Arduin I.                                        Graf von Bergamo
-----------                                        Pfalzgraf von Italien bis 996
    - nach 1022
 

Sohn des Grafen Giselbert II. von Bergamo und der Anselda von Turin, Tochter von Markgraf Arduin Glabrio
 

Brunhofer, Ursula: Seite 26,60,87,222,223,365
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"Arduin von Ivrea. Untersuchungen zum letzten italienischen Königtum des Mittelalters."

Am Ende des 10. Jahrhunderts begünstigte OTTO III. etwa den Cremoneser Vasallen Roger von Bariano gegen den Bischof von Lodi und wohl auch gegen die giselbertinischen Grafen von Bergamo  und berief Otto von Lomello, dessen Vater, der iudex Cunibert, erst 996 zum Grafen von Lomello erhoben wurde, anstelle des abgesetzten Pfalzgrafen Arduin I., und des ebenfalls abgesetzten Grafen Bernhard von Pavia zu deren Ämtern.
Gegen die von Jarnut konstatierte Verkleinerung des Wirkungsbereiches der Bergamasker Grafen betont Pauler, daß aus dem nördlichen Teil der Grafschaft Bergamo Gerichtsurkunden überhaupt fehlen. Dem kann nichts entgegnet werden, doch sei darauf verwiesen, daß aufgrund von Verzichtserklärungen aus dem Jahre 1019 zumindest ein maßgeblicher Einfluß der GISELBERTINER auf Cremoneser Pieven belegt ist, was ein Indiz für die Schwerpunktverlagerung in den Süden der Grafschaft sein kann [100 FCC, Nr. 234: Graf Arduin, Sohn des Pfalzgrafen Giselbert, und seine Frau Willa entsagen zugunsten des Bischofs Landulf von Cremona verschiedenen Zehntrechten an Cremoneser Pieven sowie anderen Rechten an diesen Pieven und ihren Pertinenzen. Im gleichen Jahr garantieren Arduins Schwester Richilda und ihr Mann Bonifaz von Canossa dem Bischof von Cremona die Zehntrechte an vier Cremoneser Pieven.].
Für die von Jarnut vermutete Entfremdung der giselbertinischen Grafen vom deutschen Hof spricht nicht zuletzt auch die Unterstützung des geächteten Arduin von Ivrea durch Giselberts Sohn Arduin I. im Jahre 999, die aus dem Verlust des Pfalzgrafenamtes zu erschließen ist. Arduin von Bergamo ist als Pfalzgraf lediglich 996 belegt, dann gibt es bis 1010 keinerlei Nachricht von den GISELBERTINERN.
Auf eine Solidariserung anderer oberitalienischer Großer mit dem gebannten Markgrafen von Ivrea deutet auch die geglückte Flucht von dessen Sohn Ardicin aus Pavia hin. Da bald nach diesem Ereignis der giselbertinische Pfalzgraf Arduin I. [49 G.C. Bascape, I conti palatini del regno italico e la citta di Pavia dal Comune alla Signoria. ASL 62 (1940) Seite 294 und V. Tanzi Montebello, La nobile famiglia Gisalbertina e isuoi rapporti politicosociali con i contadi di Bergamo, Lodi, Brescia e Cremona. Arch. Stor. Lodi 53 (1934) Seite 56. Vgl. auch Ficker I, Seite 314: Zwar führe Arduin von Bergamo auch später noch manchmal den Pfalzgrafentitel (1019,1021,1022) sowie auch sein Bruder Lanfrank 1017. Da dieser Titel aber nicht regelmäßig erscheine und die Grafen insbesondere nie am Hofgericht tätig seien, sei davon auszugehen, daß nur der väterliche Titel fortgeführt, jedoch keine Amtsbefugnisse mehr ausgeübt worden seien.] und Graf Bernhard II. von Pavia ihrer Ämter enthoben wurden, liegt es nahe, in diesen Ardicins Fluchthelfer zu sehen.
