohne der beiden,
Wido,
ist außer der angeführten Nennung im Diplom für die Veroneser
Kirche nichts bekannt. Auch über den Diacon Abo, den Bruder
Attos [30
Abo diaconus, der Bruder Attos von Lecco,
ist allein durch eine Urkunde bekannt, die vor ca. 150 Jahren in der Stiftsbibliothek
St. Gallen von einem Buchdeckel abgelöst und dabei arg verstümmelt
wurde; Wartmann, UB St. Gallen II Seite 309, nr. 24. Vollständige
Edition jetzt bei E. Hlawitschka, Der Text der in der Stiftsbibliothek
St. Gallen aufbewahrten oberitalienischen Muntverkaufsurkunde vom Jahre
975. Abo ist auch nicht bei dem Verwandteneintrag genannt, der im
Gedenkbuch von Brescia (Valentini, Cod. necrol.-liturg. Seite 55 - f.31r.)
zu finden: Albissinda, Otto, Ferlinda, Gandulfo. Zu Gandulf vgl.
Skizze Wibert Anm. 5.], schweigen die Quellen.
oo Ferlinda
- nach 14.10.1001
Kinder:
Wido
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Literatur:
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Adalberts Fortsetzung
des Regino. in: Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte Band
VIII Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1977 Seite 225 - Hlawitschka,
Eduard: Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962),
in Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte Band VIII Eberhard
Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1960 Seite 95,138-142,173, 199,214,240,247,274,284,295
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