Hlawitschka, Eduard: Seite 163,166
******************
"Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands"

K. Hils hat das Material zur frühen Nellenburger Geschichte 1967 gesichtet und dabei festgestellt, daß der Vater des Schaffhauser Klostergründers Eberhards des Seligen, nämlich Eberhard (Eppo), mit einer Verwandten Kaiser HEINRICHS II. - namens Hedwig - verheiratet war und daß er selbst seinen Amtsbezirk im Zürichgau hatte. Dort und im Thurgau scheinen auch die älteren Vorfahren als Grafen tätig gewesen zu sein. Über Hedwig [227 In den Annales Scafhusenses, Zusätzen zu Bernolds Chronik (MG SS V Seite 388; auch Kl. Allerheiligen Seite 158), heißt es zu 1009: Temporibus his Ebbo, comes de Nellenburc, consobrinam Heinrici regis, Hedewigam nomine, de curia regis duxit uxorem. Im Schaffhauser "Buch der Stifter" des Klosters Allerheiligen, ed. K. Schib, Aarau 1934, Seite 2 liest man: Eppo was ain hoher grave im Swaben lant gehaissen... Nv hatt er ain Frouwen, diu was Hedewig genant und was ouch nach der welte von gar edeler geburt, von kaiserlichem und kirchlichem geslechte; si was des hohen kaiser Hainrichs swester tochter, der das bistuom zu Babenberg da stiffte. Auch in der Chronik des Gallus Öhem, ed. K. Brandi Seite 96, wird Hedwig als Gemahlin Eppos erwähnt: Eppo von Nellenburg und Hedwiga, sins husfrow, von küniglichem stamm geporn, syen gewesen graff Eberhards vatter unnd muotter. - Eine zufriedenstellende genealogische Erklärung dieser Angaben ist bislang noch nicht gelungen. Zumeist folgt man der Ansicht von W. Gisi, Hedwig, Gemahlin Eppos von Nellenburg, Mutter Eberhards des Seligen, des Stifters von Allerheiligen, in: Anzeiger für Schweizerische Geschichte NF 4, 1885, Seite 347-355, dass Hedwig eine Tochter des lothringischen Grafen Gerhard (des Bruders von Kaiser KONRADS II. Mutter Adelheid) und Evas von Luxemburg (der Schwester von Kaiser HEINRICHS II. Gemahlin Kunigunde) war. Dazu paßt gut, dass Hedwig - nach den Angaben des Stifterbuchs (Seite 3) - nach dem Tode ihres Gemahls ain clouster bute mit ir guote in dem bisstuom ze Megentz, das haisset Swabenhain ( = Pfaffenschwabenheim, Kreis Bingen), uff ir aigenem guote (vgl. dazu auch Mainzer Urkundenbuch I, hg. von M. Stimming, Darmstadt 1932, Seite 482 nr. 567: Urkunde von 1130 mit Hinweis auf die Gründung von Pfaffenschwabenheim: monasterium, quod comes Eberhardus cum domina Hadwiga matre fundaverant); als Tochter Gerhards und Evas könnte Hedwig Erbgüter auch in der Pfalz, nicht nur in Lothringen und im N-Elsaß, besessen haben. Nimmt man aber die Quellenangaben wörtlich und versucht, Hedwig als Nichte (swester tochter) HEINRICHS II. selbst (nicht als Nichte von HEINRICHS II. Gemahlin Kunigunde) aufzufassen, so muß man nach anderen genealogischen Lösungen der Frage Ausschau halten. Dabei stößt man darauf, dass Kaiser HEINRICH II. mit großer Sicherheit eine Schwester Brigida und möglicherweise auch eine Schwester Gerberga hatte. Von der ersteren weiß Othlohs Vita S. Wolfkangi c. 17 und 30 zu berichten, daß Herzog Heinrich der Zänker (+ 995) filiam suam vovcabulo Brigidam dem von Bischof Wolfgang von Regensburg (972-994), ihrem Taufpaten, gegründeten Regensburger Frauenkloster St. Paul übergeben habe. Auch daß Brigida später Äbtissin wurde, deutet er an (MG SS IV Seite 534, 538). Und in der Tat ist auch die Äbtissin Brigida von Andlau im Elsaß 1004 von HEINRICH II. als soror nostra bezeichnet worden (MG D H II,79); vgl. dazu auch J. F. Böhmer-Th. Graff, Reg. Imp. II, 4: Regesten Heinrichs II., Wien-Köln-Graz 1971, Seite 905 nr. 1574; L. Auer, Geburtsjahr Heinrichs II., in: DA 28, 1972, Seite 225. Andererseits wissen wir durch eine spät überlieferte und streckenweise verunechtete Urkunde HEINRICHS IV. vom Ende 1077 (MG DH IV, 302), daß ein König HEINRICH ehedem suam sororem Gerwirgam im Nonnenkloster Chiemsse constituit abbatissam ob loci nobilitatem et religionem, wobei allerdings ganz ungesichert bleibt, ob nicht auch dieser Urkundenteil verfälscht ist und Gerberga nur eine Erfindung des Fälschers darstellte. Vor allem die Nennung Brigidas in Andlau verdient hier - angesichts der bezeugten Elsaßverbindung der Mutter Graf Eberhards des Seligen von Nellenburg - ein gewisses Interesse. War Brigida vielleicht nur kurze Zeit zur Erziehung im Regensburger