Tochter des Grafen Theophylakt von Tusculum
und der Theodora I.
Lexikon des Mittelalters: Band VI Seite 321
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Marozia (diminutiv für Maria), römische Senatrix
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+ vor 936
Die Tochter und Erbin Theophylakts gilt samt ihrer
Mutter Theodora als Repräsentantin des "römischen Hurenregimentes".
Ihr übler Ruf schon in zeitnahen Quellen (Liutprand von Cremona, Benedikt
von S. Andrea, Flodoard) resultiert wohl aus herrschsüchtigen Heiraten
(bzw. Konkubinaten?) mit Herzog Alberich I. von Spoleto (nach 904?,
nach 915?), Markgraf
Wido von Tuscien (ca. 926) und (gegen kirchliches Recht) mit dessen
Stiefbruder, dem König
Hugo von Arles (932).
Fünf Kinder sind namentlich bekannt.
Einem Ehebruch mit Papst
Sergius III. soll Johannes
XI. sein Leben verdanken, der nach dem von Marozia
veranlaßten
Mord an Johannes
X. Papst wurde. Eine Tochter (Bertha?)
sollte 932 dem byzantinischen Kaiser
Stephan Lekapenos verheiratet werden. Der von den Zeitgenossen
als "männlich" empfundenen Herrschaft der auch als "Patricia"
bezeichneten Mutter machte Alberich II. 932 ein Ende. Beim Friedensschluß
des römischen Fürsten mit dem aus Rom entflohenen Hugo
936 wird die nach ihrem Sturz eingekerkerte Marozia
nicht mehr erwähnt.
Literatur:
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V.E. Löscher, Hist. des röm. Huren-Regiments
der Theodorae und M.ae, 1705 - H. Zimmermann, Das dunkle Jh., 1971 - Ders.,
V.E. Löscher, Das finstere MA und dessen Saeculum obscurum (Monogr.
zur Gesch. des MA 11, 1975), 259-277.
VI. 7 a. HUGO,
Graf von
Vienne, Herzog der Provence, König von Italien 926
6. VII.
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* ca. 880, + 947 10. IV.
Gemahlinnen:
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a) vor 910
Willa
+ vor 926
b) vor 927 22. VII.
Alda, aus deutschem (fränkischen) Geschlecht, zuletzt
932 28. II.
c) 932
Marozia, Tochter des Senators Theophylakt
und der Theodora, Witwe Guidos (VI. 10)
+ nach 933.
d) vor 937 12. XII.
Bertha, Tochter Herzog Burchards,
Witwe König Rudolfs von Schwaben
+ nach 961 5. IV.
Anmerkungen: Seite 117
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VI. 7. Hugo
Gemahlinnen:
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1. Willa
c. 910, Cart. de St.-Andre-le-Bas
ed. Chevalier Append. n. 14.
Sie kann, wie Manteiywer, Origines
302, vermutet, identisch sein mit der Witwe Rudolfs
I. von Burgund; dieser starb allerdings
912, sie heißt aber in der erwähnten undatierten Urkunde Willa
regina; wahrscheinlich ist die Urkunde
nach 912 anzusetzen; tot 926, Bouquet 9,680.
2. Alda
oovor 927 22. VI., Schiaparello
n. 9; Francorum genere Teutonicorum Liudpr. 3, 20, zuletzt 932 28. II.
Schiaparelli n. 29.
3. Marozia
Liudpr. 3, 43f. Ihr Todesjahr ist
unbekannt.
4. Bertha
Morgengabenverschreibung 937 12.
XII., Schiaparelli n. 46.
Zuletzt in einer Urkunde ihres
Sohnes Konrad
von Burgund, die gewöhnlich ins
Jahr 962, von Poupardin, Bourgogne 395 f., aber auf 961 8. IV. gesetzt
wird.
MAROZIA
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+ nach 935
Senatrix von Rom
Nach dem Tod der Eltern beherrschte Marozia von der Engelsburg aus lange Zeit Rom, ernannte die Nachfolger Johannes X. und ließ sie ermorden, um 931 ihren Sohn (Vater war Papst Sergius III.) zu inthronisieren; der absolute moralische Tiefpunkt des Papsttums. Sie wollte ihrem 3. Mann Hugo von Arles die Kaiserkrone verschaffen und wurde zusammen mit ihrem Papstsohn vom eigenen Sohn aus 1. Ehe inhaftiert, womit sie aus der Geschichte verschwanden. Sie wurde ins Gefängnis geworfen, wo sie bald darauf starb. Wie ihre Mutter war sie eine der berüchtigsten Frauen der mittleren Geschichte Italiens.
