K. Hils hat das Material zur frühen Nellenburger
Geschichte 1967 gesichtet und dabei festgestellt, daß der Vater des
Schaffhauser Klostergründers Eberhards des Seligen, nämlich
Eberhard
(Eppo),
mit einer Verwandten Kaiser
HEINRICHS II. - namens Hedwig - verheiratet war und
daß er selbst seinen Amtsbezirk im Zürichgau hatte. Dort und
im Thurgau scheinen auch die älteren Vorfahren als Grafen tätig
gewesen zu sein. Über
Hedwig
[227 In den Annales Scafhusenses,
Zusätzen zu Bernolds Chronik (MG SS V Seite 388; auch Kl. Allerheiligen
Seite 158), heißt es zu 1009: Temporibus his Ebbo, comes
de Nellenburc, consobrinam Heinrici regis,
Hedewigam
nomine, de curia regis duxit uxorem. Im Schaffhauser "Buch der Stifter"
des Klosters Allerheiligen, ed. K. Schib, Aarau 1934, Seite 2 liest man:
Eppo
was ain hoher grave im Swaben lant gehaissen... Nv hatt er ain Frouwen,
diu was Hedewig genant und was ouch nach der welte von gar edeler
geburt, von kaiserlichem und kirchlichem geslechte; si was des hohen kaiser
Hainrichs swester tochter, der das bistuom zu Babenberg da stiffte.
Auch in der Chronik des Gallus Öhem, ed. K. Brandi Seite 96, wird
Hedwig
als Gemahlin
Eppos erwähnt: Eppo von Nellenburg und
Hedwiga, sins husfrow, von küniglichem stamm geporn, syen gewesen
graff Eberhards vatter unnd muotter. - Eine zufriedenstellende
genealogische Erklärung dieser Angaben ist bislang noch nicht gelungen.
Zumeist folgt man der Ansicht von W. Gisi, Hedwig, Gemahlin Eppos
von Nellenburg, Mutter
Eberhards des Seligen, des Stifters von
Allerheiligen, in: Anzeiger für Schweizerische Geschichte NF 4, 1885,
Seite 347-355, dass Hedwig
eine Tochter
des lothringischen Grafen Gerhard (des Bruders von Kaiser
KONRADS II. Mutter Adelheid)
und Evas
von Luxemburg (der Schwester von Kaiser
HEINRICHS II. Gemahlin Kunigunde)
war. Dazu paßt gut, dass Hedwig
- nach den Angaben des Stifterbuchs (Seite 3) - nach dem Tode ihres Gemahls
ain
clouster bute mit ir guote in dem bisstuom ze Megentz, das haisset Swabenhain
( = Pfaffenschwabenheim, Kreis Bingen), uff ir aigenem guote (vgl.
dazu auch Mainzer Urkundenbuch I, hg. von M. Stimming, Darmstadt 1932,
Seite 482 nr. 567: Urkunde von 1130 mit Hinweis auf die Gründung von
Pfaffenschwabenheim: monasterium, quod comes Eberhardus cum domina
Hadwiga matre fundaverant); als Tochter
Gerhards und Evas
könnte Hedwig Erbgüter auch
in der Pfalz, nicht nur in Lothringen und im N-Elsaß, besessen haben.
Nimmt man aber die Quellenangaben wörtlich und versucht,
Hedwig
als
Nichte (swester tochter)
HEINRICHS II.
selbst (nicht als Nichte von HEINRICHS II. Gemahlin
Kunigunde)
aufzufassen, so muß man nach anderen genealogischen Lösungen
der Frage Ausschau halten. Dabei stößt man darauf, dass Kaiser
HEINRICH II. mit großer Sicherheit eine Schwester Brigida
und
möglicherweise auch eine Schwester Gerberga
hatte. Von der ersteren weiß Othlohs Vita S. Wolfkangi c. 17 und
30 zu berichten, daß Herzog
Heinrich der Zänker (+ 995) filiam suam vovcabulo
Brigidam dem von Bischof Wolfgang von Regensburg (972-994),
ihrem Taufpaten, gegründeten Regensburger Frauenkloster St. Paul übergeben
habe. Auch daß Brigida später
Äbtissin
wurde, deutet er an (MG SS IV Seite 534, 538). Und in der Tat ist auch
die Äbtissin
Brigida von Andlau im Elsaß 1004 von HEINRICH
II. als
soror nostra bezeichnet worden (MG D H II,79);
vgl. dazu auch J. F. Böhmer-Th. Graff, Reg. Imp. II, 4: Regesten Heinrichs
II., Wien-Köln-Graz 1971, Seite 905 nr. 1574; L. Auer, Geburtsjahr
Heinrichs II., in: DA 28, 1972, Seite 225. Andererseits wissen wir durch
eine spät überlieferte und streckenweise verunechtete Urkunde
HEINRICHS
IV. vom Ende 1077 (MG DH IV, 302), daß ein König
HEINRICH ehedem suam sororem Gerwirgam
im
Nonnenkloster Chiemsse constituit abbatissam
ob loci nobilitatem et religionem, wobei allerdings ganz ungesichert
bleibt, ob nicht auch dieser Urkundenteil verfälscht ist und Gerberga
nur eine Erfindung des Fälschers darstellte. Vor allem die Nennung
Brigidas in Andlau verdient hier - angesichts der bezeugten
Elsaßverbindung der Mutter Graf Eberhards des Seligen von Nellenburg
- ein gewisses Interesse. War Brigida
vielleicht nur kurze Zeit zur Erziehung im Regensburger St. Paulskloster?