Da Arduin I. von Bergamo in der Spätzeit OTTOS III. wahrscheinlich aufgrund der Unterstützung des gebannten Markgrafen von Ivrea das Pfalzgrafenamt verloren hatte, ist wohl kaum von einer sofortigen Gegnerschaft der GISELBERTINER gegenüber dem Königtum Arduins auszugehen. 1004 erscheinen die Grafen von Bergamo nicht im Gefolge des deutschen Königs, obwohl laut Thietmar [337 Thietmar VI, c. 6.] Bergamo eine der ersten italienischen Städte war, in denen HEINRICH residiert hatte. Dies muß zwar primär nicht unbedingt etwas über die Haltung der Grafen aussagen, da die Herrschaft über das Stadtgebiet schon früh an die Bischöfe gelangt, und die Grafen in den Contado abgedrängt worden waren [338 Seit 998 halten die Grafen nur mehr Placita im Süden der Grafschaft, weitab von der Stadt Bergamo. Menant, Giselbertins; Seite 128, führt diesen Bedeutungsschwund der GISELBERTINER in der Grafschaft auf das Schwinden ihres Einflusses bei Hofe zurück. Vgl. auch Dilcher, Entstehung, Seite 51f.]. Umso auffälliger ist es aber gerade deshalb, da Thietmar den Bischof von Bergamo ebensowenig erwähnt wie die Grafen, dafür aber von einem Empfang durch den Erzbischof von Mailand in Bergamo berichtet und betont, die Stadt sei einst von Kaiser ARNULF erobert worden. Dies könnte dafür sprechen, daß HEINRICH dort nicht gerade mit offenen Armen empfangen worden war, sondern die Stadt kraft des Rechtes seiner Vorgänger in Besitz genommen hatte. Vielleicht hatten sich Bischof und Grafen vor dem anrückenden HEINRICH zurückgezogen. Für eine anfängliche Anerkennung des Königtums Arduins durch die GISELBERTINER und eine darauffolgende zumindest unentschlossenen Haltung könnten auch die Datierungen im Bereich Bergamos sprechen. Zwischen 1004 und 1010 jedenfalls bekannte man sich in Bergamo nicht durchgängig zu HEINRICHS Königtum.
Allerdings könnte es um 1010 zu einem politischen Frontwechsel der GISELBERTINER gekommen sein, da am 2. Februar dieses Jahres ein Priester Gausmar dem Grafen Manfred f.b.m. Gisleberti itemque comes palacii eine große Besitzmasse - insgesamt 275 Joch - verkauft, die er von Manfreds Mutter, der verstorbenen Gräfin Anselda, erworben hatte [342 BSSS 128, Nr. 34 (2.2.1010).]. Vielleicht handelte es hierbei um den Rückkauf von Gütern, die einst zum Schein veräußert worden waren, deren Sicherung aufgrund des (vermuteten) Parteiwechsels nun nicht mehr nötig erschien. Sollte es sich um eine Darlehensaufnahme durch Anselda gehandelt haben, belegt der Rückerwerb der verpfändeten Besitzungen zumindest, daß sich die wirtschaftliche Situation der Familie verbessert hatte. Für eine Annäherung an die deutsche Partei spricht auch die Ehe zwischen Richilda, der Tochter des Pfalzgrafen Giselbert II., und dem Markgrafen Bonifaz von Canossa, der wie sein vor 1012 verstorbener Vater Tedald ein Verfechter der Sache HEINRICHS war. Es könnte sogar zu einer doppelten Verschwägerung der beiden Familien gekommen sein, da im Jahre 1019 als Ehefrau von Richildas Bruder Graf Arduin eine Willa f. Rodulfi comitis auftritt, die von Odazio als Cousine des Bonifaz von Canossa betrachtet worden ist [345 FCC, Nr. 134. 973 erscheint Adelbert-Atto mit seinen Söhnen Teudald und Rudolf (CdB 307-308). Vgl. auch Odazio II, Seite 47 mit Anm. 1. Tanzi Montebello, Seite 56f.].
 
 
 
 

  oo Willa von Canossa, Tochter des Grafen Rudolf
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Literatur:
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Bresslau, Harry: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Konrad II. Verlag von Duncker & Humblot Leipzig 1879 Band I Seite 379,436 - Brunhofer, Ursula: Arduin von Ivrea. Untersuchungen zum letzten italienischen Königtum des Mittelalters. Arethousa Verlag Augsburg 1999 Seite 26,60,87,222,223,365 - Pauler Roland: Das Regnum Italiae in ottonischer Zeit. Max Niemeyer Verlag Tübingen 1982 Seite 140 -