1. oo ALBERICH I. MARKGRAF VON SPOLETO
+ 915 gefallen
2. oo WIDO VON LUCCA, MARKGRAF VON TUSZIEN
+ 929/30
Halbbruder König Hugos
3. oo HUGO, KÖNIG VON ITALIEN
+ 947
Hugo ließ 931 seinen Sohn Lothar zum Mit-König erheben, bevor er selbst dritter Gemahl der senatrix Marozia wurde, der Herrin Roms als Tochter des "Senators" Theophylakt, der 901 eine stadtrömische Adelsherrschaft errichtet hatte. Doch ehe es zur versprochenen Kaiserkrönung ihres Gemahls kommen konnte, wurde Marozia von Alberich II., dem Sohn aus ihrer ersten Ehe mit Alberich von Spoleto, gestürzt.
Holtzmann Robert: Seite 98-99
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"Geschichte der sächsischen Kaiserzeit"
In Rom war die Herrschaft über das Papsttum und alle Gewalt an den Adel gekommen, der Adel aber zwei schamlosen Frauen verfallen, das waren Theodora, deren Gatte Theophylakt sich "Konsul und Senator der Römer" nannte, und ihre Tochter Marozia, die gleich ihrer Mutter den Titel senatrix führte. Schon Johannes X. ist durch Theodora auf den päpstlichen Stuhl erhoben, durch Marozia aber, da er sich als energischer Mann erwies, gestürzt worden, so daß er im Kerker sein Leben beschloß. Es folgten mehrere Puppen des Marozia, zuletzt (931) ihr eigener Sohn, Johannes XI., den sie einst dem Papst Sergius III. geboren hatte. Der große römische Kirchenhistoriker und Kardinal Baronius, um die Wende des 16. Jahrhunderts, hat dieser dunklen Periode in der Geschichte des Papsttums den Namen der "Pornokratie" gegeben und sie damit besser bezeichnet als mancher neuere Historiker, bei dem entweder apologetische Gründe oder eine kühle Haltung jenseits von Gut und Böse daran Anstoß nahmen. Hugo kam in die Lage, diese Verhältnisse auszunützen, da die nach vielen Liebschaften und zwei Ehen etwas gealterte und der Römer nicht mehr ganz sichere Marozia mit ihm in Verbindung trat. Die Heiraten der Marozia dienten dem Zweck, ihrer Stellung einen sicheren Rückhalt zu geben. Aus diesem Grunde hatte sie sich zuerst mit dem Markgrafen Alberich von Spoleto vermählt, dem sie einen gleichnamigen Sohn gebar, dann mit dem Markgrafen Wido von Tuszien, der durch seine Mutter ein Halbbruder des Königs Hugo war. Jetzt, nach dem Tode Widos, richtete sie die Blicke auf Hugo, dem sie zugleich die Kaiserkrone in Aussicht stellen konnte. Hugo schlug sofort ein, hielt im März 932 seinen Einzug in Rom und vollzog in der Engelsburg die Vermählung mit Marozia. Er mochte glauben, unmittelbar vor dem Ziel seiner Wünsche zu stehen. Aber der junge Alberich erregte einen Aufstand der Römer gegen seinen Stiefvater und gegen "die Gier und den Übermut der Burgunder". Hugo mußte fliehen, Marozia verschwand im Gefängnis; das war das Ende der Pornokratie.
Riche Pierre: Seite 281-282
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"Die Karolinger. Eine Familie formt Europa."
Nach dem Sieg am Garigliano verheiratete Theophylakt
seine Tochter
Marozia mit Alberich
I., einem hervorragenden Kriegsmann. Bis 925 beherrschten
Marozia
und Alberich - dessen genaues Todesjahr unbekannt ist - den Lateran.
Papst Johannes X. sah in der Ankunft von
König Hugo einen Ausweg, um sich vom Einfluß Marozias
zu befreien. Er traf Hugo in Mantua,
um ihm die Lage zu erklären. Aber Marozia
heiratete nach dem Tode Alberichs Wido, den Sohn Adalberts
II. von Tuscien und Bertas,
der folglich ein Halbbruder Hugos von Arles
war.
Wido und Marozia beschlossen,
Johannes X. endgültig auszuschalten. Sie ließen den Lateran
stürmen und den Papst in der Engelsburg einkerkern (928), wo er wenig
später starb, vielleicht mit einem Kopfkissen erstickt. Drei Jahre
später, nach zwei sehr kurzen Pontifikaten, ließ
Marozia
unter dem Namen Johannes XI. ihren eigenen Sohn zum Papst wählen,
dessen Vater möglicherweise
Sergius III. war.
