Chlodwig II. (638/39-657)
wurde nach dem Tod Dagoberts
von den neustrischen und frankburgundischen Großen in der Pfalz Malay-le-Roi
(Diözese Sens) zum König erhoben. Die Regierung für
den erst 4-jährigen Knaben führten die Königin-Mutter
Nanthild
und der Hausmeier Aega.
Erster Regierungsakt war eine Amnestie für die bei Dagobert
in Ungnade Gefallenen, verbunden mit der Rückgabe der konfiszierten
Güter. Aus nicht mehr ersichtlichen Gründen ging der Hausmeier
aber bald darauf gegen die "BURGUNDOFARONEN"
von Meaux vor und scheute nicht einmal vor Maßnahmen gegen die Abtei
Faremoutiers zurück. Kurz vor seinem Tod (641, zu Clichy) kam es zu
einem schweren Zusammenstoß auf einem Gerichtstag, bei dem Aegas
Schwiegersohn
Ermenfred den Grafen Chainulf von Meaux, einen
Bruder des Bischofs und der Äbtissin, erschlug. Die Königin
Nanthild stellte sich auf die Seite
der BURGUNDOFARONEN und ließ der Blutrache freien Lauf. Ermenfred
rettete sich durch die Flucht ins Ost-Reich nach Reims.
Nachfolger Aegas als Hausmeier wurde Erchinoald,
ein Verwandter von
Dagoberts
Mutter
Haldetrud. Im Jahr darauf erneuerte
Nanthild
im Einvernehmen mit Erchinoald auf einer Versammlung der Frankburgunder
zu Orleans das frankoburgundische Hausmeieramt. Sie traf damit eine Maßnahme,
die angesichts der Unmündigkeit ihres Sohnes wohl unvermeidbar war,
da dem neustrischen Hausmeier keine Kompetenz für das Gesamtreich
zukam. Zum Hausmeier für das merowingische
Süd-Reich wurde der Franke Flaochad
erhoben, der vielleicht den Herzögen des (Hatuyer-Dijon) nahestand
und bei dieser Gelegenheit
Ragnoberta,
eine Nichte der Königin-Mutter, heiratete. Den Herzögen
und Bischöfen seines Sprengels gab Flaochad die schriftliche,
eidlich bekräftigte Zusage, dass er mit ihnen Freundschaft wahren
und einen jeden in Amt und Würden erhalten werde.
Flaochad hegte jedoch einen tiefen Groll gegen
den patricius Willebad, einen der mächtigsten Großen
burgundischer Abstammung, mit dem er in alten Zeiten einmal befreundet
gewesen war. Willebad hatte bei Dagobert
in hohem Ansehen gestanden. Sein Amtssprengel umfaßte anscheinend
das altburgundische Kernland um Lyon bis nach Vienne und Valence. Er erwiderte
anscheinend den Haß Flaochads von ganzem Herzen. Als Flaochad
im Mai 642 eine Reichsversammlung in der Königsstadt Chalon abhielt,
konnte eine blutige Auseinandersetzung zwischen den beiden nur mit Mühe
verhindert werden. Darüber starb die Königin
Nanthild. Flaochad mobilisierte den neustrischen Hausmeier
Erchinoald und das Königs-Kind Chlodwig,
das Willebad nach Autun auf eine Reichsversammlung im September
zitierte. Willebad erschien mit einem großen kriegerischen
Gefolge seines Amtssprengels in der Begleitung von Bischöfen und edlen
Herren und schlug vor der Stadt sein Lager auf. Wenn Flaochad eine
Reichsexekution erwartet hatte, so sah er sich enttäuscht. Im Kampf,
der am nächsten Tag stattfand, blieben die Intimfeinde unter sich.
Mit Flaochad traten nur seine Freunde, der Pfalzgraf Berthar
und
die Herzöge Amalgar und Chramnelenus an. Erchinoald
mit seinen Neustriern und die übrigen frankoburgundischen duces
standen abseits und "erwarteten den Ausgang", den sie wohl als Gottesurteil
auffaßten. So nahm der Kampf den Charakter einer Auseinandersetzung
zwischen Franken und Burgundern im einstigen Reich Gunthrams
an, wobei der Romane Chramnelenus auf der Seite der mit ihm versippten
Franken stand. Die fränkische Partei siegte. Willebad fiel,
aber auch Floachad überlebte seinen Triumph nicht lang. Er
starb auf der Fahrt von Chalons nach St. Jean de Losne, wurde ins
Herzogtum Amalgars überführt und in der Abtei St. Benigne von
Dijon beigesetzt. Willebads Gedächtnis wurde in Lyon, in St.
Eteinne und St. Oyand de Joux gefeiert. "Fredegar" aber sah im Tod beider
Antagonisten die Hand Gottes.
Die Fredegarschronik bricht damit ab. Ihr Fortsetzer
meinte 100 Jahre später, dass Chlodwigs
Regierung eine Friedenszeit gewesen sei, was im großen und ganzen
auch stimmen dürfte. Wie die Regierung Frankoburgunds nach dem Tode
Floachads
organisiert wurde, steht dahin. Man sollte meinen, dass ein frankoburgundischer
Hausmeier nicht entbehrt werden konnte, solange der König unmündig
war. In Neuster hatte Erchinoald mit den Senioren aus der Zeit Dagoberts
zu rechnen, von denen freilich die bedeutendsten nicht mehr ständig
am Hof weilten. Im gleichen Jahr 641 übernahm Audoin das Bistum
Rouen, Eligius das Bistum Noyon. Der Hausmeier unterhielt zu ihnen
nicht gerade herzliche Beziehungen. Audoin und Eligius hatten
mit Willebad sympathisiert und die blutige Auseinandersetzung vor
den Augen des Könisgs-Kindes jedenfalls mißbilligt.
Der Eintritt eines Königs-Kindes in die Mündigkeit
und die sich meist daran anschließende Heirat stellten auch einen
mächtigen Hausmeier vor die Frage, wie er neben einem erwachsenen
Herrscher seine Regentschaft weiterführen könne. Erchinoald
erinnerte sich gewiß, dass Dagobert
sich wenige Jahre nach seiner Heirat vom Einfluß seiner Mentoren
befreit hatte. So liegt die Annahme nahe, dass er selbst eine angelsächsische
Sklavin namens Balthild
aus seinem Dienstpersonal dem König zuführte, die Chlodwig
um
650 zur Frau nahm. Traf dies zu, so war er der Düpierte. Denn die
junge Königin sollte sich bald als eine gefährliche Rivalin ihres
einstigen Herrn erweisen.
Balthild gebar dem
König in den Jahren 650-656 drei Söhne: Chlothar,
Theuderich
und
Childerich.
Chlodwig
starb bald darauf - 657 - im Alter von 23 Jahren. Er war ein roi
faineant, nach dem Fortsetzer Fredegars in seinen letzten Jahren "von
Sinnen" (amens). Die Frankengeschichte des frühen 8. Jahrhunderts
spezifiziert vielleicht etwas tendenziös: "ein Wüstling",
"sonst nur auf Essen und Trinken aus". Erchinoald überlebte
den König nur kurze Zeit. Er starb vor 660 und wurde von Eligius
"aus Barmherzigkeit" bestattet, vermutlich in Peronne. Bei der Nachfolge
im Hausmeieramt wurde sein Sohn Leudesius
übergangen.