Das Jahr 962.
Im J. d. g. M. 962 feierte der König Weihnachten
in Pavia; von da zog er weiter, ward zu Rom günstig aufgenommen und
unter dem Zuruf des ganzen römischen Volkes und der Geistlichkeit
von dem Papste
Johannes dem Sohne Alberichs zum Kaiser und Augustus ernannt
und eingesetzt. Der Papst hielt ihn auch mit vieler Herzlichkeit bei sich
und versprach, Zeit seines Lebens wolle er niemals von ihm abfallen. Dieses
Versprechen hatte aber eine von der erwarteten ganz verschiedene Wirkung.
Als der Kaiser von der Stadt Rom zurückkehrte und das Osterfest in
Pavia feierte, da befestigte sich Berengar
auf einem Berge, der zum heiligen Leo genannt wird und zog von allen Seiten
Truppen an sich und Willa schloß
sich im Langensee auf einer Insel ein, die zum heiligen Julius genannt
wird. Ihre Söhne Adalbert und
Wido
aber irrten unsicher hier und dorthin, hatten jedoch noch einige Festen
durch ihre Anhänger in Besitz, nämlich die Burg Garda
und Travallium und eine Insel im Comersee. Darauf wird Willa
zuvörderst feindlich angegriffen, und nachdem jeder Ausgang
vom See besetzt, durch täglichen Ansturm der Schleuderer und Bogenschützen
und anderen Kriegswerkzeuges ermüdet; ehe zwei volle Monate der Belagerung
vergehen, wird der Platz eingenommen, sie selbst schließlich durch
die Milde des Kaisers entlassen und ihr erlaubt zu gehen, wohin sie
wolle. So rasch sie konnte, begab sie sich zu Berengar
und redete ihm auf alle Weise zu, sich dem Kaiser nicht zu ergeben. In
demselben Jahre kehrt Adalbert, der für die Ruger ernannte Bischof,
zurück, da er in der Sache, wegen deren er gesendet worden war, nichts
ausrichten konnte und sah, daß er sich vergeblich bemüht habe.
Einige von seinen Leuten wurden bei der Rückkehr getödtet, er
selbst entkam kaum mit großer Mühe und ward von dem Könige
bei seiner Ankunft gütig aufgenommen und von dem Gott gefälligen
Erzbischof
Willihelm zur Vergeltung für eine so unbequeme, von
demselben ihm bereitete Wanderung mit allen Gütern und Bequemlichkeiten
wie ein Bruder vom Bruder aufgenommen und unterstützt. Reginbert,
der Diener Gottes, verschied; durch Briefe, die für ihn von dem Kaiser
gesendet waren, wird ihm auch befohlen, die Rückkehr desselben im
Palaste zu erwarten. In demselben Jahre verschied Adalbero, ein ehrwürdiger
Mann, der Bischof von Metz.
Das Jahr 963.