Und hat sie sich anschließend mit einem elsässischen Grafen
verheiratet, so daß sie - nach einer eventuell nur kurzen Ehe - dann
im elsässischen Andlau endgültig den Schleier nahm? Wie sollte
sie sonst als bayerische Herzogtochter in ein Kloster im Elsaß
gekommen sein? Bejaht man diese Möglichkeit, so könnte Hedwig,
die Gemahlin Eppos und Mutter Eberhards des Seligen von Nellenburg,
deren Tochter gewesen sein. Als Gemahl Brigidas
und
Vater Hedwigs käme dann vor allem ein Verwandter
Papst
Leos IX. - und zwar eventuell einer der drei Brüder von
Leos
IX. Vater Hugo (zu diesen vgl. E. Hlawitschka, Habsburg-Lothringen
Seite 113ff.) - in Frage, denn Leo IX. war ja - dem Stifterbuch
des Allerheiligen-Klosters Seite 5 zufolge - dem selben graven
Eberhardo (dem Seligen) nac sippe. Auf Hedwigs
Herkunft aus dem Elsaß weist schließlich auch das Stifterbuch
(Seite 14) noch in einer weiteren - außer der oben schon genannten
- Weise hin. Von Eberhards des Seligen Sohn Graf Burchard
hießt es ja bei einer bestimmten Gelegenheit: do was der saelige
grave
Burkart in Elsass, won da hatte er vil goutes, das was im ze erbe worden
von der haligen frouwen
graevynne Haedwig, diu sines vatter mouter
was. - Hinzuweisen ist hier noch darauf, daß K. A. Eckhardt,
Eschwege Seite 89ff., glaubte
Eppos Gemahlin Hedwig als Tochter
Herzog Burchards III. von Schwaben (+ 973) und seiner Frau
Hadwig (+ 994) auffassen zu
dürfen. Daß dieses Paar aber kinderlos blieb, wurde schon
oben in Kapitel I Seite 50 Anm. 152 nachgewiesen.] hatte Eberhard
reichen
Besitz im Nahegau und wohl auch im Elsaß erlangt.
Von Eberhard dem Seligen läßt sich
über seinen Vater Eberhard (Eppo) und seine Mutter Hedwig
auch
sowieso kein genealogischer Weg zu Herzog
Konrad von Schwaben/"Kuno von Öhningen" (+ 997) zurückverfolgen
[237 Eppo, um 980/90 geboren, verheiratet ca. 1009 (vgl. Ann. Scafhusenses,
wie Anm. 227), kann kein Sohn Konrads/Kunos gewesen sein, da dessen Kinder
ja durch den oben Seite 99f. untersuchten Gedenkeintrag "Kunos von Öhningen"
bekannt sind, ohne daß sich ein Eberhard/Eppo unter ihnen
findet. Auch hat man sowohl Gebhard, den Sohn des 979 als Klostervogt von
Einsiedeln bezeugten Eberhard - so P. Kläui, Adelsherrschaften Seite
59ff. - wie desgleichen den 991 verstorbenen und als Graf im Zürichjgau
sowie als Einsiedler Klostervogt bezeugten Grafen Manegold - so
H. Kläui, Grafen von Nellenburg Seite 185ff. - als Vater Eppos
wahrscheinlich
gemacht. Für letzteres könnte, was bislang wenig beachtet worden
ist, besonders sprechen, daß die für Manegold 987 ausgestellte
Urkunde OTTOS
III. nr. 39 als Original gerade im Schaffhauser Klosterarchiv
überliefert worden ist, die Schaffhauser Klostergründer also
tatsächlich
Manegolds Nachkommen und Erben gewesen sind, und
daß Eberhard der Selige auch einen Bruder namens Manegold
hatte (Kl. Allerheiligen Seite 8ff. nr. 4). Da nun einerseits Gebhard (geb.
ca. 960/65) der Sohn eines Eberhard und einer Gisela war, deren Namen ebensowenig
wie die Namen Gebhard und Manegold bei den Kindern Herzog Konrads/Kunos
vorkommen, und andererseits Graf Manegold (geb. um 940/50) den Zürichgau-Grafen
Burchard (+ ca. 968) oder dessen Bruder und Züricher Reichsvogt Uto
(+ ca, 964) als Vater gehabt haben soll, diese Namen aber nicht bei Konrads/Kunos
Kindern auftreten, kann
Eppo von väterlicher Seite auch kein
Enkel und kein Urenkel Herzog Konrads/Kunos gewesens ein. Allenfalls könnte
Eppos
unbekannte Mutter als ca. 965/70 Geborene von einem der oben ermittelten
Kinder Herzog Konrads/Kunos abstammen. Doch scheint - nach dem um 980 angefertigten
Gedenkeintrag Konrads/Kunos, der dieser Ermittlung zugrundeliegt - von
Konrads/Kunos Kindern um 980 erst Ita
verheiratet gewesen zu sein und Kinder gehabt zu haben, so daß
auch diese Verbindungsmöglichkeit entfallen dürfte. Daß
schließlich Eppos Gemahlin
Hedwig
(geb. ca. 990) eine
Nachkomminn Herzog Konrads/Kunos gewesen sein könnte, ist - nach allem,
was uns über ihre Herkunft aus dem Verwandtenkreis
Kaiser
HEINRICHS II. überliefert ist (vgl. oben Anm. 227) - ebenfalls
ganz unwahrscheinlich. Zu älteren Versuchen, die Vorfahren Eberhards
des Seligen und Eppos zu ermitteln, vgl. E. Krüger, Zur
Herkunft der Zähringer I, in: Zeitschrift für die Geschichte
des Oberrheins 45, 1891, Seite 582ff.].