Königin Hedwig und ihre Freier
König Ludwig I. von Ungarn
und Polen hinterließ keinen Sohn, jedoch zwei minderjährige
Töchter, Maria
und Hedwig. Wahrhaft hochkarätige
Erbinnen. Maria, die 1371 geborene
ältere, war schon 1372 als Wickelkind mit Kaiser
KARLS IV. damals vierjährigen Sohn SIGISMUND
versprochen worden. Als das Mädchen nach dem Tod des Vaters jetzt
von den ungarischen Magnaten in Buda zur Königin von Ungarn gekrönt
wurde, entflammte der schöne SIGISMUND
in gleichmäßig innigem Begehren sowohl für sie, seine Frühbverlobte,
als auch für die ungarische sowie für die polnische Krone; schließlich
war er ja der Urenkel Kasimirs
des Großen. Würde Kaiser
KARL IV. noch postum - als heiligmäßiger Reliquiensammler
jetzt zweifellos aus Himmelsgefilden gespannt herunterspähend - durch
seinen Sohn neben Ungarn auch Polen für das Haus
LUXEMBURG-BÖHMEN erheiraten?
Nicht jedes fromme Frohlocken belohnt der Herr: mit der
Königin
Maria, der er 1385 vermählt wurde, gewann SIGISMUND,
der spätere Kaiser, auf Sicht lediglich Ungarns Krone; "lediglich"
geht eigentlich fehl, denn Ungarn war ja groß und bedeutend und überdies
schwierig genug. Allzu voreilig aber titulierte sich SIGISMUND
bereits "Herr des Königreichs Polen". Der mächtige polnische
Adel nämlich versagte sich nach den trüben Erfahrungen mit Ludwig
von Ungarn entschieden einer neuen Doppelung: Nur jene Tochter
des verewigten Königs, so beschloß man, die ständig in
der Hauptstadt Krakau resiedieren würde, könnte Königin
von Polen werden. Und da Maria ja bereits
in Buda ungarisch festgelegt war, kam nur ihre jüngere Schwester Hedwig,
polnisch Jadwiga, als Monarchin in Betracht. Nach der Überwindung
bürgerkriegsähnlicher Wirren in Polen wurde die etwa 1373 geborene
Hedwig
in der Obhut ihrer piastischen Mutter
Elisabeth
nach Krakau beordert [Richtigstellung:
Hedwigs
Mutter
Elisabeth kann als bosnische
Königs-Tochter keine PIASTIN
gewesen
sein, aber deren Mutter Elisabeth
(+
nach 1345) war als Tochter Herzog
Kasimirs III. von Kujawien ebensowie ihre Schwiegermutter
Elisabeth
von Polen
(+ 29.12.1380), Schwester Kasimirs
III., eine PIASTIN.]: Ihre
Krakauer Krönung zum "Rex Poloniae" im Oktober 1384 beendete
ein zweijähriges Interregnum und die ungarisch-polnische Union.
Wem aber würde die Mädchen-Königin, Polens
Regina, ihre Hand reichen und zum für sie oder mit ihr regierenden
Rex machen? Korrrekter: ihre Hand zu reichen haben? Für das Heirats-Haus
HABSBURG
stand die Antwort bereits fest. Wien hatte nämlich den kindlichen
Herzog
Wilhelm von Habsburg frühzeitig
an diese Heiratsfront entsandt: Der Sohn Herzog
Leopolds III. von Steiermark war 1375 fünfjährig mit
der zweijährigen
Hedwig verlobt
und ihr 1378 sogar formell angetraut worden; mit Hedwigs
zwölftem Jahr sollte die Ehe mit Wilhelm
"vollzogen", wie auch immer, und rechtskräftig werden.
Gegen diese happige habsburgische
Option nominierte eine starke polnische Adelsclique als Thronprätendenten
und Ehekandidaten für Hedwig-Jadwiga
den Herzog Ziemowit IV. aus dem nordpolnischen
Masowien - und eine noch stärkere Adelspartei im Einvernehmen mit
der Königin-Mutter Elisabeth
machte sich für den Großfürsten
Jagiello von Litauen stark. Während es zu dieser Zeit in
Skandinavien bei einer Heirat um drei Kronen ging, konkurrierten in Polen
also drei Ehekandidaten um eine Krone.
Wilhelm oder Ziemowit
oder Jagiello? Die noch kindliche Hedwig
kannte den Masowier nicht und schauderte bei dem Gedanken an den so viel
älteren Litauer, der noch nicht einmal Christ war. Dann doch lieber
Wilhelm
nehmen, den netten Jungen, mit dem sie in dessen Heimat schon mal Fangen
gespielt hatte. "Die gelegentlich breit ausgesponnenen Erzählungen
über die Liebe der jungen Königin zu Wilhelm
und ihre verzweifelte Unterordnung unter die politische Notwendigkeit",
erzählt Gotthold Rhode, "sind ebenso spätere Ausschmückungen
wie die Berichte über ihre strahlende Schönheit, handelte es
sich doch um ein knapp zwölfjähriges Kind, das natürlich
nicht ohne weiteres zur Ehe mit einem über zwanzig Jahre älteren
Heidenfürsten bereit war."
Wilhelm von Habsburg
kreuzte denn auch inn Krakau auf und drängte mit seinen Mentoren auf
einen Heiratstermin. Hedwig war bereit,
aber der Kastellan der Königsburg gehörte der einflußreichsten
Adelsfraktion an, die schon mit Jagiello
im Wort war, und verwehrte den HABSBURGER Hochzeitern
den Zutritt. Nicht Österreich sollte sich ehelich nach Osten erweitern,
sondern Polen wollte es selbst: in einer historischen Union mit dem riesigen
Litauen.
Die Großunion: Jagiello und Hedwig
Boulevardblätter würden es heute eine "Elefantenhochzeit"
nennen: Die Eheverbindung Jagiellos von
Litauen und Hedwigs
von Polen begründete, wie schon angedeutet, ein Großreich
des Ostens mit rund 800.000 Quadratkilometern zwischen Schlesien und dem
Fürstentum Moskau, zwischen Livland und der Krim. Leopold Ranke hat
die Heiratsunion "das größte Ereignis" genannt, "welches seit
dem Einbruch der Tatren 1230/31 die östliche Welt erschüttert
hat."
Die arme kleine Hedwig
konnte sich nicht lange verweigern, und so versprachen Polens führnede
Adelfraktion und Mutter Elisabeth die
Mädchen-Königin endgültig in einem Vertrag vom August 1385
mit dem Großfürsten aus Wilna: Würde Hedwig,
so suggerierte man wohl dem frommen Kind, der Christenheit nicht einen
unermeßlichen Dienst leisten, wenn sie mit ihrem Jawort der Bekehrung
Jagiellos
und
seiner Völkerschaften den Weg bereitete?
Anfang des Jahres 1386 traf der litauische Großfürst
in Krakau ein. Jagiello wurde feierlich
getauft und dabei Wladyslaw benannt,
und am 18. Februar 1386 fand die historische Hochzeit Jagiello-Wladyslaws
mit Hedwig-Jadwiga auf dem Wawel statt.
Hedwig-Jadwiga, die
in Polens Tradition als selbstlose, fromme und umsichtige Königin
(und übrigens auch Neugründerin der Universität Krakau)
eingegangen ist, hat, erst 26 Jahre alt, 1399 ein schwieriges
Kindbett nicht überlebt.
Bezeichnenderweise ein polnischer Papst, Johannes
Paul II., hat sie 1997 heiligegsprochen.