Marozia regierte
als Herrin des Laterans, sie träumte von der Herrschaft über
ganz Italien und hatte damit dasselbe Ziel wie Hugo
von Arles. Sie war seit 929 Witwe, und auch Hugo
hatte seine Gemahlin verloren. Da bot die allmächtige Senatrix
dem König von Italien ihre Hand an und verlockte ihn wohl auch mit
dem Hinweise auf die Kaiserkrone. Die Hochzeit wurde 932 in der Engelsburg
in Anwesenheit von Papst Johannes XI. gefeiert. Aber es gab einen
Störenfried: Alberich II., Marozias
Sohn aus erster Ehe. Er war ungefähr 18 Jahre alt, erregte
einen Aufstand der Römer gegen die "Fremden" und ließ Marozia
samt
Johannes XI. gefangensetzen.
Brühl Carlrichard: Seite 168
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"Die Geburt zweier Völker. Deutsche und Franzosen."
Kein Herrscher hat sich so intensiv - und vergeblich - um die römische Kaiserwürde bemüht wie Hugo. Die beste und scheinbar absolut sichere Gelegenheit bot sich, als er, gerade Witwer geworden, die Hand der römischen Senatorin Marozia gewann, die Witwe von Hugos Halbbruder Wido von Tuszien und Mutter Papst Johanns XI. Gerade als er kurz vor Erlangung der Kaiserwürde stand, zweifelsohne war sie für Weihnachten 932 vorgesehen, zettelte der älteste Sohn Marozias, Alberich II., einen Aufstand an. Seine Mutter wurde gefangengesetzt und verschwindet aus der Geschichte.
Dümmler Ernst: Band II Seite 599
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"Geschichte des Ostfränkischen Reiches"
Johannes X., vorher Erzbischof von Ravenna, bestieg
den päpstlichen Stuhl in durchaus ungesetzlicher Weise nur durch seine
nahe Verbindung mit der in Rom allmächtigen Familie des Konsuls und
Senators
Theophylaktus.
Theodora, die Gemahlin Theophylakts, eine
Frau von äußerst ausschweifenden Sitten, wie sie damals in den
vornehmen Kreisen Italiens nur allzu sehr herrschten, hatte zwei Töchter,
Marozia (d .i. Mariuccia,
Mariechen) und Theodora,
die an Reizen wie an Üppigkeit ihre Mutter weit übertrafen. Während
jene dem Markgrafen Alberich von Spoleto vermählt, zugleich
mit dem Papste Sergius buhlte und durch ihn Mutter des späteren
Papstes Johanns XI. wurde, schenkte die ältere Theodora
dem Erzbischof Johanns von Ravenna ihre Gunst, der eben durch ihren Einfluß
zum Nachfolger Petri erkoren ward.
910
1. oo Alberich I. Markgraf von Spoleto
- um 920/25
925
2. oo Wido II. Markgraf von Tuszien
896- 929
932
3. oo 3. Hugo König von Italien
880-10.4.947
Kinder:
1. Ehe
Alberich II. Markgraf von Spoleto
911-31.8.954
2. Ehe
Bertha
-
Ancharius Markgraf von Spoleto
915- 940
Illegitim
Johannes XI.
- Januar
936
Literatur:
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Beumann, Helmut: Die Ottonen, Verlag W. Kohlhammer,
1991 Seite 51 - Brunhofer, Ursula: Arduin von Ivrea. Untersuchungen
zum letzten italienischen Königtum des Mittelalters. Arethousa Verlag
Augsburg 1999 Seite 136,144 - Brühl Carlrichard: Die Geburt
zweier Völker. Deutsche und Franzosen Böhlau Verlag GmbH &
Cie, Köln Seite 168 -
Cawthorne Nigel:
Das Sexleben der Päpste. Die Skandalchronik des Vatikans. Benedikt
Taschen Verlag 1999 Seite 72,74-81- Dümmler Ernst: Geschichte
des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin
1865 Band II Seite 599 -
Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen
Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 98-99
- Liudprands von Cremona: Werke in: Quellen zur Geschichte der sächsischen
Kaiserzeit. Band VIII Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1977
Seite 332,352, 356,370,388-394 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine
Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München
1991 Seite 281,346 -
Schreiber Hermann:
Die Geschichte der Päpste. Gondrom Verlag Bindlach 1989 Seite
76,81,84,86,91,102,107 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische
Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 2 Europäische
Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser II Nord-, Ost- und Südeuropa,
R.G. Fischer Verlag 1994 Tafel 393 - Wies, Ernst W.: Otto der Große,
Bechtle Esslingen 1989, Seite 211,227 -