Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 506
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Capitanata
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Historische Landschaft in Italien, von den Flüssen
Ofanto und Fortore begrenzter nördlicher Teil Apuliens, der mit der
heutigen Provinz Foggia zusamemnfällt. Von den Römern Apulia
Daunia bezeichnet, wurde das Gebiet seitr dem Beginmn der normannischen
Eroberung landläufig Capitanata genannt, wie Leo Marscanus in seiner
Chronica (MGHSS VII, 661) bezeugt. Der Name steht vermutlich in Zusammenhang
mit den Befestigungen, die von den Byzantinern nach dem Rückzug OTTOS
II. 982 in Unteritalien errichtet wurden und vor allem mit
dem Wirken des capetanus Basilius Boioannes, der im Oktober 1018
bei Cannae den aufständischen Meles besiegte und Troia, Dragonara,
Civitate und Castel Fiorentino befestigte, die rasch zu Bistümern
emporstiegen.
Von den Kapetanen etwas vernachlässigt, wurde die
Capitanata zunehmend Ziel der normannischen Eroberungspolitik. Im Jahre
1040 kontrollierten die HAUTEVILLES
(Altavilla) einen Großteil des Gebietes, aber ihre drückende
Herrschaft erregte den Protest der Bevölkerung, der bei Papst
Leo IX. in der Synode von Siponto (1050) Gehör fand: er verbündete
sich in dem vergeblichen Versuch, den Normannen Einhalt zu gebieten, mit
den Byzantinern. Taktische Fehler oder ungenügende Mittel verursachten
1053 die Niederlage des Papstes bei Civitate: Robert Guiscard setzte
Leo IX. gefangen, zog in das benachbarte Molise ein und besetzte
die Kirchengüter. Die Capitanata wurde an Malgerius, den Bruder
des Grafen Umfred, gegeben, später an dessen Bruder Wilhelm
vererbt und von diesem an einen weiteren Bruder Goffredus, danach
ging sie an dessen Sohn Robert, Graf von Loritello, der zusammen
mit seinem Onkel Robert Guiscard von Gregor
VII. als Verwüster des Patrimonium sancti Petri exkommuniziert
wurde. In der Folge wurde die Capitanata in Grafschaften unterteilt; dies
führte zu Konflikten und Aufständen, die den byzantinischen Kaisern,
den Papst und den deutschen Kaiser zwischen dem Ende des 11. Jh. und der
Mitte des 12. Jh. zum Eingreifen zwangen. Die Teilnahme der unruhigsten
Grafen am Kreuzzug und der unter Vermittlung Papst
Calixtus II. 1120 zwischen Herzog Wilhelm und König
Roger II. geschlossene Gottesfriede (Treuga Dei) milderten die
Kontraste, die durch das Abrücken Rogers
II. von dem Gegen-Papst
Anaklet II. und seine Versöhnung mit dem rechtmäßigen
Papst Innozenz II.
ihr Ende fanden (1140). Unter der Herrschaft König
Wilhelms I. entbrannten von neuem Kämpfe und brachten die
ganze Region in Aufruhr. Nach einer ruhigen Periode unter König
Wilhelm II. ergriff die Capitanata in dem Nachfolgestreit für
HEINRICH
VI. Partei. Unter FRIEDRICH
II. erlebte die Capitanata eine Zeit der sozialen und wirtschaftlichen
Konsolidierung. Der Kaiser hielt sich mit Vorliebe zur Jagd in der Capitanata
auf, erbaute in Foggia eine Residenz und errichtete dort ein Justitiarat.
Er siedelte in Lucera sizilische Sarazenen an, die ihm auch dann treu ergeben
blieben, als im Kampf gegen Gregor
IX. viele Städte der Capitanata wie Foggia, Troia, San Severo
und Casalnuovo von ihm abfielen. FRIEDRICH II.
zwang diese jedoch mit Feuer und Schwert wieder zum Gehorsam.
Ebenfalls in der Capitanata, in Foggia, hielt FRIEDRICH
1240 seinen letzten großen Hoftag; zehn Jahre später ereilte
ihn der Tod im nahegelegenen Castel Fiorentino. In den Nachfolgewirren
spielte die Capitanata eine herausragend Rolle als Kriegsschauplatz. Zuerst
konnte der illegitime Sohn FRIEDRICHS,
Manfred,
die Aufstände niederhaltenm; Foggias Mauern wurden geschleift. In
dem harten Kampf zwischen Manfred und
dem Papst konnte Manfred mit Hilfe
der Sarazenen von Lucera seine Eroberungen in der Capitanata konsolidieren.
1263 ließ er mit Baumaterial aus dem antiken Sipontum Manfredonia
erreichten. Nach dem Ende der STAUFER-Dynastiel
fiel die Capitanata an das Haus ANJOU.