963 feierte der König wiederum zu Pavia Weihnachten
und Ostern. Inzwischen schweifte Adalbert
umher, zog von allen Seiten so viele an sich als er vermochte, und begab
sich sogar nach Corsica, um sich dort zu vertheidigen; auch dem römischen
Bischof setzte er vielfach zu seiner Unterstützung in Bewegung. Während
dies also vorging, zog der Kaiser von Pavia aus, belagerte Berengar
aus dem Berge St. Leo, blieb dort den ganzen Sommer, schloß
den Berg ringsum ein und verhinderte, daß irgendwo ein Ausgang
oder Eingang frei bliebe. Inzwischen fiel der Papst Johannes, die dem Kaiser
gegebenen Versprechungen vergessend, von ihm ab und läßt, Berengars
oder Adalberts Partei begünstigend,
Berengar
in Rom ein. Als der Kaiser seine treulosen Ränke vernahm, gab er die
Belagerung des Berges auf und zog mit dem Heere gen Rom. Jene aber fürchteten
seine Ankunft, raubten das Meiste von den Schätzen des heiligen Petrus
und suchten Sicherheit in der Flucht. Da theilten sich die Römer in
mehrere Parteien; ein Theil war dem Kaiser günstig - denn sie beklagten
sich, sie würden von dem vorerwähnten Papste mit vielen Kränkungen
heimgesucht - ein Theil
schmeichelte dem Papste. Obgleich sie also verschiedener
Meinung waren, lassen sie doch den Kaiser mit gebührenden Ehren in
die Stadt und unterwerfen sich seiner Herrschaft durchaus, indem sie ihm
Geiseln stellen. Der Kaiser aber brachte eine sehr große Menge von
Bischöfen zusammen, versammelte eine Synode und berief auf ihren Rath
durch Absendung einer Gesandschaft unter kanonischer Autorität den
apostolischen Flüchtling zu seinem bischöflichen und apostolischen
Sitze zurück. Da jener das jedoch auf alle Weise verweigerte, so erwählte
die römische Bevölkerung den Protoscriniar
Leo, einen tüchtigen und eifrigen Mann unter allgemeiner Zustimmung
an seinen Platz und weihte ihn. Dieser Synode wohnten fast alle Bischöfe
von Romanien und Italien bei, auch Angelfred, der Patriarch von Aquileja,
der damals eben dort verschied; aber auch von den Unsrigen waren die Erzbischöfe
Adaldag und Heinric, die Bischöfe Lantward und Otger zugegen.
Darauf als er sah, daß er abgesetzt sei, trennt sich Johannes,
der auch Octavian heißt, von Adalbert,
von später Reue getrieben. Adalbert
aber kehrt nach Corsica zurück. In demselben Jahre wird die Burg
Garda in Italien genommen, auch werden bei uns die Slaven, welche Lusinzaner
hießen, unterworfen.
Das Jahr 964.
Im J. d. g. M. 964 feierte der Kaiser Weihnachten zu Rom.
Berengar,
mit den Seinigen auf dem Berge St. Leo belagert, wird besiegt und die Burg
selbst der Gewalt des Kaisers unterworfen, und Berengar
mit
Willa nach Baiern geschickt.
Die Römer fielen nach gewohnter Weise wieder vom Kaiser ab und versuchten
ihn zu tödten, nachdem sie sich mit mehreren Burgherren auswärts
durch Verschwörung verbunden hatten; aber da ihre Nachstellungen entdeckt
wurden, so kam er an demselben Tage, an dem sie ihn zu ermorden gedachten,
dem ihm bereiteten Tode zuvor und griff sie am 3. Januar mit sehr wenigen
von den Seinigen an und streckte eine nicht geringe Zahl von ihnen innerhalb
der Stadtmauern nieder. Am folgenden Tage aber kamen die Römer wieder,
gaben hundert Geiseln und versprachen unter einem Eid auf den Körper
des heiligen Petrus Treue dem Kaiser und dem Papste. Da blieb der Kaiser
noch eine ganze Woche bei ihnen, zog dann hinaus, um die Herzogthümer
Spoleto und Camerino zu ordnen und ließ auf die Bitten des Papstes
Leo den Römern ihre Geiseln frei. Diese aber undankbar gegen so große
Wohlthaten, lassen, da Jener sich nicht weit von der Stadt entfernt, den
Johannes, der auch Octavianus heißt, in die Stadt ein, und scheuen
sich nicht die dem Kaiser und dem Papste versprochene Treue zunichte zu
machen. Der Papst Leo aber entkam kaum mit wenigen, von allem Nothwendigen
entblößt, begab sich zu dem Kaiser, der in dem Herzogthum Camerino
sich aufhielt, und feierte dort das Osterfest. Johannes aber, der auch
Octavianus heißt, verstümmelte grausam den Diakon Johannes und
den Geheimschreiber Azo, und Otger den Bischof von Speier, der verhaftet
und gepeitscht wurde, behielt er einige Zeit, wenn auch unter Unbequemlichkeiten,
bei sich; dann aber ließ er ihn sogleich los, in der Hoffnung, vom
Kaiser Verzeihung zu erlangen, eine Hoffnung, die ihn jedoch nach
Gottes Rathschluß trügte, denn am 14. Mai schied er aus dem
irdischen Leben. Da erwählen die Römer, des Kaisers Ankunft nicht
wenig fürchtend, der Treue uneingedenk und der Wahl des Herrn Leo,
einen gewissen Benedict, einen Diakon der römischen Kirche
und setzen ihn nach seiner Ordination auf den apostolischen Stuhl. Auf
diese Nachricht versammelte der Kaiser von allen Seiten die Menge seiner
Getreuen, rückte gegen Rom und sperrte es in strenger Belagerung von
allen Seiten ab, damit kein Ausgang frei bliebe; aber der obengenannte
Benedict, fälschlich Papst genannt, reizte die Römer an, dem
Kaiser länger zu widerstehen und bestieg, indem er selbst dem Kaiser
und seinen Getreuen den Bannfluch androhte, die Mauern der Stadt und benahm
sich mit größerem Hochmuth als einem Papst geziemt hätte.
