Auch Richeza ist ein
tragisches Schicksal nicht erspart geblieben. Die verschiedenen deutschen
und polnischen Quellen berichten über sie höchst Widersprüchliches,
und auch die Erzählung des Brauweiler Mönchs ist kein Verlaß.
Richeza
hat sich sicher nicht, wie jener will, wegen der Nachstellungen einer Konkubine
von ihrem Mann Mieszko
getrennt und ist mit ihrem Sohn Kazimir
bei Nacht und Nebel nach Deutschland geflohen. Sie wurde vielmehr nach
dem Tode Mieszkos 1034, vielleicht
sogar erst nach einer kurzen Zeit der Regentschaft
von einer heidnisch-antideutschen
Partei aus Polen vertrieben. Auch ihr Sohn
Kazimir
mußte
kurz darauf fliehen. Spätere polnische Quellen wollen wissen, die
Königin habe deutsche Zuzügler begünstigt und versucht,
zur Zähmung des unbändigen polnischen Volkes Rundreisen des Herrschers
bei den Magnaten und Hoftage mit Frohsinn und Gesang einzuführen.
Erfolg hat sie mit diesen Reformen jedenfalls nicht gehabt, zumal auch
ihr Mann, Mieszko II., kein Freund
des deutschen Reiches gewesen ist. Mehrfach kam es zwischen ihm und KONRAD
II. zu blutigen Zusammenstößen. Die Magdeburger
Annalen überbieten sich geradezu in der Schilderung der Grausamkeiten,
die
Mieszko bei seinem Einfall in das
Gebiet zwischen Saale und Elbe 1030 verübt hatte. KONRAD
II. zwang ihn drei Jahre später auf dem Hoftag in Merseburg,
auf die Königswürde zu verzichten. Die Krone selbst hatte schon
Besprym,
der ältere Bruder und Konkurrent Mieszkos,
ein Jahr zuvor dem deutschen Kaiser ausgeliefert. Nach der fundatio
überbrachte
erst
Richeza auf der Flucht zu KONRAD
II. diesem ihre eigene Krone und die ihres Mannes. Das ist vermutlich
unrichtig, richtig aber ist, dass der Kaiser Richeza
gestattete, die Würde einer Königin weiter beizubehalten,
obwohl in Polen selbst das Königtum erloschen war und erst von Richezas
Enkel nach ihrem Tode 1076 wieder erneuert wurde.
Der plötzliche Verlust ihres Bruders Otto
erschütterte Richeza derart, dass
sie unmittelbar nach der Beisetzung, die wie erwähnt Bischof
Bruno von Toul vornahm, aus dessen Händen den Schleier
empfing und ihre Prunkgewänder sowie ihren kostbaren Schmuck auf
dem Altar des heiligen Nikolaus aufopferte. Er diente neben anderen Zuwendungen
dem Neubau der Brauweiler Klosterkirche. Und so ist auch Richeza
nicht anders als ihre Äbtissinnen-Schwestern an einem wichtigen Kirchenneubau
aktiv beteiligt gewesen. Durch den Akt der Schleiernahme verpflichtete
sich Richeza nur dazu, keusch und zurückgezogen
zu leben. In eine Kloster oder Stift ist sie nicht eingetreten. Noch fast
zehn Jahre hindurch hat sie gezögert, ehe sie über ihren bedeutenden
Grundbesitz verfügte. Ihr Bruder,
Erzbischof Hermann, hatte
für seine Kirche bisher nur das Hauskloster Brauweiler erworben. Papst
Leo IX. bestätigte 1052 neben anderen wichtigen Rechten Burg
und Kloster der Kölner Kirche. Mit Brauweiler und der Tomburg, dem
wichtigsten Stützpunkt an der Aachen-Frankfurter Heerstraße,
war das Erzstift in die linksrheinische Schlüsselposition der Pfalzgrafen
eingerückt. Das scheint Erzbischof Hermann genügt zu haben.
Auf seine Schwester hat er jedenfalls nachweislich keinen Druck ausgeübt,
weitere Besitzungen der Kölner oder einer anderen Kirche zu übereignen.
Richeza jedoch wollte
in Brauweiler neben ihren Eltern und Brüdern bestattet werden. Sie
schenkte zu diesem Ende an Brauweiler das kostbare Weingut Klotten mit
allem Zubehör, behielt sich freilich zeit ihres Lebens die Nutznießung
davon vor. Zuweilen scheint sie auch dort gewohnt zu haben, denn die Klosterchronik
berichtet, dass sie am Ort eine Kapelle errichten ließ, die ausschließlich
für sie und ihr Gefolge bestimmt war. Den darüber wenig erfreuten
Erzbischof Anno gedachte die Königin, so stellt es fundatio dar,
dadurch freundlich zu stimmen, dass sie ihm Saalfeld, Coburg und Orla übertrug.
Ganz freiwillig scheint diese Übereignung wohl nicht erfolgt zu sein.
Jedenfalls geht aus der freilich nur in einem angeblichen Original überlieferten,
aber dem Inhalt nach einwandfreien Urkunde hervor, dass Anno erst nach
anfänglicher Weigerung der Richeza
zum Ziele kam. Auch von diesen bedeutenden Besitzungen behielt sich Richeza
die lebenslängliche Nutzung vor, ja Anno mußte ihr darüberhinaus
die Einkünfte von Gütern in sieben Orten im Mainzer und Kölner
Raum bis zu ihrem Tode übertragen und dazu noch jährlich 100
Pfund Silber. In der verfälschten Gründungsurkunde für das
Kloster Saalfeld von 1071 bezeichnet Anno nicht ganz zu Unrecht diese Übertragung
als einen Kauf, und er nennt zusätzlich noch drei Pfarrkirchen, die
er bei diesem Rechtsakt von der Königin in der noch halb heidnischen
terra Orla erworben habe. Auch nach der Übertragung an Anno hat Richeza
in Saalfeld residiert, vielleicht, weil sie von hier aus, unweit der Slawengrenze,
leichter den Kontakt mit ihrem inzwischen berühmt gewordenen Sohn,
Herzog
Kazimir von Polen, aufrechterhalten konnte. Hier ist sie auch
1063
gestorben. Erzbischof Anno bestattete
Richeza
nicht in Brauweiler, sondern in dem von ihm gegründeten Stifte Mariengraden
und wandte diesem, entgegen dem Willen der Königin, nicht dem ezzonischen
Familienkloster, das Weingut Klotten zu. Mit dem Tode der Richeza
war schließlich das umfangreiche Allodialerbe mangels direkter Nachkommen
von Ezzo und Mathilde an die
Kirche gefallen. Bei den EZZONEN war die Mutter der Pfalzgrafenkinder,
als der Erbfall eintrat, schon fast 40 Jahre tot, und es gab nach dem Verzicht
Herzog
Kazimirs von Polen auch aus der weiblichen Linie keine Nachkommen
mehr, denn die sechs Schwestern der Richeza
waren
als Kloster- und Stiftsdamen ja sämtlich unverheiratet geblieben.