St. Paulskloster? Und hat sie sich anschließend mit einem elsässischen Grafen verheiratet, so daß sie - nach einer eventuell nur kurzen Ehe - dann im elsässischen Andlau endgültig den Schleier nahm? Wie sollte sie sonst als bayerische Herzogtochter in ein Kloster im Elsaß  gekommen sein? Bejaht man diese Möglichkeit, so könnte Hedwig, die Gemahlin Eppos und Mutter Eberhards des Seligen von Nellenburg, deren Tochter gewesen sein. Als Gemahl Brigidas und Vater Hedwigs käme dann vor allem ein Verwandter Papst Leos IX. - und zwar eventuell einer der drei Brüder von Leos IX. Vater Hugo (zu diesen vgl. E. Hlawitschka, Habsburg-Lothringen Seite 113ff.) - in Frage, denn Leo IX. war ja - dem Stifterbuch des Allerheiligen-Klosters Seite 5 zufolge - dem selben graven Eberhardo (dem Seligen) nac sippe. Auf Hedwigs Herkunft aus dem Elsaß weist schließlich auch das Stifterbuch (Seite 14) noch in einer weiteren - außer der oben schon genannten -  Weise hin. Von Eberhards des Seligen Sohn Graf Burchard hießt es ja bei einer bestimmten Gelegenheit: do was der saelige grave Burkart in Elsass, won da hatte er vil goutes, das was im ze erbe worden von der haligen frouwen graevynne Haedwig, diu sines vatter mouter was. - Hinzuweisen ist hier noch darauf, daß K. A. Eckhardt, Eschwege Seite 89ff., glaubte Eppos Gemahlin Hedwig als Tochter Herzog Burchards III. von Schwaben (+ 973) und seiner Frau Hadwig (+ 994) auffassen zu dürfen. Daß  dieses Paar aber kinderlos blieb, wurde schon oben in Kapitel I Seite 50 Anm. 152 nachgewiesen.] hatte Eberhard reichen Besitz im Nahegau und wohl auch im Elsaß erlangt.
Von Eberhard dem Seligen läßt sich über seinen Vater Eberhard (Eppo) und seine Mutter Hedwig auch sowieso kein genealogischer Weg zu Herzog Konrad von Schwaben/"Kuno von Öhningen" (+ 997) zurückverfolgen [237 Eppo, um 980/90 geboren, verheiratet ca. 1009 (vgl. Ann. Scafhusenses, wie Anm. 227), kann kein Sohn Konrads/Kunos gewesen sein, da dessen Kinder ja durch den oben Seite 99f. untersuchten Gedenkeintrag "Kunos von Öhningen" bekannt sind, ohne daß sich ein Eberhard/Eppo unter ihnen findet. Auch hat man sowohl Gebhard, den Sohn des 979 als Klostervogt von Einsiedeln bezeugten Eberhard - so P. Kläui, Adelsherrschaften Seite 59ff. - wie desgleichen den 991 verstorbenen und als Graf im Zürichjgau sowie als Einsiedler Klostervogt bezeugten Grafen Manegold - so H. Kläui, Grafen von Nellenburg Seite 185ff. - als Vater Eppos wahrscheinlich gemacht. Für letzteres könnte, was bislang wenig beachtet worden ist, besonders sprechen, daß die für Manegold 987 ausgestellte Urkunde OTTOS III. nr. 39 als Original gerade im Schaffhauser Klosterarchiv überliefert worden ist, die Schaffhauser Klostergründer also tatsächlich Manegolds Nachkommen und Erben gewesen sind, und daß Eberhard der Selige auch einen Bruder namens Manegold hatte (Kl. Allerheiligen Seite 8ff. nr. 4). Da nun einerseits Gebhard (geb. ca. 960/65) der Sohn eines Eberhard und einer Gisela war, deren Namen ebensowenig wie die Namen Gebhard und Manegold bei den Kindern Herzog Konrads/Kunos vorkommen, und andererseits Graf Manegold (geb. um 940/50) den Zürichgau-Grafen Burchard (+ ca. 968) oder dessen Bruder und Züricher Reichsvogt Uto (+ ca, 964) als Vater gehabt haben soll, diese Namen aber nicht bei Konrads/Kunos Kindern auftreten, kann Eppo von väterlicher Seite auch kein Enkel und kein Urenkel Herzog Konrads/Kunos gewesens ein. Allenfalls könnte Eppos unbekannte Mutter als ca. 965/70 Geborene von einem der oben ermittelten Kinder Herzog Konrads/Kunos abstammen. Doch scheint - nach dem um 980 angefertigten Gedenkeintrag Konrads/Kunos, der dieser Ermittlung zugrundeliegt - von Konrads/Kunos Kindern um 980 erst Ita verheiratet gewesen zu sein und Kinder gehabt zu haben, so daß auch diese Verbindungsmöglichkeit entfallen dürfte. Daß schließlich Eppos Gemahlin Hedwig (geb. ca. 990) eine Nachkomminn Herzog Konrads/Kunos gewesen sein könnte, ist - nach allem, was uns über ihre Herkunft aus dem Verwandtenkreis Kaiser HEINRICHS II. überliefert ist (vgl. oben Anm. 227) - ebenfalls ganz unwahrscheinlich. Zu älteren Versuchen, die Vorfahren Eberhards des Seligen und Eppos zu ermitteln, vgl. E. Krüger, Zur Herkunft der Zähringer I, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 45, 1891, Seite 582ff.].