Zuletzt bereuten die Römer, durch Hunger und Belagerung in die Enge
getrieben, daß sie gefehlt und gegen den Kaiser sich ungerecht ergangen
hatten, und öffneten die Thore der Stadt am Tage vor dem Feste des
Täufers am 23. Juni. Nachdem sie den Kaiser mit gebührender Ehrerbietung
eingelassen, übergeben sie den kirchenschänderischen und meineidigen
Benedict der kaiserlichen Gewalt und setzen den Herrn Leo wieder auf den
päpstlichen Stuhl. Darauf entsetzte der Papst Leo, indem er eine Synode
von vielen Bischöfen versammelt, denselben Benedict, den Usurpator
des römischen Stuhles, nach dem Urtheile Aller der angemaßten
Würde, riß ihm das bischöfliche Gewand, das er sich angemaßt
hatte ab, ergriff den Hirtenstab aus seiner Hand und zerbrach ihn vor Aller
Augen in Stücke und gestand ihm auf des Kaisers Bitte nur zu,
die Diakonenwürde zu behalten. Der Kaiser aber feiert die Geburt des
heiligen Johannes und das Fest der heiligen Apostel und kehrt von der römischen
Stadt zurück. Da wird er von einem unglücklicheren Geschick als
er erwartet hatte, heimgesucht, denn eine solche Pest und Sterblichkeit
brach in seinem Heere aus, daß kaum die Gesunden vom Morgen bis zum
Abend oder vom Abend bis zum Morgen zu leben hofften. An dieser Pest starb
Heinric der Erzbischof von Trier und Gerric der Abt von Witzenburg
und Godefrid
der lotharingische Herzog und eine unzählige Menge Anderer,
Edler sowohl als Nichtedler. Als endlich durch Gottes Erbarmen die Pest
aufhörte, gelangte der Kaiser nach Ligurien und dort, in der
Herbstzeit Frieden und Ruhe genießend, übt er sich im Jagen.
In demselben Jahre wird Duodo, Kaplan des Palastes, von Adalbert
gefangen,
gepeitscht, nach Corsica gebracht, aber nicht lange Zeit nachher entlassen.
Um dieselbe Zeit nahm Waldo, Bischof von Como, eine Insel im Comersee und
zerstörte die Befestigungen auf derselben bis auf den Grund, was für
den Grafen Udo der Leiden Anfang war, denn
Hatto, den Befehlshaber
derselben Insel nahm er in seinen Dienst und konnte ihn, nachdem die
Insel zerstört war, nicht, wie er gewünscht hatte mit dem Kaiser
versöhnen. Darüber unwillig schob er Alles auf den Bischof Waldo
und beschloß, wenn er könnte, sich als Feind an ihm zu
rächen. Erchanbert wird an die Stelle seines Bruders Gerric zum Abt
des Klostes Witzenburg ernannt.